Читать книгу Eridani-Explorer Band 1 - Paul Desselmann - Страница 10

03.05.2074, Donnerstag

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Der Wecker schrillte penetrant früh an diesem Morgen. 2:10 Uhr zeigte das Display an und Lisa bereute schon wieder, den Starttermin nicht auf nachmittags verlegt zu haben. Aber es half nichts. Ronny ächzte ebenfalls vor sich hin, stemmte sich schließlich mühsam auf die Beine. Verwundert sah sie ihn an und fragte, was er um diese Zeit schon vorhabe.

„Na, wenn ich die Mission zu deinem Planeten fliegen soll, muss ich doch wissen, wie es da unten aussieht“, grinste er sie müde an.

Zusammen trotteten sie in die Cafeteria und holten beim Nachtservice eine große Kanne Kaffee und ein paar Snacks. Danach ging es ins Labor. Bis auf zwei Mitarbeiter der Nachtschicht war noch niemand anwesend. Adriana und Sergeij trafen drei Minuten später ein. Admiral Morrison nach weiteren drei Minuten. Auch Anton und Gina waren dabei, was Ronny gar nicht schmeckte. Anscheinend hatten sie denselben Gedanken wie er. Allmählich wurde es voll im Labor und Lisa verbannte alle, die als Zuschauer gekommen waren, in ihr Büro. Dort konnte sie die Bildübertragungen der Sonden auf die Wand projizieren. Sie musste nur noch ein paar Stühle auftreiben.

Bis alles fertig war, hatte der Lander bereits vom Orbiter abgekoppelt und raste auf die Oberfläche zu. Etwa 20 Meter vor dem Aufsetzten wirbelte Schnee auf, der aber sofort von einer steifen Brise fortgefegt wurde. Allerdings erschwerte diese Brise auch die Landung. Die Steuerung kämpfte hart mit dem Wind. Als die Ankerleinen abgefeuert wurden, verfehlten sie ihr Ziel um etwa fünf Meter, zum Glück jedoch von der Piste weg. Außerdem zeigte sich, dass Ronny recht gehabt hatte. Bei der Landung schmolz das Eis und die Kufen setzten in Wasser auf, welches nach dem Abschalten der Triebwerke sofort wieder gefror. Das Modul saß also endgültig hier fest und das würde sehr wahrscheinlich auch mit dem Shuttle bei einer Vertikallandung passieren.

Die große Frage war jetzt, wie sie weitermachen sollten. Draußen herrschten Windgeschwindigkeiten von circa 80 Stundenkilometer. Manche Böen schafften es sogar auf bis zu 120. Wenn sie jetzt den Lander öffneten, bestand die Gefahr, dass Schnee ins Innere geweht wurde. Der Rover konnte bei dem Sturm auch nicht optimal arbeiten. Er wog nur 55 Kilo. Es bestand Kippgefahr.

Sergeij schlug vor, die Solarpaneele nur soweit zu öffnen, dass die obere Kamera des Landers ausfahren konnte. Außerdem könnten sie den Bohrer starten und die erste Eisprobe entnehmen.

Lisa stimmte zu und kurz darauf kamen die Bilder auf ihre Monitore. Sie blickten auf bizarre Eisformationen die in verschiedenen Farben im schwachen Licht einer noch weit entfernten Sonne funkelten. Ein Plateau ragte mehrere Meter vor ihnen auf und fiel dann sanft nach unten ab. Es handelte sich wohl um eine große Scholle, die gebrochen war und sich nach oben gedrückt hatte. Viele Schneeverwehungen von mehreren Metern Höhe waren zu sehen. Nun schwenkte die Kamera zur Landebahn. Diese schien tatsächlich topfeben, und erst in mehreren hundert Metern Entfernung konnten sie wieder Erhebungen erkennen.

Die ersten Messdaten ergaben eine Luftzusammensetzung von 86 Prozent Stickstoff, fünf Prozent Sauerstoff, vier Prozent Kohlendioxid und zwei Prozent Wasserstoff. Die Temperatur lag bei minus 110 Grad. Das Bodensonar maß eine Eisdicke von sieben Metern. Darunter befand sich circa 80 Meter Wasser und dann fester Untergrund schräg nach Osten hin abfallend.

