Читать книгу Eridani-Explorer Band 1 - Paul Desselmann - Страница 5

28.04.2074, Samstag

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Lisa fühlte sich heute Morgen zum ersten Mal seit langem wieder richtig fit. Sie war am Abend zuvor schon kurz nach neun ins Bett gegangen. Ronny kam sehr früh nach Hause und auch er war genauso erschöpft wie sie. Ein wenig Kuscheln war gerade noch möglich, aber die Müdigkeit überrollte sie schließlich mit voller Wucht.

Der Wecker hatte sie um 7 Uhr aus dem Schlaf gerissen. Doch sie ließen sich noch etwas Zeit und genossen die gemeinsame Ruhe. Nach der morgendlichen Dusche hatten sie die Kinder geweckt. Auch die schienen ungewöhnlich gut gelaunt.

Die Besprechung um Acht auf der Brücke war kurz. Die Astronauten hatten in der Nacht das Radarsystem am Bug der Explorer installiert und die beschädigte Lincoln war umgesetzt worden, um den Startplatz für Ronnys Washington freizumachen.

Der Gesundheitszustand von Luigi Bientrami hatte sich leicht verbessert und der Admiral verkündete, dass Lisa zusammen mit Horrand ein Team bilden sollte, das für eine Erkundung nach Eridani-3 geschickt werden sollte. Horrand und Ivan Orlov würde die Kandidaten hierfür trainieren.

Nach dem Meeting war Lisa mit Ronny und den Kindern zusammen frühstücken. Janine stichelte ihren Bruder mit seiner geheimen Liebe Celia. Irgendwann wurde es ihm zu bunt und er verschwand mit der Ausrede, er müsse noch in die Bibliothek, um zu lernen.

Ronny machte sich auf den Weg zum Hangar. Die Orbiter-5.1 und 5.2 mussten in den Laderaum der Washington gebracht werden. Seine Aufgabe war es, die Ladung zu sichern und auf Schäden zu prüfen. Der Start war für heute Abend 17 Uhr angesetzt. Da gab es noch einiges zu tun.

Gegen 10 Uhr erreichte Lisa ihr Labor und sah sich die neuesten Berichte der Nacht an.

Professor Dillmann war ebenfalls da. Er saß vor einem Monitor und schaute sich die Aufzeichnungen vom Rover an, den sie gestern verloren hatten. Eine Aussage wollte er aber erst machen, wenn er mit allen Daten durch war.

Bis zum Test des neuen Radarsystems hatte Lisa noch etwas Zeit. Deshalb ging sie in ihr Büro und schrieb die Rundmail, in der sie nach Freiwilligen für die E3 Mission suchte.

Es dauerte keine fünf Minuten, bis die erste Rückmeldung einging. Die Adresse des Absenders ließ Lisa aufstöhnen. Es war ja klar, dass Adriana sich auf diese Mail melden würde! Für sowas hatte Lisa gerade keinen Nerv. Da traf es sich gut, dass nun die Arbeiten am neuen Radar anstanden.

Sergeij war wieder auf seinem Platz und wirkte ebenfalls ausgeruht. Vielleicht war Adrianas Zwangspause gar nicht so schlecht, zumindest für das Team. Alles lief viel ruhiger und entspannter ab als sonst, so auch die Justierung des Radars. Die Astronauten hatten es auf einem schwenkbaren Arm installiert. Dadurch konnten sie anstatt des 90-Grad-Winkels bei einer starren Ausrichtung in Flugrichtung jetzt knapp 180 Grad abdecken. Außerdem wurden die Bilder direkt auf die Brücke übertragen, um im Ernstfall sofort reagieren zu können. Nach der Feinjustierung wurde die Steuerung des Radars komplett an die Brücke übergeben.

Nachdem dies abgeschlossen war, nahm sich Lisa der Mail von Adriana an. Wie erwartet wollte sie bei dem Erkundungsteam dabei sein. Lisa seufzte und machte sich auf den Weg zur Krankenstation.

