Читать книгу Gesetz der Banditen: Western Bibliothek 15 Romane - Pete Hackett - Страница 18

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Langsam schlendert Bill zur Handelsstation zurück, um Tabak zu kaufen.

Mary Winters tritt eben aus der Tür. Sie trägt einen Korb, der mit Lebensmitteln gefüllt ist.

Zwei Männer setzen sich in Bewegung, um sie abzufangen. Der eine ist der zierliche, kaltäugige Revolverschwinger Kit Sanders, der zweite jener Spieler, der sie schon in der Postkutsche belästigte.

Die beiden Männer versperren dem Mädchen den Weg und ziehen mit übertriebener Höflichkeit ihre Hüte. Kit Sanders streckt sogar die Hand aus, um ihr den schweren Marktkorb abzunehmen.

Die schnelle Bewegung, mit der sich das Mädchen zurückzieht, zeigt jedoch klar, wie sie darüber denkt.

Bill Murphys Schritte werden länger. Als er näher kommt, sagt Sanders gerade schmeichlerisch:

„Vorstellungen gehören zum guten Ton, Miss Winters. Ich selbst bin Kit Sanders, und das ist mein Freund Ad Forsythe. Wir würden uns glücklich schätzen, Ihnen beim Tragen des Korbes behilflich sein zu dürfen.“

„Ich brauche keine Hilfe, danke“, erwidert das Mädchen, und ihr funkelnder Blick verrät ihren Unwillen. „Bitte, gehen Sie mir aus dem Weg.“

„Daran ist doch gar nicht zu denken“, entgegnet Sanders mit scheinheiliger Sanftheit. „Der Korb ist viel zu schwer ...“

Forsythe, der Spieler, sagt etwas in leisem, schnellem Ton. Sanders bricht mitten im Satz ab, sein Kopf fährt herum, und er starrt Bill Murphy an, der jetzt nur noch einen Schritt von ihm entfernt ist.

Das Mädchen dreht sich um und ruft:

„Ah, Mister Murphy!“ Die Erleichterung klingt deutlich in ihrer Stimme mit.

Bill greift nach dem Hut.

„Was ist los, Miss Winters? Sind Ihnen zwei Köter in den Weg geraten?“

Sie stammelt vor Verwirrung.

„Diese zwei — diese beiden — sie ...“

Bill nickt.

„Ich verstehe.“

Er blickt Sanders und den Spieler an, und seine Stimme klingt hart und kalt.

„Fort mit euch!“

Der Blick des Spielers flackert — er will sich schon abwenden. Kit Sanders bewegt sich kaum; er strafft sich nur in den Schultern. Seine blassblauen Augen zeigen eine gefährliche Ausdruckslosigkeit, und seine Stimme ist fast zu einem Flüstern geworden.

„Nur eine Frage, Mister. Wie sagten Sie doch? Köter?“

„Richtig: Köter!“, gibt Murphy deutlich zurück. „Wenn Ihnen aber das Wort Ratten besser zusagt, dann bitte!“

Das Mädchen berührt ihn am Arm.

„Nein“, murmelt sie. „Kommen Sie. Es darf keinen Streit geben ...“

„Meine liebe junge Lady“, unterbricht Sanders sie scharf und mit deutlichem Spott in der Stimme, „der Streit hat bereits begonnen. Ein loses Maul verursacht immer Streit ...“

Während er spricht, stiehlt sich seine rechte Hand langsam nach oben unter seinen Rock und zur linken Achselhöhle.

Bills Antwort kommt schnell und erbarmungslos. Er rollt sich auf seinen Zehen ab und lässt seine rechte Faust fliegen. Sie kracht Sanders voll ins Gesicht und wirft ihn zurück.

Bill folgt dem Schwung des eigenen Schlages und spürt dabei, wie in ihm eine kalte Wildheit aufspringt. Der Colt, der Jack Dorgan getötet hat, ist aus dem gleichen Schulterholster unter Kit Sanders' linkem Arm gekommen.

Als der Revolvermann schwankt und sein Kopf von dem ersten harten Schlag zurückfliegt, kantet ihm Bill den linken Unterarm gegen den Hals. Dann packt er Sanders' rechtes Handgelenk und verdreht es mit solcher Wucht, dass der Mann vor Schmerz laut aufbrüllt und den Colt fallen lässt. Dann gibt Bill ihm einen Stoß, dass er vornüber in den Dreck fällt.

Bill hat Sanders' Colt schon in der Hand und die Mündung auf Ad Forsythe, den Spieler, gerichtet. Er ist darauf gefasst, die Waffe im nächsten Augenblick benutzen zu müssen — aber Forsythe greift nicht nach seinem Revolver. Stattdessen hebt er die Hände langsam bis zur Schulterhöhe.

