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2.2. Creative Writing in Großbritannien
Оглавление›Creative Writing‹ erscheint im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts als Schlüsselbegriff der praxisorientierten literarischen Studienfächer – hauptsächlich im anglo-amerikanischen Raum: Ab 1970 übernehmen die Universitäten von East Anglia und Lancaster in Großbritannien zum ersten Mal den diesem mittlerweile immanenten Grundzug als eigene, studierbare Disziplin; bis 1992 entstehen vereinzelt sechs weitere Masterstudiengänge und im Zusammenhang mit der Umformung der britischen polytechnischen Hochschulen zu Universitäten (was einen neuen Anwendungsschub bedeutet) werden noch mehr SchreibstudiengängeNoch mehr Schreibstudiengänge gegründet.208 Ihnen liegt die Einsicht zugrunde, den Literaturdiskurs in diejenigen der Pädagogik, Psychologie, Linguistik, RhetorikRhetorik und KompositionslehreKompositionslehre im Sinne der New RhetoricNew Rhetoric nochmals zu integrieren:209
Diese Neue RhetorikRhetorik erst erlaubt die Betrachtung von Creative Writing zugleich als repräsentative Kunstform und als Methode, soziale Strukturen und Agenten zu untersuchen. Sie ermöglicht eine SchreiblehreSchreiblehre, die sich auf den Schreibprozeß in allen seinen Aspekten bezieht. Creative Writing ist umfassender als die herkömmliche Schreiblehre, die eine korrekte Anwendung von GrammatikGrammatik und OrthographieOrthographie betont und auf Thesensätzen, Absätzen und dem Dreigestirn »unity, coherence, and emphasis« basiert […]. Die traditionelle Schreiblehre geht davon aus, daß lediglich StilStil, Organisation und »usage« lehrbar seien, während bestimmte Aspekte des Kompositionsprozesses mysteriös und daher nicht lehrbar seien. Diese Ansicht ist in den britischen Schreibstudiengängen überholt. Hier hat man erkannt, daß ein Schreibstudium neben dem akademisch-rationalen Lernen auch das personal-individuelle Lernen gezielt fördern muß. Neben der Intelligenz als praktisches Lerninstrument gelten auch Instinkt und Zweifel als Stimulus und Lernhilfe. Die kritisch-kreative Doppelnatur macht das Fach eklektisch, [65]sowohl im Hinblick auf die Lehrinhalte als auch auf die Ansätze und Methoden.210Glindemann, Barbara
In der Konsequenz wird in Großbritannien eine KompostionstechnikKompositionstechnikKompositionstechnik als Teil des Kreativen Schreibens als immanenter Teil des Kreativen Schreibens gelehrt; FormForm und Inhalt sollen dabei eine strukturelle Einheit bilden, bei der sich Bedeutung und Effekt der entstehenden Texte erst im Kompositionsprozess anhand des sprachlichen Ausdrucks herausbilden, in jedem Schreib-Stadium verändern, revidiert und neu in Form gebracht werden kann: »Das Zusammenwirken von kritischen und kreativen Fakultäten führt zur Annäherung von intendierter Bedeutung und sprachlichem Ausdruck.«211 GlindemannGlindemann, Barbara verweist auf David LodgeLodge, David, der hierfür das Bild einer ›chemischen‹ oder gar ›alchemistischen‹ Reaktion zwischen Form und Inhalt verwendet, die die Qualität eines Romans ausmache.212Lodge, David In dieser Privilegierung des SchreibprozessesSchreibprozess, der keinem Selbstzweck dient, sondern an dessen Ende ein literarischer bzw. literarisch ambitionierter Text steht, macht sich bemerkbar, wie sehr das Kreative Schreiben in Großbritannien von Anfang an sehr vehement die Professionalisierung im Hinblick auf den literarischen Markt in den Fokus genommen hat, ohne der Organisation in den einzelnen Lehrveranstaltungen ein all zu starres Korsett vorzugeben, ihnen Unabhängigkeit hinsichtlich der Lehrinhalte wie der Methodenwahl zu gewährleisten; die britischen Schreibseminare bieten ein »unterstützendes Lernumfeld«Ein »unterstützendes Lernumfeld«.213Glindemann, Barbara