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a) Erwerb eigener Anteile durch AG (§ 71 Abs 4 S 2 AktG)

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Gem § 71 Abs 1 Nr 3 AktG ist der Erwerb eigener Anteile im Rahmen einer Umw zur Abfindung von Anteilsinhabern ausdrücklich zulässig. Gem § 71 Abs 2 S 1 AktG ist der Erwerb jedoch auf 10 % des Grundkapitals beschränkt. Außerdem muss die AG gem § 71 Abs 2 S 2 AktG im Erwerbszeitpunkt für die eigenen Aktien eine Rücklage bilden können (§ 272 Abs 4 HGB), ohne das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage zu mindern, die nicht für Zahlungen an die Aktionäre verwendet werden darf. Ein Verstoß gegen diese Voraussetzungen beseitigt nicht die dingliche Wirksamkeit des Erwerbs (§ 71 Abs 4 S 1 AktG). Der Verstoß führt aber aber grds zur Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts (§ 71 Abs 4 S 2 AktG), so dass das rechtsgrundlose Erwerbsgeschäft eigentlich rückabgewickelt werden könnte.

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Aufgrund der gesetzlichen Anordnung in § 29 Abs 1 S 1 2. HS bleibt zugunsten der widersprechenden Anteilsinhaber auch das Verpflichtungsgeschäft wirksam, da § 71 Abs 4 S 2 AktG hiernach keine Anwendung findet. Eine Rückabwicklung gegen den Willen der ehemaligen Anteilsinhaber ist nicht möglich. Auch vor der Annahme des Angebots durch den widersprechenden Anteilsinhaber kann der übernehmende Rechtsträger sein Angebot nicht durch Widerruf beseitigen oder nach Annahme die Erfüllung des Erwerbsgeschäfts unter Berufung auf ein Leistungsverweigerungsrecht verhindern (Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 26; aA Schmitt/Hörtnagel/Stratz § 29 Rn 13; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 29 Rn 27). Das UmwG wertet die Interessen des widersprechenden Anteilsinhabers höher als die Verpflichtung des übernehmenden Rechtsträgers zum Erhalt des eigenen Kapitals.

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IÜ bleiben die gesetzlichen Vorschriften zum Schutz des Kapitals der AG anwendbar. Verstößt der Erwerb der eigenen Anteile gegen Barabfindung gegen die Voraussetzungen in § 71 Abs 2 AktG, muss die AG die erworbenen Anteile fristgerecht wieder veräußern oder einziehen (vgl § 71c AktG). Kann zum Bilanzstichtag die Rücklage iSd § 272 Abs 4 HGB nicht gebildet werden, ist der Jahresabschluss nichtig (§ 256 Abs 1 Nr 1 AktG). Nicht anwendbar ist dagegen die Haftung der Aktionäre für unzulässige Rückgewähr der Einlagen gem §§ 57 Abs 1, 62 AktG, weil die Anordnung in § 29 Abs 1 S 1 2. HS gerade bezweckt, dass die Anteilsinhaber den Vermögenswert ihrer Anteile dauerhaft realisieren (Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 27; Vollrath in Widmann/Mayer, § 29 Rn 29).

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War bereits vor bzw im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Aktionäre des übernehmenden Rechtsträgers absehbar, dass die Voraussetzungen des § 71 Abs 2 AktG, § 272 Abs 4 HGB nicht zu erfüllen sind, führt dies zur Rechtswidrigkeit und Anfechtbarkeit des Verschmelzungsbeschlusses der Anteilsinhaber beim übernehmenden Rechtsträger (hM Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 24; Kalss in Semler/Stengel, § 29 Rn 33; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 29 Rn 27; aA für die 10 %-Grenze Schmitt/Hörtnagel/Stratz § 29 Rn 12, der darauf hinweist, dass dem übernehmenden Rechtsträger Möglichkeiten für eine Korrektur bleiben). Anfechtungsberechtigt sind nur die Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers. Prüfungsmaßstab ist aus ex-ante-Sicht, ob die Geschäftstätigkeit des übernehmenden Rechtsträgers es erlaubte, bis zum Bilanzstichtag genügend freies Vermögen iSd § 71 Abs 2 S 2 AktG zur Bildung der Rücklage iSd § 272 Abs 4 HGB zu erwirtschaften (vgl Vollrath in Widmann/Mayer, § 29 Rn 31.2).

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Der Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften führt nicht zur Rechtswidrigkeit und Anfechtbarkeit des Verschmelzungsbeschlusses durch die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers, weil die Kapitalerhaltungsvorschriften nur den übernehmenden Rechtsträger betreffen. Eine diesbezügliche Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses durch die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers würde daher im Grunde ausscheiden. Da sich die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers aber nicht auf eine Anfechtung durch Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers wegen eines Verstoßes gegen Kapitalerhaltungsvorschriften verlassen müssen, steht auch Ihnen ein entspr Recht zur Anfechtung zu, um der ggf bestehenden Unwirksamkeit ihres Erwerbs von Aktien an der übernehmenden Gesellschaft Rechnung zu tragen, wenn aus ex-ante-Sicht bereits vor Fassung des Verschmelzungsbeschlusses klar war, das gegen § 71 Abs 2 AktG verstoßen wird. (vgl Winter/Grunewald in Lutter, § 29 UmwG Rn 24).

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