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1. Äußere Grenzen und innere Ordnung des Verwaltungsrechts

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Unter Verwaltungsrecht wird hier die Summe der in der Bundesrepublik Deutschland geltenden, nicht strafrechtlichen Rechtsnormen verstanden, die an die – nach außen begrifflich nur unscharf abgegrenzte[1] – „öffentliche Verwaltung“ gerichtet sind, die von ihr erzeugt werden oder deren Befolgung von ihr überwacht wird.

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In seinem „Inneren“ ist das deutsche Verwaltungsrecht seit jeher in besonderer Weise von der Ordnungsidee des Systems geprägt.[2] Bildung und Erkenntnis des Verwaltungsrechts sind durchdrungen von der hermeneutischen Vorstellung von einem „sinnvollen Ganzen“, das den Normtexten und ihrer Bedeutung selbst innewohnt, ihnen also nicht „von außen“ hinzugefügt werden muss.[3] Jede (systematisch richtige) Rechtsanwendung stellt dabei uno actu eine Nutzung und Weiterbildung des Systems dar.[4] Eberhard Schmidt-Aßmann hat diese Grundvorstellung in jüngerer Zeit in der Tradition Otto Mayers[5] neu und erweiternd ausgeformt, bekräftigt und verteidigt gegen die – gerade unter dem Einfluss der Europäisierung zu beobachtenden – Tendenzen zur Herausbildung eines aus den Fällen und aus partikularen Wertungen geborenen Verwaltungsrechts. Der Systemgedanke im deutschen Recht ist dabei weniger von einem „vernunftrechtlichen“ Streben nach einer idealen Ordnung des Stoffes getragen als vielmehr von der praktischen Notwendigkeit, einen Rechtsfall in begrenzter Zeit entscheiden und die Entscheidung rational begründen zu können.[6]

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Das Bemühen um eine Verallgemeinerung des Individuellen spiegelt sich in einer Technik des Bildens von Regeln und dogmatischen Sätzen[7], die das Allgemeine „vor die Klammer zieht“ und ein Abweichen vom Allgemeinen als (politisch-praktisch) zu rechtfertigende Ausnahme versteht.[8] Der bedeutendste Ausdruck dieses Verständnisses von einer zweckmäßig aufgebauten Rechtsordnung ist die begriffliche Gegenüberstellung des Allgemeinen und des Besonderen Verwaltungsrechts, also der allgemeinen Lehren[9] und ihrer gegenstandsbezogenen Ausformungen, etwa im Baurecht, im Kommunalrecht, im Umweltrecht oder im Öffentlichen Wirtschaftsrecht.[10]

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Die wichtigste Rechtsquelle des Allgemeinen Verwaltungsrechts in Deutschland ist das Verwaltungsverfahrensgesetz, das im Bund am 1.1.1977 in Kraft trat.[11] Die deutschen Länder haben für ihre Verwaltungsverfahren und die Verwaltungsverfahren der Kommunen, die ihrem Verfassungsraum zugeordnet sind,[12] nahezu gleichlautende Verwaltungsverfahrensgesetze erlassen oder sie verweisen auf das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes. Den Landesverwaltungsverfahrensgesetzen kommt wegen des Grundsatzes der Ausführung (auch) der Bundesgesetze durch die Länder (Art. 30, 83 GG) praktisch sogar die größere Bedeutung zu. Für die Qualität der Rechtsdogmatik in Deutschland war und ist es deshalb von Bedeutung, dass die Verwaltungsverfahrensgesetze in Bund und Ländern in nahezu allen Punkten übereinstimmen und – mit der Ausnahme Schleswig-Holsteins – auch die Nummerierung der Paragraphen einheitlich geblieben ist.

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