Читать книгу Lykanta - Oliver Speier - Страница 10
8 Profis
ОглавлениеAls sie das Wohnzimmer erreichte, bremste sie beim Anblick der Leiche abrupt ab. Ihr Blick glitt hastig durch den Raum. Erst als sie überzeugt war, dass keine unmittelbare Gefahr bestand, entspannte sie sich etwas und blickte in meine Richtung. " Tür zu! ", zischte sie.
Erst jetzt bemerkte ich, dass ich mit halbnacktem Oberkörper und Messern an der noch immer weit geöffneten Eingangstür stand. Die wenigsten Nebenmieter würden wohl bei diesem Anblick mit einem freundlichen Nicken an mir vorbeilaufen. Hastig schloss ich sie und hinkte zurück ins Wohnzimmer. Das Adrenalin verlor so langsam seine Wirkung und mein ganzer Körper fing an zu schmerzen.
Katana tippte mit der Fußspitze gegen die Leiche. " Könntest du mir sagen, wer das ist? Hoffentlich nicht dein Freund, oder der Hausmeister? " Ich schluckte ehe ich antwortete. " Keine Ahnung wer das ist, ähh war, kaum hatte ich ihn in der Wohnung, hat er sich in einen Werwolf verwandelt und wollte mich umbringen! " Plötzlich wurde mir etwas bewusst, besorgt flüsterte ich. " Er ist Polizist! Katana ich hab einen Polizisten getötet, was mach ich jetzt? " Die Messer entglitten meinen kraftlosen Fingern und fielen scheppernd zu Boden. In jedem Buch und Krimi wurde gezeigt, dass Polizistenmörder auf der Fahndungsliste ganz oben standen. Alleine bei dem Gedanken daran, drehte sich mir der Magen um.
Katana schien darüber weit weniger besorgt zu sein. Sie rollte den Kerl mit ihrem Fuß auf den Rücken, was durch das Besteck nicht ganz gelang. Jetzt konnte man auch erkennen, was das gurgelnde Geräusch bei ihm verursacht hatte. Sein Hals war halb durchtrennt, Adern, Knorpel und Dinge, die ich gar nicht näher betrachten wollte, hingen heraus.
Erstaunt blickte mich Katana an. " Nur damit ich das richtig verstanden habe, er wollte dich umbringen? "
Ich nickte. " Genau und vergewaltigen! " Sie deutete auf seinen blutigen Schritt und ich erklärte schnell. " Da hab ich ihn gebissen! " Ihr Blick wanderte hoch zu seinem Gesicht. " Was ist denn mit seinem Auge passiert? "
Fahrig erwiderte ich. " Äh, ich hab ihn mit einem meiner Absätze erwischt, als er sich zu mir runter gebeugt hat. "
Sie begutachtete meine High Heels und fing frech zu Grinsen an. " Tja, das gibt dem Begriff Mörderabsatz eine völlig neue Bedeutung. " Sie drehte sich erneut zu der Leiche und meinte. " War das bevor, oder nachdem du ihm die Kehle durchgeschnitten hast? ", irritiert deutete sie nebenbei auf das Silberbesteck. " Und was soll eigentlich der Besteckwald in seinem Rücken? "
Genervt blickte ich sie an. " Kati, ich finde deinen Sinn für Humor gerade gar nicht witzig, aber um deine Fragen zu beantworten. Den Hals hat er sich wohl beim Sturz ins Aquarium aufgeschlitzt und das Besteck hab ich in meiner Panik einfach in seinen Rücken gerammt, weil es aus Silber ist und das soll ja bei Werwölfen tödlich wirken! "
Ihr Blick wurde weicher, als sie auf mich zukam, um mich zu meiner Überraschung tröstend in die Arme zu nehmen." Sorry Lyk, ich vergesse ständig wie neu das alles hier für dich ist. " Aufmunternd schaute sie mir ins Gesicht. " So leid es mir auch tut, dies wird nicht dein letzter Kampf oder Toter sein, den du gesehen hast. Solche Dinge werden ab jetzt Bestandteil deiner neuen Existenz. Entweder du passt dich schnellstens daran an, oder du wirst davon überrollt und stirbst. " Ich schaute sie mit großen Augen an und sie klopfte mir kameradschaftlich auf die Schulter. " Sterben wäre bei einem so hübschen Jungvampir wie dir jedoch eine richtige Verschwendung, also werden wir dafür sorgen, dass du kämpfen lernst. "
Ich fühlte mich in ihren Armen tröstlich geborgen und hätte noch ewig so stehen können, doch sie schob mich sanft von sich und blickte mich ernst an. " Hat er gesagt, ob er alleine war? "
