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6 Katana

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Da ich nicht viel zu tun hatte, blickte ich aus dem Fenster. Viel gab es nicht zu sehen. Eine große Hecke umgab das Gelände und auf dem Rasen standen einige Büsche und Bäume. Probehalber streckte ich eine Hand ins Licht. Kein Rauch stieg auf und die Sonne fühlte sich auch nicht übermäßig heiß an, dennoch zog ich sie zurück und lies den Rollladen zur Hälfte runter. Jetzt, da die Sonne nicht mehr so grell ins Zimmer knallte, bemerkte ich erst, dass ich die ganze Zeit die Augen zusammengekniffen hatte.

Nachdenklich puhlte ich mit der Zunge zwischen meinen Zähnen nach Essensresten. Einige Zähne wackelten bedenklich und mein ganzer Mundraum fühlte sich wund an. Ich machte mich auf den Weg ins Bad um mich etwas frisch zu machen. Aus Gewohnheit setzte ich mich auf die Toilette, musste jedoch schnell einsehen das nichts kam. Während ich darauf wartete pinkeln zu können betrachtete ich meine Schenkel. Im Sitzen hatten sie immer die nervige Eigenart besonders fett zu wirken. Heute schienen sie zum ersten Mal seit langer Zeit schlanker als sonst zu sein. Da nichts kam stand ich auf und trottete zum Waschbecken. Dort spritzte ich mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht, um die letzten Schlafspuren zu beseitigen. Als ich danach in den Spiegel blickte erstarrte ich.

Nicht etwa vor Schreck, ganz im Gegenteil. Mein Gesicht zeigte zwar leichte Blessuren, aber ich sah richtig gut aus.Meine Haut wirkte frisch und straff, in meinen Augen lag ein Funkeln und wenn ich das richtig beurteilen konnte wirkte ich schlanker. Ich beugte mich näher zum Spiegel und jetzt wurde es ersichtlich, dass ich mich verwandelte. Meine Augen hatten eine stahlgraue Farbe angenommen, keine Pickel, keine Hautunreinheit war mehr zu sehen. Neugierig öffnete ich den Bademantel um gleich darauf laut aufzukeuchen. Meine Figur hatte sich über Nacht gemausert, der Bauch war um einiges flacher und mein Hüftspeck so gut wie verschwunden, sogar mein Busen wirkte straffer und nicht mehr ganz so riesig. Ich ließ den Bademantel ganz von der Schulter gleiten und betrachtete mich selbstverliebt im Spiegel. Mir kamen vor Freude sogar ein paar Tränen und ich hätte am liebsten die ganze Welt umarmen können. Vampir zu sein war ja so cool.

Ich wurde ganz aufgeregt als mir klar wurde, dass ich jetzt ein bis zwei Kleidergrößen kleiner einkaufen konnte. Probehalber drückte ich an meinen Brüsten herum, betrachtete mich seitlich und kontrollierte meinen Hintern. Meine Titten und auch der Rest sah spitze aus. Zufrieden grinste ich mich an. Einzig meine Zahnlücken störten das Gesamtbild, aber das würde sich ja bald geben. Ich drückte etwas an den Zähnen herum und hatte erneut zwei davon in der Hand.

Was das ganze noch abstruser machte, die Freude über meinen neuen Körper hatte mich sexuell erregt. Bevor ich jedoch auf dumme Gedanken kommen konnte, hörte ich draußen die Eingangstüre gehen. " Lyk bist du da? "

Ich erkannte Cassandras Stimme und griff erschrocken nach dem Bademantel, um ihn überzuziehen. Als ich ihn zuknotete, erklang eine zweite Frauenstimme. " Scheint niemand hier zu sein, versuchen wir es bei.." Hektisch riss ich die Badezimmertür auf und blickte auf zwei Frauenrücken. Als sie zeitgleich zu mir herumwirbelten, machte ich erschrocken einen Satz zurück. Neben Cassandra stand eine Frau mittlerer Größe. Ich schätzte sie vom Erscheinungsbild auf Mitte zwanzig. Sie war in Leder gekleidet und hatte langes, fast weißblondes Haar. Bei vielen Frauen wirkte so was ja billig, ihr jedoch stand es hervorragend und sie wirkte fast Engelhaft dadurch. Das einzige was den Eindruck etwas störte waren ihre Fangzähne die aufblitzten als sie mich anlächelte.

Cassandra trat näher. "Da bist du ja Lyk. Leider muss ich geschäftlich für einige Zeit ins Ausland und habe keine Zeit dich mit deinem neuen Leben vertraut zu machen. Ich habe jedoch eine gute Freundin gebeten dir zu helfen so gut es geht. "

Bei ihren Worten zog sie ihre Begleiterin zu mir her. Ich erwartete diese würde mir zur Begrüßung die Hand geben, statt dessen umarmte sie mich und meinte mit einem Lachen in der Stimme. " Hallo Lykanta, ich bin Katana, aber du kannst mich Kati nennen. Ich glaube nachdem was ich bis jetzt über dich gehört habe, werden wir zwei gut miteinander auskommen. "

Bei ihrem Redefluss fehlten mir erst mal die Worte und ich starrte sie nur verwundert an.

