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3.2. Sind psychologische Modelle im Arbeitsalltag brauchbar?

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In den Unternehmen spricht man von den hard facts und den soft facts. Bei den hard facts geht es zum Beispiel um die Gestaltung, Einrichtung und Steuerung von Produktionsprozessen, um die technische Abwicklung von Aufträgen, um Investitionen in Produktionsanlagen, Informatik, Logistik, Qualitätskontrolle, um Mitarbeiterzahl, Umsatz und Gewinn. Bei den soft facts geht es um die Menschen, welche die Produktionsanlagen betreiben und die Geräte bedienen, um Produkte herzustellen. Also um das Zusammenspiel der Mitarbeitenden mit den Mitarbeitenden.

Ich erlebe in meiner Beratertätigkeit, dass es viel einfacher ist, wenn ein Problem klar auf der Ebene der hard facts identifiziert wird, als wenn es bei den soft facts liegt. Es ist zwar aufwändig, ein neues Informatiksystem oder eine neue Produktionsstrasse zu planen, zu evaluieren und zu beschaffen. Aber die Führungskräfte haben in ihren Ausbildungen gelernt, wie man das erfolgreich angeht und durchzieht.

Wenn Probleme bei den soft facts, also beim Zusammenspiel der Menschen, auftreten, fühlen sich viele Führungskräfte nicht sehr wohl, weil sie die soft facts weniger einfach angehen, kontrollieren und lösen können. Sie tun sich oft schwer, wenn es in einem Team Irritationen und Spannungen gibt, wenn es Kommunikationsprobleme und Konflikte gibt, die sich nicht lösen lassen. Wenn sich wichtige Mitarbeitende, die zusammenarbeiten sollten, nicht riechen mögen. Wenn die Stimmung schlecht ist und die Leute nicht gerne zur Arbeit erscheinen, wenn die Arbeitsatmosphäre angespannt statt anregend ist. Wenn die Zufriedenheit sinkt und die Fluktuation steigt.

Als Arbeitspsychologe beschäftige ich mich in diesem Buch ausschliesslich mit den soft facts, mit den Menschen und ihrem Zusammenspiel. Mit den alltäglichen Kommunikatikonsproblemen und Beziehungsirritationen auf allen Stufen und Ebenen. Sie lernen die Beziehungsdynamiken zu verstehen, wenn wieder einmal ein top shot mit der Begründung freigestellt wird, die Chemie habe nicht gestimmt. Und wie diese Probleme anders angegangen und auch gelöst werden könnten.

Ich vermittle Ihnen in diesem Buch ein Modell, das in der Psychotherapie entwickelt wurde.{2} Das ist der Fachbereich, der sich mit den Menschen und ihrem Denken, Fühlen und Verhalten beschäftigt. Das Modell heisst «Personality Patchwork». Es ist ein differenziertes Modell, das die verschiedenen Muster von Menschen und das Zusammenspiel der Muster beschreibt.

Es vermittelt Grundlagenwissen über unterschiedliche Muster von Mitarbeitenden, von Kolleginnen und Kollegen. Sie werden lernen, diese unterschiedlichen Muster zu erkennen und zu verstehen. Sie sehen, was passiert, wenn diese Muster in der alltäglichen Zusammenarbeit aufeinandertreffen. Sie lernen zu verstehen, wie die Irritationen, die beim Zusammentreffen unterschiedlicher Muster entstehen, die Kommunikation behindern. Und Sie werden erfahren, wie Sie mit diesen Mustern arbeiten können und wie Sie Mitarbeitende so führen können, dass diese sich verstanden fühlen.