Adriana saß aufrecht in ihrem Bett und stritt sich gerade lautstark mit Marlene. Die atmete auf, als Lisa ins Zimmer kam, setzte aber sofort ihren strengen Arztblick auf.

„Hast du ihr diesen Unsinn in den Kopf gesetzt, von wegen Forschungsteam zum Planeten runter?“

Lisa hob beschwichtigend die Hände. „Ich hab ihr gar nichts in den Kopf gesetzt. Das war eine normale Rundmail an alle Mitarbeiter. Da gehört Adriana nun mal dazu.“

„Genau“, warf Adriana ein. „Ich habe das Recht, mich für die Mission zu bewerben. Und Lisa hat gesagt, dass sie sich für mich einsetzen wird.“

„Wowow“, brauste Lisa auf. „Moment mal, junge Dame. Die Voraussetzung dafür, dass ich mich für dich einsetze war, dass du bis zur Mission topfit bist und davon dürftest du im Augenblick Lichtjahre entfernt sein.“

„Es sind ja noch zwei Wochen bis zum Start. Da kann ich noch viel trainieren.“

„Seht sie euch an“, mischte sich Marlene erneut ein. „Sie kann sich im Moment noch nicht mal selbst auf den Beinen halten, will aber in weniger als zwei Wochen mich auf ihren Schultern spazieren tragen. Das entspricht nämlich 1,4 G, Miss Oberschlau.“

Jetzt wurde Adriana doch etwas zurückhaltender, sie wusste, dass Marlene recht hatte, aber einen letzten Versuch musste sie noch unternehmen. „Lass mich doch wenigstens am Training teilnehmen. Ich werde alles geben und wenn ich den Anforderungen nicht standhalte, kannst du mich immer noch rausschmeißen.“

Marlene riss die Arme hoch und verließ schimpfend das Zimmer.

Lisa setzte sich zu Adriana aufs Bett. „Genau das ist meine Sorge. Ich möchte nicht, dass du beim Training alles gibst und dich dabei übernimmst. Ich mach dir einen anderen Vorschlag. Du schaust, dass du wieder auf die Beine kommst und nimmst dann an einer abgespeckten Version des Trainings teil. Du wirst vernünftig essen, trinken, schlafen und trainieren. Wenn du dann den medizinischen Check bestehst, darfst du an der ersten Mission nach Eridani-2 teilnehmen. Aber E3 kannst du dir abschminken. Bist du damit einverstanden?“

„Hab ich eine Wahl?“

„Nicht wirklich.“

Adriana sackte frustriert zusammen und nickte enttäuscht.

Marlene wartete draußen vor der Tür und wollte wissen ob Lisa stark geblieben war.

Doch die schüttelte nur grinsend den Kopf. „Kinder! Hoffentlich werden meine nicht genauso.“

Um 14 Uhr nahm Lisa zusammen mit Ronny ein spätes Mittagessen ein. Er hatte inzwischen die beiden Orbiter im Shuttle verstaut und einen letzten Außencheck der Washington durchgeführt, Lisa erzählte ihm von Adrianas Sturheit/Irrsinn.

Peter kam mit Celia im Schlepptau vorbei und fragte, ob sie heute zusammen in den Kontrollraum dürften.

„Peter, sorry. Du weißt genau, dass du nur in den Kontrollraum darfst, wenn ich dabei bin.“

Lisa mischte sich ein. „Wir könnten den Start zusammen vom Umlauf aus anschauen und danach bin ich im Labor, wenn die Orbiter ausgesetzt werden. Janine ist bestimmt auch dabei. Bist du interessiert?“

„Ich weiß nicht?“ maulte Peter, doch Celia fragte ganz aufgeregt, ob sie mitdurfte.

Lisa gab ihr Okay und schaute nochmals zu Peter: „Letzte Chance.“

„Nee, lass mal“, schmollte er und schlurfte davon.

