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26. März 1876.

Eine Postkutsche rollt wild schlingernd den rauen Weg in die Shoshone-Mountains von Colorado hinauf.

Je höher der Weg ansteigt, desto rauer wird er, und das Schwanken und Rütteln der Postkutsche ist für die frisch verheilte Wunde in Bill Murphys Hüfte gar nicht gut.

Eine kleine Hilfe bedeutet es, dass er dann und wann einen Blick auf das Mädchen werfen kann, das ihm gegenübersitzt. Sie ist ausgesprochen hübsch, und sie gehört auf keinen Fall unter diese raue, gierige Horde von Goldsuchern.

Die Männer streiten laut miteinander und werfen achtlos mit gemeinen Flüchen um sich.

Außerdem sitzt ein gerissen aussehender Berufsspieler neben dem Mädchen. Mehrmals schon hat er den Versuch gemacht, sie in ein Gespräch zu ziehen. Aber sie hat sofort den Kopf abgewandt.

Der Bursche ist jedoch hartnäckig. Bill sieht, wie Hilflosigkeit und Unwille die Wangen des Mädchens rot färben, wie ihre Augen blitzen und wie sie sich auf die Lippen beißt.

Murphy streckt einen Fuß aus und tritt mit dem hohen, harten Stiefelabsatz kräftig auf den Schuh des Spielers.

Der Mann zuckt zusammen und sagt scharf:

„Passen Sie doch auf! Das ist mein Fuß, auf dem Sie herumtrampeln!“

Murphy starrt ihn kalt an.

„Das habe ich auch beabsichtigt.“

Der Spieler hat schwarze Augen in einem bleichen Gesicht, und jetzt funkelt sein Blick wütend. Aber die zwingende Kraft in Murphys Augen macht ihn unsicher.

„Die Lady zieht es vor, nicht belästigt zu werden“, fügt Murphy hinzu.

Grollend, aber eingeschüchtert, lehnt sich der Spieler zurück.

Das Mädchen schickt Murphy einen ruhigen, klaren Blick zu, in dem ein unausgesprochener Dank liegt.

Bill neigt ernst den Kopf. Dann schaut er wieder in die Landschaft hinaus.

Es ist ein raues, unwirtliches Land mit lang gestreckten Bergkämmen, mit tiefen, schattigen Schluchten und hohen, bewaldeten Hängen, die höher und höher ansteigen, bis sie in der Ferne schwarz erscheinen.

Ein Frühlingshauch liegt in der Luft, und in jeder Schlucht schäumt und braust weißes Wasser.

Der Weg beginnt in scharfen Spitzkehren abzufallen. Und an einer dieser Haarnadelkurven flucht der Fahrer und bringt die Kutsche jäh zum Halten.

Männer klettern vom Bock herunter und laufen nach vorn.

Die anderen Passagiere recken die Hälse durch Fenster und Türen. Sie versuchen festzustellen, was der Aufenthalt und die wilden Flüche der Männer zu bedeuten haben.

Bill Murphy drängt sich nach vorn und steigt aus. Das ist endlich eine Möglichkeit, seiner schmerzenden Hüfte Erleichterung zu verschaffen.

Eine andere Postkutsche steht ein Stück vor ihnen, fast quer zur Straße. Männer starren auf etwas herab.

Bill tritt näher heran und drängt sich durch den Kreis.

Ein Toter liegt am Boden. Offenbar hat der Mann zur Postwache gehört. Eine abgesägte Schrotflinte, das Kennzeichen seines Berufs, ragt unter dem Körper hervor.

Dicht neben sich hört Bill ein gepresstes, unterdrücktes Keuchen. Er wendet sich um. Mit weit geöffneten, entsetzten Augen starrt das Mädchen auf den Toten hinab.

Sie hat unwillkürlich die Hand an die Kehle erhoben, und jetzt lässt sie in einer völlig unbewussten Geste diese Hand auf Bill Murphys Arm fallen.

„Er — er ist tot“, murmelt sie.

