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Pete Hackett: Am Ende der Fährte wartet der Tod
ОглавлениеVince McQuade hatte die Mescal Mountains hinter sich gelassen und näherte sich Globe. Es war die Zeit der Abenddämmerung. Die Sonne war untergegangen und färbte mit ihrem Widerschein den Horizont im Westen purpurn.
Pferd und Reiter sahen ziemlich mitgenommen aus. Die Augen McQuades lagen in tiefen, dunklen Höhlen. Eine dünne Schicht aus Staub und Schweiß verklebte sein Gesicht, das Kinn war von tagealten Bartstoppeln überwuchert.
Irgendetwas, das er nicht zu deuten vermochte, trieb ihn. Ein Bandit hatte in Globe die Bank überfallen und einen Kassierer erschossen. Sein Name war Abel Nelson. Für seine Ergreifung hatte die Regierung fünfhundert Dollar Kopfgeld ausgesetzt. Tot oder lebendig ...
Das Gesetz stand im Arizona-Territorium auf schwachen Beinen. Das Banditenunwesen nahm überhand. McQuade, der die Mörder seiner Eltern und seiner Schwester gejagt und gestellt hatte, wollte auf seine Art dazu beitragen, im Land für Recht und Ordnung zu sorgen. In der Tasche seines braunen Staubmantels knisterte der Steckbrief eines Mörders. Er legitimierte McQuade.
Die ersten Häuser der Stadt tauchten vor McQuade auf. In den Fenstern brach sich das letzte Licht des Tages. Aus den Schornsteinen stieg Rauch. Die Frauen bereiteten das Abendessen vor.
Das Pferd unter McQuade ging im Schritt. Müde zog es die Hufe über die Fahrbahn. Im Fell des Tieres klebte Staub. In das gedämpfte Stampfen der Hufe mischte sich das leise Klirren der Gebisskette und das Knarren des alten, gebrochenen Sattels.
Am Fahrbahnrand lag ein schwarzer Hund. Jetzt stand er auf, streckte sich, und trollte sich in eine enge Gasse. Ein Stück entfernt zog ein alter, bärtiger Mann einen zweirädrigen Karren, der mit Heu beladen war, aus einer Einfahrt. Von irgendwo her erklang die schrille, keifende Stimme einer Frau. Ein Kind weinte ...
McQuade sah das Schild mit der Aufschrift 'Sheriff's Office' und hielt darauf zu. Beim Hitchrack hielt er an, hob das rechte Bein über den Sattelknauf und ließ sich aus dem Sattel gleiten. Staub rieselte von seinen Schultern. Mit einem Ruck zog er die Henry Rifle aus dem Sattelschuh, dann stieg er auf den Vorbau und klopfte im nächsten Moment gegen die Tür.
»Herein«, erklang es.
McQuade trat ein. Der Sheriff stand am staubgeränderten Fenster. Fliegen tanzten an der Scheibe. Es roch im Office nach Bohnerwachs. »Ich habe Sie schon kommen sehen«, empfing der Gesetzeshüter, ein Mann von etwa fünfzig Jahren mit grauen Haaren und einem riesigen Schnurrbart, den Ankömmling. »Was hat Sie nach Globe getrieben?«
McQuade drückte die Tür hinter sich ins Schloss, holte den Steckbrief aus der Tasche und reichte ihm den Sheriff. »Abel Nelson ist der Grund.«
Der Sheriff fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. In seinen grauen Augen blitzte es auf. Wortlos ging er hinter den Schreibtisch in der Raummitte und ließ sich auf seinen Stuhl fallen, lehnte sich zurück und sagte kehlig: »Sie möchten sich die fünfhundert Dollar verdienen, die Nelson wert ist, nicht wahr?«
Ohne darauf einzugehen versetzte McQuade: »Haben Sie nach dem Überfall und Nelsons Flucht noch einmal von ihm gehört?«
Die Brauen des Sheriffs schoben sich zusammen, über seiner Nasenwurzel bildeten sich zwei senkrechte Falten. Sekundenlang starrte er versonnen auf die Tischplatte, dann schüttelte er den Kopf. »Wir sind dem Bastard bis zum Salt River gefolgt. Im Salt River Canyon erwartete er uns. Er erschoss drei unserer Pferde und verletzte zwei Männer des Aufgebots mit seinem Blei. Der Hundesohn gebärdete sich wie ein in die Enge gedrängtes Raubtier. Wir kehrten um und ich veranlasste die Fahndung nach dem Banditen. Nein, ich habe nichts mehr von Nelson gehört. Wahrscheinlich hat er sich mit der Beute nach New Mexiko abgesetzt.«
»Wie viel Geld hat er erbeutet?«
»Über zwölftausend Dollar. Für die Wiederbeschaffung des Geldes hat die Bank dreihundert Dollar ausgesetzt.«
»Das Geld spielt nur eine untergeordnete Rolle«, murmelte McQuade. »Was ist hinter dem Salt River?«
»Wildnis! Ein Land, das der Teufel persönlich geschaffen haben muss. Hitze, Staub, Klapperschlangen, Dornengestrüpp ... Die nächste größere Stadt, nördlich von Globe, ist Holbrook. Wenn Sie da hinauf wollen, werden Sie fünf Tage im Sattel verbringen müssen.«
»Sie denken, dass sich Nelson nach New Mex abgesetzt hat.« Das war keine Frage, die McQuade stellte, sondern eine Feststellung.
Der Sheriff zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht. Möge der Halunke in der Hölle schmoren.«
»Ich werde in Globe übernachten und morgen Früh weiterreiten«, erklärte McQuade, schwang herum und verließ das Office.
Das glühende Rot im Westen hatte sich in schwefliges Gelb verwandelt, als McQuade sein Pferd in den Mietstall führte. Typischer Stallgeruch empfing ihn. Der Stallmann, ein alter Bursche mit faltigem Gesicht, saß auf einer Futterkiste und flickte ein Zaumzeug. Neben ihm auf der Kiste lag ein handlicher Klumpen Schusterpech, durch das er den Faden zog, damit er wasserabweisend wurde. Mit einer dünnen Ahle stach er die Löcher vor. Jetzt legte er Zaumzeug und Werkzeug auf die Seite und erhob sich.
»Ich möchte das Pferd bei Ihnen unterstellen«, erklärte McQuade nach einem knappen Gruß.
Der Stallmann legte den Kopf schief und taxierte ihn, sah einen Mann Mitte der zwanzig, über sechs Fuß groß, der mit einem langen, braunen Staubmantel bekleidet war und auf dessen Kopf ein flachkroniger, schwarzer Stetson saß, rieb sich die Nase und sagte: »Was sind Sie, Mister? Ein Jäger oder ein Gejagter?«
Zwischen den Lippen des Oldtimers war ein schadhaftes Gebiss zu sehen. Zahnlücken und abgebrochene, braune Stummel.
»Wie kommen Sie darauf?«
Der Stallmann warf sich in die Brust. »Ich verfüge über ein hohes Maß an Menschenkenntnis, und ich kann einen Mann einschätzen. Hinter Ihnen liegt ein harter Ritt durch die Wildnis. Einen solchen Trail nimmt kein Mensch freiwillig auf sich.«
»Ich bin wegen Abel Nelson hier.«
»Also ein Jäger. Da Sie keinen Stern tragen, jagen Sie ihn wohl des Kopfgeldes wegen.«
»Er hat gemordet«, versetzte McQuade grollend. »Dafür muss er zur Rechenschaft gezogen werden.«
»Leute wie Sie sind nicht besonders angesehen. An ihren Händen klebt Blut. Man sagt, sie sind nicht besser als die Kerle, die sie jagen.«
McQuade presste die Lippen zusammen. In seine Mundwinkel kerbte sich ein bitterer Zug. »Du kannst tun was du willst – es wird immer jemand geben, der es nicht gut heißt und es verdammt.«
Der Stallmann griff nach dem Kopfgeschirr des Pferdes. »Lassen Sie den Gaul hier -« die Stimme des Stallmannes sank herab und nahm einen geringschätzigen Ton an, »- Menschenjäger. Ich will ihn gut versorgen. Das Pferd kann ja nichts dafür. Noch eines, Menschenjäger: Sollten Sie Nelson lebend schnappen, dann bringen Sie ihn nicht nach Globe. Denn hier wird man ihn an den nächsten Baum hängen. Es wäre jedoch nicht gut, wenn sich jemand in dieser Stadt die Hände an ihm schmutzig macht. Das soll man lieber einer gewissen Sorte von Zeitgenossen überlassen.«
»Sie nennen mich Menschenjäger. Das sagt mir, dass Sie nicht viel von Männern wie mir halten.«
»Ich gehöre zu der Spezies, die Ihre Sorte mit den Halunken auf eine Stufe stellt, denen ein Menschenleben gerade mal den Preis für eine Unze Blei wert ist.« Es klang grimmig und bestimmt. Herausfordernd starrte der Stallmann McQuade an.
McQuade schwieg, nahm das Gewehr und die Satteltaschen und ging zum Hotel. Die Worte des Stallmannes klangen in ihm nach. Sie muteten McQuade an wie ein böses Omen.
*
AM ABEND DES DARAUF folgenden Tages zügelte er sein Pferd am Maul des Salt River Canyons. Der Fluss wälzte hier seine schmutzigen Fluten nach Osten. Zu beiden Seiten erhoben sich Steilhänge und terrassenförmige Anhöhen. Gleißender Sand floss in die Tiefe, der Boden war von Geröll übersät, die Vegetation bestand aus Comas und Mesquitebüschen. Hier trieben nur Klapperschlangen und Skorpione ihr Unwesen.
