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Von meinem Grossvater Arbeit und Leid.

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Zehn „Morgen“ Ackerland sind 2½ Hektar. So gross war das Besitztum meines Grossvaters. An Viehstand besass er zwei Kühe, ein Schwein, das jährlich zweimal „erneuert“ werden musste, einen Hund und eine Katze, also fünf Tiere. Kinder waren acht. Mit fünfen von ihnen musste der Grossvater, als schon alle verheiratet gewesen waren, zu Grabe gehen. Die verwaisten Enkel musste er in sein Haus aufnehmen, sie nähren und kleiden. Dann kam noch ein schwerer Prozess, der sich wohl an die zwei Jahre hinzog und viel Geld kostete. Leicht hat es Johann Keller nicht gehabt. Aber er war der fröhlichste Mann des ganzen Dorfes, wohl, weil er trotz seines Bauernkittels ein Philosoph war, den kein Ungemach zerbrach.

Bei allem Fleiss, bei aller Fröhlichkeit des Grossvaters aber wäre es doch wohl auf seiner schmalen Hube mit den vielen Essern recht traurig hergegangen; wir hätten hungern müssen. Aber niemand von uns hat gehungert oder auch nur gedarbt.

Die Saugpumpe! Die „saugte“ Geld heran. Überall im weiten Umkreise, wo die Wasserversorgung nicht funktionierte, wurde nach Johann Keller gerufen. Manchmal wurde er mit einem Gefährt abgeholt. Das war in ganz dringlichen Fällen, wenn die Wassernot schon bis an den Hals reichte. Ich prägte damals das geistreiche Wort: „Bei Wassersnot“ ersauft man, bei „Wassernot“ verdurstet man. Das alles macht so ein kleines „Ringel-s“. Und in der Schule prahlte ich: „Meinen Grossvater holten sie heut wieder mal „per Achse“. Abgeholt haben sie ihn oft „per Achse“, aber nach Hause haben sie ihn immer zu Fuss gehen lassen. Mich wunderte das; aber später habe ich im Leben das gelernt: wenn dich jemand dringend braucht, so wird er ausserordentlich höflich sein; aber wenn sein Wunsch erfüllt ist, dann wird sich die Hochachtung vermindern.

Meine Grossmutter, Christiane Keller, war von Gemütsart das gerade Gegenteil ihres Mannes. Herb von Natur, durch tägliche schwere Arbeit und durch vieles Herzeleid unfroh gemacht, war sie nervös und fast schwermütig geworden. Ich erinnere mich nur, sie einmal lachen gesehen zu haben und erinnere mich nicht, dass sie dem Grossvater ein liebes Wort gegeben hätte. Aber sie liebte ihn trotzdem. Wenn er auf „Brunnenarbeit“ war, litt sie immer schreckliche Angst. „Da kriecht er nun auf solchen wackligen Leitern in diese ‚Löcher!‘ Wie leicht kann er verunglücken!“

Sie atmete auf, wenn er abends todmüde nach Hause kam. Dann bereitete sie so freundlich, wie sie es vermochte, das Mahl, und Grossvater sagte befriedigt;: „23 Böhm habe ich heute verdient;“ Dreiundzwanzig „Böhm“ in hochdeutsche Valuta übersetzt, sind 2 Mark 30 Pfennige.

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