„Ich passe“, sagt er leise.

Bill misst ihn verächtlich vom Scheitel bis zur Sohle.

„Einmal ein Kartenhai — immer ein Kartenhai!“, sagt er kalt und schroff. „Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass Sie Miss Winters in Frieden lassen sollen. Das war jetzt das zweite Mal. Ich wiederhole es nicht noch einmal. Fort jetzt!“

Forsythe dreht sich um. Er hat die Hände immer noch halb erhoben, und so geht er die Straße entlang.

Bill starrt Kit Sanders an. Der zierliche Revolvermann versucht eben, wieder auf die Beine zu kommen. Seine zerschlagenen Lippen beginnen bereits grotesk anzuschwellen, und ein scharlachroter Blutfaden sickert an seinem Kinn herab.

Er torkelt hoch und tastet nach seinem verrenkten Ellbogen. Noch immer keucht er unter der Wirkung des Schlages gegen seine Kehle.

Einen Augenblick starrt er Bill Murphy an, und eine kalte Hölle scheint in seinen blassen Augen zu flammen. Dann wendet er sich ab und schlurft davon.

Mit der erbeuteten Waffe in der Hand blickt Bill dem Manne nach. Der Schritt des Revolvermannes wird allmählich sicherer, als er auf den Big Nugget zugeht. Schließlich ist er hinter der Saloontür verschwunden.

Bill steckt den Colt in die Rocktasche und wendet sich an Mary Winters.

Sie blickt aus weiten und erschreckten Augen zu ihm auf. Sie zeigt den Ausdruck einer Frau, die einen Menschen, den sie zu kennen glaubt, plötzlich zu einem gefährlichen Fremden werden sieht.

Bill streckt den Arm aus, nimmt ihr den Korb ab und sagt mürrisch:

„Kommen Sie mit. Jetzt wissen Sie vielleicht, weshalb Sie nicht in solch einem Camp leben sollten.“

Sie schreitet neben ihm her. Das Kinn hat sie trotzig erhoben. Kleine rote Flecken brennen auf ihren Wangen.

„Ich sehe nicht ein, warum Sie grob zu mir sind! Es war schließlich nicht meine Schuld.“

Bill blickt sie an, und etwas von der Wildheit verschwindet aus seinen Augen. Sogar ein Hauch von Lächeln huscht über seine ernsten Züge.

„Ich wollte wirklich nicht grob zu Ihnen sein, Mädel“, murmelt er. „Ihre einzige Schuld ist etwas, wofür Sie nichts können.“

„Und was ist das?“

„Gestern Abend habe ich gehört, wie ein Mann es ziemlich treffend ausdrückte. Er hat gesagt, Sie wären so hübsch wie eine Schneerose.“

„Ach — das war ein Schmeichler! Aber selbst wenn das wahr wäre — ist es denn ein Fehler?“

„In einem rauen Camp wie Missoula-Gulch muss es Ihnen gewisse Unannehmlichkeiten bereiten — wie gerade jetzt.“

Einen Moment überlegt sie schweigend, dann fragt sie:

„Mochten Sie, dass ich anders wäre?“

„Nein. Aber für meinen Seelenfrieden wünschte ich, Sie wären woanders als hier in der Missoula-Schlucht.“

Sie sieht ihn an.

Die Worte scheinen sie zu überraschen, und sie hört mehr heraus, als die bloßen Worte ausdrücken.

Ihre Blicke ruhen für kurze Zeit ineinander, und ein erregender, seltsamer Strom von Empfindungen rauscht in beiden auf. Dann schaut das Mädchen zur Seite und errötet tief.

„Bill Murphy, ich bin froh, dass Sie hier sind“, sagt sie ernst. „Das gibt mir ein seltsames Gefühl von Sicherheit. Irgendwie ist das doch unlogisch — denn wie lange kennen wir uns schon? Nicht einmal einen ganzen Tag. Und trotzdem habe ich dieses Gefühl.“

Sie haben Winters' Hütte erreicht. Bill übergibt ihr den Marktkorb.

„Geht es Ihrem Vater besser?“

„Viel besser. Meine größte Sorge ist jetzt, wie ich ihn im Bett festhalten kann. Er ist sehr aufgeregt wegen seines Claims, und er behauptet, ein Mann namens Crocket wollte ihn berauben. Darüber weiß ich ja nicht sehr viel. Ich bin nur zufrieden, dass es meinem Vater bald wieder besser geht. Jetzt nochmals vielen Dank.“ Sie lächelt ihn ernst und offen an. „Es scheint, ich muss Ihnen immer für irgendetwas danken.“

„Es ist kein Dank nötig“, erwidert er. „Ich habe meine Belohnung schon erhalten. Es war mir genug, dass ich Sie sehen und mit Ihnen sprechen durfte.“

Wieder treffen sich ihre Blicke, und jener seltsame, warme Strom scheint von neuem zwischen ihnen hin und her zu fließen. Ihr Lächeln wird sanfter.

