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Von der Hütte weg geht Bill Murphy direkt zu den Schürfstellen. Tom Crocket ist dort und stapft bei den Kästen auf und ab.

Als Bill zu ihm tritt, taucht er gerade die Hand in das wirbelnde Wasser und holt eine Handvoll Ablagerung hinter einem Riffel heraus. Mit dem Zeigefinger der anderen Hand verteilt er den Schlamm auf der Handfläche.

„Schau, Bill!“, ruft er.

Die Ablagerung ist mit goldenen Flecken durchsetzt.

„Und noch mehr davon geht mit jeder Schaufel Sand in die Kästen!“, verkündet Crocket triumphierend. „Der Schlamm ist reich an Gold, höllisch reich! Jetzt weißt du, was für eine wichtige Aufgabe du hast, wenn du die Schlemmkästen bewachst.“

„Vielleicht könntest du für die Arbeit bessere Männer brauchen, Tom“, gibt Bill dumpf zurück. „Curly Bolan hat sich heute Nacht davongeschlichen, um zu trinken. Als ich ihn vor einer Minute zur Rede stellte, zog er das Messer, und ich habe ihn entsprechend rau behandelt. Es ist besser, Tom, du machst deinen Leuten klar, dass sie solche Angriffe sein lassen.“

Crocket nickt langsam.

„Ich werd's ihnen klarmachen. Curly Bolan ist kein schlechter Kerl. Aber er ist zu empfindlich und jähzornig. Vielleicht nehme ich ihn ganz aus der Mannschaft und gebe dir einen neuen Mann. Was ist eigentlich oben in der Town los? Das ist das erste Mal, dass zu dieser Tageszeit so viele Leute von den Schürfstellen weglaufen.“

Crocket deutet auf einige Miner, die gerade vom Ufer emporeilen.

„Die Post ist eben mit den Briefsäcken gekommen“, erklärt Bill.

„Dann gehen wir hinauf“, meint Crocket. „Ich erwarte selbst Post.“

Auf ihrem Weg kommen sie ziemlich nahe an der Winters-Hütte vorbei. Ein hagerer, grauhaariger Mann, der augenscheinlich das Krankenbett noch nicht lange verlassen hat, schlurft im Sonnenschein vor der Hütte auf und ab. Er stützt sich mit einer Hand auf einen rohen, selbst gefertigten Spazierstock. Seine andere Hand ruht auf Mary Winters' Schulter.

Bill Murphy glaubt selbst aus der Entfernung sehen zu können, wie es in den eingesunkenen Augen des alten Mannes zornig aufblitzt. Dann dringt auch schon die Stimme herüber. Sie klingt noch etwas hohl vor Schwäche.

„Crocket, Ihr Messermann war nicht flink genug, um bei mir ganze Arbeit zu leisten. Ich bin immer noch da und werde Ihnen eine Schlinge um Ihren Hals besorgen, Ihnen und jedem Ihrer schurkischen Wölfe!“

Crocket schweigt.

Bill greift vor Mary an seinen Hut, aber erhält auch nicht die Andeutung einer Erwiderung. Sie schaut ihn an und blickt zugleich durch ihn hindurch. Ihr Gesicht ist bleich, und sie hält den Kopf hoch erhoben.

Als sie außer Hörweite gekommen sind, lacht Crocket.

„Bill, klingt dir dieser Ton nicht vertraut? Erinnerst du dich an das Gekläff, das Gar Parden überallhin gefolgt ist? Der alte Jammerschrei der Verlierer!“

Bill antwortet nicht gleich.

„Das war natürlich Clemens Winters, wie?“, fragt er dann.

„Clem Winters hat gespielt und zu viel getrunken, und jemand hat ihm ein Messer in den Rücken gejagt. Das war natürlich meine Schuld. Alles, was in diesem Camp schiefgeht, ist meine Schuld. Ah, diese verdammten Narren!“

Die Menge bei der Poststation ist noch größer geworden.

Als Tom Crocket und Bill näher treten, erklingt feindseliges Grollen von verschiedenen Seiten. Bill spürt den Anprall vieler unfreundlicher Blicke.

Ein kaltes Prickeln läuft unwillkürlich seinen Rücken entlang. Hier gärt ein Massenhass, der sich augenblicklich in einen unkontrollierbaren Wutausbruch wandeln kann.

Bill senkt die Stimme und sagt leise zu Crocket:

„Kehr lieber um, Tom. Diese Horde könnte leicht wild werden. Wenn Post für dich da ist, bringe ich sie dir mit.“

Verächtlich schürzt Crocket die Lippen.

„Lass sie nur murren, Bill. Sie werden nicht beißen. Sie brauchen einen Anführer, um gegen mich loszugehen — aber niemand will die Führung übernehmen. Zum Geier mit ihnen!“

Bill beobachtet den anderen scharf von der Seite her. Immer mehr treten an Crocket Züge in Erscheinung, die er in früherer Zeit nicht gekannt hat.

Tom ist nie ein schüchterner Mann gewesen, aber er hat immer eine gewisse, sorglose Aufrichtigkeit an sich gehabt. Jetzt macht sich auch Arroganz bemerkbar und der starrsinnige Trotz eines Mannes, der seiner zu sicher ist.

