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Verweiblichte Frösche: Die zerstörerische Natur endokriner Disruptoren
ОглавлениеPOP, PCB, PBDE – das sind nur ein paar der unzähligen Abkürzungen für Chemikalien, die genau wie Pestizide und Herbizide zu den endokrinen Disruptoren gehören. Unser endokrines System ist das mächtige Hormonsystem, das bei einem Baby im Mutterleib die Entwicklung der Reproduktionsorgane, des Gehirns, der gesunden Funktionsfähigkeit der Schilddrüse und anderer Drüsen (Drüsen sind Organe, die Hormone ausschütten), die Temperaturregulierung, die Fähigkeit des Körpers, den Blutzucker zu regulieren, das normale Wachstum und viele andere Dinge steuert. Ein endokriner Disruptor ist etwas, das das endokrine System verändert und häufig gesundheitsschädigende Auswirkungen hat. Fast achthundert künstliche Chemikalien72 sind dafür bekannt bzw. stehen in Verdacht, die Hormonrezeptoren, die Hormonsynthese oder die Hormonumwandlung zu schädigen.
2002 entfachte Dr. Tyrone Hayes, Biologe und Professor an der University of California in Berkeley, eine Kontroverse: Eine Reihe seiner Experimente zeigten überraschenderweise, dass Atrazin, eines der weltweit am häufigsten verwendeten Pestizide, in einer 30-mal niedrigeren Konzentration als der in den USA gesetzlich erlaubten Menge im Trinkwasser zu einer Verweiblichung männlicher Frösche führt. Ursprünglich waren Hayes’ Forschungsarbeiten von Syngenta, einem der größten Agrarunternehmen der Welt, finanziert worden. Doch als die Laborexperimente nicht die Ergebnisse brachten, die sich Syngenta erhofft hatte, gestaltete sich ihre Beziehung schwierig. Unversiegelte Gerichtsdokumente bewiesen später, dass Syngenta ein Public-Relations-Team73 zusammenstellte und anschließend eine externe PR-Firma anstellte, mit dem alleinigen Zweck, Hayes’ Forschungen zu diskreditieren und eine Hetzjagd auf ihn zu veranstalten, um seinen Ruf zu ruinieren.
Endokrine Disruptoren haben nicht nur74 auf Amphibien wie Frösche und Schildkröten eine solch negative Auswirkung. Sie können auch bei Männern die Spermienqualität beeinträchtigen und deren Zeugungsfähigkeit herabsetzen, sie können bei Kindern zu neurologischen Schädigungen und Verhaltensproblemen führen und das Wachstumsmuster von Pflanzen und Tieren verändern.
Genitale Missbildungen wie das Nichtabsteigen eines oder beider Hoden (Kryptorchismus) und Penismissbildungen (wie Hypospadie) bei männlichen Babys nehmen zu. Das wird auf endokrinstörende Chemikalien zurückgeführt, ebenso wie auch Frühgeburten und niedriges Geburtsgewicht, endokrinbedingte Krebsarten (Brust-, Endometrium-, Eierstocks-, Prostata-, Hoden- und Schilddrüsenkrebs) und frühzeitige Brustentwicklung bei jungen Mädchen, einem der Hauptrisikofaktoren für Brustkrebs.
Endokrinstörende Chemikalien scheinen auch eine Rolle beim Anstieg krankhafter Fettleibigkeit sowie adultem Diabetes zu spielen.
Der Unkrautvernichter in Ihrem Schuppen? Er ist ein gefährlicher endokriner Disruptor und das gleiche Zeug, das überall in den USA auf die Felder gesprüht wird, deren Ernte unsere Kinder dann essen. Das Agrarunternehmen Monsanto verkauft den Bauern nicht nur genmanipuliertes „Roundup-ready“-Saatgut, sondern auch sein Pflanzenvernichtungsmittel Roundup, das alles vernichtet mit Ausnahme der Ernte aus genau diesem Saatgut. Doch Glyphosat (der Hauptbestandteil von Roundup) ist weitaus giftiger als ursprünglich gedacht. Glyphosat kann sowohl zu langsamem Tod als auch akuter Vergiftung75 führen. Laut Daten von U. S. Poison Control gibt es jedes Jahr rund 4.000 bekannte Fälle von Glyphosatvergiftung mit 800 Krankenhausaufenthalten. Bei einer Studie, für die 601 Patienten in Sri Lanka76 untersucht wurden, die Glyphosat oral zu sich genommen hatten, kam es zu 19 Todesfällen. Frühere Studien haben gezeigt, dass der Verzehr schon einer Tasse dieser angeblich harmlosen Chemikalie tödlich sein kann. Ist es da wirklich sinnvoll, dass wir jedes Jahr mindestens 128.000 Tonnen77 dieser Chemikalie in die Umwelt pumpen?
Für die Gesundheit und Sicherheit unserer Kinder müssen wir darauf achten, dass sie endokrinstörenden Chemikalien so wenig wie möglich ausgesetzt werden. Das bedeutet: Marienkäfer statt Pestizide einsetzen, um die Insekten auf dem Rasen zu töten (man kann im Internet fünfzehnhundert Marienkäfer für weniger als dreizehn Dollar kaufen); darauf achten, dass das Kind mit weniger Plastik in Berührung kommt (europäisches Spielzeug ist meist sicher und giftstofffrei; auch der Kauf von gebrauchtem Spielzeug und getragener Kleidung schützt vor Herbiziden und Weichmachern, denn diese Schadstoffe sind dann längst abgewaschen); weder verpackte Beautyprodukte noch Lebensmittel in Plastikfolie kaufen; Obst und Gemüse wenn möglich regional sowie in Bio-Qualität kaufen.