„Na dann. Wird wohl ein Mädelsabend“, sagte sie an Celia gerichtet und wieder waren ihre Sorgen da. Peter schien sich immer weiter von ihr zu entfernen. Zu Ronny hatte er ein gutes Verhältnis, doch zu ihr wurde es schwieriger. Lag das an der vielen Arbeit? Aber die hatte sein Vater auch. Wahrscheinlich war es die Art des Berufes. Wissenschaft war langweilig, Shuttlepilot dagegen unglaublich spannend. Vermutlich würde er das auch werden wollen. Naja, vielleicht konnte sie Peters Freundin als Mitstreiterin gewinnen und auf diesem Weg wieder an ihn herankommen. Und auch Janine brauchte ihre Aufmerksamkeit.

Gegen 16:45 Uhr war der Umlauf im Hangar wieder gut besucht. Etwa 150 Menschen hatten sich im Gang versammelt, um den Start zu verfolgen. Danach würden sie wieder zum Samstagabendfest zurückkehren und auf eine bessere Rückkehr hoffen als beim letzten Mal.

Der Start lief unspektakulär ab. Die Luft wurde abgesaugt, die Tore geöffnet und das Shuttle verschwand durch die Öffnung im Bug.

Lisa stand mit Janine und Celia auf der Steuerbordseite des Umlaufs. Peter konnte sie durch eines der Fenster auf der anderen Seite des Hangars sehen. Er schien immer noch zu schmollen. Derweil hatte Lisa sich mit Celia unterhalten und festgestellt, wie sehr das Mädchen an der Wissenschaft interessiert war. Besonders Astronomie schien sie zu faszinieren.

Peter mochte sie zwar, aber eher als Freund. Das konnte sich jedoch ändern. Beide hatten noch viel Zeit. Ganz besonders Peter mit seinen knapp zehn Jahren.

Lisa nahm Janine an die Hand und zusammen gingen sie auf die Party, um noch einen Cocktail zu trinken. Alkoholfrei natürlich. Hier an der Bar mixten die Barkeeper hervorragende Drinks mit frischen Früchten aus dem Farmmodul. „Die sind heute Morgen noch am Strauch gehangen“, pflegten sie mit Freude zu betonen.

Martin Engler machte einen guten Job. Er war erst 27 Jahre alt und noch in der Ausbildung. In einigen Wochen wurde er gebraucht, um einzelne Module auf ihren neuen Planeten hinunterzubringen und jetzt konnte er die ersten praktischen Erfahrungen dafür sammeln. Dieses Gefühl konnte ihm auch der Simulator nicht vermitteln.

Nach dem Beschleunigen des Shuttles hatte er den richtigen Moment zum Abschalten der Triebwerke gewählt. Auch die ersten Bremsmanöver mit den Steuerdüsen hatte er ohne Schwierigkeiten erledigt. Ronny überwachte alles und gab ihm die Entfernungen zum Ziel durch. Noch 80.000 Kilometer bis zur geplanten Umlaufbahn von Eridani-5. Er war ein deutlich größerer Brocken als E6. Lisa hatte den Durchmesser mit 24.000 Kilometern angegeben. Das war etwa doppelt so viel wie bei der Erde und mehr als das 10fache von E6. Die Gefahr, hier auf Meteoriten zu treffen, war allein deswegen geringer. Die hohe Anziehungskraft von E5 und dessen beide Monde sollten einen Großteil davon angezogen und zerstört haben. Zur Sicherheit hatte die Explorer ihr Radar auf die Flugbahn der Washington ausgerichtet und auch ihr eigenes Radar arbeitete fleißig.

Im Moment hatten sie etwas Zeit, den tollen Ausblick zu genießen. Der Planet war von einer sehr dichten Gasschicht umhüllt. Niemand konnte sagen, wie dick diese genau war. Sie ließ keinerlei Strahlen durch oder lenkte sie so ab, dass auf der Explorer keine Messwerte ankamen. Braun war die vorherrschende Farbe, aber in allen möglichen Variationen. Ab und zu mischte sich etwas grün darunter. An manchen Stellen gab es Wölbungen in der Oberfläche, die nach außen drängten. Dort bildeten sich schwarze Flecken. Die Astronomen an den Teleskopen der Explorer vermuteten darunter Vulkane.