Ich versuchte mich daran zu erinnern, was der Typ alles gesagt hatte. " Puh, ich glaube er hat erwähnt, dass keiner außer ihm geglaubt hat, ich würde nochmals in den Park zurück kehren. "
Aufmunternd lächelte sie mich an. " Jetzt hoffen wir einfach mal das Beste und kümmern uns um die dringlichen Probleme. Hast du ein großes Laken oder einen Duschvorhang? "
Ihr Wunsch kam mir total irrational vor und ich schaute sie verstört an. Sie deutete auf die Leiche. " Damit wir den Kerl in deine Badewanne schaffen können. Du hast doch eine? "
Ich nickte verdattert, konnte mir eine Frage jedoch nicht verkneifen. " Wieso tragen wir ihn nicht einfach so rüber? " Sie schüttelte den Kopf. " Was glaubst du, was er dir in seinem Zustand für eine Sauerei machen würde! "Da hatte sie auch wiederum Recht, ich drehte mich um und humpelte Richtung Schlafzimmer. Scheiße, so langsam tat mir jeder Knochen im Leib weh. Als ich im Flur stand, rief sie mir hinterher. " Ach Lyk, bring Handtücher mit, damit wir das ganze Wasser und Blut aufwischen können, nicht dass dein Untermieter noch Blutflecken an die Decke bekommt! "
Erschrocken blickte ich zum Boden und bog ins Bad ab, dort schnappte ich mir sämtliche Handtücher die ich fand. Sogar meine schönen Orangenen die ich nur zu Dekorationszwecken liegen hatte. Als ich damit ins Wohnzimmer kam, warf Katana sie auf die nassen Stellen. " Wenn du noch mehr hast wäre es nicht schlecht. Ich nickte und humpelte ins Schlafzimmer. Jetzt machte es sich bezahlt, dass ich bei schönen Badetüchern selten vorbeigehen konnte, ohne eins zu kaufen. Ich stapelte soviel ich tragen konnte aufeinander und überlegte dabei, welche Bettwäsche ich für den Kerl nehmen sollte. Letztendlich entschied ich mich für die Satinwäsche. Erstens war sie furchtbar kalt, zweitens blieb man immer mit Hautverletzungen daran hängen und drittens gab es schon jahrelang niemand mehr, den ich mit ihr verführen konnte.
Als ich diesmal schwer beladen ins Wohnzimmer kam, unterbrach Katana ihre Arbeit und blickte mich mit großen Augen an. " Sag mal, hast du eben ein Wäschegeschäft überfallen, oder hast du beruflich mit Handtüchern zu tun? "
Röte schoss mir ins Gesicht und peinlich berührt, stammelte ich etwas von Schnäppchen und Weihnachtsgeschenken. Als ich ihr die Satin-Laken gab, erwartete ich schon die nächste ironische Bemerkung, doch sie legte sie nur neben dem Kerl auf den Boden und rollte ihn darauf. Mein Besteck hatte sie ihm aus dem Rücken gezogen und auf den Tisch gelegt. Sie ließ mich eine Seite des Lakens nehmen und gemeinsam schleppten wir ihn ins Bad. Trotz meiner neuen Kräfte hatte ich mit dem Gewicht zu kämpfen, was jedoch zum großen Teil an meinen Verletzungen lag. Als wir bei der Wanne angelangt waren, übernahm Katana das Hineinwuchten der Leiche. Ich stand gebeugt daneben und hielt mir die Seite. Als sie meine Haltung bemerkte, zog sie die Reste meines Kostüms zur Seite. Unter meiner linken Brust hatte sich ein faustgroßer Bluterguss gebildet und alles drum herum war dick angeschwollen.
Sie drückte leicht dagegen und ich keuchte schmerzerfüllt auf. " Autsch Lyk, da sind glaub ich Rippen gebrochen, wir werden nachher wohl beim Doc vorbeischauen müssen. " Nun wollte sie auch noch die anderen Verletzungen in Augenschein nehmen. " Zeig mal dein Gesicht." , sie hob mein Kinn an und begutachtete mich aus der Nähe. Dabei tastete sie es vorsichtig ab." Sieht auch übel aus, aber im Großen und Ganzen ist noch alles heil. "
Ein Blick zum Spiegel ließ mich an ihrer Aussage stark zweifeln, meine linke Gesichtshälfte sah aus, als hätte ich einem der Klitschko Brüder als Sparringspartner gedient. Meine Haare hingen mir wirr ins Gesicht, seufzend strich ich sie nach hinten. Seit Vampire in mein Leben getreten waren, bekam ich ständig von allen Seiten Prügel.
