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Träume, die platzen

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10 Jahrzehntelang schien es, dass die Welt aus so vielen Kriegen und Katastrophen gelernt hätte und sich langsam auf verschiedene Formen der Integration hinbewegen würde. So ist zum Beispiel der Traum eines geeinten Europas vorangeschritten, der fähig war, die gemeinsamen Wurzeln anzuerkennen und sich zugleich über die in ihm wohnende Verschiedenheit zu freuen. Erinnern wir uns an »die feste Überzeugung der Gründungsväter der europäischen Union […], die sich eine Zukunft wünschten, die auf der Fähigkeit basiert, gemeinsam zu arbeiten, um die Teilungen zu überwinden und den Frieden und die Gemeinschaft unter allen Völkern des Kontinentes zu fördern«.7 Auch das Streben nach einer lateinamerikanischen Integration hat Fahrt aufgenommen und bereits einige Schritte gemacht. In anderen Ländern und Regionen gab es Bemühungen um Befriedung und Annäherung, die Früchte getragen haben; weitere schienen vielversprechend zu sein.

11 Doch die Geschichte liefert Indizien für einen Rückschritt. Unzeitgemäße Konflikte brechen aus, die man überwunden glaubte. Verbohrte, übertriebene, wütende und aggressive Nationalismen leben wieder auf. In verschiedenen Ländern geht eine von gewissen Ideologien durchdrungene Idee des Volkes und der Nation mit neuen Formen des Egoismus und des Verlusts des Sozialempfindens einher, die hinter einer vermeintlichen Verteidigung der nationalen Interessen versteckt werden. Das erinnert uns daran, dass »jede Generation sich die Kämpfe und die Errungenschaften der früheren Generationen zu eigen machen und sie zu noch höheren Zielen führen muss. Das ist der Weg. Das Gute, ebenso wie die Liebe, die Gerechtigkeit und die Solidarität erlangt man nicht ein für alle Male; sie müssen jeden Tag neu errungen werden. Unmöglich kann man sich mit dem zufriedengeben, was man in der Vergangenheit erreicht hat, und dabei verweilen, es zu genießen, als würden wir nicht merken, dass viele unserer Brüder und Schwestern unter Situationen der Ungerechtigkeit leiden, die uns alle angehen«.8

12 ›Offen sein zur Welt‹ ist ein Ausdruck, den sich die Wirtschaft und die Finanzwelt zu eigen gemacht haben. Er bezieht sich ausschließlich auf die Öffnung gegenüber den ausländischen Interessen oder auf die Freiheit der Wirtschaftsmächte, ohne Hindernisse und Schwierigkeiten in allen Ländern zu investieren. Die örtlichen Konflikte und das Desinteresse für das Allgemeinwohl werden von der globalen Wirtschaft instrumentalisiert, um ein einziges kulturelles Modell durchzusetzen. Eine solche Kultur eint die Welt, trennt aber die Menschen und die Nationen, denn »die zunehmend globalisierte Gesellschaft macht uns zu Nachbarn, aber nicht zu Geschwistern«.9 Wir sind einsamer denn je in dieser durch Vermassung gekennzeichneten Welt, welche die Einzelinteressen bevorzugt und die gemeinschaftliche Dimension der Existenz schwächt. Es gibt vor allem mehr Märkte, wo den Menschen die Rolle von Verbrauchern oder Zuschauern zukommt. Das Fortschreiten dieses Globalismus begünstigt normalerweise die stärkeren Gebiete, die sich selbst behaupten, sucht aber die schwächsten und ärmsten Regionen zu beeinträchtigen, indem es sie verwundbarer und abhängiger macht. Auf diese Weise wird die Politik gegenüber den multinationalen wirtschaftlichen Mächten, die das ›Teile und herrsche‹ anwenden, immer zerbrechlicher.

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