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Sehnsucht als Chance

Die größten Konflikte erfahren wir in zwischenmenschlichen Beziehungen. Deshalb leben wir auch zunehmend allein und ziehen uns so weit zurück, dass wir niemanden mehr an uns heranlassen. Zu oft wurde unser Vertrauen missbraucht und zu sehr schmerzt noch immer ein Verlust.

So wie Du habe auch ich schlimme Erfahrungen gemacht und bin im Umgang mit der Liebe an meine Grenzen gestoßen. Die Liebe war für mich ein Spiel, auch wenn ich das so nie zugegeben hätte. Ja, ich würfelte eine Sechs und schon waren wir zu dritt. Aus dem ersten Kuss entstand eine neue Familie und wegen eines zweiten zerbrach sie wieder. So schnell wie das Glück begann, war es auch verloren.

Ich glaubte, das Leben sei unberechenbar und Sicherheit gäbe es sowieso nicht. Was also blieb mir, außer weiter auf die große Liebe zu hoffen und von ihr zu träumen? Für mich gehörten Mann und Frau einfach zusammen. Doch was ich fand, war alles andere als ein Traum. Ich begriff, was Beziehungen wirklich sind – und zwar immer und immer wieder Veränderung, Veränderung, Veränderung!

Es wird sich entfernt, wenn etwas zu nah oder zu heiß ist, und Nähe geschaffen, wenn es abkühlt; nach Freude kommt Kummer und nach Streit folgt die Versöhnung; mal steht man oben und mal fällt man; mal taucht man unter und mal wieder auf; mal sagt man „Guten Tag“ und mal „Auf Wiedersehen“; wir lächeln und wir weinen; wir werden geboren und wir werden eines Tages den Körper verlassen.

Haben wir nicht alle unsere Sonnen- und Schattenseiten?

Ich denke schon, nur dass wir unseren Schatten mehr spüren als unser Licht und im Alltag oft vergessen, was uns zum Strahlen bringt. Und wir bauen unser eigenes Gefängnis durch die Art, wie wir die Dinge sehen.

Es ist einfacher zu sagen, was wir nicht können und warum wir leiden, als zu erkennen, worin wir gut sind und was uns glücklich macht. Wenn wir in uns selbst nur den Schatten wahrnehmen, wie können wir dann in unserem Gegenüber das Licht erkennen? Nur weil er oder sie etwas hat, was wir nicht haben? Aber vielleicht ist das, was wir suchen gar nicht da draußen zu finden, sondern nur in uns selbst? Und warum sollte jemand die Bürde auf sich nehmen, uns glücklich zu machen, wenn wir es selbst nicht mal können?

Das Thema Mann und Frau, Liebe oder nicht Liebe, erübrigt sich, wenn wir anfangen unseren eigenen Schatten zu erkennen und anzunehmen – jene Zweifel und Ängste, die uns dazu bringen, immer alles vom Anderen abzuverlangen, um uns selbst vor der Herausforderung zu drücken.

Dinge können nicht passend gemacht werden, sondern wir können uns entweder anpassen oder etwas verpassen. Und beides bedingt sich zwangsläufig. Konzentrieren wir uns aber auf unsere Fähigkeiten und Stärken, und leben wir sie, dann können wir auch als das wahrgenommen und geliebt werden, was wir wirklich sind. Und die Frage, ob wir dann miteinander klarkommen, erübrigt sich von selbst. Denn wenn wir uns selbst verstehen, können wir es auch dem anderen verständlich machen.

Manche müssen erst richtig leiden, um auszubrechen; manche brechen aus, um dann zu leiden. Und manche suchen ihre Freiheit und landen in einem Gefängnis.

Dieses Gefängnis kann so viele Gesichter haben: die Familie, eine Ehe, ein Job, die Kindheit, der eigene Körper, das Land, die Liebe, der Kopf, der Alltag, Armut, oder, oder, oder … Vielleicht sollte man im wirklichen Gefängnis landen, um zu erkennen, wie viele Möglichkeiten wir eigentlich haben? Die Freiheit, endlich und unbedingt das zu tun, was uns lebendig macht, auch mit dem Risiko als „verrückt“ betitelt oder abgelehnt zu werden.

Sehnsucht ist menschlich und selbst wenn sie pathologische Züge aufweist, bleibt sie dennoch menschlich. Sie macht uns zu dem, was wir sind und jeden zu dem, was er sein sollte, um etwas mehr Glanz und Selbstvertrauen in diese Welt zu bringen. Und weil wir die Dinge ungern freiwillig tun, müssen eben manchmal SCHEINBAR äußere Kräfte uns dazu bringen. Kräfte, die unser Selbstbild und unsere Existenz bedrohen. Daher sollten wir auch unsere schlimmsten Zeiten, unsere Ängste und unsere Sehnsucht als das wahrnehmen, was sie sind – eine Chance!

Du bist der Filmemacher

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