Das Rauschen des Flusses in den Ohren, der sich zu seiner Linken befand, ritt McQuade tiefer in den Canyon hinein. Manchmal erhoben sich nahezu senkrechte, zerklüftete Felswände, über deren Ränder der schrale Wind Staub trieb, der in die Tiefe prasselte. Die Hufe klapperten auf steinigem Boden, manchmal klirrte es.
Die Finsternis nahm schnell zu. Bald war die Dunkelheit dicht. Sie mutete fast stofflich und greifbar an. Am Himmel funkelten nur vereinzelte Sterne. Der Mond befand sich irgendwo hinter den Bergen.
McQuade campierte. Als der Morgen graute, saß er wieder im Sattel. Der Canyon endete, ein Fluss, der von Norden kam, mündete in den Salt River. McQuade folgte ihm. Meile um Meile trug ihn das Pferd nach Norden.
Die Hitze war wieder quälend. Es war, als berührten Flammen das Gesicht des Reiters. Staub knirschte zwischen seinen Zähnen und hatte seine Augen entzündet. Der Weg führte durch eine Ebene. McQuade sicherte unablässig um sich. Er wusste, dass dieser Landstrich von Apachen unsicher gemacht wurde.
Weit vor ihm war die Ebene von Hügeln begrenzt. In einen der Einschnitte bohrte sich der Creek. Und vor diesem Einschnitt sah McQuade Staub. Zu viel Staub, als dass ihn nur der Wind aufgewirbelt haben konnte. Er wusste die Zeichen der Natur zu deuten. McQuade hielt an und kniff die Augen zusammen. Vor ihm lag das Land im gleißenden Sonnenlicht. Die Luft flimmerte.
Es waren drei Reiter.
McQuade trieb sein Pferd an. Mit jedem Schritt ihrer Tiere kamen sich die vier Männer näher. Schließlich waren sie sich so nahe, dass McQuade Einzelheiten erkennen konnte. Es waren bärtige Kerle, abgerissen, verschwitzt und verstaubt. Um ihre Hüften lagen Revolvergurte, in den Scabbards steckten Gewehre. McQuade mutete das Trio nicht gerade vertrauenerweckend an. Als sich die Nasen ihrer Pferde fast berührten, hielten sie an. Die Pferde stampften auf der Stelle, scharrten mit den Hufen und schnaubten. Mit helläugiger Reglosigkeit fixierten die drei Männer den Kopfgeldjäger.
Was McQuade sah, gefiel ihm nicht. Ein unstetes Leben hatte die Gesichter der drei Kerle geprägt; sie drückten Niedertracht, Verworfenheit und gnadenlose Härte aus. McQuade stellte sich auf Verdruss ein.
»Was hat dich in diese elende Wildnis getrieben, Mister?«, fragte einer, ein blondhaariger Mann mit blauen Augen, die an Glasstücke erinnerten. Es waren die kalten, stechenden Augen eines Reptils. »Ich habe kein besonderes Ziel«, antwortete McQuade staubheiser. Die dünne Schicht aus Schweiß und Staub in seinem Gesicht brach. »Doch bin ich voller Hoffnung, dass ich irgendwo auf eine Ortschaft stoße.« Er hatte die Hände übereinander auf den Sattelknauf gelegt und verspürte Anspannung. Denn er war davon überzeugt, den Weg dreier Sattelstrolche gekreuzt zu haben und bezweifelte, dass sie ihn ungeschoren lassen würden.
»Zwei Meilen weiter liegt Carrizo«, gab der Blondhaarige zu verstehen. »Ein Nest, in dem der Hund begraben liegt. Wir kommen von dort.«
McQuade nickte. »Ich werde dort wohl ein paar Tage ausruhen.« Mit dem letzten Wort trieb er sein Pferd an.
»In Carrizo gibt es einen Deputy. Mit Tramps macht er kurzen Prozess und jagt sie aus dem Ort.«
»Ich bin kein Tramp.«
McQuade lenkte sein Pferd an den dreien vorbei. Eine frostige Stimme holte ihn ein: »Nicht so schnell, mein Freund.« Ein Colthahn knackte.
McQuades Wirbelsäule versteifte. Er nahm das Pferd in die Kandare, schaute über die Schulter und stieß rau hervor: »Was soll das?«
Der Blondhaarige grinste verkniffen. Er hielt den Revolver auf McQuade gerichtet. Matt glänzten die bleiernen Kugelköpfe in den Kammern. Die schwarze, kreisrunde Mündung starrte ihn an wie das hohle Auge eines Totenschädels. »Wir haben kein Geld!«, stieg es aus der Kehle des Blondhaarigen. »Und weil wir nicht zahlen konnten, jagte uns der Deputy aus Carrizo hinaus wie ein paar räudige Straßenköter. Du scheinst Geld zu haben, Hombre. Und wenn du gescheit bist, dann gibst du es uns freiwillig.«
McQuade zerrte das Pferd herum. Die drei starrten ihn an. Beklemmung lag plötzlich in der Luft. Tod und Unheil ...
»Das ist Straßenraub!«, knurrte McQuade.
»Mag sein«, versetzte der Blondhaarige unbeeindruckt. »Gib uns dein Geld, dann kannst du weiterreiten und wir ...«
McQuade hämmerte seinem Pferd die Sporen in die Seiten. Das gepeinigte Tier vollführte einen Satz, McQuade riss es herum und stieß einen schrillen Schrei aus, der das Pferd noch mehr in Panik versetzte. Es rammte mit der Brust das Tier, auf dem der Blondhaarige saß. Das Pferd wurde regelrecht zur Seite geschleudert, brach hinten ein und wieherte fanfarenhaft. Ein lästerlicher Fluch brach aus der Kehle des Blondhaarigen. Er hatte Mühe, sich im Sattel zu behaupten.
Seine beiden Begleiter hatten nach den Revolvern gegriffen. Auch McQuade riss das Schießeisen aus dem Holster. Sein Pferd stieg und drehte sich auf der Hinterhand. Schüsse donnerten und vermischten sich zu einem einzigen, ohrenbetäubenden Donnern. McQuades Pferd brach zusammen. Im letzten Moment konnte der Kopfgeldjäger die Steigbügel abschütteln und sich zur Seite werfen.
Einer der Kerle lag am Boden. Mit fliegenden Steigbügeln sprengte sein Pferd voll Panik davon. Das Tier des Blondhaarigen war außer Rand und Band und vollführte wilde Bocksprünge. Der dritte der Kerle bändigte seinen Vierbeiner mit einem Schenkeldruck und schlug den Sechsschüsser auf McQuade an.
Der Kopfgeldjäger war auf den Rücken gerollt. Mit dem Erkennen der Gefahr, die von dem dritten Mann des hartbeinigen Vereins ausging, wälzte er sich herum. Dort, wo er eben noch gelegen hatte, pflügte eine Kugel den Boden. Der donnernde Knall stieß über McQuade hinweg wie ein Gruß aus der Hölle. McQuade kam auf den Rücken zu liegen, richtete blitzschnell den Oberkörper auf und feuerte. Das Geschoss fegte den Burschen vom Pferd.
Behände kam McQuade hoch. Drei Sätze brachten ihn an das Pferd heran, von dem er eben den Kerl geschossen hatte. Seine Linke umklammerte das Sattelhorn, sein schriller, durchdringender Schrei versetzte das Tier in Panik und es raste wie von Furien gehetzt aus dem Stand los. McQuade wurde mitgerissen und stieß sich ab. Sicher landete er im Sattel, hart setzte er dem Pferd die Sporen ein. Rücksicht konnte er nicht nehmen. Der Tod streckte die knöcherne Klaue aus ...
*
MCQUADE LENKTE DAS Pferd, dessen Hufe den Boden kaum zu berühren schienen, zwischen zwei Hügel. Als er sich einmal umschaute, registrierte er, dass ihm einer der Kerle auf seinem Pferd hinterher stob. Ein anderer zielte mit dem Gewehr auf ihn. Der Kopfgeldjäger riss das Pferd unerbittlich nach rechts. Das Peitschen des Schusses holte ihn ein, der Knall stieß zwischen die Anhöhen, zerflatterte und ging schließlich im Stakkato der trappelnden Pferdehufe unter.
McQuade sprengte um den Hügel herum und trieb das Tier den Abhang hinauf. Bevor er die Kuppe erreichte, zerrte er den Vierbeiner in den Stand, zog das Gewehr des Banditen aus dem Scabbard und rannte nach oben. Sein Verfolger galoppierte näher. Der Reitwind ließ sein Halstuch flattern und stellte die Krempe seines Stetsons vorne senkrecht auf. Aufgewirbelter Staub wölkte.
McQuade riegelte eine Patrone in den Lauf der Henrygun, hob das Gewehr an die Schulter und richtete den harten Blick über Kimme und Korn auf den Banditen, der sein Pferd mit dem langen Zügel vorwärts peitschte. Dann zog der Kopfgeldjäger durch. Der Knall wurde in die Tiefe geschleudert. Der Bandit riss brutal das Pferd zurück. Das Tier brach auf den Hanken ein und wieherte. Erneut schoss McQuade. Er wollte weder den Mann noch das Pferd töten. Der Bandit zerrte das Tier herum und stob den Weg zurück, den er gekommen war. McQuade hatte sein Ziel erreicht.
McQuade setzte seinen Weg fort. Hin und wieder trieb er das Pferd, das einem der Banditen gehört hatte, eine Anhöhe hinauf, um auf seiner Fährte zurückzublicken. Kerle wie die drei, denen er es gezeigt hatte, waren sicher nachtragend und ausgesprochen rachsüchtig. Sie waren wie wilde Tiere, für die es weder eine Zukunft noch eine Vergangenheit gab, die ausschließlich in der Gegenwart lebten und einem mörderischen Instinkt folgten.
