Читать книгу Wer ermordet den Killer? Krimi Quartett 4 Romane Sammelband - Pete Hackett - Страница 18
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ОглавлениеBount merkte schnell, dass die Sprengung nicht in unmittelbarer Nähe stattgefunden hatte. Keine Trümmer stürzten auf ihn herab. Alles blieb ruhig. Nicht lange. Dann wurde es im Haus lebendig.
Er stürzte aus der Küche und prallte mit Tessa zusammen. Von oben erklangen Rufe. Er hörte auch seinen Namen.
„Licht!“, forderte er.
Es gab auf der Ranch leider noch keine Elektrizität. Jim kam mit einer Petroleumlampe angerannt. Seine Augen waren unnatürlich groß.
„Es kam von den Corrals“, verkündete er. „Jim hat einen riesigen Blitz gesehen.“
„Tatsächlich?“, hakte Bount misstrauisch nach. „Haben Sie nicht geschlafen?“
„Ich habe ihn gesehen“, beharrte Jim. Eine Rechtfertigung hielt er nicht für nötig.
Bount nahm die Lampe und spurtete los. In der Faust seine Automatic. Vielleicht sollten sie nur zu den Corrals gelockt werden.
Er fand den Toten schnell.
„Er wollte fliehen“, vermutete Bount. Wilde Wut keimte in ihm auf. Was hier geschah, war gespenstisch. Da war ihm ein handfester Gangster, den er durch die Slums von Manhattan jagte, lieber.
Reverend Pool schüttelte fassungslos den Kopf.
„Welcher Teufel treibt hier sein Unwesen?“, raunte er. „Mister Brass hat mir ein Geständnis gemacht. Jetzt ist er tot. Es ist also nicht länger nötig, dass ich darüber schweige. Er hat in Kalifornien einen Mann erschossen. Versehentlich, wie er behauptete. Ich glaube ihm. Er war ein Einbrecher, aber kein Mörder. Er floh vor der Polizei. Ein Unbekannter bot ihm Hilfe an. Aus diesem Grunde landete er hier. Er hat geschworen, Mister Stanley nicht getötet zu haben.“
„Sein eigener Tod scheint das zu bestätigen“, meinte Bount.
„Wir sollten alle gemeinsam von hier fortgehen“, schlug der Reverend vor. „Er kann uns nicht alle töten. Wie will er uns aufhalten, wenn wir uns einig sind?“
„Mit Hilfe der Minen“, antwortete Bount. „Wahrscheinlich ist hier im Umkreis alles verseucht.“
„Aber wenn wir hereingekommen sind, müssen wir auch wieder hinauskommen“, fand Doc Caan nachdenklich. „Wir brauchen nur denselben Weg zu benutzen.“
Die Idee hatte etwas für sich. Trotzdem meldete Bount seine Bedenken an.
„Keinesfalls, solange es dunkel ist. In der Zwischenzeit kann sich eine Menge verändert haben. Jetzt den Durchbruch zu versuchen, wäre glatter Selbstmord.“
„Sie sind ein erbärmlicher Feigling, Reiniger“, schmähte Strother Lynch. „Ich frage mich, worauf sich Ihr Ruhm gründet.“
„Sie haben die ganze Nacht Zeit, um über diese Frage nachzudenken“, gab Bount ungerührt zurück. „Sie wird uns aber kaum bei der Lösung dieses Problems helfen.“
Bount schlug vor, den verstümmelten Leichnam sofort zu beerdigen. Er kannte die Gegend nicht. Es war durchaus denkbar, dass Wölfe oder Kojoten durch den Blutgeruch angelockt wurden. Sie würden eine zusätzliche Gefahr bedeuten, da kein einziges Gewehr zur Verfügung stand.
Jim begann sofort, eine Grube auszuheben. Er ließ sich dabei nicht helfen, und keiner verspürte übergroße Lust dazu.
Bei der Trauerfeier waren die Frauen nicht anwesend, was ihnen keiner verübelte.
Reverend Pool beschränkte sich auf die notwendigen Worte. Keiner hatte den Ermordeten näher gekannt. Er war als Fremder gekommen und auch gestorben.
Als die Männer ins Haus zurückkehrten, wurden sie von Tessa und den Taylors empfangen. Die Negerin hielt einen Brief in der Hand. Sie hatte ihn gerade gefunden.
Bount ließ sich die Stelle zeigen. Der Umschlag hatte vor Peter Brass’ Zimmertür gelegen.
Bount riss ihn auf und las den Text zunächst leise.
„Wir haben das gleiche Recht, zu erfahren, was in dem Brief steht, wie Sie, Reiniger“, fauchte Strother Lynch. Er versuchte, ihm den Zettel aus der Hand zu reißen.
„Vielleicht kennen Sie den Inhalt auch schon“, konterte Bount. Er schloss inzwischen aus, dass es sich bei dem geheimnisvollen Mörder um einen völlig Fremden handelte. Es wäre ihm kaum gelungen, die ganze Zeit unentdeckt zu bleiben. Zumindest musste der Briefschreiber und Mörder unter den Anwesenden einen Helfer haben. Und für diese Rolle kam nach wie vor jeder in Frage. Nur war Bount Strother Lynch von vornherein verdächtig, weil der Halunke mit allen trüben Wassern gewaschen war.
Lynch warf ihm einen giftigen Blick zu, hielt aber den Mund.