Martin zündete erneut die Bremsdüsen und passte ihre Flugbahn an. Der Abstand zur Umlaufbahn betrug nur noch 5.000 Kilometer. Er bremste ein weiteres Mal ab und schwenkte geübt das Shuttle parallel zum Planeten. Dann drehte er die Washington auf den Kopf. Der Planet stand gigantisch über ihnen.

In der Zwischenzeit hatten Carlo Garcia und Albert Johnson ihre Raumanzüge übergeworfen und schwebten bereits in die Druckschleuse zum Laderaum. Die Tür wurde geschlossen und nach erneutem Sicherheitscheck betätigte Albert den Druckausgleich. Nachdem sich die Außentür geöffnet hatte, klinkte Carlo seine Sicherheitsleine am Haken ein und sprang in jugendlichem Leichtsinn zur Luke heraus. Sein Freudengeschrei war auch auf der Brücke der Explorer dank der Funkverbindung nicht zu überhören. Schließlich bremste er gekonnt am ersten Orbiter ab.

Albert klinkte sich ebenfalls ein, schwebte etwas leiser zu seinem Stehpult und öffnete die riesigen Ladeluken. Dann aktivierte er den Kran und steuerte den Greifer zum ersten Orbiter. Dieser saß auf Anhieb und Carlo löste die Halterungen am Boden. Nachdem er sich in Sicherheit gebracht hatte, steuerte Albert den Orbiter vorsichtig aus dem Laderaum heraus. Er schaffte es, ohne Blechschaden anzurichten. Als der Kranarm ausfuhr, wirkte es, als wolle dieser den Orbiter direkt in die braune Soße über ihnen stecken. Albert öffnete den Greifer und Orbiter-5.1 schwebte seelenruhig davon. Auch beim Einfahren des Krans lief alles glatt. Sie schlossen die Luken wieder und Carlo kam zur Schleuse gesegelt. Keine zehn Minuten später waren beide zurück im Shuttle und zogen ihre Anzüge aus.

Bis zum Mond dauerte es gerade mal anderthalb Stunden. Ronny hatte schon die Triebwerke gestartet und steuerte das Schiff sanft auf Kurs. Erst als Carlo und Albert wieder in ihrem Sitz angeschnallt waren, beschleunigte er stärker.

Lisa atmete auf. Teil eins der Mission war ohne Zwischenfälle abgeschlossen. Gerade entfaltete sich der Orbiter und als erstes wurden die Daten des Radars überprüft. Die „Luft“ war sauber, keine Meteoriten in Sicht.

Auch auf der Brücke wurde erleichtert durchgeatmet und ein leiser Applaus war über KomLink aus dem Kontrollraum zu hören. Nach dem Chaos der ersten Orbitermission hatten alle einen Erfolg dringend nötig.

Doch für Entspannung blieb nur wenig Zeit, denn Ronny Payton steuerte bereits den größeren der beiden Monde von E5 an.

Der Steuermann der Explorer richtete sein Schiff neu aus, um mit dem Radar die Flugbahn der Washington optimal zu überwachen. Alles schien sauber zu sein.

Im Labor kamen inzwischen die ersten Daten des Orbiters an. Vor allem die Zusammensetzung der Atmosphäre war irritierend. Sie bestand aus Unmengen verschiedener Substanzen. Die meisten waren Gase, darunter auch welche, die nicht definiert werden konnten. Zudem gab es jede Menge Staub und größere, feste Elemente. Überall traten Verwirbelungen auf. Manchmal wurde Materie sogar aus der Atmosphäre herausgeschleudert, die Anziehungskraft des Planeten zog sie aber sofort wieder zurück in ihren Bann. Shimon Dillmann vermutete, dass es sehr viele tektonische Aktivitäten da unten geben musste. Nur so waren all die verschiedenen Stoffe in der Atmosphäre zu erklären. Es war gut, dass sie das Landemodul nicht mitgeschickt hatten. Das hätte nie bis zur Oberfläche überlebt.

