Читать книгу Wild West Extra Großband Sommer 2018: 9 Western - Pete Hackett - Страница 19
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Fletcher und seine drei Kettenhunde erwarteten uns weder am Salt Fork Red River noch vor oder in Clarendon. Sie kamen in der Nacht, und es gelang ihnen, mich zu überraschen. Denn auch mein Körper hatte sein Recht verlangt nach einer Reihe von Strapazen und Entbehrungen in den vergangenen Tagen, und der Schlaf hatte mich übermannt.
Mit einem Tritt in die Rippen wurde ich unsanft geweckt. Das Feuer war heruntergebrannt und nur noch ein glühender Punkt in der Finsternis. Die Baumkronen über uns ließen das Mond- und Sternenlicht kaum durch, sodass ich die Silhouetten der Kerle, die sich eingeschlichen haben mussten wie Raubkatzen, nur schattenhaft wahrnehmen konnte. Heißer Schreck fuhr mir bis ins Mark, mein Oberkörper ruckte hoch und ich griff automatisch nach dem Revolver, den ich samt Gurt neben mich auf den Boden gelegt hatte.
„Lassen Sie das, Marshal!“ Es knackte metallisch, als die Spannfeder eines Revolvers einrastete – ein Geräusch, das mir schlagartig die Ausweglosigkeit unserer Situation vor Augen führte. Ich hörte ein gequältes Stöhnen und mir musste niemand sagen, dass es aus der Kehle Keith Deadericks gekommen war.
Ich entspannte mich, zwang mich zur Ruhe und sagte: „Sie sollten sich das alles noch einmal gut überlegen, Fletcher, denn was Sie vorhaben, ist kaltblütiger Mord. Und welche Strafe unser Gesetz für Mord vorsieht, brauche ich Ihnen ja sicher nicht zu sagen.“
Ein kaltes, klirrendes Lachen war die Antwort, dann stieß Dale Fletcher mit hohngetränkter Stimme hervor: „Es wird keinen geben, der uns anklagt, Marshal.“
Sekundenlang spürte ich ein Würgen im Hals, denn was Fletcher mit diesen wenigen Worten zum Ausdruck gebracht hatte, war nichts anderes als mein Todesurteil. Mein Stern konnte ihn nicht davon abhalten, seine Absicht, bei Deaderick die sogenannte Salbeibuschjustiz anzuwenden, in die Tat umzusetzen. Das gestanzte Stück Blech konnte diesen Kerlen nicht den geringsten Respekt abnötigen. Das wurde mir in diesen Augenblicken voll und ganz bewusst und es verbitterte mich.
Sofort begann ich, mir den Kopf nach einem Ausweg zu zerbrechen, denn die Unmissverständlichkeit, mit der Fletcher seine Absicht zum Ausdruck gebracht hatte, war erschreckend und erforderte einen raschen und vor allem erfolgversprechenden Entschluss.
Fletcher stand einen Schritt neben mir und erschien mir aus meiner sitzenden Perspektive unheimlich groß. Obwohl kaum Licht durch die Baumkronen sickerte, sah ich das matte Schimmern der Metallteile seines Revolvers, der auf mich gerichtet war. Seine Kumpane konnte ich durch die Dunkelheit kaum sehen, und die Anwesenheit Deadericks wurde lediglich durch sein rasselndes Atmen bezeugt, in das sich immer wieder schmerzliches Stöhnen und Ächzen mischte.
Ich musste alles auf eine Karte setzen, denn kampflos wollte ich mich nicht in das mir zugedachte Schicksal ergeben. Außerdem fühlte ich mich für Deaderick verantwortlich, dessen Handlungen zwar nicht gesetzmäßig gewesen waren, der für seine Vergehen jedoch auf keinen Fall den Tod verdient hatte.
