Читать книгу Restlos glücklich - Paul Ivic - Страница 7

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Mindestens so entscheidend ist es, biologisch angebaute Lebensmittel zu kaufen. Selbst wenn bio längst auch Standard für industrielle Landwirtschaft ist und man natürlich darüber diskutieren kann, wie „bio“ eine um den halben Globus transportierte Banane oder Mango noch ist, so bleibt ein Lebensmittel, das nicht mit systemischen Giften gegen Unkraut, Pilzerkrankung und Insekten gespritzt wurde, immer noch besser als eines, bei dem diese Einschränkung nicht stattfand.

Die Empfehlung saisonal und regional einzukaufen geht da in eine ähnliche Richtung: Die bewusste Vermeidung von langen Transportwegen und/oder energieintensiver Kühlung und Konservierung mag vielleicht bedeuten, dass man im Januar auf die argentinischen Blaubeeren und den chilenischen Spargelstangen verzichtet. Im Idealfall wurden die im Sommer zuvor, als sie bei uns reif, frisch und günstig zu bekommen waren, von uns selbst eingekocht oder auf sonstige Art konserviert. So kommt man schon ganz gut über den Winter und hatte beim Einkochen wahrscheinlich sogar Spaß.

Den Fleischkonsum zu reduzieren ist ohnehin ein Gebot der Stunde. Dabei geht es gar nicht mehr nur um Nachhaltigkeit, sondern schon um reine Vernunft.

Noch nie zuvor wurde von so vielen Menschen so viel Fleisch gegessen, noch nie zuvor wurde in Mitteleuropa so wenig für Fleisch bezahlt. Die Auswirkungen sind katastrophal. Vom enormen Wasserverbrauch, dem Methanausstoß und der Verschwendung letzter Reserve-Antibiotika für die Massentierhaltung einmal abgesehen, ist es schlicht und ergreifend würdelos bis unmenschlich, was wir den Tieren da antun. Wir verdrängen das Leid, beziehungsweise haben uns daran gewöhnt oder noch treffender: Wir haben uns daran gewöhnt es zu verdrängen. Tatsächlich weiß heute jedes Kind, dass die Bilder aus der Fernsehwerbung eine glatte Lüge sind und wir Tierquälerei zugunsten unserer täglichen, billigen Fleischportion in Kauf nehmen. Niemand sagt, dass wir jeden Tag Fleisch essen müssen, die Medizin rät ja sogar davon ab.

Nachhaltigkeit hört bei Pflanzen oder Tieren natürlich nicht auf, Kulinarik sollte auch Menschen gegenüber gerecht sein: Indem man auf fair gehandelte Waren achtet, indem man auf Produkte zurückgreift, die von Arbeitnehmern in regulären Arbeitsverhältnissen und ohne Ausbeutungsabsicht hergestellt werden. Aber dann müsste man ja ein bisschen mehr Geld zahlen? Genauso ist es. Denn was du nicht willst, dass man dir tu’, dass füg’ auch keinem andern zu.

Nachhaltigkeit hat obendrein einen kulturellen Aspekt. Nachhaltige Küche setzt sich zum Ziel, alte und vom Vergessen bedrohte Rezepturen oder Zubereitungsarten zu bewahren. Und nicht nur sie. Auch alte Pflanzensorten und Tierrassen, die im Zuge der Industrialisierung der Lebensmittelherstellung von leistungsstärkeren, „internationaleren“ und leichter vermarktbareren Sorten und Rassen verdrängt wurden, verdienen unsere verstärkte Aufmerksamkeit.

Und natürlich, darum soll es in diesem Buch ja ganz besonders gehen, wollen wir Verschwendung vermeiden, Abfall vermeiden.

Den Wert der Lebensmittel zu erkennen, dafür möchte ich sensibilisieren, also auch den Wert und die Verwertbarkeit der Blätter, der Stiele, der Stängel, die sonst in der Mülltonne gelandet wären.

Jene vermeintlichen Reste haben Geschmack, sie sind auf gesundem Boden gewachsen, sie sind köstlich und sie erzeugen Freude, wenn man nur weiß, wie man sie richtig zubereitet …

Was passiert, wenn wir einfach so weitermachen wie bisher? Nun ja, dann werden wir nicht nur mit den Folgen des Klimawandels zu tun haben und zwar rascher, als uns lieb ist. Sondern auch mit nitratbelasteten Böden und Gewässern und antibiotikaresistenten Keimen, die eine medizinische Versorgung selbst kleiner Blessuren in Zukunft zum Hasardspiel werden lassen können.

Gibt es einen Ausweg? Klar, man sollte nur nicht zu lange darauf warten, dass er sich irgendwann in der Zukunft von selbst ergibt. Natürlich sind die Kinder unsere Chance und die Hoffnung, dass sie es besser machen als wir. Aber da müssen wir ihnen schon ein bisschen helfen, etwa indem wir ihnen nachhaltige Ernährung erklären, schmackhaft machen und – zum Beispiel in Schulen – auch zur Verfügung stellen.

Jeder von uns kann etwas tun. Und sei es, wunderbares, nachhaltiges Essen zu kochen. Das ist schon sehr viel.

Restlos glücklich

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