„Yeah“, erwidert Bill. „Und Sie sollten am besten zum Wagen zurückkehren. Vielleicht sind da noch mehr Tote.“

„Richtig“, knurrt ein stämmiger Goldsucher. „Der Fahrer liegt auf der anderen Seite der Coach und ist mindestens genauso tot wie dieser hier.“

Das Mädchen wendet sich ab.

Bill Murphy geht auf die andere Seite der Postkutsche.

Der Fahrer seines eigenen Wagens steht dort und blickt starr auf den Mann am Boden.

„Tom Sarber“, sagt er heiser. „Ein so guter Peitschenschwinger wie nur irgendeiner, der je auf den Bock geklettert ist. Sieht so aus, als ob er und sein Begleitmann keine Chance gehabt hätten. Habe mich schon gewundert, weshalb Tom sich so verspätet hatte. Wir hätten ihm schon ein ganzes Stück eher begegnen müssen.“

Ein Mann, der am Wegrand entlanggeschlendert ist, schreit plötzlich:

„Da ist die Goldkiste! Leer!“

Bill sieht sich die Kiste an. Das Schloss ist weggeschossen worden.

Murphy geht noch ein Stück weiter. Bald findet er die Stelle, wo zwei Pferde im Wald gestanden haben. Hier findet er auch eine leere Patronenhülse.

Der bleiche Schein der Sonne ist auf die Hülse gefallen und hat sie aufblinken lassen.

Bill bückt sich und hebt sie auf. Als er sie untersucht, kneift er die Augen ein wenig zusammen.

„Yeah“, murmelt er vor sich hin. „Ein russischer Vierundvierziger-Revolver ist keine allzu gebräuchliche Waffe. Aber das ist schließlich nicht meine Sache.“

Er schnippt die leere Hülse weg und geht zur Postkutsche zurück.

Ein Mann fragt eben:

„Was glauben Sie, was aus den Passagieren der Post geworden ist?“

Der Fahrer schnaubt und antwortet:

„Höchstwahrscheinlich hatte Tom Sarber überhaupt keine Passagiere. Die letzten drei Fahrten aus der Missoula-Gulch habe ich auch leer gemacht. Zurzeit gibt's nur Leute, die in die Schlucht hinein wollen.“

Während er spricht, sieht sich der Fahrer im Kreis um. Schließlich bleibt sein Blick auf Bill haften.

„Freund, Sie sehen verdammt so aus, als ob Sie was von Gäulen verstehen. Glauben Sie, dass Sie mit dem Gespann fertig werden und die Kutsche in die Missoula-Schlucht zurückfahren könnten? Und Tom Sarbers und seinen Wachmann möchte ich auch nicht hierlassen.“

Bill zuckt die Achseln.

„Ich schätze, das kann ich für Sie tun“, meint er. „Lassen Sie die beiden Toten hineinlegen.“

Schnell untersucht Bill das Geschirr der Pferde. Er hebt die Zügel von der Erde und klettert auf den Bock.

Männer mit grimmigen Gesichtern tragen die Toten in den Wagen, und der Fahrer ruft:

„In der Kutsche da ist noch Platz. Könnte nichts schaden, wenn meine Ladung was leichter würde!“

Das Mädchen ist mit gesenktem Kopf zu der anderen Kutsche zurückgegangen. Doch am Einstieg sieht sie den Spieler stehen. Offenbar will er ihr in den Wagen helfen. Sie dreht sich rasch um, kommt zurück und blickt zu Bill Murphy auf.

„Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich oben bei ihnen mitfahre?“

Bill zuckt mit den Schultern.

„Hier ist reichlich Platz.“

Geschmeidig klettert sie auf den Bock. Dann lässt sie sich etwas atemlos auf den Sitz sinken.

Zwei Männer kommen herüber und steigen in die Kutsche.

Bill Murphy spricht beruhigend auf die Pferde ein und bringt sie in Gang. Im Vorbeifahren schreit ihm der Fahrer zu:

„Etwas weiter oben ist eine breite Stelle, wo Sie leicht umkehren können!“

Bill findet die Stelle, wendet die Kutsche und lässt sie dann hinter der anderen die Spitzkehren hinunterrollen ...

Gesetz der Banditen: Western Bibliothek 15 Romane

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