Читать книгу Wild West Extra Großband Sommer 2018: 9 Western - Pete Hackett - Страница 14

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Ich nahm mir vor, dem Burschen einen etwas intensiveren Blick unter den Hutrand zu werfen und kehrte in den Schankraum zurück. Mein Essen stand auf dem Tisch und ich begann, es in mich hineinzuschlingen, denn ich hatte in der Tat fast quälenden Hunger.

Durch das Frontfenster konnte ich das Hotel auf der anderen Seite des großen Platzes sehen. Es handelte sich um ein abgewirtschaftetes Gebäude mit einem Vorbau und einer Außentreppe. Die Balken waren weiß gestrichen, das Holz der Fassade grau. Aber der Anstrich war schon viele Jahre alt und blätterte großflächig ab. Dort wo er nicht mehr vorhanden war, zeigte das Holz dunkle Stockflecken.

Ich schob den leeren Teller zurück, spülte den letzten Bissen mit einem Schluck Bier hinunter und begann, mir eine Zigarette zu drehen, als der Fremde das Hotel verließ und sich dem Saloon näherte. Bald darauf betrat er den Schankraum, nickte in meine Richtung und setzte sich dann so, dass er von seinem Platz aus ebenfalls durch das Frontfenster beobachten konnte, was draußen vor sich ging.

Jetzt konnte ich erkennen, dass es sich um einen ziemlich jungen Mann mit blonden Haaren handelte, der über ein schmales, sonnengebräuntes, sympathisches Gesicht verfügte, aus dem ein Paar blaue Augen blickten. Ich schätzte ihn auf sechsundzwanzig oder siebenundzwanzig Jahre.

Der Keeper ging zu ihm hin und er bestellte sich einen Krug voll Wasser sowie ein Steak mit Bratkartoffeln und Bohnen. Ich erhob mich, nahm mein Gewehr und den Bierkrug, ging zu seinem Tisch hin und fragte, ob ich mich zu ihm setzen dürfe. Er nickte, zeigte ein freundliches Lächeln und sagte: „Bitte, Marshal, tun Sie sich keinen Zwang an.“ Dabei wies er mit der linken Hand einladend auf einen der freien Stühle.

Ich ließ mich nieder und lehnte das Gewehr an den Tisch. Unsere Blicke kreuzten sich, und ich registrierte, dass der Mann nicht das geringste Zeichen von Unruhe oder Nervosität verströmte. „Ich bin U.S. Deputy Marshal Bill Logan“, stellte ich mich vor, „und reite für das District Court for the Northern District of Texas.“

„Freut mich sehr, Marshal“, versetzte er und lächelte mich dabei an. „Mein Name ist Keith Deaderick. Ich bin auf dem Weg nach Amarillo. Das sind, wenn man den Hinweisschildern glauben darf, von hier aus noch hundertzehn Meilen. Da ich schon seit einiger Zeit unterwegs bin, dachte ich mir, ich lege hier ein paar Stunden, wahrscheinlich sogar bis morgen früh, Pause ein.“

„Ich sah Sie vorbeireiten“, gab ich zu verstehen. „Ihr Pferd sah in der Tat ziemlich abgetrieben aus – wie das Pferd eines Mannes, der es höllisch eilig hatte, viele Meilen zwischen sich und seinen letzten Aufenthalt zu bringen.“

Während ich sprach, hatte ich in seinem Gesicht geforscht und nach irgendwelchen verräterischen Reaktionen gesucht.

„Ja, ich hatte es eilig, aber nicht, weil ich vor jemandem fliehen musste, sondern weil ich wieder Zivilisation um mich haben wollte.“

„Das heißt also, dass sie längere Zeit in der Wildnis waren.“

„Ich habe das Indianer-Territorium durchquert. Wenn ich Ihnen sage, dass das ein Landstrich ist, den der Satan persönlich geschaffen haben muss, dann müssen Sie mir das glauben, Marshal. Das geringste Übel an dem ganzen Land sind die Indianer. Das Land selbst ist die Hölle.“

„Das ist verwunderlich“, sagte ich, „denn kein Mensch auf dieser Welt durchquert ohne triftigen Grund das Oklahoma-Territorium. Das Gebiet gehört zum Zuständigkeitsbereich des U.S.-District Criminal Court im Western District of Arkansas. Es hat seinen Sitz in Fort Smith.“

