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§ 2 Arten der Verschmelzung

Rechtsträger können unter Auflösung ohne Abwicklung verschmolzen werden

1. im Wege der Aufnahme durch Übertragung des Vermögens eines Rechtsträgers oder mehrerer Rechtsträger (übertragende Rechtsträger) als Ganzes auf einen anderen bestehenden Rechtsträger (übernehmender Rechtsträger) oder
2. im Wege der Neugründung durch Übertragung der Vermögen zweier oder mehrerer Rechtsträger (übertragende Rechtsträger) jeweils als Ganzes auf einen neuen, von ihnen dadurch gegründeten Rechtsträger

gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften des übernehmenden oder neuen Rechtsträgers an die Anteilsinhaber (Gesellschafter, Partner, Aktionäre oder Mitglieder) der übertragenden Rechtsträger.

Kommentierung

I.Bedeutung der Norm1

II.Rechtliche Grundprinzipien der Verschmelzung2 – 8

1.Gemeinsame Merkmale der Verschmelzungsarten2 – 4

2.Verschmelzungsarten5 – 8

III.Verschmelzungsähnliche Sachverhalte9, 10

I. Bedeutung der Norm

1

Mit § 2 beginnt das Zweite Buch des UmwG mit den Vorschriften über die Verschmelzung. Wie die anderen Bücher des UmwG auch ist das Zweite Buch eingeteilt in allg Bestimmungen (Erster Teil gem §§ 2–38) und bes Bestimmungen (Zweiter Teil gem §§ 39–122l). In § 2 werden typisierend (s zum Typenzwang § 1 Rn 14) die beiden Arten der Verschmelzung, nämlich die Verschmelzung durch Aufnahme und die Verschmelzung durch Neugründung bestimmt (s im Einzelnen unten Rn 5). Darüber hinaus enthält § 2 weitere typisierende Merkmale der Verschmelzung (Auflösung des übertragenden Rechtsträgers ohne Abwicklung, Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers), die die Verschmelzung von anderen Umwandlungsarten und verschmelzungsähnlichen Sachverhalten (hierzu unten Rn 9) abgrenzen. Mit dieser Zielrichtung ist § 2 keine Norm, auf die in den anderen Büchern des UmwG verwiesen wird. Die in § 2 Nr 1 bezeichnete Verschmelzung durch Aufnahme wird in den §§ 4–35 und die in § 2 Nr 2 beschriebene Verschmelzung durch Neugründung in den §§ 36–38 näher ausgestaltet.

II. Rechtliche Grundprinzipien der Verschmelzung

1. Gemeinsame Merkmale der Verschmelzungsarten

2

Beide Arten der Verschmelzung haben im Wesentlichen gemein, dass (1) im Zuge der Übertragung des gesamten Vermögens des übertragenden Rechtsträgers auf den übernehmenden Rechtsträger der übertragende Rechtsträger ohne Abwicklung aufgelöst wird und (2) den Anteilsinhabern des untergehenden übertragenden Rechtsträgers als Ausgleich für den Anteilsverlust grds Anteile oder Mitgliedschaften des übernehmenden oder neuen Rechtsträgers zu gewähren sind. Eine Verschmelzung durch Aufnahme setzt daher zunächst zwingend das Fortbestehen des übernehmenden Rechtsträgers voraus; führt eine Verschmelzung zur Auflösung des übernehmenden Rechtsträgers, ist diese unzulässig (OLG Hamm NZG 2010, 1309). Auflösung ohne Abwicklung bedeutet, dass der übertragende Rechtsträger mit Wirksamwerden der Verschmelzung (§ 20) erlischt, ohne dass er sich zuvor in einem Abwicklungsstadium (gem den Abwicklungsregeln des jeweils einschlägigen materiellen Gesellschaftsrechts) befindet. An die Stelle der gläubigerschützenden Bestimmungen des jeweiligen Abwicklungsrechts tritt der umwandlungsrechtliche Gläubigerschutz nach § 22. Auch die Inhaber von Sonderrechten werden umwandlungsrechtlich geschützt (s § 23).

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Das Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers ohne Abwicklung findet sich auch bei der Aufspaltung iSv § 123 Abs 1 sowie bei bestimmten Arten der Vermögensübertragung nach § 174. Das Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers ist damit kein Merkmal, das allein die Verschmelzung charakterisiert. Der Unterschied zur Aufspaltung besteht vielmehr darin, dass bei dieser Umwandlungsart das gesamte Vermögen des übertragenden Rechtsträgers auf verschiedene Rechtsträger als übernehmende Rechtsträger übergeht (nach Maßgabe der im Spaltungs- und Übernahmevertrag vorgesehenen Aufteilung), während bei der Verschmelzung das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers insgesamt auf einen übernehmenden Rechtsträger übergeht.

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Zu den rechtlichen Grundprinzipien der Verschmelzung gehört auch, dass den Anteilseignern eines übertragenden Rechtsträgers als Ausgleich für den Untergang ihrer Beteiligung an dem übertragenden Rechtsträger Anteile des übernehmenden Rechtsträgers zu gewähren sind (§ 2 aE und § 20 Abs 1 Nr 3). Eine Anteilsgewährung findet nur insoweit nicht statt, als der übernehmende Rechtsträger Anteile an dem übertragenden Rechtsträger innehat. Ferner können bei einer Verschmelzung von Kapitalgesellschaften die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers auf eine Anteilsgewährung verzichten (§§ 54 Abs 1 S 3, 68 Abs 1 S 3). Der Ausgleich in Form der Gewährung von Anteilen des übernehmenden Rechtsträgers muss vollwertig sein, was durch verschiedene Bewertungs- und Verfahrensregelungen sicher gestellt ist. Die Gegenleistung besteht zwingend in der Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften am übernehmenden Rechtsträger; abgesehen von Barabfindungen nach § 29 oder baren Zuzahlungen nach § 15 dürfen insbesondere keine Geldleistungen gewährt werden.