Ich handelte von einem Augenblick zum anderen, ließ meinen Oberkörper zurückfallen und mein rechtes Bein in die Höhe schnellen und herumsäbeln, spülte den Widerstand, als mein Fuß traf, und hörte eine lästerliche Verwünschung. Meine Hand fuhr zum Revolvergurt und ertastete den Knauf des Sechsschüssers, ich rollte mich herum, und zwar auf Fletcher zu, da donnerte auch schon sein Revolver, den er sofort wieder auf mich angeschlagen hatte, nachdem ich seine Colthand mit dem Fuß zur Seite getreten hatte.
Aber er konnte sich nicht schnell genug auf das sich innerhalb eines Augenblicks verändernde Ziel einstellen, und so streifte mich seine Kugel nur am Unterarm und dann prallte mein Körper auch schon gegen seine Schienbeine. Ich brachte ihn aus dem Gleichgewicht, er ruderte mit den Armen, doch es gab nichts, woran er sich festhalten konnte, und so gelang es ihm nicht, auf den Beinen zu bleiben. Er ging fluchend zu Boden.
Seine drei Gefährten wagten nicht, das Feuer zu eröffnen, denn sie hätten in der Finsternis das Leben ihres Vormanns gefährdet. Der saß am Boden, und ehe er sich versah, kam ich hoch, schlug ihm von der Seite den Revolver gegen den Schädel, trat hinter seinen Rücken, schlang ihm den linken Arm um den Hals und drückte die Mündung meines Revolvers gegen seine Schläfe. Gleichzeitig spannte ich den Hahn, und dann fauchte ich:
„Und jetzt lasst ganz schnell eure Waffen fallen, ihr Schwachköpfe, andernfalls hat euer Vormann ein gewaltiges Problem am Hals. Ich werde nicht zögern ...“
Meine Augen hatten sich den Lichtverhältnissen etwas besser angepasst und ich konnte die drei schemenhaften Gestalten ganz gut ausmachen. Ihre Gesichter waren helle Flecke in der Dunkelheit, und der Stahl ihrer Revolver oder Gewehre schimmerte leicht.
Sie zögerten, sodass ich meinen Druck mit der Revolvermündung an Fletchers Kopf etwas verstärkte. „Gebiete Ihnen, Fletcher, die Waffen fallen zu lassen. Und auch du solltest dich von deinem Sechsschüsser trennen. Befolgt ihr meine Aufforderung nicht, ist das Widerstand gegen die Staatsgewalt und ich werde dich erschießen.“
Das mag zwar verdammt dramatisch klingen, aber sie waren zu viert und besessen von dem Gedanken, Deaderick aufzuhängen und mich, der ich ein Zeuge ihres Verbrechens sein würde, für alle Zeit zum Schweigen zu bringen. Ich handelte zum einen in Notwehr, zum anderen galt es, diesen Mord zu verhindern. Ich musste also zu drastischen Maßnahmen greifen, wenn ich erfolgreich sein wollte. Der Stern alleine nötigte diesen Kerlen nämlich nicht den geringsten Respekt ab.
Aber jetzt öffnet sie sich Fletchers Hand und sein Revolver klatschte auf den Boden. „Lasst die Schießeisen fallen, verdammt!“, knirschte der Vormann.
Der erste der Kerle kam der Aufforderung nach und warf das Gewehr vor sich auf den Boden. Der zweite jedoch glaubte das Ruder zu ihren Gunsten herumreißen zu müssen, ich sah wie er sich bewegte, und handelte geistesgegenwärtig, indem ich mich einfach nach rechts umfallen ließ und Fletcher mit mir umriss. Da brüllte auch schon der Colt des Cowboys auf, ein Feuerball zerplatzte vor der Mündung und zerrte die Silhouette des Mannes für den Bruchteil einer Sekunde aus der Dunkelheit. Ich bemerkte, wie sich Fletcher in meinem Griff aufgeräumte und im nächsten Moment erschlaffte.