Katana deutete zur Dusche. " Am Besten du springst kurz drunter und machst dich frisch, ich besorge uns in der Zwischenzeit Verstärkung und wische die Sauerei im Wohnzimmer auf. Beim hinausgehen zückte sie ihr Handy und tippte eine Nummer ein. Ich überlegte, ob ich dem Ratschlag folgen sollte, als ich in meinen Haaren jedoch blutig weiße Reste von einem Auge entdeckte, beeilte ich mich, ihrem Rat zu folgen. In Windeseile riss ich mir die Klamotten vom Leib und wischte mich damit notdürftig sauber. Zu retten waren sie sowieso nicht mehr und so warf ich sie über den Typen im Bad, um ihn nicht anschauen zu müssen. Ich schlüpfte in die Dusche und spülte mich mehrmals mit Duschgel gründlich ab, was mit den ganzen Verletzungen recht unangenehm und schmerzhaft war.
Während ich an mir herum schrubbte, meldete sich ein anderes Problem. Ich musste dringend Pinkeln. Mit Katana und dem toten Typ in der Wohnung, hatte ich jedoch absolut keine Lust aufs Klo zu gehen und so beschloss ich, ein böses Mädchen zu sein und ließ es laufen. Danach spülte ich die verräterischen Spuren durch den Abfluss, ehe ich das Wasser abstellte und die Duschtüre öffnete. Sofort wurde mir mein nächstes Problem bewusst, ich hatte kein Handtuch.
Zwar lagen noch genug im Schlafzimmer, doch um an sie zu gelangen, musste ich rüber laufen und Katana würde mich womöglich nackt sehen. Ich kippte die Duschtür zu und rief nach ihr. Fragend blickte sie zur Tür herein und ich bat sie, mir eins aus dem Schlafzimmerschrank zu bringen. Ohne groß nachzufragen verschwand sie und ich wartete. Brennend heiß fiel mir ein, was ich im mittleren Schrank liegen hatte. Panisch stürzte ich aus der Dusche. Gerade als ich nach der Zimmertür greifen wollte, ging diese auf und sie kam mit einem Handtuch zurück. Ich rannte geradezu in sie hinein und um nicht zu fallen, musste ich mich an ihr festklammern. Mit einem fetten Grinsen drückte sie mir das Tuch in die Hand. " Hier, trockne dich erst mal ab, ich verpacke solange den Rest deiner Sachen in die Tasche. "
Klasse, da wollte ich Peinlichkeiten vermeiden und stand jetzt doch glatt nackt vor ihr. Hastig hielt ich das Handtuch vor mich, um mir damit das Gesicht zu trocknen. Wenigstens hatte sie gleich den Schrank mit den Handtüchern geöffnet.
" Welchen Rest? ", fragte ich und blickte sie ratlos an.
Ihr Grinsen wurde noch breiter, was mit ihren Fangzähnen verdammt gefährlich wirkte. Langsam kam ihre andere Hand hinter dem Rücken zum Vorschein. Als ich sah, was sie darin hielt, wäre ich vor Scham am liebsten im Boden versunken. Sprachlos stand ich vor ihr und suchte verzweifelt nach einer Ausrede. Sie blickte fast andächtig auf den Gegenstand. " Ich dachte immer die vibrieren nur, aber ich sehe, die Technik schreitet voran. " Sprach es und marschierte zurück ins Schlafzimmer. Ich blieb am Boden zerstört zurück. Wie sollte ich ihr je wieder unter die Augen treten. Sie hatte bestimmt auch den Rest der Sachen gesehen, die im Schrank lagen. Bestimmt würde sie ab jetzt einen Bogen um mich machen. Ich hoffte nur, sie würde es keinem weitererzählen.