Von Verfolgern war nichts zu sehen. Kein Grund für McQuade, die gebotene Vorsicht außer Acht zu lassen.
Der Kopfgeldjäger erreichte Carrizo. Staubschleier wirbelten über die Dächer der niedrigen Häuser. In den Pferchen und Koppeln am Rand des Ortes weideten einige Ziegen, Schafe, Pferde und Kühe. Hinter den Häusern gab es kleine Gemüsegärten, Schuppen, Ställe und Scheunen. Diese Ansammlung von Hütten wirkte ärmlich. Abgestorbene Sträucher, die der Wind vor sich hertrieb und die wie Bälle hüpften, verfingen sich an Hausecken, in Gerümpel und Abfall – Tumbleweds.
Der Mietstall war ein windschiefer Schuppen, der geöffnete Torflügel hing schief in den Angeln. McQuade stieg vom Pferd, führte das Tier am Kopfgeschirr über die Lichtgrenze unter dem Tor und rief: »Hallo, Stall!«
Am Ende des Mittelganges öffnete sich eine Tür aus ungehobelten Brettern und ein bärtiger Mann zeigte sich. Er kaute auf einem Priem herum. Als er heran war, sagte McQuade. »Ich möchte mein Pferd für ein paar Stunden bei Ihnen unterstellen. Außerdem habe ich eine Frage.«
Der Stallbursche spuckte einen Strahl braunen Tabaksafts zur Seite aus. »Was für eine Frage?«
McQuade holte Abel Nelsons Steckbrief aus der Manteltasche, faltete ihn auseinander und hielt ihn dem Stallburschen hin. »Ich suche diesen Mann. Ist er in Carrizo aufgetaucht?«
Der Stallmann heftete seinen Blick auf das Blatt Papier. Nach einer kleinen Weile nickte er. »Ja, der war hier. Sein Gaul hatte ein Eisen verloren. Der Mister hatte es höllisch eilig. Ich habe seinem Pferd ein neues Eisen verpasst, und er ist sofort weitergeritten. Aber das ist schon einige Zeit her.«
McQuade verspürte Genugtuung. Er hatte vom Canyon aus die richtige Richtung eingeschlagen. Sein Instinkt hatte ihn nicht im Stich gelassen. Er faltete den Steckbrief wieder zusammen und steckte ihn ein. Dann nahm er sein Gewehr, verließ den Mietstall und suchte den Saloon auf.
McQuade setzte sich so, dass er durch das große Frontfenster die Main Street beobachten konnte. Der Keeper fragte ihn nach seinen Wünschen, er bestellte sich eine Mahlzeit und ein Glas Wasser. Als der Keeper das Getränk vor ihn hinstellte, ließ McQuade seine Stimme erklingen. Er sagte: »Ich bin zwei Meilen südlich von Carrizo drei Kerlen begegnet. Sie waren in diesem Ort und der Deputysheriff scheint sie zum Teufel gejagt zu haben.«
Das Gesicht des Keepers verfinsterte sich, seine Lippen sprangen auseinander: »Die drei sind Abschaum! Sie haben bei mir gegessen und getrunken und zogen nicht gerade die Samthandschuhe an, als ich Geld von ihnen forderte. Wenn Sanborn nicht rechtzeitig gekommen und eingeschritten wäre ...«
»Ist das der Deputy?«
»Ja. Er gebot den Schuften mit der Parkergun Einhalt und jagte sie zur Stadt hinaus.«
»Ein mutiger Bursche, wie?«
Der Keeper nickte. »Sanborn spuckt dem Teufel ins Maul, wenn es notwendig ist. Haben die drei Halunken Sie ungeschoren gelassen?«
»Sie wollten mir mein Geld wegnehmen. Es ist ihnen schlecht bekommen.«
»Haben Sie sie ...?«
»Nein. Einige Blessuren haben sie allerdings schon davongetragen.«
»Das nehmen diese Kerle nicht hin!«, entfuhr es dem Keeper fast entsetzt. »Ich verwette ein verlaustes Hemd gegen einen Monatslohn, dass diese Halsabschneider bald wieder in Carrizo aufkreuzen. Ich muss Ned Sanborn Bescheid sagen.«
Der Keeper hatte es plötzlich eilig. Er rannte aus dem Saloon. Ächzend und quietschend schlugen die Flügel der Pendeltür hinter ihm aus. Seine Schritte, die auf dem Vorbau ein trockenes Poltern hervorriefen, verklangen, als er auf die Straße sprang.
McQuade trank einen Schluck von dem Wasser. Auf der Straße rannten schreiend einige spielende Kinder vorbei. Die Stadt vermittelte den Eindruck von Ruhe und Frieden. McQuade sagte sich, dass dieser Eindruck möglicherweise trügerisch war. Er war sich sicher, dass der blondhaarige Bandit und seine Kumpane – falls sie aufgrund ihrer Verletzungen dazu in der Lage waren -, mit Hass in den Herzen und der Gier nach Rache in den Gemütern auf seiner Fährte ritten.
Es dauerte etwa fünf Minuten, dann kam der Keeper zurück, einen jungen Mann im Schlepptau, der eine abgesägte Schrotflinte am langen Arm trug. An der linken Brustseite seiner schwarzen Weste glitzerte das Symbol des Gesetzes. Im offenen Holster an seiner linken Seite steckte ein langläufiger, schwerer 45er Coltrevolver.
Der Keeper begab sich in die Küche, um McQuades Essen zuzubereiten, der Deputy hielt bei dem Tisch des Kopfgeldjägers an. »Ich bin Deputysheriff Ned Sanborn«, stellte er sich vor. »Wer sind Sie? Wo kommen Sie her und was ist Ihr Ziel?«
»Mein Name ist McQuade. Ich reite auf Abel Nelsons Fährte.«
»Nelson – ist das nicht der Kerl, der in Globe die Bank ausgeraubt und einen Kassier erschossen hat?«
»Richtig, Deputy. Er ist der Regierung fünfhundert Dollar wert.«
Die Brauen des jungen Gesetzeshüters zuckten in die Höhe. »Kopfgeldjäger, wie?«
Gleichmütig hob McQuade die Schultern und ließ sie wieder nach unten sinken. »Es ist ein Job wie jeder andere.«
»Das ist Ansichtssache«, knurrte der Deputy. »Matt hat mir erzählt, dass Sie einen Zusammenstoß mit den drei Vagabunden hatten, die ich aus der Stadt gewiesen habe.«
»Es sind Banditen. Sie wollten mich berauben. Zwei von ihnen musste ich von den Pferden schießen.«
»Ich nehme an, dass ...«
»Sie täuschen sich nicht, Deputy!«, unterbrach ihn McQuade und wies mit dem Kinn zur Main Street.
Der Deputy drehte sich halb herum. Seine Zähne knirschten übereinander, seine Backenknochen mahlten. »Die Kerle haben mir noch gefehlt!«, stieg es grollend aus seiner Kehle, dann schwang er herum und stiefelte zur Tür.
Es waren der Blondhaarige und einer seiner Kumpane. Der Bursche hockte nach vorne gekrümmt im Sattel und presste die linke Hand auf die rechte Schulter. Die Hand war voll Blut.
»Stopp!« Die Stimme des Deputys war klirrend. Das Wort trieb über die Straße und versank in den Geräuschen, die vom Leben in Carrizo zeugten.
McQuade sah, wie die beiden Banditen ihre Pferde parierten. Wieder erklang die Stimme des Gesetzeshüters. Er rief: »Ich habe euch Stadtverbot erteilt. Es war dumm von euch, in den Ort zurückzukehren.«
»Mein Freund ist verwundet«, erklärte der Blondhaarige. »Die Kugel steckt in seiner Schulter und muss raus. Gibt es hier einen Arzt?«
»Wo ist denn euer dritter Mann?«
»Derselbe Hurensohn, der Glenn die Kugel in die Figur knallte, hat meinen Freund Jim Dexter zu seinen Ahnen geschickt.« Jäher Hass wühlte in den Zügen des Banditen, die tödliche Leidenschaft wütete in seinen Augen.
»Es ist jener – hm, Hurensohn, den ihr niederträchtigen Halunken um sein Geld erleichtern wolltet!«, fauchte der Deputy und richtete die Schrotflinte auf den blonden Banditen. Als er die Hähne spannte, knackte es metallisch. Der blondhaarige Bandit zog den Kopf zwischen die Schultern. Das gehässige Glimmen in seinen Augen nahm an Intensität zu. Der Bandit belauerte den Deputy wie ein Wolf, der sich im nächsten Moment auf seine Beute stürzen würde.
Der Verwundete stöhnte lang anhaltend. Sein Mund war schmerzverzerrt. Die Qualen, die er durchlitt, zeichneten sein verschmutztes, verschwitztes Gesicht.
McQuade hatte sich erhoben und stand nun neben der Pendeltür im Schutz der Wand.
Erneut ertönte die Stimme des Deputys: »Es gibt in Carrizo keinen Arzt. Aber der Barbier versteht sich auf die Behandlung von Schusswunden. Ich werde deinen Freund in die Obhut des Barbiers geben, Mister. Dich jedoch werde ich einsperren und ...«
»Fahr zur Hölle, Sternschlepper!«, knirschte der Bandit und spornte sein Pferd an. Zugleich zog er den Revolver. Das Eisen schwang hoch, eine handlange Mündungsflamme stieß aus dem Lauf, die Kugel verfehlte den Deputy nur knapp und bohrte sich in den Rahmen einer der Pendeltüren, die wild zu schwingen begann.