Bount las zu Ende. Dann hob er den Kopf. Er vergewisserte sich, dass niemand fehlte. Lynch hatte recht. Die Zeilen gingen alle an.
„Unser Freund kommt zur Sache“, begann er. Er beobachtete jeden einzelnen. „Er schreibt Folgendes: Einige scheinen meine Warnung in den Wind geschlagen zu haben. Das hat sich jetzt gerächt. Damit ich nicht noch mehr Narren in die Luft jagen muss, will ich Ihnen meinen Plan enthüllen. Einen Plan, in dem jedem von Ihnen eine Aufgabe zufällt. In Alliance in Nebraska befindet sich ein Gefängnis. Dort sind ein paar Männer inhaftiert. Sie sollen sie befreien. Dies wird ohne Gewaltanwendung geschehen. Machen Sie sich über die Durchführung keine Gedanken! Sie werden motorisiert sein, und Sie werden alles bestens vorbereitet finden. Glauben Sie aber nicht, dass Sie einfach fliehen oder aber die Gefängnisdirektion verständigen können. Ich werde selbstverständlich ein paar Geiseln auf der Ranch zurückbehalten. Wer das ist, erfahren Sie, wenn es soweit ist. Tanzt auch nur einer von Ihnen aus der Reihe, werden die Geiseln sterben. Sie sollten also nicht nur selbst das tun, was ich verlange, sondern auch auf die anderen achten, wenn Sie nicht am Tod der Geiseln schuld sein wollen. Wie ernst es mir mit der Warnung ist, sollen Sie schon morgen erfahren. Ich werde Ihnen den Beweis liefern, dass es mir nichts ausmacht, noch einen Menschen zu töten.“
Bount hatte das Schreiben laut und deutlich vorgelesen.
Strother Lynch war der erste, der reagierte.
„Soll das ein Witz sein? Steht das alles wirklich dort?“
Bount gab ihm den Brief, aber er las ihn nicht.
„Ich pfeife auf die Anweisungen“, erklärte er schrill. „Ich hoffe nur, Reiniger, dass Sie als Geisel hierbleiben müssen. Sie werden sich doch nicht einbilden, dass ich mir dann über Ihr Schicksal Gedanken mache. Von mir aus können Sie ins Gras beißen. Je eher, desto besser. Ich haue jedenfalls ab. Das steht fest.“
„Und wenn Sie selbst zu den Geiseln gehören?“, bremste ihn der Doc. „Dann ...“
„Dann ist es immer noch früh genug, sich damit auseinanderzusetzen“, unterbrach ihn Bount. „Offenbar vergessen Sie ganz, dass in dem Brief eine Mordankündigung steht. Morgen will der Bursche schon wieder ein Menschenleben auf sein Gewissen laden. Dagegen müssen wir Vorkehrungen treffen. Jeder hat wohl begriffen, dass der Mann oder die Frau nicht blufft.“
„Die Frau?“, fragte Gladys Taylor spitz. „Verdächtigen Sie uns etwa auch?“
„Jedenfalls frage ich mich, warum Sie nicht sofort wieder abgereist sind, als Sie erfuhren, dass James Stanley gar nicht tot und sein Testament ein Schwindel ist.“
Mabel Taylor antwortete für ihre Mutter: „Dafür gibt es zwei Gründe, Mister Reiniger. Erstens herrschte die Ansicht, dass Mister Stanley ein Betrüger sei. Vor allem aber hatte man uns kein Ticket für den Rückflug geschickt. Wir haben nicht das Geld, uns eins zu kaufen.“
Die Taylorschen Finanzschwierigkeiten mussten beträchtlich sein. Eine Finanzspritze aus dem Stanleyschen Vermögen hätte ihnen bestimmt gutgetan.
Bount fragte sich aber, ob ihnen daran gelegen sein konnte, dass ein paar Gangster aus dem Gefängnis ausbrachen. Diese Frage ließ sich erst beantworten, wenn die Namen der Gefangenen bekannt waren.
„Wir wissen nicht, wen es treffen soll“, fuhr Bount fort. „Und wir kennen auch nicht den Zeitpunkt der geplanten Tat. Ich schlage vor, dass wir gemeinsam jedes einzelne Zimmer genau kontrollieren. Es könnte wieder eine Bombe versteckt sein. Jeder schließt sich dann ein und verlässt während der ganzen Nacht das Zimmer nicht.“
„Sie auch nicht?“, bohrte Strother Lynch.
„Jedenfalls werde ich nicht bei Ihnen eindringen, wenn Sie davor Angst haben.“
„Das möchte ich Ihnen auch nicht raten.“
Der Vorschlag wurde akzeptiert. Nur Jim maulte, dass er keinen Geleitschutz brauche. Er habe selbst zwei Augen, um unter dem Bett nachsehen zu können. Er verzog sich und knallte vernehmlich die Tür zu seiner Kammer zu.
Die übrigen traten ihren Rundgang an.
Zuerst wurde das Zimmer der Taylors kontrolliert, damit die Frauen endlich schlafen konnten.
Dann gingen sie der Reihe nach sämtliche Schlafräume durch. Gefunden wurde nichts, womit man einen Menschen hätte umbringen können. Einer nach dem anderen blieb zurück und verriegelte hinter sich die Tür. Nach menschlichem Ermessen konnte nichts mehr passieren, wenn der Killer nicht auf die Idee verfiel, das ganze Ranchgebäude in die Luft zu sprengen.