Читать книгу Western Sammelband 4 Romane: Lady in Blei und andere Western - Pete Hackett - Страница 18
Оглавление12
Jack zügelte sein Pferd auf der Bodenwelle und schaute in die lange Senke hinunter.
Alvin war eine kleine Stadt. Der größere Teil der beiderseits der Main Street aneinander gereihten Häuser bestand aus gebrannten Lehmziegeln, die weiß in der Sonne leuchteten. Dazwischen standen ein paar Bretterbuden mit schmutzigen, morschen Wänden. Der Saloon erhob sich beinahe wie ein Kirchturm mitten im Ort. Er überragte alle anderen Gebäude, auch den Lagerschuppen des Frachtwagenunternehmens am Ostende der Stadt.
Jack nahm den Stetson ab, fuhr sich mit gespreizten Fingern durch das blonde Haar und stülpte den verstaubten Hut wieder auf. Er wusste nicht, ob er sich freuen sollte, wieder hier zu sein. Zu sehr steckte ihm noch McLeans Wutanfall in den Knochen.
Er schnalzte mit der Zunge. Der Hengst trug ihn in die Mulde hinunter und auf den Karrenweg, dessen tiefe Rinnen die Frachtwagen in den Prärieboden gegraben hatten.
Hier und da war ein Gesicht hinter einem Fenster zu erkennen.
Hilfssheriff Dead Goring stand mit dem alten Friedensrichter Lincoln Douglas vor seinem Office, und beide schauten dem Reiter entgegen.
Jack zügelte den Fuchs vor dem Haus und tippte an den Hut.
»Hallo, Jack, da sind Sie ja wieder.« Der mittelgroße, breitschultrige Hilfssheriff trat an den Rand des zwei Stufen hoch gelegenen Fußweges, und der siebzigjährige Richter mit den langen weißen Haaren folgte ihm.
»Wie geht’s denn?«, fragte der Hilfssheriff leutselig, lächelte und klemmte die Daumen in die Ärmellöcher der Lederweste, an der er einen ungewöhnlich großen Stern trug.
»Alles wieder in Ordnung.«
»Das freut uns, Mister Truman«, verkündete der Friedensrichter.
»Danke, Euer Ehren.«
»Jack!«, rief eine helle, überraschte Stimme etwas weiter östlich auf der anderen Seite der Main Street.
»Entschuldigen Sie!« Jack ritt schnell weiter.
Shere Gatow stand vor der kleinen Adobelehmhütte, die sie allein bewohnte, und winkte ihm. Sie lachte, als er das Pferd zügelte und abstieg, lief ihm entgegen und umarmte ihn.
»Endlich!«
Der Hilfssheriff – er war ein Mann um die Fünfzig – kratzte sich an der Wange. Friedensrichter Douglas lächelte verklärt und sagte: »So jung müsste man noch mal sein, Sheriff!«
»Mir reicht’s eigentlich, die letzten fünfundzwanzig Jahre einmal erlebt zu haben«, brummte der Hilfssheriff, wandte sich ab und ging ins Office.
Shere zog Jack Truman in ihr kleines, von den Eltern geerbtes Haus und versetzte der Tür einen Tritt. Sie schwang herum und knallte zu.
Im Wohnzimmer lag überall offenes und gebündeltes Weidengeflecht herum. Auf dem Tisch Messer, ein derber Lederhandschuh, weitere Werkzeuge und ein halber Korb. Die Korbflechterei hatte Shere sozusagen mit dem Haus geerbt. Wie ihr Vater konnte sie sich damit eher schlecht als recht über Wasser halten.
»Hast du meinen Brief gekriegt?«
»Ich habe viele Briefe von dir bekommen.«
»Ich rede vom letzten.« Sie schob ihn auf einen Stuhl. »Ich koche gleich Kaffee. Hast du ihn nun gekriegt?«
»Ich weiß doch nicht, welcher der letzte war, Shere.«
Sie ging in die Küche. Shere war mittelgroß und zierlich, hatte ein ovales Gesicht mit großen Rehaugen und bis über die Schultern fallende dunkle Locken. »Ich rede von dem, in dem ich dir von der Erbschaft berichtet habe.«
»Ja, den habe ich bekommen.«
»Was sagst du dazu?«
»Zur Erbschaft?«
»Wozu sonst? Was hältst du davon?«
Shere hantierte in der Küche. Geschirr klapperte, dann kniete das Mädchen am Herd und blies in die Glut. Sie schob Holz ins Feuerloch, schloss die Klappe, richtete sich auf und kam wieder in den Wohn und Arbeitsraum. »Fünftausend Dollar. Damit lässt sich doch etwas anfangen. Ich habe schon mit dem Fuhrunternehmer gesprochen. Er würde wirklich gern verkaufen. Fühlt sich zu alt dafür. Du, mit dem würde ich einig.«
»Wer weiß alles von dem Geld?«
»Bis jetzt kein Mensch.«
»Niemand?«, staunte Jack. »Kein Mensch in der Stadt?«
»Ich habe dem Advokaten eingeschärft, niemandem etwas davon zu sagen. Er ritt auch am gleichen Tage wieder weg, weil anderntags in La Porte ein Schiff zum Mississippi abging.«
»Und warum diese Geheimniskrämerei?«
»Jack, die hätten mich gelöchert, einen auszugeben. Und dann wären sie gekommen, um mich anzupumpen. So rosig geht es doch hier Keinem, dass er nicht versuchen würde, mir was aus der Nase zu ziehen. Und du weißt, dass ich nicht nein sagen kann, wenn so ein armer Teufel zu mir kommt. Wer weiß, ob ich heute noch einen Dollar hätte. Die hätten mir alles abgeschwatzt.«
Jack nickte.
Shere ging in die Küche zurück, schüttete Kaffeemehl in eine Steingutkanne und stellte den Weißblechtopf voll Wasser auf den Herd. »Ich habe es in bar bekommen. Und ich will, dass du noch mal mit dem Fuhrunternehmer redest. Ich komme natürlich mit.«
Jack stand auf und schob die Hände in die Hosentaschen. »Ich muss das Pferd in den Stall schaffen. Bin bald wieder da.«
»Der Kaffee ist gleich fertig. Falls du in den Saloon gehen solltest, vergiss es nicht.«
»Ich denke daran«, versprach er und verließ das kleine Haus.