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3. Das Recht auf gute Verwaltung – Art. 41 GRCh als benchmark

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Soweit der Grundsatz der guten Verwaltung nicht ohnehin als Erbe der eigenen Verwaltungsrechtsordnung wahrgenommen wird,[421] herrscht in den meisten Verwaltungsrechtsordnungen die Auffassung vor, dass die Statuierung des Rechts auf gute Verwaltung in Art. 41 GRCh im eigenen Verwaltungsrecht keinen nennenswerten Anpassungsbedarf auslöst, ja dass sein Schutzgehalt hinter dem nationalen Recht zurückbleibe. Dieses gewährleiste – mitunter als verfassungsrechtliche Anforderung – eine unparteiische und gerechte Behandlung einer Sache innerhalb einer angemessenen Frist (Art. 41 Abs. 1 GRCh) bereits ebenso wie die Anhörung der Betroffenen, Akteneinsicht, den Anspruch auf eine Begründung (Art. 41 Abs. 2 GRCh) oder eine ausreichende Amtshaftung (Art. 41 Abs. 3 GRCh); gehe es darüber hinaus.[422]

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Gleichwohl ist die rechtspolitische Bedeutung von Art. 41 GRCh nicht zu unterschätzen. Denn obwohl sich das Recht auf gute Verwaltung primär an die Unionsorgane richtet und an die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh), wirkt es doch als „benchmark“ für die Modernisierung des nationalen Verwaltungsrechts.

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Das gilt einerseits mit Blick auf die – freilich diffuse – Subjektivierung des Rechts auf gute Verwaltung. So wird es etwa in Italien neuerdings kritisch gesehen, dass bei der Rechtsetzung der Verwaltung und dem Erlass von Plänen keine der Rechtslage bei eingreifenden Verwaltungsakten vergleichbaren Verfahrensgarantien existieren oder das Akteneinsichtsrecht alleine auf den Rechtsschutz ausgerichtet ist.[423] Andererseits gewinnen über Art. 41 GRCh auch weiche Faktoren wie Bürgerorientierung, Kommunikationsbereitschaft, ethische Standards, Effektivität und Wirtschaftlichkeit der Verwaltungsführung einen – rechtlich noch nicht abschätzbaren – Stellenwert.[424] Diese können dazu beitragen, die mit Europäisierung, Internationalisierung und Privatisierung von Verwaltungsaufgaben verbundenen Nachteile für den Einzelnen auszugleichen oder doch zu begrenzen.

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Bei alledem besteht allerdings die Gefahr, dass unter Berufung auf das diffuse („tentakelartige“) Konzept der guten Verwaltung die Grenzen der Anpassungsfähigkeit der nationalen Verwaltungsrechtsordnungen aus dem Blick geraten und der Wandel des Verwaltungsrechts, seiner Institutionen und Systemerfordernisse nicht mehr in einem Sinne bewältigt werden kann, der Freiheit, Gleichheit und Selbstbestimmung aller Bürger gewährleistet.

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