Der Bandit jagte in halsbrecherischer Karriere die Straße hinunter. Er befand sich längst nicht mehr im Schusssektor der Schrotflinte. McQuade trat auf den Vorbau. »Ich konnte nicht feuern«, knirschte der Deputy, »denn dann hätte ich den Verwundeten getroffen. Sie sollten auf der Hut sein, McQuade. Der Bursche -« Ned Sanborn wies mit dem Kinn in die Richtung, in die der blondhaarige Bandit geflohen war, »- ist sicherlich nicht besonders gut auf Sie zu sprechen.«
»Sicher«, murmelte der Kopfgeldjäger. »Diese Sorte ist unberechenbar und gefährlich, vor allem kennt sie keinen Ehrenkodex. Wir werden sehen.«
»Ich bringe den Verwundeten zum Barbier«, gab der Deputy zu verstehen. »Wann werden Sie die Stadt verlassen, McQuade?«
»Sie können es wohl nicht erwarten, mich von hinten zu sehen?«
»Beantworten Sie meine Frage.«
»Sobald ich gegessen habe, reite ich weiter. Zufrieden?«
Wortlos tauchte der Gesetzeshüter unter dem Vorbaugeländer hindurch, sprang auf die Straße und stapfte zu dem Pferd mit dem verwundeten Banditen hin.
McQuade ging zurück in den Schankraum.
*
»NELSON HAT, NACHDEM Sie seinem Pferd ein neues Eisen verpasst haben, die Stadt verlassen«, sagte McQuade, als er eine Stunde später sein Pferd abholte. »Wissen Sie, in welche Richtung er geritten ist?«
»Ich sah ihn zum Fluss reiten«, versetzte der Stallbursche. »Er kann sich nach Prescott, Flagstaff oder auch nach Winslow gewandt haben. Dazwischen gibt es sicherlich einige kleine Nester wie Carrizo, aber es ist kaum anzunehmen, dass ein Bursche vom Kaliber eines Abel Nelson in einem Kaff wie diesem hier für längere Zeit aus dem Sattel steigt.«
McQuade stellte keine weiteren Fragen, zerrte das Pferd hinter sich her aus dem Stall, wurde einen Moment vom gleißenden Sonnenlicht geblendet, dann stieg er in den Sattel und trieb das Pferd mit einem leichten Schenkeldruck an.
Der Kopfgeldjäger ritt mitten in der Main Street. Aus dem Schatten eines Hauses trat der Deputy. »Einen Augenblick noch, McQuade.« Der Angerufene hielt an. Als der Deputy heran war, sagte er: »Der Mister mit den blonden Haaren, der wahrscheinlich um die Stadt herumschleicht wie der Fuchs um den Hühnerstall, heißt Butch Sloane. Das hat mir sein Kumpan verraten. Dessen Name ist Glenn Carter.«
»Werden die Kerle vom Gesetz gesucht?«
»Nein.«
»Werden Sie Carter einsperren, Deputy?«
Ned Sanborn verzog den Mund. »Erstatten Sie Anzeige gegen ihn?«
Nach kurzer Überlegung schüttelte McQuade den Kopf. »Ich kann nicht warten, bis er vor den Richter gestellt wird und ich gegen ihn aussagen kann. Ohne meine Aussage vor Gericht aber wird meine Anzeige sinnlos sein. Lassen Sie den Dummkopf laufen, Deputy. Er ist gestraft genug, und vielleicht war es ihm eine Lehre.«
»Halten Sie die Augen offen, McQuade.«
»Natürlich.« McQuade ritt weiter. Das Pferd trug ihn aus der Stadt. Jeder seiner Sinne war aktiviert, als er am Fluss entlang zwischen die Hügel zog. Sein Blick glitt ununterbrochen über die Hügelrücken hinweg, bohrte sich in die Einschnitte und suchte die Buschgürtel ab. McQuade ritt wachsam und verspürte Anspannung. In ihm läuteten die Alarmglocken. Er ging davon aus, dass der Tag noch eine böse Überraschung für ihn bereithielt.
Aber nichts geschah.
Butch Sloane blieb wie vom Erdboden verschwunden.
Zwei Tage später, es war um die Mitte des Nachmittags, erreichte der Kopfgeldjäger einen kleinen Ort namens Long Valley. Auf dem kleinen Friedhof außerhalb der Stadt hatte sich eine Trauergemeinde versammelt. Die Main Street war menschenleer. McQuade saß beim Holm vor dem Saloon ab und schlang den langen Zügel lose um den Haltebalken, angelte sich das Gewehr und ging hinein. Es gab keinen einzigen Gast. Der Keeper saß an einem der runden Tische und las in einer vergilbten Zeitung. Er erhob sich, nachdem McQuade sich niedergelassen hatte, und kam heran. »Alles, was in dieser Stadt zwei Beine hat, befindet sich wohl auf dem Friedhof«, bemerkte McQuade.
Der Keeper nickte. »Eine tragische Sache. John Bellows neuer Revolvermann hat den Schmied erschossen, weil dieser ihn einen skrupellosen Coltschwinger nannte. Der Schmied war ausgesprochen beliebt in der Stadt, sein gewaltsamer Tod ging den Menschen in Long Valley ziemlich an die Nieren.«
»Wer ist John Bellow?«, erkundigte sich McQuade.
»Er besitzt eine Ranch am Fluss, fünf Meilen von hier. Eine ziemlich große Ranch. Bellows hat ein Problem mit den Siedlern, die vor einiger Zeit an den Fluss gekommen sind. Vor etwa sechs Wochen kam ein Mann namens Lane Stewart in diesen Landstrich. Er stieg in den Sattel der Southern Star Ranch. Vor zwei Tagen kam es hier im Saloon zum Streit zwischen ihm und dem Schmied. Am Ende floss Blut ...«
»Hat der Sheriff oder Marshal den Vorfall untersucht?«
»Es gibt hier keinen Gesetzeshüter. Außerdem wirft der Name Bellow einen riesigen Schatten – einen Schatten, in dem diese Stadt lebt. Selbst der Countysheriff wagt sich nicht an ihn heran. Bellows Wort ist in diesem Landstrich Gesetz.«
»Das Gesetz des Starken und Mächtigen, wie?«
Der Keeper nickte. »Bellows ist unduldsam, kompromisslos und hart wie Granit. Wer nicht sein Freund ist, ist sein Feind. Und seine Feinde vernichtet er gnadenlos und unerbittlich.«
»Erzählen Sie mir mehr von diesem Lane Stewart«, forderte McQuade. »Wie sieht er aus? Wie alt ist er ungefähr?«
»Mitte dreißig, würde ich sagen. Dunkel wie ein Indianer, gefährlich und tödlich wie Cholera. Er kann mit dem Sechsschüsser zaubern. Wenn du ihm in die Augen schaust, siehst du den Tod. – O verdammt!« Der Blick des Keepers wurde starr, in seinem Gesicht begann es nervös zu arbeiten. »Wenn man vom Teufel spricht ...«, entrang es sich dem Mann ächzend.
McQuade drehte sich halb herum und sah durch das Frontfenster die vier Reiter, die vor nicht einmal zwei Sekunden in das Blickfeld des Keepers gezogen waren. Drei von ihnen waren gekleidet wie Cowboys, der vierte trug einen dunklen Anzug, ein weißes Hemd, das am Hals von einer weinroten Schnürsenkelkrawatte zusammengehalten wurde, und auf seinem Kopf saß ein grauer Stetson.
McQuade war wie elektrisiert.
Er war sich sicher, Abel Nelson zu sehen.
Der Mörder hatte sich also auf der Southern Star Ranch verkrochen und sich einen neuen Namen verpasst.
Die Reiter saßen ab, banden ihre Pferde an den Holm und kamen in den Saloon. Ihre Schritte dröhnten auf den Dielen, ihre Sporen klirrten melodisch. Sie setzten sich an einen der runden Tische, der Mann, den McQuade für Abel Nelson hielt, rief barsch: »Bring uns Bier, Chandler. Wir sind am verdursten.«
Der Keeper schnitt ein Gesicht, als hätte man ihn mit einem Kaktus gefüttert, und beeilte sich.
»Bringen Sie mir ein Glas Wasser«, rief McQuade. »Ich war vor den vier Gentleman hier.«
Der Blick des Mannes, der sich hier Lane Stewart nannte, verkrallte sich regelrecht an McQuade. Das zornige Flackern in seinen Augen war wie eine Warnung vor drohendem Unheil. Seine barsche Stimme erklang: »Was ist dein Problem, Fremder?«
»Ich bin durstig, ganz einfach. Und ich will nicht warten, bis der Keeper euch bedient hat. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Eine alte Binsenweisheit.«
»Hast du überhaupt eine Ahnung, mit wem du es zu tun hast?«
»Mit vier Kerlen, die sich für was Besonderes zu halten scheinen«, versetzte McQuade ruhig. Der Anflug eines Lächelns umspielte seinen Mund. »Ich glaube aber nicht, dass ihr etwas Besonderes seid.«
Die drei Cowboys starrten ihn ungläubig an. Sie konnten nicht begreifen, dass es jemand wagte, so mit dem Revolvermann zu sprechen.
Der Keeper blickte besorgt drein. Jeder Zug seines Gesichts drückte Unbehaglichkeit aus. Jetzt mischte er sich ein, indem er rief: »Ich bringe Ihnen das Bier, Mister Stewart. Sie müssen warten.« Seine letzten Worte waren an McQuade gerichtet.