Als ich den Fuß des Typen neben mir aus dem Bad hängen sah, gab ich ihm einen wütenden Tritt, was mir sogleich einen schmerzenden Zeh einbrachte. Während ich auf einem Bein herum hüpfte, fauchte ich ihn an. " Was musstest du Arschloch auch hier auftauchen! " Hinter mir erklang ein belustigtes Gelächter und erschrocken wirbelte ich herum. Katana schüttelte den Kopf. " Na komm Lyk, der musste teuer dafür bezahlen! "
Ich suchte nach passenden Worten. " Kati, mir ist klar, dass dich die Sachen im Schrank vielleicht abstoßen und "
Katana hob die Hand und wedelte mir damit vor dem Gesicht herum. " Mädel, ich hab bestimmt kein Problem mit deinen sexuellen Vorlieben, Hauptsache es gefährdet keinen unserer Art und jetzt Schluss mit dem Thema. Schauen wir lieber, dass wir dich angezogen bekommen, bevor Ivan mit seinen Ghulen hier auftaucht und auf falsche Gedanken kommt. "
Ich brauchte einige Sekunden bis mir klar wurde, warum die Ghule in meine Wohnung kommen sollten, als ich den Rest des Satzes genauer überdachte, blickte ich schockiert an mir herunter. Erschrocken stammelte ich. " Du meinst Ghule können noch, äh also, sie würden es mit mir, oh mein Gott, das ist ja widerlich! "
Katana brach in schallendes Gelächter aus. " Um ehrlich zu sein, hab ich keine Ahnung was Ghule in dieser Hinsicht treiben, ich will es auch gar nicht wissen. Ich wollte eher sagen, dass wir dich etwas herrichten sollten. Wenn die dich so zerschunden und zerschlagen sehen, packen sie dich auch gleich ein. "
Sie schnappte mich an der Hand und zog mich nackt wie ich war ins Schlafzimmer. Dort öffnete sie alle Schranktüren, sogar die Mittlere, und begann fröhlich darin herum zu stöbern. Ich stand mit feuerrotem Kopf neben ihr und schlang das Handtuch um mich. Die meisten meiner Klamotten fanden keine Gnade in ihren Augen und sie kommentierte dies mit abwertenden Worten. " Zu bieder, zu unpraktisch, zu hell. "
" Zu hell? ", fragte ich erstaunt. Sie nickte. " Klar, wegen den Blutflecken, schwarz ist da echt praktisch. "
Mit einem Klick rutschte alles an seinen Platz und mir wurde schlagartig klar, warum Vampire schwarz bevorzugten.
Mit einem triumphierenden Schrei wurde sie in dem mittleren Schrank fündig und zog eine schwarze Lederhose heraus. " Vergiss es! ", stöhnte ich auf. " Für die bin ich zu fett, die hat nie gepasst. " Sie blickte mich zweifelnd an. " Also irgendwann wird sie ja wohl gepasst haben, sonst hättest du sie ja nicht gekauft, anziehen! " Bei diesen Worten streckte sie mir die Hose entgegen. Erwartete sie etwa, ich würde mich jetzt hier vor ihr anziehen?
Sie machte eine aufmunternde Bewegung mit der Hand und verdrehte die Augen. " Komm schon Lyk, wer solche Sachen im Schrank hat, wird doch wohl nicht schüchtern sein, oder muss ich dich zwingen? ", dabei zwinkerte sie mir schelmisch zu.
Mit knallrotem Gesicht ließ ich das Handtuch sinken. " Ich hab keine Unterhose! ", maulte ich kleinlaut. Kati schüttelte den Kopf. " Unter dem engen Teil, wäre das auch sehr unvorteilhaft. " Mit einem Seufzer, legte ich das Handtuch weg und schlüpfte splitternackt in die Hose. Ich hatte das blöde Teil mal im Internet gekauft, doch es war kleiner ausgefallen als angegeben, oder meine Schenkel waren dicker, als ich wahr haben wollte. Umso größer war mein Erstaunen, als ich die Hose nach oben zog. Ich musste zwar etwas ziehen und zerren, doch letztendlich rutschte sie über meine Pobacken. " Sie passt! ", entfuhr es mir begeistert beim Schließen der Knöpfe.
