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II. Gegenstand und Umfang der Verschmelzungsprüfung

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Gegenstand der Verschmelzungsprüfung ist der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf (Mayer in Widmann/Mayer, § 9 Rn 17; Drygala in Lutter, § 9 Rn 9). Es ist in jedem Fall der nach § 5 geforderte Inhalt (Mindestinhalt des Verschmelzungsvertrags) zu prüfen. Die Verschmelzungsprüfung umfasst die Angaben zu den Folgen der Verschmelzung für die Arbeitnehmer nach § 5 Abs 1 Nr 9 (Drygala in Lutter, § 9 Rn 9). Weiter erstreckt sich die Prüfung auf die für die Verschmelzung durch Neugründung (falls eine solche vorliegt) und auf die für die einzelnen Rechtsformen gestellten Anforderungen (§§ 37, 40, 45b, 46, 80); so ist bei der Verschmelzung durch Neugründung auch der Gesellschaftsvertrag (die Satzung) des neuen Rechtsträgers Gegenstand der Verschmelzungsprüfung. Inhalt der Prüfung ist die Richtigkeit und Vollständigkeit der gemachten Angaben (OLG Düsseldorf DB 2006, 2223, 2227). Es handelt sich bei der Verschmelzungsprüfung also um eine Rechtmäßigkeitsprüfung (Mayer in Widmann/Mayer, § 9 Rn 22).

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Enthält der Verschmelzungsvertrag neben den gesetzlich vorgeschriebenen Bestimmungen weitere Regelungen (freiwillige Bestandteile) sind diese ebenfalls in die Prüfung einzubeziehen (ebenso Mayer in Widmann/Mayer, § 9 Rn 30; Lanfermann in Kallmeyer, § 9 Rn 12; aA Zeidler in Semler/Stengel, § 9 Rn 15). Zum einen lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen, dass die Prüfung auf den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalt zu beschränken ist. Zum anderen ergibt sich aus dem Zweck der Verschmelzungsprüfung, dem Schutz der Anteilsinhaber, die Verpflichtung einer umfassenden Prüfung. Für die Anteilsinhaber ist nicht unbedingt ersichtlich, was zum zwingenden Mindestinhalt und was zu einer zusätzlichen Regelung gehört. Auch kann eine freiwillige Regelung auf den vorgeschriebenen Mindestinhalt ausstrahlen, so dass eine klare und eindeutige Trennung in manchen Fällen nicht vorgenommen werden kann.

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Wird der Verschmelzungsvertrag (oder sein Entwurf) nach Abschluss der Prüfung geändert, hat eine Nachtragsprüfung hinsichtlich der Änderungen stattzufinden. Andernfalls wäre der Verschmelzungsvertrag nicht iSv § 9 Abs 1 geprüft (Lanfermann in Kallmeyer, § 9 Rn 16; Zeidler in Semler/Stengel, § 9 Rn 24).

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Insgesamt ist also der gesamte Verschmelzungsvertrag (oder sein Entwurf) der Rechtmäßigkeitskontrolle durch den Verschmelzungsprüfer zu unterziehen.

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Nicht Gegenstand der Prüfung ist die Zweckmäßigkeit der Verschmelzung (Drygala in Lutter, § 9 Rn 12; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 9 Rn 7; Zeidler in Semler/Stengel, § 9 Rn 16; Mayer in Widmann/Mayer, § 9 Rn 22). Es obliegt also nicht der Beurteilung des Verschmelzungsprüfers, ob die Verschmelzung wirtschaftlich angemessen ist, zu den mit der Verschmelzung bezweckten Zielen führt oder geeignet ist, den Unternehmenszweck am besten zu verfolgen. Diese Beurteilung obliegt vielmehr den Anteilsinhabern iRd von ihnen zu fassenden Verschmelzungsbeschlüsse (Mayer in Widmann/Mayer, § 9 Rn 22). Etwas anderes gilt für das nach § 81 zu erstattende Gutachten des Prüfungsverbandes, in dem die Vor- und Nachteile der Verschmelzung und ihre Auswirkungen auf Genossen und Gläubiger darzustellen sind.

