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1.2. Schreibprozesse und kulturelle Praxis
ОглавлениеDer so zum Ausdruck kommende Charakter des Schreibens als (nochmals nach FlusserFlusser, Vilém) »Ausdruck eines eindimensionalen Denkens, und daher auch eines eindimensionalen Fühlens, Wollens, Wertens und Handelns«, »eines Bewußtseins, das dank der Schrift aus den schwindelnden Kreisen des vorschriftlichen Bewußtseins emportaucht« – als »Schriftbewußtsein«»Schriftbewußtsein«94Flusser, Vilém zeigt zugleich an, dass dieses Schreiben weich sein kann, d.h. »plastisch, manipulierbar«.95Papier Denn schreibt man auf PapierPapier, wird ein Text, so Flusser, Zeilen bilden, die einem Schlusspunkt entgegen laufen; er wird ›diskursiv‹ sein und so wird »sein diskursiver Charakter, sein eindeutiges Hinzielen auf einen Schlußpunkt, den auf Papier geschriebenen Text als ein in sich geschlossenes und abgeschlossenes ›Werk‹ […] erscheinen lassen.«96
Schreibt man hingegen nicht zwangsläufig nur auf PapierPapier, ist das Schreib-Produkt, der Text, oft nicht mehr allein »das Resultat eines kreativen Prozesses, sondern er ist selbst dieser Prozeß, er ist selbst ein Prozessieren«.97 Die Frage, die sich an die Schlussfolgerung FlussersFlusser, Vilém anschließt, ist die »nach der Differenz, aber auch nach dem Verhältnis von Schreiben (als Prozeß) und Schrift [38](als Prozeßspur)«98Spur bzw. dann auch nach demjenigen von SchreibprozessSchreibprozess und Kreativem Schreiben. Vor allem zwei eng miteinander verbundene Strömungen der Forschung, die je eigene Verfahren hervor bringen,99Hoffmann, E.T.A. haben sich der Prozesshaftigkeit des SchreibensSchreiben als Prozess und Prozessspur näher angenommen und Modelle zu deren Erhellung entwickelt. Sie bieten geeignete Anschlussmöglichkeiten, den Prozess des Kreativen Schreibens aus zwei trotz ihrer disziplinären Divergenz und der gegeneinander in Stellung gebrachten Kritik einsichtigen Stoßrichtungen beispielhaft zu beleuchten: aus der Sicht kognitionswissenschaftlich-entwicklungspsychologischer Studien wie sie eine Reihe anglo-amerikanischer ›Klassiker‹ der SchreibwissenschaftSchreibwissenschaft anbieten und auf der Basis textgenetisch-editionstheoretischer Ansätze, wie sie die französische Critique GénétiqueCritique Génétique betreibt.100Hayes, John R.Flower, Linda S.Bereiter, CarlHandschriftDeutungAutor Die Differenz zwischen beiden Disziplinen der SchreibprozessforschungSchreibprozessforschung betrifft u.a. die Betrachtung der SchreibsituationSchreibsituation: Einmal wird diese in Feld- und Laborversuchen ins Auge fasst, um die Zusammenhänge zwischen Wissen, Denken und Schreiben aufzudecken, während dann die eigentlichen (literarischen) Schreibspuren in ihrer Vielfalt und Verflochtenheit im Zentrum stehen.