Nach diesen Worten war es still im Schankraum. Die Atmosphäre schien plötzlich wie mit Elektrizität geladen zu sein. Der Saloon mutete an wie ein Pulverfass, dessen Lunte bereits brannte. Doch dann nickte McQuade. »In Ordnung. Geben Sie den Gentleman das Bier. Ich will keinen Streit.«
Er nahm mit diesen Worten der gefährlichen Stimmung im Saloon die Brisanz.
Stewart lachte rasselnd auf. »Sehr vernünftig, Fremder«, lobte er. »Darf ich Ihren Namen erfahren?«
»Vince McQuade.«
»Sie sprechen den unverkennbaren Texasslang. Wo kommen Sie her?«
»Meine Wiege stand in der Nähe von San Antonio.«
»Was hat Sie in diesen Landstrich verschlagen?«
»Wahrscheinlich der Wind des Schicksals«, murmelte McQuade. »Vielleicht war es auch Zufall ...«
Stewart erhob sich und kam zu McQuades Tisch. Er bewegte sich mit raubtierhafter Geschmeidigkeit. An seinem rechten Oberschenkel war das Holster mit dem Sechsschüsser festgebunden. Der Patronengurt war aus schwarzem Büffelleder. Matt glänzten die Böden der Messinghülsen in den Schlaufen. »Darf ich mich zu Ihnen setzen, McQuade?«
Einladend wies der Kopfgeldjäger auf einen der Stühle, die um den Tisch gruppiert waren. »Bitte.«
Als Stewart saß, sagte er: »Sie geben sich wie ein Mann, der weder Tod noch Teufel fürchtet. Die Southern Star Ranch sucht couragierte Männer. Haben Sie Interesse?«
»Couragierte Burschen, oder Kerle, die mit dem Revolver umgehen können?«, fragte McQuade mit schleppender Stimme und einem hohen Maß an Ironie im Tonfall.
Stewart grinste hart und viel sagend. »Ich denke, Sie sind der richtige Mann für uns.«
McQuade erwiderte das Grinsen. Hier endete die Fährte, auf der er seit Globe geritten war. In ihm war eine seltsame Art von Genugtuung.
*
MCQUADE WURDE IN DER Mannschaftsunterkunft der Ranch ein Bett und ein Spind zugewiesen. Er erfuhr, dass Lane Stewart in einem kleinen Anbau wohnte. Der Revolvermann spielte auf der Southern Star eine herausragende Rolle.
McQuade wollte keine unnötige Zeit verstreichen lassen.
Es war Nacht und die wenigen Männer, die sich auf der Ranch befanden, schliefen. Die Dunkelheit hing vor den Fenstern wie ein schwarzes Tuch. Leise erhob sich McQuade. Er zog sich an, schnallte sich den Revolvergurt um und rückte das Holster zurecht, dann nahm er das Gewehr.
Einer der Männer sprach im Schlaf. McQuade hielt den Atem an. Der Mann wälzte sich herum und begann zu schnarchen. McQuade gab sich einen Ruck und bewegte sich lautlos wie eine Katze zur Tür. Es war hier drin finster wie im Schlund der Hölle. Die Tür quietschte leise in den Angeln, als McQuade sie öffnete. Ein kühler Luftzug streifte das Gesicht des Kopfgeldjägers. Dann trat er ins Freie und zog die Tür hinter sich zu. Tief atmete er durch. Vom Brunnen her wehte das Knarren des Windrades, das sich im Nachtwind drehte. Feines Säuseln erfüllte die Nacht.
Unter McQuades Sohlen mahlte Sand, als er den Hof überquerte. Das Stalltor war lediglich verriegelt. Der Riegel knirschte rostig, als ihn McQuade zurückschob. Das Tor knarrte, als er es aufzog. Der Geruch von Heu und Stroh und Pferdeausdünstung schlug ihm entgegen. Er schloss das Tor und riss ein Streichholz an. Im vagen Schein der kleinen Flamme konnte er die Laterne sehen, die an einem Nagel hing, der in den Balken beim Tor geschlagen worden war. McQuade nahm sie, klappte den Glaszylinder zurück und hielt die Flamme an den Docht. Er fing Feuer, flackerte und rußte, als aber der Kopfgeldjäger das Glas darüber stülpte, brannte die Flamme ruhig und der Lichtschein kroch auseinander.
McQuade legte seinem Pferd den Sattel auf, zäumte es und verstaute die Henry Rifle im Sattelschuh. Dann machte er sich daran, ein zweites Pferd zu satteln und zu zäumen, führte beide Pferde ins Freie und stellte sie hinter dem Ranchhaus bei einer Buschgruppe ab.
Dann begab er sich zu dem Anbau, den Lane Stewart alias Abel Nelson bewohnte. Dass es sich um den Banditen handelte, der in Globe die Bank überfallen und einen Mann getötet hatte, stand für McQuade fest.
Die Tür war nicht verschlossen. Stewart schien sich ausgesprochen sicher zu fühlen auf der Ranch. Es dauerte kurze Zeit, bis sich McQuades Augen den Lichtverhältnissen im Flur des kleinen Gebäudes angepasst hatten. Durch ein Fenster am Ende des kurzen Korridors fiel bleiches Mond- und Sternenlicht.
McQuade zog den Revolver. Seine Linke legte sich auf den Knauf der Tür zu dem Raum, in dem Nelson schlief. Die Tür ließ sich öffnen. McQuade glitt in den Raum. Auch hier sickerte fahles Licht durch das Fenster, so dass McQuade den Mann im Bett deutlich ausmachen konnte. Rasselnde, aber gleichmäßige Atemzüge verrieten, dass Nelson tief schlief.
McQuade spannte den Hahn des Revolvers. Klickend drehte sich die Trommel um eine Kammer weiter. »Nelson!« McQuades schneidende Stimme sprengte die Stille in dem Raum.
Abel Nelson fuhr hoch. »Was ... Was ist? Heh, ich ...«
»Endstation, Nelson!«, stieß McQuade klirrend hervor. »Ich werde dich nach Globe bringen, und dort wird man dich vor Gericht stellen. Steh auf und zieh dich an. Und versuch lieber nichts. Auf deinem Steckbrief steht tot oder lebendig.«
Abel Nelson atmete stoßweise. Es war, als ob er die Worte McQuades erst verarbeiten musste. Sein Blick hatte sich an dem Schemen festgesaugt, der zwischen ihm und der Tür stand. Matt schimmerte das Metall des Revolvers, den McQuade in der Hand hielt.
»Mein Name ist Stewart – Lane Stewart!«, gab der Mann im Bett schließlich zu verstehen. »Verdammt, McQuade, welcher Teufel reitet Sie?«
»Sicher. Hier heißt du Stewart. Ich frage mich, ob Abel Nelson auch ein angenommener Name ist. Egal, Stewart. Du wirst in Globe hängen. Hoch mit dir! Zieh dich an, oder soll ich dich im Nachthemd beim Sheriff in Globe abliefern?«
»Du dreckiger Aasgeier!«, brach es aus Nelsons Kehle. »Ich hätte dich im Saloon erschießen sollen, als du ...«
»Jetzt zeigst du dein wahres Gesicht, mein Freund. Vorwärts jetzt! Ich will hier keine Wurzeln schlagen.«
Nelsons Zähne knirschten übereinander. Wie von Schnüren gezogen erhob er sich, dem eisigen Wind seiner Gedanken ausgesetzt begann er, sich anzuziehen. Als er in die Jacke geschlüpft war, zischte er: »Bis Globe sind es hundert Meilen. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass du es schaffst, mich da hinunter zu bringen.«
»Du redest zu viel, Nelson. Spar dir deinen Atem fürs Hängen. Und nun Marsch! Solltest du auf dumme Gedanken kommen, dann stell dich darauf ein, dass ich nicht fackeln werde. Wie ich schon sagte: Ich muss dich nicht unbedingt lebendig abliefern.«
»Dreckiger Bastard!«
Nelson setzte sich in Bewegung. McQuade trat zur Seite, der Bandit schritt an ihm vorbei und öffnete die Tür. Der Kopfgeldjäger schloss sich dem Banditen an und drückte ihm die Mündung des Sechsschüssers gegen die Wirbelsäule. »Die Pferde stehen hinter dem Haupthaus«, murmelte McQuade. Er war ein Bündel angespannter Aufmerksamkeit. Denn Abel Nelson war ein Mann, der mit allen Wassern gewaschen war. Und er würde sich nicht wie ein Hammel zur Schlachtbank führen lassen.
Sie erreichten die Pferde. Der schrille Schrei eines Kauzes trieb durch die Nacht. »Aufsitzen!«, gebot McQuade.
Abel Nelson wirbelte herum. Er setzte jetzt alles auf eine Karte. Aber McQuade reagierte ansatzlos und schlug mit dem Revolver zu. Mit einem verlöschenden Laut auf den Lippen brach Abel Nelson zusammen. Verkrümmt lag er am Boden. McQuade versenkte den Revolver im Holster, holte eine Schnur aus der Satteltasche, band Nelson die Hände und wuchtete dann den schweren Körper quer über den Rücken des Pferdes, das er für den Banditen gesattelt hatte. McQuade schwang sich in den Sattel, angelte sich die Zügel des anderen Tieres und ritt an. Im Schritttempo zog er in die Nacht hinein.
*
ALS ETWA ZWEI STUNDEN später die Sonne aufging und das Land in goldenes Licht tauchte, hatte McQuade mit seinem Gefangenen gut und gerne sechs Meilen zurückgelegt. Vögel begrüßten mit eifrigem Gezwitscher den jungen Tag. Wie ein Fanal stand die Sonne über den Hügeln und Bergen im Osten.