Kati hatte weiter im Schrank gestöbert und drehte sich mit ihrem nächsten Fund zu mir herum. " Lyk, du schlimmes Mädel, was hast du nur für geile Klamotten im Schrank! ", dabei hielt sie mir ein Bustier mit Lederbesatz entgegen. Ich schüttelte vehement den Kopf. " Keine Chance, da fallen meine Titten oben raus und ich wirke total fett darin! "
Sie ließ sich durch meine Einwände nicht beirren, statt dessen drehte sie mich herum und ehe ich groß protestieren konnte, legte sie es mir um und hakte am Rücken die Ösen ein. Da ich durch den Druck auf meine Rippen schmerzhaft aufstöhnte, wählte sie den weitesten Stand. Nachdem sie fertig war, drehte sie mich zurück. " Hoho Mädel, so siehst du doch gleich viel ansprechender aus! "
Zweifelnd blickte ich mich im Spiegel an. Bis auf mein derangiertes Aussehen durch die Verletzungen, schaute es tatsächlich gar nicht mal so schlecht aus. Keine Speckröllchen quollen seitlich hervor und mein Bauch war flach wie ein Brett. Insgeheim fand ich mich recht ansprechend und marschierte zum Schrank. Angestrengt fing ich an, darin zu wühlen.
Kati schaute anfangs stumm zu, ehe sie mich fragte. " Was suchst du? " Etwas erstaunt schaute ich sie an. " Na ich suche etwas zum darüber ziehen, so kann ich ja wohl kaum auf die Straße! " Sie blickte mich mitleidig an. " Warum denn nicht, siehst du fett darin aus oder macht es dich hässlich? ", abwartend blickte sie mich an. Ich wusste nicht so recht was ich antworten sollte und druckste herum. " Wie soll ich sagen, ich fühle mich unwohl darin, nachher denkt noch jemand ich wäre eine Nutte, oder so. " Katana prustete los. " Lyk du bist goldig, jede andere Frau würde einen Mord begehen, wenn sie diese Klamotten tragen könnte. Du hingegen machst dir Sorgen, es könnte nuttig wirken. " Sie zog mich zum Spiegel und deutete auf mein Spiegelbild.
" Wenn ich ein Mann wäre, würde ich die Welt in Bewegung setzen um dich kennenzulernen. Dein Outfit sieht nicht nuttig, sondern sehr sexy und nobel aus. "
Ich hegte zwar leisen Zweifel an ihrer Aussage, spürte aber, dass sie nicht eher Ruhe geben würde bis ich ihr zustimmte. Ich hob meine Arme und resignierte. " Ok du hast gewonnen, kein weiteres Oberteil, aber wehe wenn mich einer anspricht und fragt wie viel ich verlange! "
Kati schien mit der Antwort zufrieden, denn sie drückte mich kurz an sich, was mir erneut Schmerzen verursachte. " Auaaa! ", jammerte ich leise, woraufhin sie mich sofort losließ. Wir stöberten noch eine Weile nach passenden Schuhen. Am Ende holten wir die Highheels, die ich schon angehabt hatte, jedoch nicht ohne diese vorher gründlich abzuwischen. Ich begutachtete mich erneut im Spiegel. Durch die acht Zentimeterabsätze und die Lederhose wirkten meine Beine irre lang. Ich musste zugeben, dass ich wohl noch nie besser ausgesehen hatte, wenn wir mal all die Schürfwunden und Prellungen außer Acht ließen.
Plötzlich klingelte es erneut und ich zuckte erschrocken zusammen. Katana zog ihr Schwert und eilte zur Tür, wo sie seitlich von dieser stehen blieb. " Ja bitte? ", rief sie angespannt.
" Sind sie das Misstress Katana? Ich bins, Ivan! ", kam es rauchig von der anderen Seite der Tür. Sie entspannte sich sichtlich, als sie diese öffnete, blieb dabei jedoch wachsam. Zwei Ghule trotteten in die Wohnung und ich konnte ein leichtes Schaudern nicht unterdrücken. Einer entsprach genau dem Bild, welches ich mir immer von den Ghulen gemacht hatte, klein, dürr, blass, wenig Haare und Glupschaugen.
Der andere jedoch wollte nicht so recht ins Bild passen. Er war recht groß und hatte einen Hang zur Fettleibigkeit, wobei er jedoch recht bullig wirkte. Zudem hatte er dichtes schwarzes Haar, das ihm fettig ins Gesicht hing. Seine Augen glitzerten listig und er schien recht überzeugt von sich zu sein, wenn ich sein Auftreten richtig interpretierte. Beide hatten sie jeweils einen großen Koffer in der Hand. Katana schloss die Tür hinter ihnen und sofort drang mir ein leicht süßlichen Geruch mit einem Hauch Talkum in die Nase, welcher wie ich noch erfahren sollte, charakteristisch für alle Ghule war.
