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… die Tradition weiterdenkend

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Wirklicher Friede ist nur möglich infolge einer globalen Solidarität und Zusammenarbeit, ist Franziskus überzeugt. Dabei denkt er ein inklusives Gesellschaftsmodell. Das bedeutet, alle sind beteiligt. Er kritisiert, wo er das nicht verwirklicht sieht, wenn etwa die sozialen Volksbewegungen aus seiner Sicht nicht ernst genommen werden. »In einigen kleinkarierten und monochromatischen Wirtschaftstheorien scheinen zum Beispiel die Volksbewegungen keinen Platz zu finden, welche Arbeitslose, Arbeitnehmer in prekären Arbeitsverhältnissen und viele andere, die nicht einfach in die vorgegebenen Kanäle passen, versammeln« (FT 169).

Nur, wenn jede Stimme zählt, nimmt man Populisten in Politik und Gesellschaft den Wind aus den Segeln und befördert zugleich eine wahre Politik des Volkes, könnte man Franziskus’ Ansatz kurz zusammenfassen. Denn er denkt die Veränderungen, die er fordert, nicht nur von oben: »Wir dürfen nicht alles von denen erwarten, die uns regieren; das wäre infantil. Wir haben Möglichkeiten der Mitverantwortung, die es uns erlauben, neue Prozesse und Veränderungen einzuleiten und zu bewirken. Wir müssen aktiv Anteil haben beim Wiederaufbau und bei der Unterstützung der verwundeten Gesellschaft« (FT 77). »Große Veränderungen werden nicht am Schreibtisch oder in Büros fabriziert« (FT 231), betont Franziskus – verbunden mit dem Hinweis, dass »in dem einen kreativen Plan ein jeder eine wesentliche Rolle [hat], um eine neue Seite der Geschichte zu schreiben, eine Seite voller Hoffnung, voller Frieden und voller Versöhnung«.

Hier kommt der Gedanke des Traums wieder ins Spiel. Franziskus wird mit Sicherheit viel Kritik ernten für das neue Schreiben. Als Marxist wird er bezeichnet werden von den Anhängern einer liberalen Wirtschaftstheorie, als Häretiker von konservativen Christen, weil er Muslime ganz selbstverständlich als Partner sieht und betont, dass Gott alle Menschen liebt, unabhängig von der Religion, ja selbst Atheisten. Utopist werden ihn die nennen, die von der aktuellen Wirtschaftsordnung profitieren auf Kosten der Armen und Ausgegrenzten. Der Papst wird weiter träumen, weil er überzeugt ist: Wer Träume hat, der jagt ihnen nach, damit sie sich erfüllen. Er baut darauf, Mitträumer zu finden für eine geschwisterliche Welt. »Wer fähig ist zu träumen, wird zum Lehrmeister, durch das Zeugnis«, ist Franziskus überzeugt. Einen Anstoß dazu bietet die vorliegende Enzyklika.

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1 Vgl. Niklaus Kuster: »Wir Geschwister alle«. Wen Franz von Assisi in den ersten Worten der neuen Enzyklika anspricht. In: L’Osservatore Romano, 22. September 2020.

2 Ebd.

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