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Szene 2

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Die Stadt ist aufgewacht. Eigentlich schläft sie niemals, rastet vielleicht, atmet durch, aber jetzt pulsiert das Blut in ihr. Stadtblut? Das sind die flitzenden und stauenden Autos, die Kolosse der Busse, die Ameisen auf Fahrrädern. Stadtblut sind noch träumende Kinderaugen auf dem Weg zum Krippenplatz, fröstelnde Obdachlose, ihre Schlafsäcke aufrollend. In Bahnen, schläfrig murmelnde Arbeitskollegen, Studentinnen und Studenten beim ersten Kaffee in der Mensa.

Stadtblut?

Ach ja, Blut läuft an der mittleren Betonkugel des Bildhauers Claes Oldenburg herab. Drei große Kugeln liegen da, am Ufer des Aa-Sees, viele Jahre schon. Doch heute Morgen läuft Blut an einer herunter. Frisches Blut. Jede Menge. Auf der Kugel liegt bäuchlings ein Mann mit Brille. Den hat`s erwischt.

Was macht der da? Wer half ihm hinauf? Wer legte ihn dort ab? Ist er tot? Davon kannst du ausgehen.

Die Betonkugel ist nicht mehr zu sehen. Es scheint, dass der Blutige auf einem Polster von Menschen liegt. Sein Hinterteil überragt alle, die ihn umstehen. Und das ist eine ganze Menge. Eine bunte Menschentraube hat sich gebildet. Alle haben jetzt Zeit. Verwirrt, staunend, angewidert, interessiert. Ich war dabei.

Aber Schluss damit. Die Polizei riegelt ab, wirft eine Decke

über den Mann. Sein Maßanzug war sicher nicht billig. Aber wer ist es?

Langsam, langsam. Die Nachforschungen haben schon begonnen. Zunächst in den Taschen des Jacketts, dann in der sich spannenden Gesäßtasche. Nichts. Kein Papier, kein Handy. Nur in der linken Hosentasche der Korken einer Weinflasche. Noch feucht, Alkohol ausschwitzend.

Das ist eine Spur. Vielleicht. Schauen wir zunächst einmal, ob jemand vermisst wird. Doch in der Datei nichts Neues. Der Tote bei der Gießerei ist ja noch nicht gemeldet. Der interessiert nicht 4

im Moment.

Doch die junge Polizeimeisterin, nettes Ding übrigens, hat eine Idee. Sie kennt da einen Weinliebhaber, einen Sommelier, denn Wein trinkt sie ganz gern. Interessant, so`n junges Ding und Wein. Vielleicht hat sie ja einen feinen Pinkel im Bett. Den Sommelier selbst? Egal, jedenfalls könnte der möglicherweise riechen, welcher Wein das war. Das meint sie.

Bei diesem Toten, tot ist er, das ist sicher, also bei diesem Toten im Maßanzug ist anzunehmen, dass der keinen billigen Fusel getrunken hat. Versuchen wir es. Sie kann ja selbst mit dem Korken los, hier ist sie nicht so wichtig.

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