2. Verschmelzungsarten

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Das UmwR unterscheidet in § 2 zwischen der Verschmelzung im Wege der Übertragung des Vermögens des untergehenden (übertragenden) Rechtsträgers auf einen bereits bestehenden (übernehmenden) Rechtsträger (Verschmelzung durch Aufnahme) und der Verschmelzung durch Übertragung des Vermögens zweier oder mehrerer übertragender Rechtsträger als Ganzes auf einen neuen durch diesen Übertragungsakt gegründeten Rechtsträger (Verschmelzung durch Neugründung).

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Die die beiden Verschmelzungsarten kennzeichnende Gesamtrechtsnachfolge zeichnet sich dadurch aus, dass Vermögen von einem Rechtsträger auf einen anderen Rechtsträger in einem Rechtsakt übertragen wird, ohne dass für die Wirksamkeit des dinglichen Vermögensübergangs die Zustimmung etwa betroffener Dritter erforderlich ist. Auf der anderen Seite bedeutet Übertragung des Vermögens „als Ganzes“ iSv § 2 nicht, dass in jedem Fall mehrere Vermögensgegenstände auf den übernehmenden Rechtsträger zu übertragen sind. Verfügt nämlich der übertragende Rechtsträger lediglich über einen Vermögensgegenstand (etwa eine Beteiligung an einem anderen Unternehmen), so geht bei der Übertragung des Vermögens als Ganzes nur dieser eine Vermögensgegenstand über. Wie sich aus § 36 Abs 1 ergibt, gelten die gesetzlichen Vorschriften über die Verschmelzung durch Aufnahme im Wesentlichen auch für die Verschmelzung durch Neugründung. Darüber hinaus sind nach § 36 Abs 2 für die Gründung des neuen Rechtsträgers im Allgemeinen die für dessen Rechtsform geltenden Gründungsvorschriften anzuwenden. Ungeachtet dessen unterscheiden sich die Verschmelzung durch Aufnahme und die Verschmelzung durch Neugründung dadurch, dass an einer Verschmelzung durch Aufnahme ein oder mehrere übertragene Rechtsträger beteiligt sein können während an einer Verschmelzung durch Neugründung wenigstens zwei übertragende Rechtsträger beteiligt sein müssen. Dies unterscheidet die Verschmelzung durch Neugründung auch von den verschiedenen Arten der Spaltung zur Neugründung (§ 123 Abs 1 Nr 2, Abs 2 Nr 2 und Abs 3 Nr 2), an der jeweils nur ein übertragender Rechtsträger beteiligt sein kann. Weiter kann die Spaltung auch durch gleichzeitige Übertragung des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers auf bestehende und neue Rechtsträger erfolgen (§ 123 Abs 4).

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Bei einer Verschmelzung durch Aufnahme können mehrere Rechtsträger gemeinsam zum selben Zeitpunkt auf den neuen Rechtsträger übergehen (sog Einheitsverschmelzung). Darüber hinaus kann eine solche Verschmelzung auch durch mehrere getrennte Verschmelzungen (sog Einzelverschmelzungen) erfolgen, welche idR unabhängig voneinander wirksam werden (vgl hier zur Kettenverschmelzung § 5 Rn 97, 182). Die Verschmelzung durch Neugründung erfolgt einheitlich, da sämtliche übertragenden Rechtsträger bei der Gründung des übernehmenden Rechtsträgers zusammenwirken. Bei der kombinierten Verschmelzung durch Neugründung und Aufnahme gründen nicht alle übertragenden Rechtsträger den neuen Rechtsträger; vielmehr wird zusätzlich zur Verschmelzung durch Neugründung noch eine gesonderte Verschmelzung durch Aufnahme durchgeführt.

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§ 225a InsO stellt klar, dass eine Verschmelzung unter bestimmten Voraussetzungen auch im Rahmen eines Insolvenzplans möglich ist (vgl Anhang 1 zu § 325).

III. Verschmelzungsähnliche Sachverhalte

9

Wegen des gesetzlichen Typenzwangs (vgl § 1 Rn 14) liegt eine Verschmelzung im rechtstechnischen Sinne der §§ 2 ff nur vor, wenn die an einem Vermögensübertragungsvorgang beteiligten Rechtsträger eine Verschmelzung nach den umwandlungsrechtlichen Bestimmungen vornehmen. Andere Fälle der Übertragung von Vermögen als Ganzes bei Untergang des bisherigen Vermögensinhabers fallen daher nicht in den Anwendungsbereich der §§ 2 ff (anders der Anwendungsbereich des Umwandlungssteuerrechts). Dies gilt insbes für die Gesamtrechtsnachfolge im Wege der sog Anwachsung, die beim Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters einer Personengesellschaft zur Übertragung des Vermögens auf den „verbleibenden Gesellschafter“ führt, wodurch die Gesellschaft ohne Liquidation erlischt. Auch Einbringungen von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen gegen Gewährung von Gesellschafterrechten sind keine Verschmelzungen iSd § 2.

10

Andere Sachverhalte, für die gelegentlich der Begriff „Fusion“ untechnisch verwendet wird, fallen häufig nicht in den Anwendungsbereich des gesetzlichen Verschmelzungsrechts. Dies gilt etwa für den Abschluss von Unternehmensverträgen im Konzern, insbesondere bei einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag iSd § 291 Abs 1 AktG, die Eingliederung iSd § 319 AktG oder die Gründung von Gemeinschaftsunternehmen.

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