Cassandra meinte schmollend. " Na klasse Kati, nachdem du mir deine Vorstellung schon abgenommen hast, kann ich ja gleich gehen. "

Katana verdrehte schauspielerisch ihre Augen. " Sorry erhabene Cassandra, habe ich etwa erneut gegen das Protokoll verstoßen? " Dabei zwinkerte sie mir mit einem Auge verschwörerisch zu und gegen meinen Willen stahl sich ein leichtes Lächeln in mein Gesicht.

Cassandra schien über ihre Antwort leicht verschnupft. Ehe die Situation in einen Streit abgleiten konnte, entschloss ich mich dazwischen zu gehen. " Vielen Dank für deine nette Begrüßung Kati und du kannst gerne Lyk zu mir sagen. "

Cassandra schien durch mein Eingreifen überrumpelt. Sprachlos blickte sie zwischen uns hin und her ehe sie frustriert antwortete. " Gut, dann wäre das ja geklärt und ich kann weiterziehen. " Ihre Verabschiedung fiel kurz und kühl aus. In mir kam das Gefühl auf sie verärgert zu haben. Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, schaute ich Katana betreten an. " Ist sie jetzt sauer auf mich? "

Sie winkte ab. " Ach was, wenn dann eher auf mich. Sie ist in solchen Dingen recht altmodisch, aber sonst eine ganz Nette. Wenn wir uns das nächste mal sehen, hat sie es schon wieder vergessen. " Sie wirkte nicht im mindesten beunruhigt oder verunsichert und so beschloss ich ihr einfach mal zu glauben.

" Also, was machen wir jetzt? " Fragend blickte ich sie an. Kati zuckte mit den Schultern. " Sag du auf was du Lust hast. "

Ich zupfte an meinem Bademantel. " Am liebsten würde ich mich mal anziehen, hab aber leider keine Klamotten. " Katana schaute mich verblüfft an. " Gar nichts? " Ich schüttelte den Kopf. "Nur diesen Bademantel und nicht mal der gehört mir. "

Sie strahlte übers ganze Gesicht. " Klasse, dann haben wir ja schon etwas zu tun, wir gehen shoppen! Ich besorge dir eben was zum Anziehen, dann gehen wir neue Klamotten kaufen. " Etwas verlegen blickte ich sie an. " Geld hab ich momentan auch keins. Zwar versucht Stefan gerade meine Tasche zu finden, aber ich kann für nichts garantieren. "

Katana kaute nachdenklich auf ihrer Lippe, was durch den langen Eckzahn recht gefährlich aussah.

" Deine Scheckkarte kannst du sowieso nicht benutzen ehe alles geregelt ist. "

Entsetzt blickte ich sie an. " Aber wovon soll ich den dann Leben? "

Sie winkte ab. " Im Notfall kann ich dir Geld leihen. In der Regel ist alles innerhalb einer Woche geregelt. Sobald Stefan mit deiner Tasche zurück ist erledigen wir das. Ich besorge jetzt erst mal etwas zum Anziehen. " Nachdem ich ihr meine Schuh- und Kleidergröße gesagt hatte machte sie sich auf den Weg. Ich setzte mich aufs Bett. Aus Langeweile tastete ich mit der Zunge meine Zähne ab und fand prompt noch einen der einfach aus dem Zahnfleisch kippte. Etwas schockiert spuckte ich ihn aus. Wenn das so weiterging, lief ich bis heute Abend zahnlos durch die Gegend.

Ich wurde von meinen Sorgen abgelenkt, als die Tür aufging und Stefan seinen Kopf hereinstreckte. Ihm folgte seine Hand, die meine Tasche hielt. Ich konnte einen begeisterten Aufschrei nicht unterdrücken und rannte auf ihn zu, was ihm doch Angst zu machen schien. Er hob die Tasche wie ein Schutzschild vor sich, doch ich ignorierte sie und umarmte ihn stürmisch. Er wurde stocksteif in meinen Armen, betreten lies ich ihn los und machte einen Schritt zurück. " Sorry wegen des Überfalls eben, aber ich hab mich so gefreut, weil du die Tasche gefunden hast." Er wirkte noch immer recht verdattert, als er zu sprechen begann. " Keine Ursache. Sie lag bei Ivan im Büro. Er hätte sie sowieso bald bringen lassen. "

Je länger er sprach, umso entspannter wurde er. Ich würde mir merken müssen ihn nicht zu berühren, scheinbar mochte er das nicht.

