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Bill erwacht, als der Sonnenschein durch das Fenster über seinem Bett fällt.

Er zieht sich an und schlendert in den Hauptraum der Poststation. Dort findet er Ben Cox in ernstem Gespräch mit mehreren Männern. Einer davon ist der schwarzbärtige Barney Fox.

Auch Clem Winters ist gekommen. Er steht, auf einen Stock gestützt, in der Gruppe.

Das Gespräch bricht ab, als Bill hereinkommt. Die Männer betrachten ihn mit ernstem Respekt.

„Lassen Sie sich nicht stören, Gentlemen“, sagt Bill ruhig. „Ich wollte nur feststellen, ob unser Gefangener noch bei uns weilt. Und dann möchte ich frühstücken.“

„Der Gefangene ist noch da“, nimmt Ben Cox das Wort. „Frühstücken Sie, Bill, und kommen Sie dann wieder her. Wir wollen die ganze Geschichte hören, ehe wir in einer sehr wichtigen Angelegenheit eine Entscheidung treffen.“

Nach einer halben Stunde kommt Bill zurück.

Die Gruppe bewegt sich unruhig, und Barney Fox räuspert sich.

„Ben hat uns gesagt, dass Sie mit Crocket in Streit geraten sind. Wie kam das, Mister Murphy?“

Bill überlegt ruhig.

Dann sagt er:

„Nehmen Sie an, dass mir Crockets Geschäftspraktiken nicht mehr zugesagt haben. Ich hoffe, Sie glauben mir diesmal, Fox. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass ich mit Crocket fertig bin, aber Sie scheinen mir nicht zu trauen, wie?“

Barney Fox wird rot.

„Sie haben seither mehr als nur das bewiesen“, gibt er zu. „Sie meinen, Crocket hat auch den verfluchten Killer Bully Girard auf Sie gehetzt?“

„Yeah“, erwidert Bill.

„Sie haben uns zweifellos einen großen Gefallen getan, indem Sie die Goldladung zurückholten. Falls Sie es nicht wissen sollten: Es war für rund fünfzigtausend Dollar Gold. Ich möchte aber nur wissen, ob Sie die Sache im Interesse von Recht und Ordnung unternommen haben, oder ob es bloß Ihre persönliche Vergeltung gegen Crocket sein soll.“

„Die Affäre zwischen Crocket und mir ist eine Sache von Mann zu Mann, und ich hoffe, sie auch so zu beenden.“

Bill schweigt einen Augenblick. Dann fährt er fort:

„Und wegen des Goldes — well, ich habe gesehen, wie ein tapferer Mann — Bob Porter — schwer angeschossen hier ankam. Und wenn ich auch kein Heiliger bin, so bin ich auch kein verdammter Dieb und Räuber. Aber Sie sprechen ja so, als steckte Crocket hinter diesem Überfall?“

Barney Fox zuckt die Schultern.

„Der Raubüberfall wurde von Crockets Leuten ausgeführt. Das passt auch zu anderen Dingen, die er getan hat. Wir wollen jetzt endlich was dagegen unternehmen.“

„Schätze, das hätten Sie längst tun sollen“, meint Bill trocken.

Wieder zuckt Barney Fox mit den Schultern.

„So leicht ist das nicht, Mister. Jeder Miner denkt zunächst an sich selbst. Auch waren keine Beweise da — wie steht es damit?“

Bill dreht sich eine Zigarette und beginnt zu berichten. Er spricht auch von dem damaligen Überfall auf die Postkutsche und von jener achtlos weggeworfenen Patronenhülse, die er fand.

„Die Patrone gehört zu einem russischen Vierundvierziger“, fährt er fort. „Zu einer Waffe also, die in dieser Gegend nicht üblich ist. Als ich dann mit Sanders in Streit geriet und ihm seinen Colt abnahm, sah ich, dass es ein Vierundvierziger war. Kennt jemand von euch andere Vierundvierziger, die hier verwendet werden? Nein? Well, dann merkt euch einmal diese Tatsache.“

Er sieht sich im Raum um und bemerkt, wie gespannt ihm alle zuhören. Nur Clem Winters fehlt jetzt. Wahrscheinlich ist er in seine Hütte gegangen, um sich auszuruhen.

„Jetzt will ich euch noch ein Ding erzählen“, fährt Bill fort. „In jener Nacht, da Klaus Lehrmann ermordet wurde, hatte Curly Bolan Wachdienst bei Crockets Schlemmkästen. Er ist für eine volle Stunde von dort verschwunden. Und Bolan ist für seine Messerarbeit bekannt — ich kann da mitreden.“ Er greift an sein verbundenes Handgelenk.

Ein Seufzer scheint durch die Menge zu gehen.

Barney Fox knurrt:

„Vielen Dank, Murphy ... Jetzt wird es ernst. Wollen Sie mitmachen?“

Bill weiß, was Fox damit sagen will. Die Ereignisse haben ihren Höhepunkt erreicht. Aber das Ende ist nicht seine Sache. Das ist eine Sache des Miner-Gerichtes.

Er schüttelt den Kopf.

„Das ist Ihr Spiel, Gentlemen, viel Glück!“

Bill geht, und die Miner beratschlagen erregt weiter.

Schließlich hebt Barney Fox ruheheischend die Hand.

