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Kapitel 3

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Camp David

Präsident Nathan Frederik Spencer hatte die Nachricht mitten in der Nacht erhalten, auf einem Apparat, dessen Nummer nur wenigen Menschen bekannt war. Zum Glück hatte Caroline nichts davon mitbekommen, denn sie schlief seelenruhig weiter, während er das Schlafzimmer verließ, um mit dem nächtlichen Anrufer alles zu klären.

Eine Stunde später ließ er sich mit dem Helikopter nach Camp David bringen. Seiner Frau hinterließ er eine kurze Nachricht, dass er nach dem Frühstück wieder zurück sei.

Eigentlich hatte er vorgehabt, den Tag ruhig anzugehen und später mit seinem Team den anstehenden Wahlkampf zu planen. Doch die Nachricht, die Spencer erhalten hatte, sorgte dafür, dass sein sonnengebräuntes Gesicht tiefe Furchen zeigte.

Jetzt stand er in seinem Arbeitszimmer von Camp David, das behaglich aber trotzdem modern eingerichtet war und erkennen ließ, dass der Präsident mit beiden Beinen in der heutigen Welt stand. Die schwere Schreibtischplatte war aus Rauchglas und wurde lediglich von einem Laptop modernster Bauart verziert. Er war stolz darauf, dass er im Umgang mit Computern fast mehr verstand, als eine Vielzahl seiner jüngeren Mitarbeiter.

Es klopfte an der Tür und ein kurzhaariger Secret Service Agent hielt den Kopf ins Zimmer.

„Entschuldigung Mr. President. Aber ich wollte Ihnen mitteilen, dass Captain Kinnear sich gemeldet hat. Mister Reilly sitzt im Black Hawk und ist auf dem Weg hierher.“

„Danke, Charlie.“ Zufrieden nickte Spencer dem Agenten zu. „Stellen Sie bitte bis zur Ankunft von Mister Reilly keine Gespräche mehr durch, außer wenn meine Frau anruft. Ich möchte etwas Ruhe haben.“

„Selbstverständlich, Mr. President.“

Gedankenversunken stand Spencer am Fenster und blickte hinaus, auf das großzügige Gelände von Camp David, welches von der grandiosen Morgensonne in verschiedene Farben getaucht wurde. Die letzten Stunden hatte Spencer mit Grübeln verbracht, immer mit dem Druck, eine Entscheidung treffen zu müssen. Und egal, wie er das Blatt auch drehte, die Entscheidung würde schmerzlich ausfallen.

Im Licht der Sonne sah Spencer sein Spiegelbild und stellte fest, dass er in den letzten Jahren doch etwas gealtert war. Auch wenn seine Berater behaupteten, dass ein paar graue Schläfen ihn nur noch seriöser machten. Er war einen Meter neunzig groß und hatte volles, dunkles Haar, das aber nun in einen silbergrauen Ton überging. Dafür sah er immer noch athletisch aus und hatte sich etwas von seiner körperlichen Statur bewahrt, als er der Footballstar in Stanford gewesen war. Seine wachen, blassblauen Augen und sein schmales Gesicht wirkten in einer Unterhaltung einnehmend und waren einer der Gründe, weswegen oft seine charismatische Ausstrahlung gelobt wurde.

Als Spencer vor knapp vier Jahren das Amt des Präsidenten übernahm, hatte er sich selber geschworen, dass ihn dieses Amt nicht kaputt machen würde. Dafür joggte er jeden Tag dreißig Minuten und nutzte den Fitnessraum im Weißen Haus intensiv. Seit dieser Zeit hatte er an Muskeln zugelegt und an Gewicht verloren, was nicht unbedingt einherging mit den Essgewohnheiten, die dieses Amt mit sich brachte.

Nathan Frederik Spencer hatte es nie in die Politik gedrängt. Im Gegenteil. Die Politik hatte ihn gefunden. Er war einer der besten Strafverteidiger der Bezirksstaatsanwaltschaft in Miami gewesen, als die demokratische Partei auf ihn aufmerksam wurde. Mit seiner Frau Caroline und den beiden Söhnen Nathan Jr. und Jim an seiner Seite, begann ein müheloser Aufstieg, der ihn erst zum Justizminister und später zum Vizegouverneur von Florida werden ließ. Es folgte eine Amtsperiode im Senat, ehe er als Gouverneur nach Tallahassee zurückkehrte – eine ideale Ausgangsposition für den Kampf ums Weiße Haus.

In seiner gesamten politischen Laufbahn waren seine Berater stets darum bemüht gewesen, ein bestimmtes Image für Nathan Spencer aufzubauen. Er galt als moderner, aufgeschlossener Mann mit gesundem Menschenverstand, dem man vertrauen konnte. Trotz seines Sunnyboy Aussehens war er ein Mann, der zupacken konnte. Er war genau der Mann, den die Demokraten suchten. Ein moderater Politiker von angenehmer Erscheinung. Nach acht Jahren republikanischer Herrschaft hatte Amerika das Bedürfnis nach einem Wechsel und wählte Spencer.