Ben Cox erscheint mit einem Bündel von Briefen unter dem Arm in der Tür der Poststation. Er beginnt Namen aufzurufen, und dann treten Männer vor, denen man die Last monatelanger Einsamkeit deutlich ansieht. Sie nehmen begierig die Briefe entgegen, die für sie kostbare Erinnerungen an die Heimat und an die schöneren und sanfteren Seiten des Lebens enthalten.

Auch für Tom Crocket ist ein Brief dabei — und wieder geht ein Murren durch die Menge, als er vortritt und ihn in Empfang nimmt.

Die meisten Namen, die Ben Cox ausruft, werden sofort beantwortet. Bei einigen kommt jedoch keine Antwort, und diese Briefe legt der Postagent sorgsam auf die Seite.

Schließlich kommt er wieder zu einem Namen, bei dem er keine Antwort erhält. Er ruft nochmals:

„Klaus Lehrmann! He, hier ist der Brief, auf den du so lange gewartet hast! Verdammt, Mann, wo steckst du?“

„Spar dir den Atem!“, schnauzt ein Miner. „Klaus ist zu sehr damit beschäftigt, weitere fünftausend Dollar aus seiner Goldgrube zu holen. Bald wird er als reicher Mann zu der Lady zurückkehren, die ihm geschrieben hat.“

Ein schmutzbedeckter Goldgräber, der keuchend von den Schürfstellen heraufeilt, drängt sich jetzt durch die Menge. Ein Miner ruft verärgert:

„Nur mit der Ruhe, Freund! Du kommst auch noch an die Reihe!“

Eben ruft Ben Cox wieder auf:

„Klaus Lehrmann?“

„Klaus wird nicht kommen“, keucht der Goldgräber. „Klaus wird nie mehr kommen: Er ist tot!“

Seine Stimme ist laut und klar, und die Menge wird augenblicklich still. Drohend und düster hängt das Schweigen in der Luft.

Ben Cox bricht es endlich:

„Tot? Klaus Lehrmann tot?“

„Klaus liegt in dem Zelt auf seinem Claim — erstochen? Ich bin hinübergegangen, um ihn auf die Ankunft der Post aufmerksam zu machen. Ich dachte zuerst, er arbeitet im Schacht, aber da war er nicht. Dann hab ich ins Zelt geschaut und ihn dort gefunden: halb aus seinen Decken gerollt — tot!“ Die Stimme des Mannes klingt heiser, als er fortfährt: „Ich habe Klaus gern gehabt; er war ein prächtiger Mann.“

Bill sieht, wie eine Woge verschiedener Empfindungen über Ben Cox' Gesicht flutet. Die Stimme des Postagenten klingt hart und gepresst, als er fragt:

„Und was ist mit dem dicken Beutel Rohgold, den er aus seiner Grube geborgen hatte?“

„Weg!“, sagt der Goldgräber mit einem Schulterzucken. „Zumindest habe ich nichts davon gesehen. Ich bin gleich hierhergelaufen, um euch zu benachrichtigen.“

Etwas wie ein eisiger Wind streicht über die Menge hin. Es ist zuerst ein Murmeln, das zu einem Grollen wird und immer mehr anwächst.

Bill packt Crockets Arm und zieht ihn aus der Menge.

Sie sind schon ein Stück die Straße entlanggegangen, als ein Miner einen plötzlichen, wütenden Schrei ausstößt:

„Wo ist Tom Crocket?“, schreit er. „Vielleicht könnte uns Crocket auf das alles eine Antwort geben? Er oder die lausigen Kerle, die für ihn das Eisen schwingen. Wo ist Crocket, zur Hölle? Er war doch eben noch hier?“

„Dieser Coyote hat sich aus dem Staub gemacht!“, brüllt ein anderer.

Bill stößt Crocket um die Ecke der Handelsstation.

„Verschwinde und bleib außer Sicht!“, zischt.er. „Das hier ist wie Dynamit — mit einer kurzen, brennenden Lunte!“

„Die verdammten Narren!“, tobt Crocket. „Habe mit der Sache überhaupt nichts zu tun. Für mich ist es die gleiche Neuigkeit wie für jeden anderen!“

„Verlass dich nicht darauf“, gibt Bill scharf zurück. „Sie könnten dich aufknüpfen, ehe du das beweisen kannst. Beeil dich! Ich sehe dich später!“

Die Menge bewegt sich unruhig, und überall erschallt jetzt der Schrei:

„Wo ist Crocket?“

Einen Augenblick lang lauscht Crocket, dann zuckt er mit den Schultern.

„All right, Bill, ich werde im Big Nugget sein!“

Tom Crocket eilt davon, und Bill Murphy tritt wieder auf die Straße. Noch hat die Menge keinen Führer, der sie leitet. Aber man kann nicht sagen, was geschehen wird, wenn er auftaucht.

Der Schatten von Richter Lynch lagert drohend über dem Camp.

Gesetz der Banditen: Western Bibliothek 15 Romane

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