Читать книгу Umwandlungsgesetz - Oliver Schmidt - Страница 401

3. Verfügungsbeschränkungen (§ 29 Abs 1 S 2)

Оглавление

22

§ 29 Abs 1 S 2 stellt der Mischverschmelzung die Verschmelzungsvorgänge gleich, bei denen Rechtsträger gleicher Rechtsform beteiligt sind, und die Anteile am übernehmenden Rechtsträger Verfügungsbeschränkungen unterliegen. Die Verfügungsbeschränkung führt zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Rechtsposition der Anteilsinhaber.

23

Inwieweit bereits beim übertragenden Rechtsträger die Verfügbarkeit der Anteile beschränkt ist, spielt aufgrund des eindeutigen Wortlauts grds keine Rolle (hM Vollrath in Widmann/Mayer, § 29 Rn 13; Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 5). Etwas anderes soll nach dem Zweck der Vorschrift allerdings gelten, wenn die Verhältnisse bei beiden Rechtsträgern identisch sind, so dass sich die Stellung des Anteilsinhaber weder rechtlich noch tatsächlich durch die Verschmelzung verschlechtert; zB die Verschmelzung auf eine Schwestergesellschaft gleicher Rechtsform mit denselben Anteilsinhabern (hM; Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 29 Rn 10; Kalss in Semler/Stengel, § 29 Rn 12 (teleologische Reduktion); Vollrath in Widmann/Mayer, § 29 Rn 13 (gesellschaftsrechtliche Treuepflicht); einschränkend Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 5). Abgesehen von diesem Sonderfall erscheint es aber zweifelhaft, wie bzw woran eine rechtliche und tatsächlich identische Rechtsposition eines Anteilsinhabers festgestellt werden soll, so dass aus Gründen der Rechtssicherheit die Verhältnisse beim übertragenden Rechtsträger vollständig ausgeklammert bleiben sollten. Wird die Anteilsverfügbarkeit dagegen eindeutig erweitert, ist der Anwendungsbereich des § 29 Abs 1 S 2 aufgrund teleologischer Reduktion nicht eröffnet. (hM Kalss in Semler/Stengel, § 29 Rn 12; Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 5).

24

Verfügungsbeschränkungen sind alle gesetzlichen, vertraglichen, satzungsrechtlichen oder sonstigen Regelungen, die die freie Verfügbarkeit der Anteile des übernehmenden Rechtsträgers (auch nur vorübergehend) einschränken wie zB § 15 Abs 5 GmbHG, § 68 Abs 2 S 1 AktG oder eine kraft Satzung, Gesellschaftsvertrag oder Gesetz erforderliche Zustimmung des Rechtsträgers, seiner Anteilsinhabern, Organe oder Dritter für eine wirksame Übertragung oder dingliche Belastung der Anteile (Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 3). Die Verfügungsbeschränkung kann auf einzelne Anteilsinhaber, Anteile oder Übertragungen begrenzt sein – ausgenommen sind dagegen Beschränkungen für Verfügungen von Todes wegen oder Ausschlussklauseln; sie fallen nicht unter § 29 Abs 1 S 2 (Kalss in Semler/Stengel, § 29 Rn 9). Erforderlich ist eine dingliche Beschränkung der Verfügungsbefugnis.

25

Schuldrechtlich begründete Einschränkungen der Verfügungsbefugnis fallen dagegen nicht unter § 29 Abs 1 S 2 (Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 10; Vollrath in Widmann/Mayer, § 29 Rn 15). Vorkaufsrechte, Erwerbsoptionen oder aufschiebend bedingte Übertragungsgeschäfte zugunsten der Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers verpflichten daher nicht zu einem Barabfindungsangebot (hM Vollrath in Widmann/Mayer, § 29 Rn 15; einschränkend für Stimmen-Poolvertrag mit satzungsgleicher Wirkung und Vorkaufsrechte etc Kalss in Semler/Stengel, § 29 Rn 8 f; abl Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 3, da der Poolvertrag die neuen Anteilsinhaber ohne Beitritt zur Vereinbarung nicht bindet).

26

Eine analoge Anwendung des § 29 Abs 1 S 2 auf andere Beschränkungen des Anteilsinhabers wie zB Wettbewerbsverbote oder Nachschusspflichten lehnt die hM zu recht ab (Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 31). Der Wortlaut des § 29 Abs 1 S 2 ist eindeutig auf Beschränkungen der Verfügungsbefugnis gerichtet und insoweit eng auszulegen. IÜ fehlt es an einer die analoge Anwendung rechtfertigenden Vergleichbarkeit mit dinglich wirkenden Verfügungsbeschränkungen und der Schutzbedürftigkeit der Anteilsinhaber. Diese können idR auch außerhalb des eigentlichen Verschmelzungsverfahrens aus einem der beteiligten Rechtsträger austreten und verfügen insoweit über hinreichende Rechtsschutzmöglichkeiten (Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 32).

27

Keine Verfügungsbeschränkung sind einschränkende Vorschriften zur Form der Übertragung wie zB § 15 Abs 3 GmbHG, § 68 Abs 1 AktG (Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn9). Die gesetzliche Beschränkung der Teilbarkeit von Aktien oder GmbH-Anteilen (vgl § 8 Abs 5 AktG, § 17 Abs 1, 6 GmbHG) fällt ebenfalls nicht unter § 29 Abs 1 S 2 (hM; Vollrath in Widmann/Mayer, § 29 Rn 16; Kalss in Semler/Stengel, § 29 Rn 9).

28

Die gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen für Anteile an PersGes (§§ 717, 719 Abs 1 BGB, §§ 105 Abs 3, 161 Abs 2 HGB, § 1 Abs 4 PartGG) bewirken, dass grds bei jeder Verschmelzung mit einer PersGes als übernehmendem Rechtsträger ein Barabfindungsangebot gemacht werden muss. Etwas anderes gilt nur, sofern der Gesellschaftsvertrag eine abweichende Regelung enthält. Wird die freie Verfügbarkeit dagegen nur schuldrechtlich beschränkt, handelt es sich nicht um einen Fall des § 29 Abs 1 S 2 (vgl Rn 25).

29

Gleiches gilt für die Verschmelzung von zwei Vereinen einschl der unter die Vereinsvorschriften fallenden Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, soweit nicht die gesetzlichen Verfügungsbeschränkung gem §§ 38, 40 BGB durch eine Regelung in der Satzung aufgehoben sind. Bei gemeinnützigen Vereinen sind die §§ 29–34 ausgeschlossen (vgl § 104a). Zur Verschmelzung von Genossenschaften vgl Vorb zu §§ 29–34 Rn 9.

30

Wie im Fall der Mischverschmelzung ist bei Verfügungsbeschränkungen Voraussetzung für einen Anspruch auf Barabfindung, dass die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers gegen die Verschmelzung stimmen und Widerspruch zur Niederschrift erklären (vgl Rn 19 ff).

Umwandlungsgesetz

Подняться наверх