Sie warteten noch einige Zeit mit dem vollständigen Öffnen der Solarpaneele, in der Hoffnung, dass der Sturm etwas nachließ. Der Kernbohrer des Landers hatte inzwischen das erste Material ins Labor geliefert und die Untersuchungsergebnisse waren vielversprechend. Es schien sich um reines Wassereis zu handeln. Nur wenige Staubpartikel befanden sich darin. In tieferen Schichten erhöhte sich der Salzgehalt. In der maximalen Bohrtiefe von fünf Metern lag er bei 0,13 Prozent.

Nach zwei Stunden hatte sich kaum Schnee an den Füßen des Landers angesammelt. Jetzt konnten sie es wagen, die Solarzellen weiter zu öffnen. Nur die dem Wind zugewandte Seite wollten sie oben lassen als Schutz. Hierfür musste Maria Ancione das Programm des Landers etwas umschreiben. Das dauerte nur eine halbe Stunde. Inzwischen ließ auch der Wind deutlich nach. Kurz vor 7 Uhr war er so weit abgeschwächt, dass sie den Rover starten konnten. Sergeij steuerte ihn auf die Landebahn und dann nach rechts zum kürzeren Ende. Ein Computerchip registrierte dabei jede noch so kleine Positionsänderung. Die Koordinaten wurden über den Lander und den Orbiter, welcher als Satellit fungierte, zur Explorer übertragen, wo ein exaktes Bild mit sämtlichen benötigten Daten entstand. Der Rover hatte eine Höchstgeschwindigkeit von acht Stundenkilometer. Um Energie zu sparen und die optimalen Messergebnisse zu bekommen fuhr er aber nur mit zehn Meter pro Minute.

Die ersten Beobachter gönnten sich eine Pause. Admiral Morrison bat Sven, Lisa, Ronny, Anton und Gina zu einem gemeinsamen Frühstück in die Cafeteria. Er wollte die Bodenmission besprechen.

Er teilte Ronny und sein Team für die Landung auf E4 ein. Anton und Gina sollten mit Shuttle Charles de Gaulle als Verbindungsstation zwischen der Explorer und der Washington Sichtkontakt halten und sich im Notfall für eine Rettungsmission bereithalten. Der Admiral wollte alles doppelt absichern.

Sven warf die Frage in den Raum, ob der Rover nach der Mission noch auf dem Planeten benötigt würde. „Wenn nicht, könnten wir ihn bergen und wieder mit zurücknehmen?“

Alle schauten Lisa an. „Da spricht nichts dagegen. Wenn wir die Proben haben, gibt es sonst nichts, was sich zu erkunden lohnt, und den Rover könnten wir später woanders nochmals einsetzen.“

„Also gut. Mister Egström? Bereiten Sie die Mission wie besprochen vor. Sobald wir sämtliche Daten vom Rover haben, kann die Washington aufbrechen. Sie soll genug Ressourcen für drei Tage dabei haben. Sie begibt sich in eine nahe Umlaufbahn, und wenn die Windbedingungen passen, kann die Landung erfolgen. Die Charles de Gaulle startet erst danach.“

Lisa ging nach der Besprechung zurück ins Labor, um zusammen mit Maria Ancione Sergeij und Adriana abzulösen. Sergeij wollte aber noch nicht zum Frühstück. Der Rover erreichte gerade das linke Ende der Landebahn. Hier befand sich etwas abseits die Zone mit dem dünneren Eis und er wollte einen Abstecher hinüber machen. Lisa lehnte dies ab. Die Landebahn hatte jetzt Vorrang. Das Dünneis konnte Sergeij danach immer noch untersuchen. Sergeij war damit zwar nicht ganz glücklich, wusste aber auch, dass Lisa recht hatte. Er änderte noch kurz die Programmierung der Fahrtroute und ging dann mit Adriana zum Frühstück.

Lisa und Maria hatten nicht allzu viel zu tun. Ab und zu meldete der Rover ein kleines Hindernis. Sie mussten es dann genauer untersuchen. Aber es handelte sich nur um niedrige Schneeverwehungen oder auch mal kleinere Eisbrocken, die festgefroren waren. Nichts, was für die Landung eine Gefahr darstellte.