Celia hatte sich einen Stuhl hinter Lisas Arbeitsplatz gestellt und beobachtete alles mit großer Spannung. Immer wieder fragte sie, was einzelne Daten zu bedeuten hätten oder wie die Dinge zusammenhingen. Lisa bekam immer mehr den Eindruck, dass Celia eine geeignete Kandidatin für das Unterstützungsprojekt wäre. Sie lag zwar mit ihren elf Jahren unterhalb der Kriterien, aber wenn sie sich so sehr für das alles interessierte? Lisa würde morgen mit dem Admiral darüber reden und wenn er einverstanden war, musste sie nur noch Celias Eltern überzeugen.

Ein weiterer Monitor schaltete sich ein. Orbiter-5.2 war aktiviert worden und lieferte die ersten Radardaten. Auch beim Mond schien dem Shuttle keine Gefahr zu drohen.

Sergeij hatte die Kamera auf das Shuttle ausgerichtet, das sich gerade aus dem Mondorbit entfernte. Ein greller Lichtstrahl blitzte auf und die Washington wurde schnell kleiner. Der zweite Teil der Mission war also erfolgreich. Jetzt musste Ronny das Schiff nur noch sicher nach Hause bringen.

Sergeij richtete die Kamera und Sensoren auf den Mond aus und begann mit dem Scanvorgang.

Lisa stand auf und ging mit Celia zusammen in die Bar. Dort bestellte sie zwei Smoothies und fragte Celia, ob sie an einer Unterstützung des Laborteams interessiert war. Natürlich war sie interessiert und ein Strahlen erleuchtete ihr Gesicht.

In diesem Moment kam Peter herein. Celia erzählte ihm aufgeregt vom Vorschlag seiner Mutter. Seine Reaktion war allerdings nicht das, was Lisa erwartet hatte.

„Na toll“, schimpfte er. „Erst hast du kaum noch Zeit für Janine und mich, und jetzt willst du mir auch noch meine Freundin wegnehmen.“ Er drehte sich um und lief wütend zum Ausgang.

„Was hat der denn für ein Problem?“ fragte Celia. „Ich bin ja gern mit ihm zusammen, aber der tut ja gerade so, als wenn ich mit ihm verheiratet wäre.“

„Er mag dich halt sehr gern. Aber von mir kapselt er sich immer mehr ab. Ich werde morgen mit ihm reden müssen. Vielleicht kann ich mir ein paar Stunden frei nehmen. Ein Familienausflug wäre mal wieder sinnvoll.“

Celia verabschiedete sich kurz danach. Sie wollte Peter suchen, aber er war unauffindbar.

Lisa ging hinüber zum Hangar. Ronny war bereits im Anflug auf die Explorer . Martin hatte wieder das Steuer übernommen. Das Andockmanöver war eine der schwierigsten Aufgaben und er musste es unbedingt beherrschen, wenn er bald seine ersten Missionen selber flog. Mit Hilfe von Ronny schaffte Martin es nach wenigen Minuten und die Washington wurde auf ihren Platz im Hangar verschoben. Die Tore schlossen sich und die Anzeige für die Außenluftkontrolle wechselte auf grün. Endlich Feierabend nach einem gelungenen Arbeitstag.

Als Ronny aus dem Hangar trat, wartete Lisa bereits auf ihn. Er gab ihr einen dicken Kuss und fragte, ob die Daten der Orbiter ankamen.

„Jede Menge. Alles funktioniert einwandfrei. Zumindest bei der Technik“, sagte sie leise und mit gesenktem Kopf.

„Wieso? Was ist los?“

„Peter macht mir Sorgen.“ Sie erzählte ihm von dem Vorfall und was Peter gesagt hatte. „Was hältst du davon, wenn wir morgen mal einen Familientag einlegen? Ich dachte, wir könnten ins Zero gehen.“

Das Zero war ein Raum direkt hinter dem Hangar, der für Schwerelosigkeits- und Astronautentraining genutzt wurde. Die Wände waren gepolstert, um Verletzungen zu vermeiden. Mittwochs und an Sonntagen stand er für Freizeitspaß zur Verfügung. Es wurde sogar eine Art Handball gespielt, nur eben dreidimensional.