Katana befragte sie über etwaige Verfolger, oder Auffälligkeiten vor dem Wohngebäude. Beide bezeugten, nichts bemerkt zu haben. So gab sie ihnen Anweisung, die Wohnung zu säubern und die Leiche zu entsorgen. Der Fette warf einen Blick ins Wohnzimmer, ehe er antwortete. " Kein Problem, in spätestens zwei Stunden ist die Wohnung sauber und die Leiche entsorgt. " An der Stimme erkannte ich , dass er wohl dieser Ivan war.
Zweifelnd schaute ich zu den dreien rüber. " Wie wollt ihr denn die Leiche unauffällig nach draußen schaffen? "Die beiden Koffer welche sie bei sich trugen, waren zwar recht groß, aber der Typ würde in keinen davon passen. Besorgt blickte ich sie an. " Sagt mir jetzt nicht, ihr wickelt ihn in Tücher, oder einen Teppich und bringt ihn so runter? "Ivan blickte mich schockiert an. " Auf keinen Fall werte Dame, so was machen nur Idioten und Anfänger, wir beide sind Ghule und somit Profis, was diese Dinge betrifft! " Sein Kollege nickte bei seinen Worten so heftig mit dem Kopf, dass ich angst hatte er würde abbrechen.
Unsicher hakte ich nach. " Wie dann? "
Mit einem selbstgefälligen Grinsen stellte er den Koffer ab und öffnete ihn. Die Klappe verhinderte ein Hineinsehen, während er darin stöberte. Erst als er den gesuchten Gegenstand triumphierend hoch hob, erkannte ich, was er in der Hand hielt. Ich wurde wohl recht blass um die Nase und stammelte. " Aber, aber, das geht doch nicht! "
Er schien meine Erschütterung nicht bemerkt zu haben, denn er schwafelte begeistert weiter. " Und ob, das ist eine Chirurgen-Säge, beste Qualität. Damit kommt man ruck zuck durch sämtliche Knochen, hab das Teil vom Doc geschenkt bekommen, ist echt allererste Sahne! "
Endlich bemerkte er meinen geschockten Blick, deutete ihn jedoch vollkommen falsch. " Natürlich muss man aufpassen, was man wie und wo absägt, doch für den Notfall haben wir ja noch Plastiksäcke dabei. Letztes mal mussten wir ewig rumstopfen, um das ganze Gedärm in den Koffer zu bekommen. Ein Arm hat dann doch nicht mehr reingepasst und wir mussten ihn vor Ort fressen, aber wie gesagt, diesmal haben wir zusätzlich Tüten mitgebracht. "
" Boah da wird einem ja schlecht! ", keuchte ich in Katanas Richtung. Ivan nickte mitfühlend. " Jo, so gings mir auch. Ein frischer Arm schmeckt echt widerlich, aber er hat einfach nicht mehr in den Koffer gepasst und wie gesagt, wir sind Profis. " Sein Kumpel nickte bestätigend und grinste mich mit spitzen Zähnen an. Galle stieg mir im Hals empor und ich stürmte ins Bad. Ich schaffte es gerade noch meine Haare in Sicherheit zu bringen, ehe ich mich in die Toilette erbrach. Mit zitternden Knien kam ich hoch und taumelte zum Waschbecken um mir den Mund auszuspülen. Währen dessen kam Ivan und sein Begleiter ins Bad. " Ahh, da liegt er ja, super, da ist einiges dran an dem, danke Miss? " Er wartete auf meine Antwort und ich brachte ein gewürgtes " Lykanta " hervor.
Noch ehe er mit seiner Säge an die Arbeit ging, flüchtete ich auf den Gang und schloss die Tür hinter mir. Kati stand mit meinem Handy und dem Ausweis von dem Kerl da und sprach in ihr eigenes, wobei sie deutlich buchstabierte." P R E D R A C, kannst du mir sofort Bescheid geben, wenn du was gefunden hast? Alles klar, schon mal danke im Voraus. " Sie steckte sowohl ihres, als auch mein Handy in die Tasche. Ich schaute sie gequält an. " Können wir bitte gehen? " Die Geräusche aus dem Bad ließen meinen Magen erneut absacken und ich musste mich beherrschen, nicht erneut aufs Klo zu rennen. Auch Katana schien keine große Lust zu haben, das Spektakel mitzuerleben. " Alles klar Lyk, ich hole nur kurz deine Tasche, dann können wir. " Solange sie ins Schlafzimmer eilte, schnappte ich mir einen meiner längeren Mantel und schlüpfte hinein. Als sie mit der Tasche zurück kam, verdrehte sie zwar theatralisch die Augen, sagte jedoch nichts dazu. Wir verabschiedeten uns durch die geschlossene Badezimmertür, ernteten jedoch nur ein Grunzen.