Das Modell «Personality Patchwork» ist auch für psychologische Laien gut verständlich und gut nachvollziehbar. Ich kann das aus Erfahrung sagen, ich habe das Modell in verschiedensten Unternehmen vermittelt, und die Resonanzen sind sehr gut. Wenn die Leute, die in einem Team zusammenarbeiten, verstehen, wie sie beispielweise auf der Leistungsebene funktionieren, ist das sehr hilfreich. Viele Irritationen treten nicht auf oder können gelöst werden, wenn man endlich versteht, warum der Kollege immer in dieser speziellen Art seine Sachen angeht und nicht so, wie man das selber machen würde.

«Personality Patchwork» hilft zu verstehen, wie Menschen zusammenspielen. Es ist aber auch eine Reise zu sich selber. Sie werden in diesem Buch viele spannenden Aspekte von sich selber erfahren und erkennen. Sie werden lernen, die eigene Person zu betrachten, Ihre eigenen Muster zu erkennen und über sich selber auf eine hilfreiche Art zu reflektieren. Sie wissen das wahrscheinlich ja schon: Es ist ausserordentlich anspruchsvoll, über sich selber nachzudenken! Die meisten Menschen hören jeweils nach fünf Sekunden wieder auf, weil sie nicht zu guten Ergebnissen kommen oder sich im Kreis drehen.

Noch ein grundlegendes Wort über Modelle und über «Modelle des Menschen»: Ich habe schon darüber gesprochen, dass wir nicht wissen, wie die «Realität» wirklich ist. Nicht einmal die Atomphysiker wissen, wie die Materie aufgebaut ist. Sie machen kontinuierliche Versuche und schaffen aus den gewonnenen Beobachtungen Modelle. Sie haben das Atommodell, aber sie wissen nicht, wie ein Atom wirklich aufgebaut ist. Ist der Atomkern ein Ding oder ist er eher eine Information, eine Möglichkeit? Sie wissen es nicht, sie machen nur Konstrukte auf Grund ihrer Beobachtungen. Die Versuche generieren neues Wissen, und daraus entstehen wieder neue Theorien und neue Modelle, z. B. die Quantenphysik, die wieder neue Konstrukte schafft. So entwickeln sich Modelle Schritt für Schritt weiter.

Ganz ähnlich ist es bei den Modellen über Menschen. Es gibt im Hirn kein Element «Druck-Muster» und auch kein Element «Wertsensibilität». Diese Begriffe, die ich in diesem Buch gebrauche, sind Abstraktionen von Verhalten. Wir haben mit unseren Millionen von Hirnzellen mit den Hunderttausenden von Verknüpfungen, die jede einzelne Zelle eingeht, unendlich viele Möglichkeiten von Sein, Denken Empfinden und Verhalten. Wir brauchen Abstraktionen, um diese Vielfalt zu reduzieren und zu benennen. Das Modell «Personality Patchwork» schafft diese Abstraktionen. Es ist jedoch nicht das einzige psychologische Modell über Menschen, es gibt noch andere Modelle. Da kommt bei Ihnen vielleicht die Frage auf: «Welches Modell ist denn nun das richtige?»

Es gibt kein richtiges und kein falsches Modell. Es sind einfach nur Abstraktionen über Verhalten von Menschen. Wir brauchen aber diese Modelle, um über Menschen und ihr Verhalten überhaupt nachdenken zu können. Ohne Modelle und ohne sprachliche Begriffe wäre dies nicht möglich. Die wichtige Frage bei Modellen über Menschen ist nicht, ob es richtig oder falsch ist, sondern wie viel von menschlichem Sein und Verhalten es abbildet.

Das Modell «Personality Patchwork» ist in jahrzehntelanger Arbeit mit Menschen entstanden Es bildet wesentliche Aspekte des Seins ab und setzt es in einen Zusammenhang, schafft eine Ordnung. Aber es ist wie gesagt eine Abstraktion. Behalten Sie das im Hinterkopf beim Lesen. Ich werde die verschiedenen Muster relativ klar und deutlich beschreiben, und es liegt in der Natur der Sache, dass ich in den Beschreibungen nie die ganze Vielfalt menschlichen Seins abbilden kann.

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