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Ob auch der Verschmelzungsbericht der Prüfung des Verschmelzungsprüfers unterliegt, wird nicht einheitlich beurteilt. Nach einer Meinung erfordert der Minderheitenschutz auch eine umfassende Prüfung des Verschmelzungsberichts auf Richtigkeit und Vollständigkeit (Bayer ZIP 1997, 1613, 1621; Becker AG 1988, 223, 225). Eine andere Meinung hält lediglich eine Prüfung der Richtigkeit, nicht aber der Vollständigkeit der Angaben im Verschmelzungsbericht für erforderlich (Priester ZGR 1990, 420, 430; Hoffmann-Becking FS Fleck, S 105, 122). Die überwiegende Meinung lehnt die Einbeziehung des Verschmelzungsberichts in die Verschmelzungsprüfung ab (Mayer in Widmann/Mayer, § 9 Rn 18; Drygala in Lutter, § 9 Rn 13; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 9 Rn 5; Zeidler in Semler/Stengel, § 9 Rn 17; OLG Düsseldorf DB 2006, 2223, 2227). Der überwiegenden Meinung ist zuzustimmen. Dies ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut. § 9 Abs 1 bringt eindeutig zum Ausdruck, dass der Verschmelzungsprüfung (nur) der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf unterliegt, nicht jedoch der Verschmelzungsbericht. IÜ wäre ein Prüfer nicht in der Lage, den Verschmelzungsbericht auf Richtigkeit und insbes Vollständigkeit zu prüfen. Hierfür hätte er, anders wie bei dem Verschmelzungsvertrag, keinen vorgegebenen Rahmen, an dem er sich für seine Prüfung orientieren könnte. Zudem ist der Verschmelzungsbericht nicht Voraussetzung für die Verschmelzungsprüfung; er muss bei der Prüfung nicht vorliegen (Lanfermann in Kallmeyer, § 9 Rn 11).

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Im Rahmen seiner Prüfung auf Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben im Verschmelzungsvertrag hat der Prüfer einzugehen auf die Angemessenheit einer etwa angebotenen Barabfindung (bei der Verschmelzung auf einen Rechtsträger anderer Rechtsform) sowie auf die Angemessenheit des im Verschmelzungsvertrag enthaltenen Umtauschverhältnisses (einschließlich des Werts von gewährten Gesellschaftsrechten bei einem Umtausch von Mitgliedschaften in Gesellschaftsrechte). Die Prüfung des Umtauschverhältnisses ist der zentrale Punkt der Verschmelzungsprüfung (OLG Düsseldorf DB 2006, 2223, 2227; Drygala in Lutter, § 9 Rn 10; Bayer ZIP 1997, 1613, 1621).

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Das UmwG trifft keine Vorgaben, woran sich der Verschmelzungsprüfer bei der Prüfung des Umtauschverhältnisses zu orientierten hat. Im Grundsatz gilt, dass die Anteilsinhaber der beteiligten Rechtsträger vor und nach der Verschmelzung wirtschaftlich gleich stehen müssen, insbes also durch die Verschmelzung keine wirtsch Nachteile erleiden dürfen. Dies ist der Fall, wenn die Anteile der einzelnen Anteilsinhaber am übertragenden und am übernehmenden Rechtsträger wertgleich sind (vgl dazu Fleischer/Bong NZG 2013, 881, 882).