Beim Laufen hing mir mein noch immer feuchtes Haar ins Gesicht, was mir auf Grund meiner Verletzungen jedoch ganz recht war. Im Aufzug stützte ich mich an der Wand ab. Die wenigen Meter bis hierher, hatten mich völlig ausgelaugt und mein ganzer Körper schmerzte. Kati musterte mich besorgt, sagte jedoch nichts. Schweigend fuhren wir nach unten und machten uns auf den Weg zum Auto. Erst als wir uns anschnallten, fing Katana erneut an mit mir zu sprechen. Ihr Blick wanderte dabei die Straße auf und ab und mir wurde klar, sie hielt nach weiteren Werwölfen Ausschau.
Als ich nun selber anfing die Umgebung zu kontrollieren, zischte sie mir zu, es bleiben zu lassen und mich so normal wie möglich zu verhalten. Also plapperte ich einfach drauf los und redete über meine Lieblingssendung im Fernsehen. Sie startete den Wagen und wir rollten langsam die Straße entlang. Bei jedem Auto an dem wir vorbei fuhren, rechnete ich damit, es würde ein Wolf hervorspringen und uns angreifen, doch alles blieb ruhig. Sogar auf dem Weg zurück in die Stadt, waren wir auf weiter Flur, alleine unterwegs. Je länger wir fuhren, desto mehr entspannte sich Katana und beim Erreichen der Innenstadt war sie wieder ganz die Alte.
Ich wollte sie gerade ansprechen als ihr Handy klingelte. Ohne Hemmungen begann sie eifrig zu telefonieren, während wir mit den Ampelschüben langsam durch die Innenstadt rollten. Besorgt schaute ich um uns herum. Wenn uns jetzt eine Polizeistreife deswegen stoppte, hätten wir bei meinem derzeitigen Zustand einiges zu erklären. Noch ehe ich sie deswegen ansprechen konnte, beendete sie das Gespräch und blickte mich gutgelaunt an. " Gute Neuigkeiten Lyk, dein toter Bulle wurde schon vor sechs Monaten wegen wiederholter Körperverletzung an Tatverdächtigen und Gefangenen, vom Dienst suspendiert. Seine Exkollegen suchen ihn seit vier Wochen sogar selbst, da er nicht zur Verhandlung erschienen ist. "
Sie grinste zufrieden vor sich hin. " Wundert mich nicht, ist fast symptomatisch für Werwölfe. Sie können sich schlecht in die Gesellschaft integrieren. Sie brauchen ihr Rudel und die Rangordnung um sich unterzuordnen und ihre Aggressionen in den Griff zu bekommen. Wenn Ivan seinen Job erledigt hat, bist du deine Sorgen los und Predrac wird für immer verschwinden. "
Zu meiner Beschämung verspürte ich unsägliche Erleichterung. Ich würde nicht als Polizistenmörderin gejagt werden. Meine Laune stieg schlagartig um einhundert Prozent und als mir Kati die Hand zum High Five entgegen hob, schlug ich begeistert ein, um mir gleich darauf fluchend die Seite zu halten.
Sie fand das recht witzig und zog mich damit auf. Wir blödelten eine Weile herum, ehe unser Gespräch erneut in Stille versackte und jeder von uns seinen eigenen Gedanken nachhing.
