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Wanddekor und Polychromie

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Antike Bauwerke wiesen in der Regel durch farbige Materialien und/oder farbige Fassungen einzelner Bauglieder ein polychromes Erscheinungsbild auf. Gegen diese heute allgemein akzeptierte Erkenntnis hatte man sich im 19. und 20. Jh. lange Zeit noch erbittert gewehrt. Eine besondere Form der Architekturpolychromie ist die antike Wandmalerei. Dekorierte, das heißt in echter Freskotechnik bemalte Wände waren bereits für die zentralen Repräsentationsräume der minoischen Paläste und Häuser (□ 123) sowie der mykenischen Burganlagen gängig gewesen. Diese Kunst scheint mit der um 1200 v. Chr. erfolgten Zerstörung dieser Anlagen weitgehend zum Erliegen gekommen zu sein. Wann sie wieder einsetzte, ist strittig. Zumindest zeigen die tönernen Hausmodelle geometrischer Zeit mit farbigen Mustern dekorierte Wände, wobei es sich hierbei auch um Verkleidungsplatten aus Terrakotta handeln könnte. Ein Neufund aus Kalapodi belegt immerhin die Existenz von Wandmalerei für das 7. Jh. v. Chr. Den Schriftquellen zufolge, was in letzter Zeit auch archäologisch bestätigt werden konnte, waren die Wände früher Bauten des 8. und 7. Jhs. v. Chr. darüber hinaus mit dünnen getriebenen Bronzeblechen verkleidet. Diese zeigten neben anfänglich rein ornamental-vegetabilen Mustern auch Figürliches. Ab der archaischen Epoche wurden dann Wandmalereien meist mythologischen oder historischen Inhalts allgemein üblich. Bis zum Ende des 5. Jhs. v. Chr. blieben diese aber öffentlichen Repräsentationsbauten wie Tempeln oder stoai vorbehalten (□ 124). Erst ab diesem Zeitpunkt begann man damit, auch private Wohnräume ausmalen zu lassen. Bedauerlicherweise hat kein einziges Originalexemplar die Zeiten überdauert. Eine gewisse Vorstellung vermitteln die in größerer Zahl vor allem in Tarquinia, aber auch an anderen Orten in Etrurien erhaltenen Wandmalereien der Kammergräber lokaler Eliten. Die frühesten Zeugnisse stammen aus dem Beginn des 7. Jhs. v. Chr. und die spätesten aus dem 2. Jh. v. Chr. Aus dem griechischen Kulturraum blieb dagegen vergleichsweise Weniges erhalten. Zu nennen sind einige klassische Kistengräber in Großgriechenland (□ 125) sowie makedonische Kammergräber der späten Klassik und des Hellenismus (□ 126). In hellenistischer Zeit besaßen die besseren Wohnhäuser, wie es Beispiele aus Delos nahelegen (□ 127); stuckierte und farbig gefasste Wandfelder, die offensichtlich kostbare Steinquader imitieren. Diese Sitte wurde in der römischen Welt sogleich übernommen. Nach einer von August Mau bereits 1882 auf der Basis der bis dahin in den beiden Vesuvstädten Pompeji und Herculaneum entdeckten Wandmalereien publizierten typologischen Ordnung nennt man diese spezifische Dekorationsform fälschlich Erster Pompeianischer Stil (□ 128). Er heißt auch Inkrustations- oder Quaderstil und dürfte in der Zeit von 200–80 v. Chr. in Gebrauch gewesen sein. Die entsprechenden Wände weisen eine klare Dreiteilung auf und bestehen durchweg aus ein- oder mehrfarbigen plastisch modellierten Stuckfeldern. Über einer einfachen Sockelzone erhebt sich eine Reihe aufrechtstehender hochrechteckiger Quader, die Orthostaten. Darüber folgt eine einfache Quaderzone mit abschließendem Gesims. Um 80 v. Chr. ging man dazu über, die Wände als reine Malflächen zu begreifen. Zu diesem Zweck wurden die hierfür vorgesehenen Wandflächen zunächst grob geglättet und dann durch Auftrag verschiedener feinerer Putzschichten für den sich hieran anschließenden Vorgang des Bemalens hergerichtet (□ 129). Bei der echten Freskomalerei (von ital. a fresco, affresco = ins Frische) wird die Farbe abschnittsweise auf den noch nassen Untergrund aus Kalk aufgetragen, damit die Farbe mit dem Kalk eine dauerhafte chemische Verbindung eingeht. In dieser Technik sind die letzten der drei für die Vesuvstädte nachweisbaren „Stile“ ausgeführt worden. In den noch weichen Verputz der Wände konnte zudem mittels Reliefstempel ornamentaler und figürlicher Dekor eingedrückt werden (□ 130). Nach dem 1. Stil etablierte sich ca. 80 v. Chr. der Zweite Pompeianische Stil (Illusions- oder Architektur-Stil), der um 20/10 v. Chr. vom Dritten Pompeianischen Stil (Kandelaber-Stil) abgelöst wurde, dem wiederum um 40/50 n. Chr. der Vierte Pompeianische Stil (Phantasie-Stil) folgte. Die frühe Phase des 2. Stils (□ 131) ist dadurch charakterisiert, dass in dieser Zeit die im 1. Stil noch dreidimensionalplastisch in Stuck ausgeführten Dekorelemente bis hin zu Säulen und Postamenten jetzt als reine zweidimensionale Malerei ausgeführt werden. Im Verlauf der Entwicklung wird die Illusion weiter gesteigert. Die Wand beginnt sich scheinbar zu öffnen und wird mehr und mehr zu einem architektonischen Schauprospekt umgestaltet (□ 132). Im 3. Stil dominieren stattdessen geschlossene farbige Wandflächen und die bis dahin vorherrschende Säulen- und Stützenarchitektur wird abgelöst von miniaturistischen Zierelementen wie dünnen Kandelaberstengeln sowie Zierbändern Abb. 133). Der 4. Stil kombiniert Elemente des 2. und 3. Stils zu phantasievollen Tableaus, in die große Gemäldekopien nach griechischen Vorbildern integriert sind (□ 134). Mit dem Untergang der Vesuvstädte 79 n. Chr. war zwar nicht das Ende der römischen Wandmalerei gekommen, doch blieben außerhalb dieser Region nur vergleichsweise wenige Beispiele erhalten, sodass es schwerfällt, die weitere Entwicklung im Detail nachzuzeichnen.