Gegen 9:15 Uhr hatte der kleine Rover den Scan der Landebahn abgeschlossen. Das Eis war an der dünnsten Stelle 5,5 Meter dick. Die dickste lag bei 8,3 Metern. Das genügte locker für eine Landung des Shuttles. Auch problematische Risse konnten nicht gefunden werden. Die Hindernisse und Unebenheiten waren minimal und unbedenklich. Lisa schrieb die Ergebnisse in eine KomMail und sendete sie an den Admiral und Sven Egström, der die Mission vorbereitete.

Sergeij konnte jetzt sein Projekt Dünneis angehen. Zügig steuerte er Sweety , wie er den Rover nannte, zum linken Ende der Landebahn. Von dort ging es langsam auf die immer dünner werdende Fläche. Schon nach 100 Metern war das Eis nur noch einen halben Meter dick. Auch die Temperatur stieg auf minus 40 Grad an, und das, obwohl es inzwischen Nacht geworden war. Das konnte nur ein Vulkan schaffen. Ein Blick mit der Kamera bestätigte diese Vermutung. In weiteren 100 Metern Entfernung schien sich das Eis tatsächlich zu verflüssigen und das Wasser sogar zu kochen. Die hochauflösenden Bilder zeigten im Licht der Scheinwerfer die Wölbungen der sprudelnden Blasen und Dampfwolken, die dicht über der Oberfläche vom Wind weggeweht wurden.

Maria meldete sich zu Wort. Der Seismograph von Sweety registrierte unregelmäßige, leichte Vibrationen. Bisher war der Rover die ganze Zeit unterwegs und somit diese Messungen nicht möglich gewesen. Jetzt stand er ruhig da und nahm die Erschütterungen wahr.

Noch näher an das Loch heranzufahren hatte sich damit erübrigt. Inzwischen legte auch der Wind wieder an Kraft zu. Es war an der Zeit, den Rover wieder in sein schützendes Landemodul zu bringen. Doch kurz darauf ertönte ein Summer. Marie meldete eine Störung der Steuerungselektronik. Sweety rührte sich keinen Millimeter mehr von der Stelle. Ein Diagnoseprogramm entdeckte den Kurzschluss in einem Computerchip. Maria überlegte, wie sie das Problem umgehen konnte, doch im Moment sah sie noch keine Lösung. Wenigstens funktionierte die Kamera. Sergeij schlug vor, diese erstmal auf langsamen Rundumblick zu stellen und die Bilder ins offene Programm der Explorer zu übertragen. So hatte jeder an Bord die Möglichkeit, den Planeten aus der Nähe zu betrachten. Lisa fand die Idee gut und stimmte zu. Sie rief den Admiral an, und informierte ihn über den Ausfall des Rovers. Der war natürlich nicht begeistert, aber vielleicht konnten sie ihn ja trotzdem wieder mit nach Hause bringen, wenn das Shuttle dort war. Wegen des aufziehenden Sturms legte er den Start der Washington auf den nächsten Tag 7 Uhr fest. So konnte das Team nochmals ausschlafen. Das würde allen guttun.

Die meisten im Labor hatten für heute Feierabend gemacht, selbst Adriana und Sergeij. Lisa arbeitete noch ein paar Akten und Daten durch und Maria versuchte zusammen mit Jakob Benson den Fehler am Rover zu beheben. Aber sie scheiterten immer wieder und nach drei Stunden gaben sie auf. Der Sturm auf E4 war ohnehin wieder so stark geworden, dass die kleinste Bewegung ihn umwerfen konnte. Dann würde eben die Shuttlecrew Sweety wieder nach Hause bringen müssen. Er sendete nach wie vor brav seine Daten. Allerdings konnte man wegen des Sturms nicht mehr unterscheiden, ob die Vibrationen, die er aufzeichnete, von seismischen Aktivitäten herrührten oder vom Wind. Dasselbe galt für die Daten vom Lander.

Eridani-Explorer Band 1

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