Jetzt, vier Jahre später, war seine Wiederwahl alles andere als gesichert. Er wandte sich vom Fenster ab und ging zu einem kleinen Beistelltisch. Er goss sich eine Tasse Kaffee ein und versuchte sich nochmals vorzustellen, welche Konsequenzen die Nachricht haben könnte, die er vor ein paar Stunden erhalten hatte. Sollte die ganze Wahrheit ans Licht kommen, wäre er sicherlich politisch erledigt. Aber das, da war sich Spencer sicher, war dann seine geringste Sorge. Aber er hatte Vorkehrungen getroffen, um alles wieder ins rechte Licht zu rücken. Und vielleicht ließ sich daraus auch Kapital schlagen, denn das amerikanische Volk hatte schon immer Präsidenten verehrt, die in Krisensituationen einen kühlen Kopf bewahren und eine, in ihren Augen, richtige Entscheidung treffen konnten.

Schließlich hatte auch der nächtliche Anrufer zum Ausdruck gebracht, dass alles andere als eine Lösung des Problems und eine Wiederwahl nicht zu akzeptieren sei. Man hatte nicht umsonst exorbitante Summen in die Wahlkämpfe und das Image von Nathan Spencer gesteckt, um nach einer Amtszeit wieder aus dem Weißen Haus gejagt zu werden.

Allerdings hatte sich erst vor kurzem ein Großteil der amerikanischen Bevölkerung gegen seine Amtsführung ausgesprochen und ein Teil des Washingtoner Pressekorps, vor vier Jahren noch glühende Verehrer Spencers, begann bereits einen politischen Nachruf zu verfassen. In den meisten Umfragen lag er sechs bis acht Punkte hinter seinem Herausforderer, Senator Joseph Gifford aus North Carolina, zurück. Im Augenblick war die Wahlverteilung so, dass Spencer in New York, New England und in den Staaten des mittleren Westens seine Anhängerschaft hatte. Sein Herausforderer hatte dagegen Kalifornien, Texas und Spencers Heimat Florida auf seiner Seite. Und hier musste sich dringend etwas ändern, wollte Spencer noch eine zweite Amtszeit erleben.

Spencer wusste, dass das Ereignis der vergangenen Nacht eine große Krise heraufbeschwören konnte, dessen Ende nicht nur seinen politischen Tod zur Folge haben könnte.

Er trat mit der Kaffeetasse in der Hand wieder ans Fenster und überlegte. Wollte er wirklich noch eine zweite Amtszeit? Er war sich nicht sicher, ob er das Stehvermögen für einen erneuten Wahlkampf hatte. Die Reisen durchs ganze Land ödeten ihn und Caroline an. Andererseits war Spencer gierig nach Macht geworden. Außerdem würde man ein Aussteigen Spencers nicht akzeptieren. Denn im Gegensatz zu seinem Herausforderer, hatte Spencer einen großen Vorteil. Er musste nicht diese endlose Geldbeschafferei über sich ergehen lassen, um seinen Wahlkampf zu finanzieren. In Spencers Hintergrund stand mit der Suma Corporation eine Organisation, die alle seine Wahlkämpfe nicht nur finanziert hatte, sondern sein gesamtes politisches Leben versorgt hatte – und dort würde niemand ein Aussteigen akzeptieren. Und ihm war klar, dass man der Forderung nachhaltig Ausdruck verleihen würde, denn die Suma Corporation arbeitete nach dem Motto, wer nicht für sie war, war gegen sie. Und dann gab es genügend Mittel, den Gegner zum Schweigen zu bringen.

Spencer erschauderte bei dem Gedanken.

Er leerte seine Tasse und ging zurück, um sich noch einen Kaffee einzugießen. Spencer zog sein Jackett aus und nahm in einem schweren Ledersessel Platz.

Manchmal wunderte er sich, dass bisher niemand von den Pressegeiern hinter die Identität der Suma Corporation gekommen war. Aber die Tarnung dieser Organisation war so perfekt, dass ein Zusammenhang nicht zu erkennen war. Aber auch Spencers näheres Umfeld hatte sich nie gewundert, woher seine schier nie zu versiegenden Quellen stammten. Nicht einmal seine Sicherheitsbeauftragte Rachel Anderson, seine engste Mitarbeiterin, hatte eine Ahnung, wer wirklich die Fäden im Weißen Haus in der Hand hielt. Oft hatte Spencer vorgehabt, Rachel in alles einzuweihen, sich aber dann doch im letzten Augenblick dagegen entschieden. Rachel alles zu erzählen, hätte bedeutet, die junge Frau in Gefahr zu bringen. Denn er war sich sicher, dass Rachel nie akzeptieren würde, was er akzeptierte und was dann mit ihr passieren würde, konnte sich Spencer ausmalen.

Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass der Hubschrauber bald landen würde. Sein Herzschlag erhöhte sich, als er daran dachte, was er gleich würde tun müssen.

Er verabscheute diesen Gedanken, aber er war unumgänglich. Spencer nahm einen weiteren Schluck aus seiner Tasse. Es gab Dinge, die hasste er an diesem Amt, aber sie waren trotzdem nicht zu verhindern. Das folgende Gespräch mit Jack Reilly gehörte eindeutig dazu, aber nochmals sagte er sich, dass es absolut notwendig war.

Nathan Spencer erhob sich und zog sein Jackett wieder an, während er noch einmal die Worte durchging, die er gleich an Jack Reilly richten würde.

Operation Eismeer

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