Abel Nelson war längst zu sich gekommen. Ihm schmerzte der Schädel von dem Schlag mit dem Revolver. Er fühlte sich wie gerädert, seine Muskeln und Knochen schmerzten. Und jeder Schritt des Pferdes jagte eine weitere Welle des Schmerzes durch seinen Körper. Er stöhnte gequält. Dann knirschte er: »Willst du nicht endlich anhalten? Du dreckiger Bastard! Oder möchtest du mich quer über den Pferderücken hängend nach Globe bringen?«
»Es liegt an dir selbst, Nelson«, knurrte McQuade ungerührt. Mitleid mit dem Banditen konnte er nicht empfinden. »Aber ich will kein Unmensch sein.«
McQuade hielt an, das Pferd mit dem Banditen blieb von selbst stehen. Der Kopfgeldjäger schwang sich aus dem Sattel, fasste Nelson unter die Beine und warf ihn mit einem kraftvollen Ruck vom Pferd. Abel Nelson krachte der Länge nach auf den Boden, der Aufprall presste ihm die Luft aus den Lungen. Wie ein Erstickender japste er.
McQuades Schatten fiel auf den Banditen. »Ich warne dich, Nelson«, grollte McQuade. »Wenn du noch einmal versuchst, mich aufs Kreuz zu legen, dann wirst du auf den nächsten Meilen bis Globe nicht mehr die Spur von Freude empfinden.«
Es klang unmissverständlich und endgültig.
»Die Hölle verschlinge dich!«, keuchte der Bandit, dann schüttelte ihn ein Hustenanfall, der ihm die Tränen in die Augen trieb. Er setzte sich auf.
McQuade ging vor ihm in die Hocke, legte die Unterarme auf die Oberschenkel und ließ die Hände zwischen den Knien baumeln. »Wo hast du das Geld versteckt, das du bei dem Bankraub erbeutet hast?« Zwingend fixierte er Nelson. Sein Blick übte regelrecht Druck auf den Banditen aus.
»Das wüsstest du wohl gerne!«, blaffte Nelson. »Aber du beißt bei mir auf Granit, Menschenjäger. Das Geld befindet sich an einem sicheren Ort. Und wenn man mich aufhängt, wird es dort verrotten.«
Gleichmütig zuckte McQuade mit den Achseln. »Es ist auch gar nicht so wichtig. Es kommt nur darauf an, dass du deine gerechte Strafe erhältst. Kerle wie du sind die Luft nicht wert, die sie atmen.«
Mit einem Ruck drückte sich McQuade in die Höhe. »Steh auf, wir reiten weiter.«
»Eine Frage noch, McQuade. Was sollte dein Auftritt im Saloon, als du mich geradezu herausgefordert hast.«
»Man hat mir einiges über dich erzählt. Als ich in den Ort kam, wurde der Mann beerdigt, den du niedergeknallt hast. Dann sah ich dich und mir war klar, dass du der Mann bist, auf dessen Fährte ich reite. Ich wollte dich auf mich aufmerksam machen, dich beeindrucken. Denn ich wusste, dass die Southern Star Probleme mit den Siedlern hat. Und ich rechnete damit, dass man von Seiten der Ranch versuchen würde, mich anzuheuern. Ich wollte in deiner Nähe sein, Nelson. Nun, wie es sich gezeigt hat, habe ich nicht auf das falsche Pferd gesetzt.«
Abel Nelson starrte McQuade an. Ein hässliches Funkeln stieg aus der Tiefe seiner Augen. Sein Gesicht war nur noch eine Physiognomie des tödlichen Hasses. Seine Brust hob und senkte sich unter keuchenden Atemzügen.
McQuade spürte den Anprall dieses glühenden Hasses, aber es ließ ihn kalt. Er trat an sein Pferd heran, griff nach dem Sattelhorn, stellte seinen linken Fuß in den Steigbügel und schwang sich auf den Pferderücken. »Auf die Beine, Nelson. Wenn du in zehn Sekunden nicht im Sattel sitzt, läufst du nach Globe.«
Abel Nelson zerkaute eine lästerliche Verwünschung und erhob sich. Da ihm McQuade die Hände vor dem Leib zusammengebunden hatte, hatte er kein Problem, aufs Pferd zu steigen. Er trieb das Tier an ...
Die Sonne stieg höher und höher und die Hitze drohte Mensch und Tier das Mark aus den Knochen zu saugen. Blutsaugende Fliegen, vom Schweißgeruch angezogen, piesackten Mensch und Tier. Das Land ringsherum war wild und trocken. Feiner Staub puderte die Blätter der Sträucher, die ein kümmerliches Dasein fristeten. Gegen Mittag erreichten sie einen Creek, der von Norden nach Süden floss. Er führte kaum Wasser. Die Uferbänke bestanden aus eingetrockneten, rissigen Fladen zusammen gebackenen Uferschlamms. Vereinzelt Büsche wuchsen auf beiden Flussseiten. Der Flussgrund war geröllübersät.
»Wir rasten hier«, erklärte McQuade und ließ sich vom Pferderücken gleiten. Sein Pferd stampfte in das seichte Wasser und begann zu saufen.
Abel Nelson saß ab, ging zum Fluss und kniete nieder. Mit den hohlen Händen schöpfte er Wasser und trank. Dann wusch er sich Staub und Schweiß aus dem Gesicht. Auch sein Pferd löschte seinen Durst.
McQuade wartete, bis Abel Nelson fertig war, dann sagte er: »Komm her, Nelson. Ich werde dich an einen Strauch binden. Bei Zeitgenossen wie dir kann man nicht vorsichtig genug sein.«
Abel Nelson spuckte aus und näherte sich dem Kopfgeldjäger. Seine Lippen waren fest zusammengepresst und bildeten nur noch eine dünne, blutleere Linie. Hart traten die Backenknochen im Gesicht des Banditen hervor. »Wir werden drei Tage unterwegs sein, McQuade«, knurrte der Bandit. »Irgendwann wirst du schlafen müssen. Irgendwann ...«
»Freu dich nicht zu früh, Bandit«, versetzte McQuade eisig. »Setz dich!« Der Kopfgeldjäger wies auf eine Stelle am Boden neben einem Busch mit unterarmdicken Ästen.
Nelson tat, als wollte er der Anordnung nachkommen, im nächsten Moment aber warf er sich auf McQuade. Er schien geradezu zu explodieren. Und obwohl der Kopfgeldjäger wachsam war, wurde er von dem Angriff überrascht. Die zusammengebundenen Hände des Banditen packten ihn an der Hemdbrust, Nelson stellte ihm das Bein und McQuade verlor das Übergewicht. Er stürzte auf den Rücken. Ehe er sich herumrollen konnte, kniete Abel Nelson über ihm, die Hände des Banditen legten sich um seinen Hals und drückten ihn zusammen. Die Mordlust glitzerte in den Augen des Banditen. Seine Hände waren wie stählerne Klammern. Es gab kein Entgegenkommen und kein Erbarmen – es gab nur den mörderischen Hass und die tödliche Leidenschaft. Auf Abel Nelson fiel der Schatten des Galgens. Und das machte ihn zu einer den niedrigsten Trieben gehorchenden Bestie.
McQuade bäumte sich auf, zog das Bein an und versuchte, es zwischen sich und den Banditen zu bekommen. Sein Mund klaffte auf, alles in ihm schrie nach frischem Sauerstoff, seine Lungen begannen zu stechen. Kein Laut kam aus seiner Kehle. Die Brust drohte ihm zu platzen. Die dunklen Schatten der Benommenheit krochen auf ihn zu ...
Für einen Moment gewann bei McQuade der Überlebenswille die Oberhand und erfüllte ihn mit neuer Kraft. Seine Hände verkrallten sich in Nelsons Unterarmen und versuchten sie auseinanderzudrücken. Aber der Hass schien dem Banditen übermenschliche Kräfte zu verleihen. Er war wie in einem Rausch ...
Rote Kreise begannen vor McQuades Augen zu tanzen. Er sah die weitaufgerissenen Augen des Banditen über sich und den unumstößlichen Willen darin, ihn zu töten. Er hämmerte Nelson die Faust auf die Rippen, doch er merkte, dass in seinem Schlag keine Kraft mehr steckte. Panik begann sich einzustellen. Seine Lungen begannen zu stechen. Der Kopf drohte ihm zu bersten. Plötzlich - er befand schon auf der Schwelle zur Bewusstlosigkeit -, lockerte sich der brutale Griff an seinem Hals. Nelson kippte nach vorn, landete auf McQuade und rollte zur Seite.
Rasselnd holte der Kopfgeldjäger Luft. Schwindel erfasste ihn, als sich seine Lungen füllten. Dann begannen die wogenden Nebelschleier vor seinen Augen zu zerreißen. Er konnte kaum einen Gedanken fassen. Das erste, was sein träge arbeitender Verstand erfasste, wir die Mündung eines Revolvers. Eine triumphierende Stimme erklang:
»Damit hast du nicht gerechnet, McQuade, wie? Es ist die Stunde der Vergeltung. Schätzungsweise wirst du den Tag verfluchen, an dem dich deine Mutter geboren hat.«
Aus den Nebeln der Benommenheit schälte sich das Gesicht Butch Sloanes. Das faunische Grinsen im Gesicht des blondhaarigen Banditen traf McQuade wie ein eisiger Guss. Der Magen krampfte sich ihm zusammen. Sein Schicksal schien sich in einer Sackgasse verfahren zu haben. Alles in ihm lehnte sich dagegen auf. Aber die Situation sprach eindeutig gegen ihn. Ein dumpfer Laut, ein Stöhnen, ein Aufbäumen gegen das Begreifen, dass er keine Chance hatte, entrang sich ihm.