□ 123 Minoische Wandmalerei der Xeste 3, Akrotiri


□ 124 Stoa Poikile, Agora Athen, 5. Jh. v. Chr.


□ 125 Grab des Tauchers, Poseidonia/Paestum, frühklassisch


□ 126 Fassade des makedonisches Grabes von Lefkadia, 4. Jh. v. Chr.


□ 127 Hellenistischer Wanddekor Delos


□ 128 Erster Pomvom Haus der Komödianten, peianischer Stil


□ 129 Römische Wandmaler bei der Arbeit


□ 130 Römische Wanddekorateure mit Reliefstempel bei der Arbeit


□ 131 Früher Zweiter Pompeianischer Stil


□ 132 Fortgeschrittener Zweiter Pompeianischer Stil


□ 133 Dritter Pompeianischer Stil


□ 134 Vierter Pompeianischer Stil

Abgesehen von Wandmalerei sind aus römischer Zeit ferner ornamentale wie figürliche Mosaik- und Stuckdekorationen sowie opus sectile (s. unter Fußböden) bekannt. Beliebt waren darüber hinaus vor allem auch diverse Inkrustationen (von lat. crustae marmoreae = marmorne Schale), bei denen Wänden aus minderwertigem Material mittels Mörtel und Dübel dünne Platten teurerer Gesteinsorten wie (Bunt-) Marmore, Alabaster, Porphyr etc. vorgeblendet wurden. Die bei Plinius dem Älteren in seiner Naturgeschichte (lat. naturalis historia 36, 48) erzählte Anekdote, die Inkrustationstechnik sei erstmals gegen 60 v. Chr. von einem sonst nicht näher bekannten Mamurra eingeführt worden, gehört in das Reich der Legende, da sich Inkrustationen bereits seit der Archaik nachweisen lassen. Es dürften vor allem die spätklassischen gehobenen Wohnbauten sowie die hellenistischen Paläste derart dekoriert gewesen sein. Von dort aus werden die Römer diese Dekorationstechnik übernommen haben. Seit augusteischer Zeit war es üblich, sowohl die Wände repräsentativer öffentlicher Architekturen wie Tempel, Basiliken, Theater als auch die gehobener Wohnsitze (domus, villa und Palast) mit Inkrustationen zu versehen. In einfacheren Häusern ersetzte man diese durch farbige Stuckimitationen (s.o. Erster Pompeianischer Stil) oder entsprechende Illusionsmalereien (s.o. Zweiter Pompeianischer Stil). Erwähnt werden sollten zudem Elfenbein- und Ebenholzverkleidungen respektive dementsprechende Intarsienarbeiten sowie applizierte (vergoldete) Zierelemente aus Bronze bis hin zu eingelegten Edelsteinen.

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