Aufgeregt schnappte ich die Tasche und leerte sie aufs Bett. Nachdem ich alles überflogen und auch die Tasche mehrfach durchstöbert hatte, setzte ich mich frustriert aufs Bett. Stefan blickte mich unsicher an. " Fehlt etwas? " Ich nickte. " Ja, mein iPhone! " Er wurde ganz nervös und lief aufgeregt hin und her. " Ich geh gleich nochmal zu Ivan, vielleicht lag es woanders. "

Ehe ich ihn daran hindern konnte war er verschwunden und ich blieb erneut alleine zurück. Ich nutze mein Warten und prüfte meine Barschaft. Ich kam auf knappe 74 Euro. Große Sprünge konnte ich nicht damit machen. Ein Klopfen an der Tür lenkte mich von meinen Geldsorgen ab. Auf mein " Herein! ", polterte Katana ins Zimmer. Sie hatte einen großen Stapel Kleidungsstücke, welche sie neben mir aufs Bett fallen ließ. Wir begannen darin zu stöbern und ich hatte gerade einige Dinge herausgesucht, da öffnete sich die Tür erneut. Stefan kam mit leeren Händen und hängendem Kopf herein. Das Handy war also nicht da.

Als er ins Zimmer trat und Kati erblickte blieb er neben mir stehen. " Lady Katana!" Mit einer förmlichen Verbeugung grüßte er sie. Diese hob nur gelangweilt eine Hand. " Hoi alter Schwerenöter. "

Er blieb angespannt stehen. Ich kümmerte mich jedoch nicht weiter darum und eilte mit den Klamotten ins Bad, um mich anzuziehen. Als ich aus dem Bad kam, um mich zu präsentieren, zeigte mir Kati deutlich was sie von meinem Outfit hielt. Demonstrativ steckte sie sich einen Finger in den Rachen und gab Würgegeräusche von sich. Sie warf mir einen Minirock zu den ich sofort zurückwarf. "Nie im Leben! Den würde ich nicht mal anziehen wenn ich Unterwäsche an hätte! "

Stefan machte große Augen während Katana nur auflachte. Von den mitgebrachten Schuhen passten nur hässliche braune Globetrotter.

Stefan versuchte das Ganze zu beschönigen. " Also, ganz so schlecht sehen sie doch gar nicht aus. " Als er unsere giftigen Blicke bemerkte, verstummte er und schrumpfte in sich zusammen.

Katana warf einen Blick auf ihre Uhr. " Mist das wird heute nichts mehr, du musst erst mal den Papierkram erledigen und ich hab auch noch das eine oder andere zu tun. Am besten Stefan bringt dich zu dem Büro und ihr erledigt das eben. "

Dieses eben erledigen zog sich die ganze Nacht und noch mehrere Stunden des nächsten Tages hin. Wir verbrachten stundenlang in Büros und ich musste Unterschriften unter Vollmachten setzen, Fotos und allerlei Angaben machen. In dieser Zeit, verlor ich fast alle meine vorderen Zähne und die neuen schoben nach. Stefan blieb die ganze Zeit bei mir, versorgte uns mit Essen und erledigte Botengänge. Irgendwann gegen Ende des zweiten Tages stieß Katana hinzu. Man schärfte mir nochmals ein keinen Kontakt zu Familie oder Bekannten zu suchen. Ferner sollte ich mich in der Öffentlichkeit bedeckt halten. Als wir endlich alles erledigt hatten und vor der Tür standen, blickten wir uns müde an.

Katana schüttelte frustriert den Kopf. " Boah, schlimmer als auf jedem Amt. Die ganze Scheiße hat so lange gedauert, dass in zwei Stunden die Läden schließen. Da lohnt sich einkaufen heute auch nicht mehr. Am besten wir fahren kurz zu deiner Wohnung damit du wenigstens das Nötigste hast. "

Bei ihren Worten blickte Stefan nervös hin und her. " Lady Katana ich glaube das ist keine gute Idee. Bertram hat extra die Order gegeben, frisch Gewandelte nicht raus zu lassen, bevor sie nicht als sicher eingestuft wurden. "

Katana grinste ihn an. " Du Hasenfuß musst ja nicht mitkommen. Außerdem bin ich ja wohl lang genug Vampir, um das Ganze abschätzen zu können! "

Stefan zuckte bei ihren Worten sichtlich zusammen und meinte. " Scheinbar legt man hier auf meinen Ratschlag keinen Wert, da kann ich genauso gut auf mein Zimmer gehen! " Mit einem kurzen Nicken eilte er wütend davon.

Abschätzend blickte ich sie an. " Ich will dich ja nicht kritisieren, aber war das eben nicht etwas hart? "

Sie verdrehte die Augen. " Wäre es dir lieber, wir würden uns an die Vorschriften halten und du läufst bis Montag in diesen schrecklichen Kleidern herum, oder sind wir weiblich pragmatisch und holen dir was du brauchst? "

Ich stimmte ihr zu, konnte mir eine kleine Spitze jedoch nicht verkneifen. " Nee, das mit dem holen ist schon ok, aber musstest du den Jungen so anblaffen? "

Sie kicherte. " War vielleicht etwas zu viel des Guten, aber ich lasse mich ungern bevormunden. Los jetzt. Wir gehen lieber, bevor er uns noch meldet." Mit diesen Worten zog sie mich zur Treppe.

Lykanta

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