Butch Sloane schlug zu. Vor McQuades Augen schien die Welt zu explodieren. Dann versank er in einer absoluten Finsternis. Sein Denken riss schlagartig.
*
MCQUADE KAM ZU SICH. Im ersten Moment begriff er gar nichts. Mit dem stupiden Ausdruck der Verständnislosigkeit starrte er hinauf zum ungetrübt blauen Himmel. In seinem Schädel hämmerte es und tobte der Schmerz. Sein Mund war trocken, in seinen Ohren war ein seltsames Rauschen – es war das Rauschen seines Blutes.
Dann setzte die Erinnerung ein. Die Erkenntnis fuhr ihm eiskalt in die Glieder. Seine Augenlider zuckten sekundenlang wie im Fieber. Er lag am Boden. Über seinem Kopf waren seine Hände an den armdicken Ast eines Strauches gefesselt. Butch Sloane und Abel Nelson waren weg, und mit ihnen die Pferde. McQuade zerrte an seinen Fesseln. Tief schnitten sich die dünnen Lederschnüre in die Haut an seinen Handgelenken ein. Das Blut konnte nicht mehr richtig in seine Hände zirkulieren und er verspürte Taubheit in den Fingern. Eine Woge von Benommenheit spülte durch sein Hirn, ein Taumel erfasste ihn, vor seinen Augen schien sich die Welt zu drehen, und eine zweite Welle der Benommenheit erfasste ihn wie eine graue, alles verschlingende Flut. In seiner Brust kämpfte sich ein Gurgeln hoch, das in der Kehle erstickte.
McQuade schloss die Augen und lag ruhig. Das Schwindelgefühl ebbte ab. Es gelang ihm, Ordnung in sein Denken zu bringen. Er schaute nach dem Stand der Sonne und kam zu dem Schluss, dass er nicht sehr lange bewusstlos gewesen war. Er zwang sich zu Ruhe und Besonnenheit. Minutenlang lag er völlig reglos am Boden. Schließlich wälzte er sich auf den Bauch und richtete sich in eine kniende Stellung auf. Die Fesselung ließ es zu. Jede Bewegung löste stechende Schmerzen in McQuades Kopf aus. Er war wie betäubt, jeglichen Gedankens, jeglichen Willens beraubt. Er handelte nur noch automatisch. Seine Bronchien pfiffen. Sein Kinn war auf die Brust gesunken. Er verharrte einige Zeit in dieser Stellung. Der Schmerz wurde erträglicher, die Nebel in seinem Gehirn begannen sich zu lichten.
McQuade begann, die Handgelenke in den Fesseln zu drehen, um die Schnur zu lockern. Er bewirkte damit nur, dass sich das dünne Leder noch tiefer in seine Haut einschnitt. Es hatte keinen Sinn. Er seufzte ergeben. Die Erkenntnis, dass er verloren war, wenn niemand vorbei kam und ihn befreite, legte sich tonnenschwer auf sein Gemüt. Und eine eiskalte Hand schien ihn zu berühren. Er setzte sich. Schweiß rann über sein Gesicht und brannte in seinen Augen. Quälender Durst setzte ihm zu. Kehle und Mundhöhle waren pulvertrocken. Das Schlucken bereitete ihm Mühe.
Stunde um Stunde verging.
Plötzlich sickerten Geräusche heran, die McQuade schlagartig aus seiner Betäubung rissen. Es waren Hufschläge. Das Pochen näherte sich schnell. Schon bald konnte McQuade auch das Klirren der Gebissketten und das Knarren des Sattelleders vernehmen. Und dann bogen vier Reiter um eine Buschgruppe herum. Sie sahen McQuade und fielen ihren Pferden in die Zügel. Als sie ihre Überraschung im Griff hatten, sprangen sie aus den Sätteln, banden die Pferde an und kamen näher.
»Sieh an!«, stieß einer hervor. »McQuade. Wo hast du denn Stewart gelassen?«
Es waren Reiter der Southern Star Ranch, die der Spur der beiden Reiter gefolgt waren, nachdem das Verschwinden des Revolvermannes und McQuades am Morgen festgestellt worden war.
»Stewards richtiger Name ist Abel Nelson.« Tonlos brachen die Worte über McQuades rissige Lippen. »Er hat vor einigen Wochen in Globe die Bank ausgeraubt und einen Kassier erschossen.«
Die Weidereiter starrten McQuade an, als hätte er etwas völlig Unsinniges von sich gegeben. Fassungslosigkeit prägte ihre Mienen. In ihren Gesichtern arbeitete es. Einer sagte schließlich: »Dann hast du ihn also entführt, McQuade.« Der Mann nickte wiederholt, als wollte er damit seine weiteren Worte bestätigen. »Nun, wir haben uns schon gedacht, dass etwas nicht stimmt. Denn freiwillig hätte Stewart niemals seine Unterkunft ohne sein Schießeisen verlassen.« Der Sprecher kratzte sich hinter dem Ohr und pfiff zwischen den Zähnen. »Du bist dir sicher, dass es sich bei ihm um Abel Nelson handelt?«, fragte er dann und musterte McQuade herausfordernd.
Der Kopfgeldjäger wies mit dem Kinn auf einige Papierfetzen, die verstreut am Flussufer auf dem Boden lagen. »Das sind die Reste seines Steckbriefes. Nelson hat ihn wohl zerrissen, nachdem er ihn bei mir fand. Wollt ihr mich nicht losschneiden?«
Einer der Weidereiter holte aus der Satteltasche ein Messer und durchtrennte die Lederschnur, mit der McQuades Hände gefesselt waren. Mit Vehemenz zirkulierte das Blut in seine Hände und löste in den Fingerkuppen ein schmerzhaftes Stechen aus. McQuade erhob sich und massierte seine Hände und die Handgelenke.
Einer der Cowboys ergriff das Wort. »Was ist geschehen? Du hast eine ziemliche Beule und eine Platzwunde an der Stirn. Du warst gefesselt und dein Holster ist leer. Hast du Stewart – ich meine Nelson - am Ende unterschätzt?«
»Ein Strauchdieb namens Butch Sloane hat ihn befreit. Ich habe ihn und seine Kumpane vor einigen Tagen ziemlich übel auflaufen lassen, und er ist mir gefolgt. Ich weiß nicht, ob er sich mit Nelson verbündet hat. Vielleicht will er sich auch die Prämie verdienen, die für Nelsons Ergreifung ausgesetzt worden ist.«
»Und nun?«
»Ich brauche ein Pferd, einen Revolver und ein Gewehr«, antwortete McQuade. »Natürlich nur leihweise. Ich werde alles zurückgeben.«
Der Weidereiter, der soeben die Frage gestellt hatte, blickte skeptisch drein. »Pferde und Waffen sind Eigentum der Southern Star. John Bellow wird nicht begeistert sein, wenn wir sein Eigentum einfach aus der Hand geben.«
»Er bekommt alles wieder!«, versicherte McQuade mit Nachdruck im Tonfall.
Die Männer wechselten fragende Blicke. Schließlich sagte einer: »In Ordnung, McQuade. Ich gebe dir den Gaul, den ich reite, außerdem kannst du meine Kanone und die Henrygun haben. Der Teufel hole dich, wenn du mir das Zeug nicht zurückbringst. Bellow wird Ersatz von mir verlangen. Und er wird mich von der Ranch jagen.«
»Du hast mein Wort«, erklärte McQuade mit fester, präziser Stimme. »Ich bringe das Pferd und die Waffen zurück.«
Der Cowboy zog den Revolver aus dem Futteral und reichte ihn dem Kopfgeldjäger. »Geh sorgsam damit um«, murmelte der Mann. »Es ist eine gute Waffe.«
*
DIE SPUR FÜHRTE AM Fluss entlang nach Norden. Es war die Fährte dreier Pferde. Sie zeichnete sich deutlich im hohen, verstaubten Gras ab. Die beiden Banditen rechneten wohl nicht mit Verfolgung, denn sie hatten nicht versucht, ihre Spur zu verwischen.
Das Land, durch das McQuade ritt, war hügelig und karg.
Als der Fluss einen leichten Knick nach Nordosten machte, führte die Fährte von ihm weg. Die Sonne näherte sich dem Ende ihrer Umlaufbahn. Die Schatten waren lang. Plötzlich parierte McQuade das Pferd. Weit vor ihm waren am Himmel schwarze Punkte zu sehen. Kreisend zogen sie ihre lautlosen Bahnen über einer bestimmten Stelle.
»Aasgeier«, murmelte McQuade. »Todesvögel. Was mag sie angezogen haben?«
Er trieb das Pferd an und ließ es traben, folgte den Windungen zwischen den Hügeln und konnte die Aasfresser am Himmel immer deutlicher ausmachen. Schließlich sickerte ihr Krächzen an sein Gehör. Und dann sah er, was die Geier angelockt hatte. Ein Mann lag reglos im Gras. Einige der Geier hatten sich in seiner Nähe niedergelassen. McQuade zog mit einem Ruck das Gewehr aus dem Scabbard und hebelte eine Patrone in die Kammer. Ein leichter Schenkeldruck, und das Pferd unter ihm setzte sich in Bewegung.
Die Geier wurden auf den Reiter aufmerksam. Sie drehten die hässlichen Köpfe auf den nackten Hälsen und beobachteten ihn mit starren Augen. Der Kopfgeldjäger jagte eine Kugel über sie hinweg. Einige der großen Vögel erhoben sich flügelschlagend in die Luft.