Dabei brannte mir eine Frage unter den Nägeln und ich unterbrach die Stille, um meine Neugierde zu befriedigen. " Ist das als Vampir eigentlich normal, oder geht es nur mir so? Ich habe einen Menschen getötet, doch ich verspüre kaum Gewissensbisse deswegen. Ich habe nicht das Gefühl etwas Schlimmes getan zu haben. Um ehrlich zu sein, meine größte Sorge vorhin war nicht jemanden ermordet zu haben, sondern als Polizistenmörderin gesucht zu werden. "
Katana hatte mir schweigend zugehört und antwortete nicht gleich auf die Frage, als sie dann doch zu sprechen anfing, klangen ihre Worte ungewöhnlich ernst. " Was du da ansprichst, ist mir erst nach ein paar Jahren als Vampir aufgefallen. Ich hab mir selber einige Gedanken zu dem Thema gemacht. Scheinbar sind wir in unserer jetzigen Form mehr Raubtier, als wir wahrhaben wollen. Du musst ab jetzt aufpassen, nicht auf jede Bedrohung mit Gewalt zu reagieren! Vampire töten gerne uns skrupellos, deshalb wurde auch das Clansystem und all die Regeln eingeführt, sonst hätte unsere Art wohl keine Überlebenschance. "
Als sie meinen geschockten Gesichtsausdruck wahrnahm, machte sie eine beruhigende Geste. " Keine Bange Lyk, du gehörst zu denen unter uns, die ihre Aggressivität gut unter Kontrolle haben. "
Ich machte ein zweifelndes Geräusch. " Wie willst du das jetzt schon wissen? Ich bin ja erst ein paar Tage Vampir. " Katana lachte lauthals los. " Genau das macht mich ja so sicher, die meisten Küken ticken in den ersten Tagen und Wochen nach der Wandlung aus. Durch ihre neuen Fähigkeiten halten sie sich für Übermenschen, zudem haben viele Probleme ihre Blutlust zu zügeln. "
Nachdenklich versuchte ich das eben Gehörte zu verdauen. Für einen Übermenschen hielt ich mich bestimmt nicht und ein Verlangen nach Blut hatte ich auch keins. Scheinbar kam ich ganz gut mit meinem neuen Dasein zurecht. Meine Zunge glitt über die Zahnruine in meinem Mund, welche mir der Typ durch seine Faustschläge beschert hatte, ehe ich antwortete. " Na dann kann ich ja ganz zufrieden mit mir sein, oder? " Kati lachte auf. " Und ob Mädel und ob! "
Den Rest der Heimfahrt verbrachten wir schweigend. Als wir am Tor des Anwesen anhielten, erwartete uns der selbe Kerl, wie am Tag meiner Wandlung. Mich überfiel ein kleines De ja-vu als er an den Wagen trat und gegen die Scheibe klopfte. Kati öffnete diese und er musterte uns aufmerksam, unter seinem bohrenden Blick versteifte ich mich unweigerlich.
Er begann mit tiefer Stimme zu reden. " Euer Ausflug macht in der Enklave schon die Runde. Bertram ist ausgeflippt und gleich zu Matthias gerannt, als er davon erfahren hat. Dieser ist nicht gerade amüsiert darüber. " Katana schnaubte genervt auf. " Über was regen sich die zwei nicht auf, die hätten sogar noch was zu maulen, wenn ich ihnen einen blasen würde! "
Erschrocken blickte ich zu dem Wachmann, doch wenn ich sein Grinsen richtig deutete, schien er ihren Wutausbruch eher lustig zu finden. Zu meiner Überraschung richtete er seine nächsten Worte an mich. " Du siehst ja recht manierlich aus Lykanta. Nachdem ich von deinem Zusammenstoß mit einem Werwolf hörte, hatte ich eigentlich erwartet, man würde dich in mehreren Teilen hier einliefern! "
Ich nickte heftig und meinte. " Viel hat auch nicht gefehlt, ich hatte mehr Glück als Verstand. "
Meine Antwort schien ihm zu gefallen, sein Lächeln wurde breiter. " Da könntest du durchaus recht haben Mädel, aber Tatsache ist, du lebst und er ist tot. Somit geht der Punkt an dich. Wenn du Lust und Zeit hast, melde dich in den nächsten Tagen mal bei mir. Ich kann dir ein paar Dinge beibringen, die dir in solchen Situationen recht nützlich sein können. Frag einfach nach Sannur. "
Seine Worte hatten mich total überrumpelt, nicht genug damit, dass er meinen Namen kannte, er hatte mir auch noch einfach so, seine Hilfe angeboten. Ich beeilte mich ihm zu Danken und versicherte ihm, auf sein Angebot zurückzukommen. Er nickte uns freundlich zu, ehe er zu seinem Häuschen zurückschlenderte.
Während Kati das Fenster schloss, grinste sie mich frech an. " Na, da hast du aber fett Eindruck geschunden, wenn dich jemand wie Sannur gleich ins Herz schließt! " Ich zuckte mit den Schultern. " Bin halt eine Nette! ", gab ich schnippisch zurück. Kati fuhr lachend aufs Gelände und auch ich musste bei meinen Worten grinsen.