Meine Kugel riss den Kerl, der geschossen hatte, von den Beinen. Ich ließ Fletcher los und rollte gedankenschnell zur Seite, da peitschte auch schon das Gewehr des dritten der Cowboys. Die Detonation hing noch in der Luft, als ich zurückfeuerte und den Burschen das Kreuz hohlmachen sah. Er drehte sich halb um seine Achse – in dem Augenblick schüttelte der Weidereiter, der sein Gewehr vor sich auf den Boden geworfen hatte, seine Lähmung ab, bückte sich nach der Waffe und riss sie an seine Hüfte.
Ich zögerte nicht einen Augenblick. Ehe er abdrücken konnte, stach meine Waffe ins Ziel und bäumte sich auf in meiner Faust. Die schwere 45er Kugel traf und der Cowboy kippte wie ein gefällter Baum über seine Absätze nach hinten und schlug schwer auf den Rücken.
In den verhallenden Schussdonner hinein vernahm ich Stöhnen und ein ersterbendes Röcheln, schließlich zerflatterte das letzte Echo mit geisterhaftem Geraune über den Hügeln und nur noch das Stöhnen und Röcheln waren zu hören.
Ich kam auf die Knie hoch und sicherte in die Runde, meine Hand mit dem Colt folgte meiner Blickrichtung, meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt und ich spürte ihr Vibrieren.
Sehr schnell hatte ich die Gewissheit, dass von den Green Belt-Leuten keine Gefahr mehr ausging, und drückte mich in die Höhe. „Bist du in Ordnung, Deaderick?“, erkundigte ich mich.
„Ja, du lieber Himmel, dass du die Situation noch zu unseren Gunsten verändern könntest – damit habe ich bei Gott nicht gerechnet. Ich habe schon begonnen, abzuschließen.“
„Wie auch immer – man darf die Flinte nie einfach ins Korn werfen“, versetzte ich und begann, die Waffen der Green Belt-Reiter einzusammeln. Fletcher und ein weiterer der Männer lebten, das sagte mir ihr leises Stöhnen. Die beiden anderen gaben kein Lebenszeichen von sich, doch etwas Genaueres würde ich erst sagen können, wenn ich ein Feuer angemacht und sie untersucht hatte.
Ich warf trockenes Reisig und einige Holzknüppel auf den Gluthaufen und wartete, dass es Feuer fing. Bald flackerten die Flammen hoch und spendeten ausreichend Licht, sodass ich die Kerle, die ich niedergekämpft hatte, untersuchen konnte. Fletcher hatte die Kugel seines Gefährten in die Hüfte bekommen, den anderen der Kerle, der leise wimmerte, hatte mein Geschoss unterhalb des Schlüsselbeins in die rechte Schulter getroffen. Die beiden anderen waren tot.
Ich verarztete Fletcher und den Cowboy, dann fesselte ich sie mit dünnen, aber soliden Lederschnüren, die ich in der Satteltasche hatte, und dann sagte ich an Dale Fletcher gewandt: „Auch Sie und den verwundeten Cowboy werde ich beim Sheriff in Clarendon abliefern und Anzeige gegen Sie erstatten. Ich schätze, in den nächsten Jahren werden Sie im Steinbruch Steine aus dem Feld schlagen und hinter Zuchthausmauern lebendig begraben sein. Und Sie müssen damit leben, den Tod zweier Ihrer Männer verschuldet zu haben.“
„Die Hölle verschlinge dich, Logan!“, giftete der Vormann, doch seine Verwünschung prallte an mir ab und beeindruckte mich in keiner Weise.
„Du wirst lebendig begraben sein, Fletcher“, wiederholte ich. „Allein die Vorstellung muss einen Mann der freien Weide, wie du einer bist, in den Wahnsinn treiben. Du wirst daran zerbrechen.“
Fletcher schwieg verbissen. Er musste meine Worte als unheilvolle Prophezeiung verstehen. Wahrscheinlich begriff er erst jetzt so richtig, wie düster die Zukunft vor ihm lag. Aber das hatte er sich selber zuzuschreiben. Mitleid mit ihm wäre wohl nicht angebracht gewesen.
E N D E