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Bei seiner Prüfung darf der Verschmelzungsprüfer nicht nach seiner eigenen Methode bzw seinem eigenen Ermessen ein Umtauschverhältnis ermitteln (Lanfermann in Kallmeyer, § 9 Rn 23). Vielmehr hat er zu überprüfen, ob die von den Vertretungsorganen der beteiligten Rechtsträger bei der Ermittlung des Umtauschverhältnisses zugrunde gelegten Methoden den Grundsätzen einer anerkannten Unternehmensbewertung entsprechen und die danach ermittelten Ergebnisse zutreffend iSv „angemessen“ (§ 12 Abs 2 S 1) sind (Mayer in Widmann/Mayer, § 9 Rn 27; Rodewald BB 1992, 237, 241; Drygala in Lutter, § 9 Rn 11). Angemessenheit ist anzunehmen, wenn die Anteilsinhaber der beteiligten Rechtsträger, wie vorstehend ausgeführt, durch die Verschmelzung keine wirtsch Nachteile erleiden (dazu auch BVerfG NZG 2012, 1035, wonach das sog Verhandlungsmodell nur dann maßgebend ist, wenn hierdurch ein voller wirtschaftlicher Wertausgleich erfolgt; vgl hierzu unter § 5 Rn 52 ff).

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Welche Methode zur Ermittlung des Unternehmenswerts anzuwenden ist und was unter Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber nicht geregelt (vgl hierzu im Einzelnen § 5 Rn 52 ff). Zur Beurteilung kann auf den IdW-Standard „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IdW S 1)“ zurückgegriffen werden. Danach können zur Ermittlung von Unternehmenswerten die Ertragswertmethode sowie die Discounted-Cash-Flow-Methode (Ermittlung des Unternehmenswerts durch Diskontierung von Cash-Flows) herangezogen werden. Für bestimmte Branchen (zB Grundstücksgesellschaften) können abweichende Verfahren zugrunde gelegt werden. Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass der Liquidationswert die Untergrenze des Unternehmenswerts bildet, wenn es anstelle einer Fortführung des Unternehmens vorteilhafter wäre, das Unternehmen zu liquidieren (vgl zu den einzelnen Methoden der Unternehmenswertermittlung unter § 5 Rn 52 ff).

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Für die der Wertermittlung zugrunde zu legenden Zahlen kann der Verschmelzungsprüfer das ihm vom Unternehmen zur Verfügung gestellte Zahlenmaterial, das auch für die Erstellung des Verschmelzungsberichts und die Festlegung des Umtauschverhältnisses maßgebend war, heranziehen (Drygala in Lutter, § 9 Rn 11). Der Verschmelzungsprüfer hat dieses Zahlenmaterial allerdings einer Richtigkeitskontrolle bzw hinsichtlich von Planzahlen jedenfalls einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen.

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Die Bewertung wird regelmäßig auf den Stichtag der zugrunde gelegten Bilanzen vorgenommen. Ist dies der Stichtag der Schlussbilanz bzw ein Jahresabschlussstichtag, so ist dieser maßgebend. Bei Zugrundelegung eines Zwischenabschlusses, der auf einen danach liegenden Stichtag erstellt wurde, ist auf diesen Stichtag abzustellen (vgl zum Bewertungsstichtag § 5 Rn 49 ff).

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In der Lit werden für die Bewertung verschiedene Zeitpunkte als maßgebend angesehen, nämlich der Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister oder – von der überwiegenden Mehrheit (vgl zB Hoffmann-Becking FS Fleck, S 105, 117) – der Zeitpunkt der Versammlung der Anteilsinhaber. Der Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister kann bereits deshalb nicht maßgeblich sein, weil die Bewertung nicht auf einen unbestimmten Zeitpunkt ausgelegt werden kann und iÜ die Anteilsinhaber bei ihrer Beschlussfassung keine Kenntnis von dem dann letztendlich maßgebenden Wert hätten. Zutreffend wäre es deshalb im Grunde, auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung der Anteilsinhaber abzustellen. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass dies rein technisch nicht möglich ist. Vielmehr müssen die Festlegung des Umtauschverhältnisses, die Herstellung des Verschmelzungsberichts sowie die Verschmelzungsprüfung bereits bei Einberufung der Anteilseignerversammlungen vorliegen und deshalb zeitlich davor vorgenommen worden sein. Rein tatsächlich wird deshalb auf den Stichtag der zugrunde gelegten Bilanz abzustellen sein (Zeidler in Semler/Stengel, § 9 Rn 42; vgl dazu auch § 5 Rn 49). Auf den Tag der Versammlung der Anteilseigner ist das so gewonnene Ergebnis zu verplausibilisieren. Sollten sich aufgrund neuer Erkenntnisse Abweichungen zu dem zugrunde gelegten Umtauschverhältnis ergeben, sind die Anteilseigner in der Versammlung hierauf hinzuweisen.

