Читать книгу Gesetz der Banditen: Western Bibliothek 15 Romane - Pete Hackett - Страница 25
Оглавление14
Der Himmel ist mit kalten, kristallklaren Sternen bestickt, als Bill von den Schürfstellen heraufkommt.
Aus der Hütte der Winters' fällt rötlicher Lichtschein. Im Vorbeigehen schreitet Bill unwillkürlich näher heran. Er hält jedoch inne, als er an der Ecke der Hütte eine Bewegung vernimmt.
Es sind zwei Gestalten, die Arm in Arm gehen. Sie kommen ein Stück auf ihn zu und schlendern dann den gleichen Weg wieder zurück: Zwei Menschen, die unter den Sternen spazieren gehen.
Bill hört Stimmen und erkennt sie auch: Mary Winters und Les Jarden.
Sein Blick ist düster, als er wieder in die Dunkelheit gleitet. Schließlich erreicht er den Big Nugget und drängt sich durch die Menge.
Ad Forsythe, der Spieler, hält am Farotisch die Bank. Kit Sanders hat wieder seinen Posten als Aufseher bezogen.
Sanders ist makellos wie immer gekleidet, aber die Spuren von Bills Fäusten sind noch in seinem Gesicht zu erkennen.
Bill kauft sich eine Zigarre, setzt sich auf einen Stuhl an der Wand und schickt sich an, die Zeit bis Mitternacht totzuschlagen und dann seinen Wachdienst anzutreten.
Les Jarden kommt herein, trinkt etwas an der Bar und wandert dann als Zuschauer von einem Pokertisch zum anderem. Schließlich landet er im hinteren Teil des Raumes, wo der Klavierspieler bereits wieder auf die Tasten hämmert und die Tänzer sich drehen.
Bill sieht von seinem verborgenen Platz aus zu, wie Jarden ein schlankes, dunkelhäutiges Mädchen anspricht und mit ihr tanzt. Der hässliche kleine Mann am Klavier beobachtet sie. Jedes Mal, wenn sie vorbeikommen, beginnen seine Augen zu glitzern.
Dann ist der Tanz zu Ende.
Jarden schlendert wieder an den Spieltischen vorbei und schiebt sich nach einer Weile durch die Vordertür hinaus.
Danach verlässt das dunkeläugige Mädchen die Tanzfläche, geht zur Tür des Nebenzimmers, klopft an und tritt ein. Nach etwa zwei Minuten kommt sie wieder heraus. Auf dem Weg zur Tanzfläche bleibt sie einen Augenblick am Farotisch stehen. Offenbar teilt sie Sanders etwas mit, denn er blickt sie an und nickt.
Dann lässt er sich von seinem hohen Aufpasserstuhl heruntergleiten, tritt an den Pokertisch und klopft einem anderen Angestellten des Saloons auf die Schulter. Der Mann nimmt jetzt den Platz im Aufpasserstuhl ein, während Sanders in das Nebenzimmer geht.
Das alles ist beiläufig und unauffällig geschehen, wenn auch nicht unauffällig genug für einen Mann, der die ganze Szene aufmerksam und nachdenklich beobachtet hat.
Aber vielleicht hat er sich nur etwas eingebildet, denkt Bill zornig. Er verflucht Les Jarden, weil er ihn im Sternenlicht mit Mary Winters hat spazieren gehen sehen und dieser dann gleich darauf mit dem Tanzhallen-Girl getanzt hat.
Bills Zigarre erlischt, und der Geschmack liegt ihm säuerlich auf der Zunge.
Er zertritt den Stummel unter dem Absatz, steht auf und macht sich auf den Weg zu den Claims, obwohl sein Dienst dort erst in zwei Stunden beginnt.
Er spürt eine merkwürdige Unrast — und quälendes Unbehagen, das allmählich zu einem Aufruhr in seinem Innern wird.
Während er so dahingeht, kristallisiert sich aus seinen wirren, bekümmerten Gedanken eine klare Überzeugung heraus. Er kann nicht einfach weitermachen, ohne dass sein Denken und Handeln übereinstimmen. Er muss eine Entscheidung treffen. Entweder trennt er sich endgültig von Tom Crocket und verlässt die Missoula-Gulch mit der ersten abgehenden Post, oder er muss ein für allemal hinnehmen, was Crocket tut, und seine Zweifel und sein leises Misstrauen über Bord werfen. Es ist ihm nicht gegeben, etwas Halbes zu tun.
In der Hütte der Winters' brennt noch Licht, und von einem Impuls getrieben, geht er hin und klopft an die Tür.
Das Stimmengemurmel im Innern verstummt. Mary Winters öffnet die Tür.
Das Licht fällt voll auf Bill. Er hört, wie das Mädchen bei seinem Anblick schneller atmet.
Sie wird steif und sagt:
„Das muss wohl ein Irrtum sein. Sind Sie nicht an einer falschen Tür?“
„Kein Irrtum“, erwidert Bill ruhig. „Ich möchte mit Ihnen und Ihrem Vater sprechen. Hoffe, Sie sind allein.“
„Wer ist es, Kind?“, fragt Winters. „Und was will er?“
„Es — ist Mister Murphy, und er sagt, er will mit uns sprechen, Dad.“
Ein Stuhl ruckt polternd.
„Murphy? Ist das etwa der Kerl, von dem Jarden sagt, er sei Crockets rechte Hand? Er soll sich zum Teufel scheren. Keiner von Crockets verdammten Hunden betritt diese Hütte!“
Mary will schon wieder die Tür schließen.
„Sie hören es selbst“, murmelt sie.
„Nein!“
Bill streckt die Hand aus und schiebt die Tür wieder auf. Dann tritt er ein, schließt die Tür und lehnt sich mit dem Rücken dagegen.