„Ich werde Sie wiedersehen, Bill Murphy.“

Sie tritt in die Hütte, und Bill wendet sich zur Stadt zurück.

Ein Mann kommt ihm entgegen. Les Jarden. In seinem Blick liegt keine Freundlichkeit.

„Ich möchte Sie nicht noch einmal in der Nähe dieser Hütte sehen“, sagt er schroff.

Bill misst ihn vom Scheitel bis zur Sohle.

Er sieht das blonde Haar und das hübsche, schmale Gesicht, das fast zu schmal ist, weil dadurch Les Jardens Augen etwas zu nahe aneinandergerückt werden.

Bill nickt, als habe er etwas Interessantes bemerkt. Dann murmelt er wie zu sich selbst:

„Freund, Ihre Stiefel sind Ihnen zu groß, und Sie tanzen am falschen Platz mit der falschen Sorte von Mädels. Versuchen Sie nicht, sich mir gegenüber aufzublasen.“

Mit einem Mal ist Bills Blick durchbohrend und hart geworden.

Les Jardens Blick flackert und weicht dann zur Seite. Er wendet sich ab und tritt in die Hütte.

Bill bleibt einen Augenblick nachdenklich stehen. Dann richtet er sich auf und stakst davon.

Das Gewicht in seiner Rocktasche erinnert ihn an die Waffe, die er Kit Sanders abgenommen hat. Er zieht sie heraus, um sie zu entladen, aber dann hält er plötzlich inne und starrt den Colt an.

Das ist nicht die übliche Waffe der Grenze: der Peacemaker-Colt.

Es ist ein russisches vierundvierziger Modell.

Bills Gedanken gleiten zu dem Schauplatz des Postüberfalls zurück — dorthin, wo zwei Tote neben einer leeren, ausgeraubten Goldkiste gelegen haben und wo er eine weggeworfene Patronenhülse fand.

Die Patrone ist eine russische Vierundvierziger gewesen!

In der Tür der Poststation steht der stämmige Ben Cox und starrt auf die Stelle, wo sich Kit Sanders auf dem Rücken wälzte. Der Postagent hat alles gesehen — von dem Augenblick an, als Mary Winters aus dem Store trat, bis zu dem Moment, in dem sie mit Bill Murphy zu Clem Winters' Hütte weiterging.

Ben Cox überdenkt jede Einzelheit von Neuem und nickt dann zufrieden.

„Ich habe es gesehen“, murmelt er vor sich hin. „Ich habe gesehen, wie Kit Sanders in den Straßenschmutz geschlagen wurde, wie man ihm seinen Revolver wegnahm und ihn wie einen kleinen Jungen behandelte; Kit Sanders, der das Camp schon seit Langem terrorisiert hat. Jawohl, das habe ich gesehen!“

Er grinst vor sich hin und schlägt sich dann mit der Faust in die offene Hand.

„Ein Mann ist endlich in diesem verdammten Camp angekommen. Verdammt, ja — ein Mann!“

Ad Forsythe, der Spieler, ist vor Kit Sanders im Big Nugget angekommen und murmelt jetzt eine Entschuldigung wegen seines wenig rühmlichen Verhaltens.

„Weißt du, Kit, wenn ich gewusst hätte, dass der Bursche so ...“

Er unterbricht sich und taumelt einen Schritt zurück. Denn Kit Sanders' Blick ist wie eine schreckliche, versengende Flamme, die ihm ins Gesicht schlägt. In diesem Augenblick hat Forsythe die klare Erkenntnis, dass Kit Sanders jetzt den Colt auf ihn gerichtet hätte, wenn er noch eine Waffe gehabt hätte.

Ad Forsythe weicht vorsichtig zurück und wischt sich den kalten Schweiß von der Stirn.

Sanders schlurft am Bartresen entlang ins Nebenzimmer.

Tom Crocket sitzt dort am Tisch und schaut einige Kontobücher durch. Tim Cooley, der Schiedsmann, hockt in einem anderen Stuhl.

Tom Crocket fährt beim Zuschlagen der Tür ärgerlich auf. Aber als er Kit Sanders' düsteren Blick sieht, wird er für eine Weile völlig still.

„Hell and devil, Kit, was ist denn los mit dir?“, stößt er endlich heraus. „Hat dich ein Gaul getreten?“

Heiser und schleppend kommt die Antwort aus Sanders' Kehle.

„Er hat mich geschlagen. Er hat mich in den Straßendreck gestoßen. Vielleicht ist er dein Freund, Tom. Aber das nächste Mal, wenn ich ihn ansehe, geschieht es über den Lauf eines Colts hinweg. Der Mann gehört mir. Ich will sehen, wie er stirbt.“

Crocket schnalzt mit der Zunge.