Bei dem Reglosen sprang McQuade vom Pferd und ging auf das linke Knie nieder. Er drehte ihn auf den Rücken und – schaute in das Gesicht Butch Sloanes. Der große, blutige Fleck auf Sloanes Hemdbrust sprang ihm regelrecht in die Augen.
McQuade fühlte den Puls des Banditen. Sloane lebte. Der Kopfgeldjäger holte seine Wasserflasche vom Sattel, schraubte sie auf, schob seine linke Hand unter den Kopf des Besinnungslosen, hob ihn etwas an und setzte ihm die Öffnung der Canteen an die trockenen Lippen.
Sloane begann zu schlucken, seine Lider zuckten, schließlich schlug er die Augen auf. McQuade zog die Hand mit der Flasche zurück. Ein Stöhnen entrang sich dem Banditen, er bewegte die Lippen, ein unzusammenhängendes Gestammel kam über seine Lippen, Speichel rann aus seinem Mundwinkel, Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn.
»War das Nelson?«
Sloane musste zweimal ansetzen, dann entrang es sich ihm. »Er – er versprach mir die Hälfte des Geldes, das er bei dem Bankraub erbeutet hat.« Das Sprechen bereitete dem verwundeten Banditen Mühe. Die Worte waren nur als kaum verständliche, gurgelnde Laute über seine bebenden Lippen gekommen. »Ich – ich habe ihm vertraut. Er – er knallte mir die Kugel ohne jede Vorwarnung in die Brust. Die Pest an den Hals ...« Der Rest des Satzes verlor sich in einem unverständlichen Gemurmel. Sloane atmete rasselnd. Seine Hände, die neben seinem Körper auf der Erde lagen, zuckten unkontrolliert.
Das Gesicht des Banditen war vom nahen Tod gezeichnet. McQuade nagte an seiner Unterlippe. Die Fährte führte jetzt nach Südosten und verschwand über eine Anhöhe.
»Gib mir zu trinken«, röchelte der Sterbende. »Bitte ...«
McQuade ließ den Banditen noch einmal trinken. Gefühl und Verstand trugen in seinem Innersten einen verbissenen Kampf aus. Das Gefühl sagte ihm, dass er den sterbenden Banditen nicht einfach hier liegen lassen durfte. Der Verstand hämmerte ihm ein, dass er keine Zeit verlieren durfte, wenn er die Spur des Mörders nicht verlieren wollte. Ein Zwiespalt war in ihm aufgerissen, schwer trug er an seiner Unschlüssigkeit.
Da bäumte sich Sloane plötzlich auf. Ein Schwall Blut brach aus seinem Mund. Er fiel zurück, stöhnte und sein Mund klaffte auf. Dann lag er still. Seine Augen brachen und das Gesicht drückte nur noch die endlose Leere des Todes aus.
Das Schicksal hatte einen blutigen Schlusspunkt unter ein unseliges Banditenleben gesetzt.
McQuade schraubte die Flasche zu und hängte sie an den Sattel. Er hatte keine Möglichkeit, den Toten zu bestatten. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als ihn den Aasgeiern zum Fraß zu überlassen. Es war das harte Gesetz der Wildnis. Fressen und gefressen werden ...
Der Kopfgeldjäger saß auf und folgte der Spur. Und er schlug sein Nachtlager erst auf, als die Finsternis so dicht war, dass er kaum noch die Hand vor den Augen erkennen konnte.
*
MCQUADE RITT, SEIT ein heller Streifen über dem östlichen Horizont den Sonnenaufgang ankündigte. Er war zu dem Schluss gekommen, dass Abel Nelson in die Gegend von Carrizo wollte. Der Kopfgeldhäger vertraute seinem Instinkt, verließ die Fährte, ritt etwa zwei Meilen nach Osten und wandte sich dann nach Süden. Er ließ das Pferd laufen. Das Tier war ausdauernd und zäh. Um es nicht zu verausgaben, ließ der Texaner es von Zeit zu Zeit im Schritt gehen, damit es sich erholen konnte. Er kam schnell vorwärts. Als die Sonne hoch im Zenit stand, rastete er eine Stunde, dann brach er wieder auf. Das Pferd hatte sich gut erholt und neue Energien geladen.
Die Meilen schmolzen unter den Hufen des Tieres. Am Abend hielt McQuade bei einem Bach an, ließ das Pferd saufen und anschließend weiden. Er aß etwas Pemmican und trank dazu Wasser. Ehe die Nacht so richtig hereinbrach, war er wieder auf dem Trail. Erst gegen Mitternacht hielt er an, um sich und dem Pferd ein Paar Stunden Ruhe zu gönnen ...
Am frühen Nachmittag des folgenden Tages lag Carrizo vor ihm. McQuade ritt nicht in die Stadt hinein, sondern schlug auf der Kuppe eines Hügels zwischen dichtem Buschwerk sein Camp auf. Er wusste nicht, ob seine Entscheidung, die Spur zu verlassen und nach Carrizo zu reiten, die richtige war. Die Unsicherheit war quälend. Die Zeit verrann nur zähflüssig. Die Ungeduld in McQuade wuchs und brachte seine Nerven zum Schwingen. Die Unsicherheit verstärkte sich und bereitete ihm fast körperliches Unbehagen.
Die Sonne stand über dem Horizont im Westen. Nach und nach versank sie. Goldene und purpurfarbene Wolken begleiteten den Sonnenuntergang. Ein einsamer Stern schimmerte im Westen.
Es war ein Trugschluss, anzunehmen, dass Nelson nach Carrizo trailt!, durchfuhr es McQuade. Du hast versagt. Der Schurke ist längst über alle Berge. Zur Hölle damit!
Es waren unerfreuliche, bittere Gedanken, die durch seinen Verstand zogen und ihm zusetzten.
Plötzlich stutzte McQuade. Er kniff die Augen zusammen. Hoch oben im Norden war über einer Bodenwelle ein Reiter aufgetaucht. Er führte zwei Pferde mit sich. McQuades Kinn wurde kantig.
Es war kein Trugschluss!, zuckte es durch seinen Kopf. Dein Instinkt hat dich nicht im Stich gelassen, McQuade. Das Gesicht des Kopfgeldjägers zeigte den Ausdruck einer finsteren Genugtuung.
Der Reiter näherte sich. Er schlug jedoch nicht den Weg in die Stadt ein, sondern ritt an Carrizo vorbei. McQuade folgte ihm zu Fuß.
Nelsons Ziel war der Boot Hill der Stadt, der in einer Mulde zwischen den Hügeln von den Bürgern Carrizos angelegt worden war. Einige Holzkreuze und Grabsteine waren zu sehen. Das eine oder andere Grab war mit Blumen geschmückt, viele der Grabstätten waren vom Unkraut überwuchert. Es gab auch einen ziemlich frischen Grabhügel. Bei dem stieg Abel Nelson vom Pferd. Er bückte sich und wühlte mit den bloßen Händen das lockere Erdreich auf, schließlich zog er zwei Satteltaschen, die mit breiten Lederriemen verbunden waren, heraus. Er öffnete eine der Taschen und griff hinein. Seine Hand fühlte Dollarnoten. Ein zufriedenes Knurren löste sich in der Kehle des Banditen.
Leise wie ein Schatten näherte sich McQuade dem Mörder und Bankräuber von hinten. Er hielt das Gewehr an der Hüfte im Anschlag. Sein Zeigefinger lag um den Abzug. Die kalte Entschlossenheit kerbte dunkle Linien in seine Mundwinkel.
Abel Nelson richtete sich auf und wandte sich den drei Pferden zu – und er sah den Mann, der sich ihm bis auf zwanzig Schritte genähert hatte. Erkennen und Begreifen waren eine Sache des Augenblicks. Mit einer Verwünschung auf den Lippen ließ er die Satteltaschen fahren und griff zum Revolver – der Waffe, die er McQuade abgenommen hatte, nachdem er sich mit Butch Sloane einig geworden war.
McQuade ging nicht das geringste Risiko ein. Als Nelsons Hand den Knauf des 45ers umklammerte, traf ihn die Kugel des Kopfgeldjägers. Es war ein furchtbarer Schlag gegen die Brust, sein Oberkörper schien in einem Flammensturm zu zerplatzen. Sein gequälter Aufschrei erstickte im Ansatz. Wankend hielt er sich drei – vier Sekunden auf den Beinen, dann drehte er sich halb um seine Achse und brach zusammen.
Der Knall verhallte. Lastende Stille folgte – die Stille des Todes.
McQuade ließ die gebotene Vorsicht nicht außer Acht. Nach seinem Schuss hatte er sofort wieder repetiert. Er war bereit, dem Banditen ein zweites Stück Blei zu servieren.
Aber von Abel Nelson ging keine Gefahr mehr aus. Das Geschoss hatte seinem Leben ein Ende gesetzt. Am Boden lagen die Taschen mit dem erbeuteten Geld. Es hatte ihm kein Glück gebracht. Er hatte für seine Verbrechen bezahlt. Das Schicksal hatte ihm eine blutige Rechnung präsentiert.
*
MCQUADE HATTE DREI Pferde im Schlepptau. Quer über den Rücken eines der Tiere hing, in eine Decke eingewickelt, der tote Bandit. Hinter seinem Sattel hatte der Kopfgeldjäger die Satteltaschen mit dem Geld festgeschnallt. Sein Ziel war Globe. Danach wollte er nach Long Valley zurückkehren, um das Eigentum der Southern Star Ranch zurückzubringen. Und dann ...
Es stand in den Sternen. Aber McQuades Weg war vorgezeichnet. Es würde ihn wieder auf die Fährte irgendeines Verbrechers treiben. Und er würde ihr folgen, bis er das Wild, das er jagte, gestellt hatte. Es war seine Berufung ...
ENDE