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Aus der Tatsache, dass nur der Verschmelzungsvertrag (oder seine Entwurf) nicht jedoch der Verschmelzungsbericht der Verschmelzungsprüfung unterliegt, ergibt sich auch die zeitliche Abfolge, die im Gesetz nicht geregelt ist. Feststeht nach der gesetzlichen Regelung nur, dass Verschmelzungsbericht und Verschmelzungsprüfung zum Zeitpunkt der Einberufung der Anteilseignerversammlung erstellt bzw abgeschlossen sein müssen. Da sowohl der Verschmelzungsbericht als auch die Verschmelzungsprüfung dem Schutz der Anteilseigner dienen und unabhängig nebeneinander stehen und der Verschmelzungsbericht nicht Gegenstand der Verschmelzungsprüfung ist, können sie parallel erstellt werden. Lediglich die Ermittlung des Umtauschverhältnisses und das seiner Ermittlung zugrunde liegende Zahlenwerk müssen für die Verschmelzungsprüfung vorliegen. Hierbei ist es allerdings nicht erforderlich, dass das Umtauschverhältnis bereits zu Beginn der Verschmelzungsprüfung feststeht. Vielmehr können Wertermittlung und Verschmelzungsprüfung auch parallel erfolgen (OLG Düsseldorf DB 2006, 2223, 2227; OLG Hamm DB 2005, 2236; OLG Stuttgart DB 2004, 60; ebenso Lanfermann in Kallmeyer, § 10 Rn 28; Leuering NZG 2004, 606; für den vergleichbaren Fall der Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung beim Squeeze out ebenso BGH DB 2006, 2506 und DB 2009, 1004). Die Ermittlung des Umtauschverhältnisses muss jedoch so rechtzeitig vor Beendigung der Verschmelzungsprüfung abgeschlossen sein, dass der Verschmelzungsprüfer noch ausreichend Zeit zu seiner Überprüfung hat. Bei umfassenden Vorarbeiten reicht hierfür idR ein Zeitraum von einigen Tagen aus. Auch ein Kontakt zwischen Wertermittler und Verschmelzungsprüfer im Rahmen ihrer Bewertungs- bzw Prüfungsarbeiten ist im Grundsatz nicht zu beanstanden (OLG Hamm DB 2005, 2236). Je nach Sachlage kann hier allerdings zu prüfen sein, ob die Unabhängigkeit des Verschmelzungsprüfers beeinträchtigt wurde. Davon ist dann auszugehen, wenn eine unzulässige Einflussnahme auf den Verschmelzungsprüfer anzunehmen ist.

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Kommt der Verschmelzungsprüfer zu dem Ergebnis, dass der Verschmelzungsvertrag unvollständig, unrichtig oder das Umtauschverhältnis unangemessen ist, hat er hierauf in seinem Prüfungsbericht hinzuweisen (zur Ausgestaltung eines anfechtungsfesten Verschmelzungsprüfungsberichtes Rodewald BB 1992, 237). Die Anteilseigner können der Verschmelzung dennoch zustimmen. Unrichtigkeit, Unvollständigkeit oder Unangemessenheit sind kein Verschmelzungshindernis. Die Verschmelzungsbeschlüsse können jedoch angefochten bzw das Umtauschverhältnis im Spruchverfahren überprüft werden.

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Fehlt eine an sich notwendige Verschmelzungsprüfung, macht dies die Verschmelzungsbeschlüsse anfechtbar, nicht jedoch nichtig. Stimmen die Anteilsinhaber dennoch der Verschmelzung zu, kann die Verschmelzung auch bei Fehlen einer eigentlich notwendigen Verschmelzungsprüfung eingetragen und damit wirksam werden.

Umwandlungsgesetz

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