„Ich muss vormittags das Shuttle überprüfen, aber ab 14 Uhr kann ich mir freinehmen.“, meinte Ronny.

„Das klingt gut. Ich bin morgens im Labor. Wir müssen einen geeigneten Standort für das Landemodul finden. Danach hab ich ein Meeting mit Captain Horrand wegen der Zusammenstellung des Erkundungsteams.“ Lisa verdrehte dabei ihre Augen. „Ach, bevor ich’s vergesse, du solltest noch kurz in der Cafeteria vorbeigehen. Melde dich bei Emily. Sie hat was für dich.“

„Oh. Das ist aber nett von dir, dass du für mich ein Date mit Emily ausmachst. Ich hoffe, George weiß nichts davon“, neckte er.

„Du Möchtegernmacho. Emmy zieht dir höchstens eins mit dem Nudelholz über“, grinste Lisa und gab Ronny noch einen sanften Tritt in den Hintern.

Lisa holte die schlafende Janine aus ihrem Büro ab, und fünf Minuten später waren sie in ihrer Wohnung im Delta Modul. Sie befand sich im äußeren Deck. Hier waren die Fenster im Boden eingelassen, weil durch die Drehung der Module die Fliehkraft nach außen ging. Auf diese Weise wurde die Schwerkraft simuliert. In der Ferne war gerade Eridani-5 zu erkennen. Ein wunderschöner Anblick. Sie dankte ihm still, dass er Ronny wieder nach Hause gelassen hatte. Im Kinderzimmer fand sie Peter. Er lag auf seinem Bett und spielte auf dem Computer herum. Als Lisa hereinkam, drehte er sich von ihr weg. Lisa seufzte und legte Janine ins Bett. Dann ging sie zu Peter und setzte sich zu ihm ans Fußende.

„Können wir reden?“ Es kam keine Reaktion von ihm. „Na gut, dann führe ich eben Selbstgespräche. Ich weiß, dass du dich im Moment etwas vernachlässigt fühlst. Papa hat viel zu tun mit den Shuttles und den Sonden. Noch dazu der Unfall mit der Lincoln . Ich bin mit den Daten der Planeten beschäftigt und jetzt muss ich zudem ein Landeteam für Eridani-3 zusammenstellen. Adriana ist auch noch ausgefallen. Wenn sie wieder da ist, versuche ich mir etwas mehr Zeit für dich zu nehmen. Du musst mir aber auch eine Chance geben. Janine kommt oft bei mir im Labor vorbei. Warum du nicht? Okay, ich weiß, dass dich Technik mehr interessiert als Wissenschaft. Das ist in Ordnung. Vielleicht kann Papa dich öfters mitnehmen, aber das geht nun mal nicht immer. Und was Celia angeht, sie ist wirklich sehr an der Laborarbeit interessiert und wir brauchen noch Unterstützung. Außerdem mag ich sie und sie hat mir gesagt, dass sie dich mag.“

Endlich kam Bewegung in seine Starre. Überrascht sah er seine Mutter an. „Wirklich? Das hat sie gesagt?“

„Ja, das hat sie gesagt. Vielleicht solltest du aber nicht allzu forsch rangehen. Seid einfach gute Freunde. Für mehr habt ihr später noch genug Zeit.“ Peter wurde rot und drehte sich mit einem schüchternen Lächeln weg.

„Im Übrigen, Papa und ich wollen morgen um 14 Uhr ins Zero. Wenn du Lust hast, kannst du gerne mitkommen.“ Peter drehte sich erstaunt wieder um. Er konnte seine Begeisterung erfolgreich verbergen und brachte ein brummiges ‚Na gut‘ heraus. „Und vielleicht hat eine junge Dame aus dem Beta-Modul auch noch nichts vor.“

Er drehte sich zwar nicht zu ihr um, aber Lisa konnte sein Lächeln trotzdem erkennen. Eins zu null für sie.

Eridani-Explorer Band 1

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