„Wer hat dich geschlagen? Von wem sprichst du, Mann?“

Der Hass macht Sanders' Stimme fauchend.

„Murphy! Ich werde erst wieder zu leben anfangen, wenn mir der Kerl tot zu Füßen liegt!“

Tom Crocket braucht eine kleine Weile, bis er seine Zigarre in Brand gesetzt hat. Dann weist er auf einen Stuhl und sagt sanft:

„Setz dich, Kit, entspanne dich. Was ist nun eigentlich mit diesem Murphy?“

„Hab's dir schon gesagt, zum Geier! Er hat mich geschlagen — jämmerlich niedergeschlagen. Ich bring diesen Schweinehund um!“

Crocket donnert die Faust auf den Tisch und unterbricht ihn rau.

„Warum hat er dich so behandelt? Er muss doch einen Grund gehabt haben?“

Ein mürrischer Schatten verdrängt die blanke Wut aus Sanders' Zügen.

„Wir haben Winters' Tochter angesprochen — wir beide, Ad Forsythe und ich. Die blöde, kleine Närrin spielte die Hochmut in Person. Murphy kam auf die Bühne und wurde rau. Forsythe, der feige Hund, hat sofort gekniffen. Und dann hat Murphy ...“ Sanders zuckt mit den Schultern und führt die nassen Tücher wieder an den Mund.

Tim Cooley lächelt dünn.

„Du hast wenig Urteilskraft bewiesen, Kit. Das nächste Mal wirst du besser Bescheid wissen und deine Schranken nicht überschreiten.“

„Schranken nicht überschreiten?“, wiederholt Sanders scharf. „Warum sollte ich das Girl nicht ansprechen?“

„Weil sie ein Girl ist, das sich von einem Mann wie du nicht ansprechen lässt“, erklärt Cooley trocken. „So einfach ist das.“

Sanders' Blick wird ausdruckslos.

„Was für eine Art von Mann bin ich also? Hör mal, Cooley, versuche nicht ...“

„Das genügt!“, unterbricht Crocket scharf. „Du hältst dich aus dieser Sache heraus, Tim. Aber er hat ganz recht, Kit, es war ein dummer Streich. Du hättest es wirklich besser wissen sollen. Keine andere Sache| würde das Camp so wütend und wild auf unsere Skalps machen als die Belästigung gerade dieses Mädchens. Sie ist Clem Winters' Tochter, wenn ich dich erinnern muss. Sieh zu, dass es nicht wieder geschieht. Und was Murphy anbelangt: Hast du nicht zum Colt gegriffen?“

Sanders nickt mürrisch.

„Klar, ich ...“

„Dann warst du ein doppelter Narr“, erklärt Crocket kalt. „Du hast Glück, dass du überhaupt noch lebst. Ich schätze, ich habe dir von Murphy erzählt.“

„So gut ist er nicht!“, stößt Sanders gereizt hervor. „Ein andermal ...“

„Wirst du tot sein. Ich habe Murphy an der Arbeit gesehen. Er ist das reinste Gift. Deshalb habe ich ihn ja hierhergeholt.“

„Du willst uns andere also von dem Saukerl herumstoßen lassen, wie?“, schnauft Sanders. „Wir sollen vom Sidewalk springen, wenn der große Mister daherkommt! Well, ich tue das nicht. Das ist mein letztes Wort. Ich sage dir: der Mann gehört mir!“

Sanders ist ruhiger und dadurch wieder weit gefährlicher geworden. Crocket erkennt das sehr wohl. Er mildert seinen Ton:

„Ich werde mit Murphy sprechen und ihm seinen Platz hier zuweisen. Aber du musst wieder einen klaren Kopf bekommen, Kit. Du weißt doch, was wir hier vorhaben. Wenn wir das Spiel richtig anpacken, verlassen wir das Camp als reiche Männer. Wenn du einen Groll hast, dann hebe ihn dir für später auf. Sobald wir reinen Tisch gemacht haben, kannst du die Sache mit Murphy bereinigen, wenn das dein Plan ist. Das ist dein Privileg — wenn du es so haben willst.“

„Ich werde es so haben wollen!“ Kit Sanders' Stimme wird jetzt klarer. Seine Halsmuskeln beginnen sich zu lockern. „Ich werde nur für diesen Tag leben.“

Er geht wieder in den Barraum, und Tim Cooley meint:

„Das ist ein Mann, der zum tollwütigen Hund werden kann, Tom.“

Crocket zuckt mit den Schultern.

„Eben jetzt ist er sehr wertvoll. Lass ihn nur.“

Cooley gähnt, streckt sich und schlurft hinaus.

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