„Ja, ja, ich weiß“, antwortete Deaderick, „ich komme nämlich von Fort Smith herüber. Doch sollten sie jetzt keine falschen Schlüsse ziehen, Marshal. Ich werde nicht von den Deputys des Kriminalgerichts gejagt.“

„Ist Ihnen die Green Belt Ranch ein Begriff?“

Deadericks Brauen schoben sich zusammen, für einen Sekundenbruchteil glaubte ich es in seinen Augen aufblitzen zu sehen, doch dann zeigte er sich wieder völlig entspannt und schüttelte den Kopf. „Nie gehört von dieser Ranch. Was ist damit?“

„Man hat dort drei wertvolle Zuchtstuten gestohlen. Die Spur des Pferdediebes führte zum Elm Fork und verlor sich dort. Dale Fletcher – das ist der Vormann auf der Green Belt –, hat gedroht, dem Pferdedieb einen Strick um den Hals zu legen, sollte er seiner habhaft werden.“

„Das betrifft mich nicht, Marshal.“

„Dann ist ja alles in Ordnung. Ich wünsche Ihnen alles Gute für ihren Ritt nach Amarillo.“ Mit dem letzten Wort erhob ich mich, nahm die Winchester und meinen Bierkrug, ging damit zum Tresen und bezahlte meine Rechnung, trank noch einen Schluck und verließ dann den Saloon.

Kurz darauf betrat ich den Pferdestall. Es gab hier sechs Boxen, von denen lediglich zwei belegt waren. In einer dieser beiden stand mein Pferd und vor seine Nase hatte der Pferdeboy einen Eimer voll Hafer hingestellt. Die Futtertraufe war mit Heu vollgestopft. Der Halbwüchsige hatte dem Tier sogar den Sattel abgenommen und es abgerieben.

Da ich den Stallburschen nirgendwo entdecken konnte, begann ich, das Pferd zu satteln. Als ich fast fertig war, kam der Halbwüchsige zum Tor herein. „Sie reiten schon wieder weiter, Marshal?“

Ich nickte. „Du hast meinen Vierbeiner gut versorgt. Hier nimm das dafür.“ Ich holte einen Quarter Dollar aus der Westentasche und warf ihn dem Jungen zu, der ihn geschickt auffing, einen schnellen Blick darauf warf und ihn dann in seiner Hosentasche verschwinden ließ.

„Vielen Dank, Marshal.“

„Keine Ursache, du hast dir den Quarter verdient.“ Ich zog den Bauchgurt fest, rammte die Winchester, die ich an die Boxenwand gelehnt hatte, in den Scabbard und führte das Tier zum Tor, überschritt die Schattengrenze und saß draußen auf. Als ich durch das Hoftor auf den großen Platz hinausritt, nahm ich auf dem Vorbau des Saloons Keith Deaderick wahr. Er blickte zu mir herüber, und als er merkte, dass ich seinen Blick erwiderte, hob er wie zum Gruß die rechte Hand. Auch ich winkte ihm zu und trieb dann meinen Vierbeiner in eine etwas schnellere Gangart.

Ich weiß bis heute nicht, weshalb ich mir so sicher war, dass Deaderick die drei Zuchtstuten der Green Belt Ranch gestohlen hatte. Dass er später als ich in Shamrock aufkreuzte war darauf zurückzuführen, dass er bis zum Elm Fork an der Grenze zum Indianer-Territorium eine falsche Fährte gelegt hatte und den ganzen Weg wieder zurückreiten musste. Das waren alles in allem an die dreißig Meilen, und um diese Strecke zu bewältigen brauchte ein ausdauerndes Pferd gut und gerne vier Stunden.

In mir entstand nun die Frage, wo er die drei gestohlenen Rassepferde gelassen hatte. Sie zu suchen hätte bedeutet, dass ich planlos kreuz und quer durch die Wildnis reiten hätte müssen, ohne dass mir der gewünschte Erfolg garantiert gewesen wäre. Also nahm ich mir vor, die Stadt zu beobachten und darauf zu warten, dass Deaderick sie verließ und mich zu den gestohlenen Tieren führte.

Ich wählte einen Platz zwischen den Hügeln, an dem ich mein Pferd abstellte und der sich auch als Camp für die Nacht eignete, und bezog auf der Hügelgruppe im Schutz einiger Sträucher Stellung. Von hier aus hatte ich die Ortschaft gut im Blick, und wenn Deaderick sie verließ würde mir das nicht verborgen bleiben.

Wild West Extra Großband Sommer 2018: 9 Western

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