„Nein!“, wiederholt er. „Sie müssen mich anhören!“
Er hört das Klicken eines Revolverhahns und blickt in die Mündung des Colts, den Clem Winters auf ihn gerichtet hat.
„Raus!“, befiehlt der alte Miner drohend. „Ich blase Sie auf der Stelle weg, wenn Sie nicht gehorchen. Ich will keinen verdammten Crocket-Spion in meiner Hütte haben. Raus, Mister, und ich zähle nicht bis drei!“
Bill starrt in die zornigen Augen des Alten und erkennt, dass er seine Drohung ernst meint.
„Sie würden mich also erschießen, und die Männer im Camp würden ihren Beifall dazu geben. Aber sagen Sie mir, was das für einen Sinn haben soll? Hören Sie mir zu, Winters — es dürfte sich für Sie lohnen.“
„Sie müssen doch einen Colt bei sich haben!“, schreit Winters. „Ziehen Sie, damit ich die Sache beenden kann!“
Er macht eine leichte, stoßende Bewegung mit der Waffe, aber das Girl ruft leise:
„Nein, Dad! Warte! Es kostet dich nichts, ihn anzuhören!“
Clem Winters' Mundwinkel zucken. Er senkt die Waffe ein wenig.
„Ich wüsste nicht, was mit ein Crocket Mann zu sagen hätte. Aber wenn du willst, Mary — well. Doch er soll verdammt rasch machen.“
Sehr aufrecht steht Mary da und schaut Bill anklagend an.
„Sie verstehen, dass ich die Gefühle meines Vaters voll und ganz teile“, murmelt sie. „Aber um zweier Freundlichkeiten willen, die Sie mir erwiesen haben, will ich Ihnen die Chance geben.“
Bill neigt den Kopf.
„Sie haben eine Verfügung aus Timber Lodge mitgebracht. Diese Verfügung befiehlt Tom Crocket, alle Arbeiten an einem gewissen strittigen Claim einzustellen, bis der Anspruch vor dem zuständigen Gericht geprüft worden ist. Stimmt das?“
Schrecken blickt aus den geweiteten Augen von Clem und Mary Winters.
„Ich — ich weiß nicht, wie Sie das erfahren haben können“, stammelt das Mädchen. „Aber angenommen, es gibt einen derartigen Gerichtsbeschluss — was weiter?“
„Um Geltung zu bekommen, müsste die Verfügung von einem anerkannten Vertreter des Gesetzes zugestellt werden. Wer wäre das in diesem Falle?“
„Well, natürlich der Schiedsmann — Tim Cooley. Ich will ihm die Verfügung morgen früh geben und ihn bitten, sie zuzustellen.“
Ein Schatten legt sich über Bills Gesicht.
„An Ihrer Stelle würde ich das nicht tun, Miss Winters.“
„Was soll das sein? Eine Drohung?“, grollt der alte Winters.
„No, nur ein wohl gemeinter Rat.“
„Ein Rat von einer Kreatur Crockets?“, ruft der Alte empört. „Damit Tom Crocket noch mehr Zeit bekommt, meinen Claim mit seinen verdammten Schlemmkästen auszuplündern? Sie halten mich wohl für einen riesengroßen Narren, wie?“
„Sie sind ein Narr, wenn Sie die Verfügung Cooley in die Hand geben“, erwidert Bill grimmig. „Cooley ist kein Sheriff oder Marshal. Er ist überhaupt kein Mann des Gesetzes. Er nennt sich Schiedsmann und trägt einen komischen Stern spazieren, um Eindruck zu schinden. Aber der Stern besagt nichts. In diesem wilden Camp gibt es kein Gesetz. Das hier ist ein Ort, wo irgendein Kerl auftauchen und behaupten kann, sogenannter Schiedsmann zu sein. Solche Kerle rechnen auf die Einfältigkeit der schwitzenden und schuftenden Goldgräber. Well, es heißt, Richter Ormond in Timber Lodge habe Cooley hergeschickt. Aber wahrscheinlich ist das nur ein Trick. Sie sollten sich einmal gründlich informieren, Mister Winters, ehe Sie Tim Cooley Vertrauen schenken. Denn wenn Sie Cooleys komische Figur als Schiedsmann oder gar Gesetzesvertreter ansehen, sind Sie wirklich ein hirnverbrannter Narr. Cooley wird die Verfügung nie zustellen, und Sie werden sie vermutlich auch nie wiedersehen.“
„Er wird sie zustellen“, knirscht Clem Winters. „Er wird sie zustellen müssen. Er hat keinen anderen Weg. Sie können jetzt zu Ihrem Boss zurückgehen und ihm sagen, er soll sich einen besseren Plan ausdenken.“
Bill hat bereits erkannt, dass es keinen Sinn hat, den alten Miner überreden zu wollen. Deshalb wendet er sich wieder an das Girl.
Sie scheint seine Gedanken erraten zu haben, denn sie schüttelt den Kopf, noch ehe er spricht.
„Nein, ich werde Dad nicht überreden. Ich teile sein Misstrauen.“
In ihren Augen entdeckt er eine abweisende Kühle, die er in den ersten beiden Tagen ihrer Bekanntschaft nicht gesehen hat. Er zuckt die Achseln und wendet sich ab.
„Well, dann tut es mir leid, dass ich gestört habe.“
Die Tür schließt sich hinter ihm. Bill tritt in die Dunkelheit hinaus.
Nun ist er zum ersten Mal in seinem Leben seinem Boss untreu gewesen, und bei diesem Gedanken zuckt er zusammen.
Düster und von bitteren Gedanken erfüllt, schlendert er zu den Schürfstellen weiter.