„Bedenken wir noch einmal die Tatsachen. Keiner von uns möchte einen Fehler machen, den wir dann bedauern müssen. Aber etwas muss geschehen. Ihr habt eben Murphy gehört. Was er uns über den Postkutschenraub gesagt hat, schafft einen bestimmten Verdacht; ebenso verhält es sich mit dem, was er über den Mord an Klaus Lehrmann berichtet hat.“

„Verdammt richtig, Barney“, wirft ein Miner lärmend ein. „Aber es ist doch nur ein Indizienbeweis. Ich handle aber nicht, bis wir einen echten Beweis haben!“

„Klar, du hast absolut recht, Sam“, gibt Barney Fox zurück. „Wir brauchen echte Beweise. Wir kommen damit zu dem letzten Überfall, bei dem Bob Porter beraubt und tödlich verwundet wurde. Wir wissen, was Murphy getan hat und wen er bei dem geraubten Gold fand: Curly Bolan. Kein Gericht der Welt würde einen besseren Beweis verlangen als diesen. Wir haben zwar nur den Verdacht, dass Curley Bolan an dem Postraub und an der Ermordung von Klaus Lehrmann ebenfalls beteiligt ist, aber wir wissen sicher, dass er geholfen hat, Bob Porter zu ermorden und zu berauben. Und das ist ein Verbrechen, für das er den Strick verdient. Hat noch jemand etwas zu sagen?“

„Und wenn wir noch tausend Jahre beraten würden, könnten wir keinen klareren Beweis bekommen“, sagt Ben Cox mit ruhiger Bestimmtheit. „Barney Fox hat recht, Jungens: Bolan soll hängen.“

„Wir stimmen ab“, sagt Barney Fox. „Meine Stimme ist ja.“

„Und meine auch“, stimmt Ben Cox zu.

„Und meine ebenfalls“, erklärt ein dritter.

Auf einmal kommt es über diese Gruppe von rauen, grimmigen Männern, wie es über Dutzende ähnlicher Gruppen in Dutzenden von Goldgräbercamps gekommen ist — lange bevor man etwas von der Missoula-Gulch gehört hat. Es ist die unvermeidliche Rebellion der guten und anständigen Menschen gegen die schlechten. Es ist der uralte Instinkt von Gesetz und Ordnung gegen Untaten und Verbrechen.

Es ist jener Instinkt, der es den Menschen überhaupt erst ermöglicht, in einer gesicherten Gemeinschaft zu leben. Es ist ein Grundstein jeglicher Zivilisation.

Sie sind keineswegs leichtfertig, als sie ihre grimmige, aber notwendige Entscheidung fällen. Schultern straffen sich, Köpfe erheben sich, und eine seltsame, unergründliche und furchtlose Ruhe zeigt sich in ihren Blicken.

Die Tat, die sie begehen wollen, bürdet eine unabwälzbare Verantwortung auf ihre Schultern — eine Verantwortung gegenüber sich selbst, gegenüber ihren Mitmenschen und gegenüber dem Urteil der Geschichte. In feierlichem Ernst nehmen sie die Verantwortung auf sich.

„Der Querbalken an meinem Corraltor wird genügen, Leute“, erklärt Ben Cox.

Als Bill die Poststation verlassen hat, geht er zum Store und setzt sich in die Sonne.

An der Wand lehnend, dreht er sich eine Zigarette.

Er weiß, welche düstere Entscheidung in der Poststation gefällt wird. Vielleicht reden die Miner noch ein wenig hin und her, aber die Entscheidung ist für sie bereits gefallen.

Bill schaut die Straße entlang.

Eben kommt Tim Cooley, der Schiedsmann, aus dem Big Nugget.

Und jetzt tritt der grauhaarige, hagere Clem Winters aus seiner Hütte. Cooley scheint ihn nicht beachten zu wollen, aber Winters ruft ihn an.

Cooley macht eine ungeduldige Geste, aber dann wartet er doch, bis Winters herangehinkt kommt.

Bill kann die Fragen des alten Winters deutlich hören.

„Wann werden Sie die Gerichtsverfügung zustellen, Cooley? Tom Crocket hat die Schlemmkästen wieder in Gang gebracht, und jede Minute, die das Wasser läuft, bedeutet Dollars, die mir Crocket stiehlt. Tun Sie etwas und stellen Sie ihm die Verfügung zu.“

Tim Cooleys Antwort klingt spöttisch, und überlegen.

„Wovon sprechen Sie, Winters? Ich weiß nichts von einer Verfügung, Mann!“

Bill sieht, wie Winters' Kinn herunterklappt und sich das Gesicht des Alten in wütendem Zorn verzerrt. Seine Worte klingen fast wie ein Schrei.

„Sie wissen verdammt genau, wovon ich rede, Cooley! Sie wissen von der Verfügung! Ich habe sie Ihnen selbst in die Hand gegeben!“

„Sie haben wohl den Verstand verloren, Winters“, höhnt Cooley. „Ich weiß von keiner Verfügung und will auch nichts davon wissen. Selbst wenn ich so 'nen Wisch besäße — ich bin schließlich kein Gesetzeshüter.“

Damit dreht er sich um und geht davon.

Bebend vor hilflosem Zorn starrt ihm Clem Winters nach. Dann lässt der alte Mann die Schultern sinken. Er schwankt leicht.

Eine schlanke Gestalt kommt aus der Hütte gelaufen, Mary Winters. Sie eilt zu ihrem Vater und legt stützend den Arm um ihn.

„Was, ist los, Dad? Was hat Tim Cooley gesagt?“

„Ich war ein Narr, Mädel; ich hätte auf diesen Bill Murphy hören sollen. Er hat gesagt, dass wir die Gerichtsverfügung nie wiedersehen würden, wenn Cooley sie einmal in die Hand bekommen hat. Cooley hat eben behauptet, er wisse nichts von dieser Verfügung. Er hat mich verhöhnt und ausgelacht. Ich sei ein verrückter alter Narr, hat er gesagt, und er hat wohl recht. Es sieht so aus, als ob für uns hier alles zu Ende wäre, Kind.“

Bill wünscht sich weit weg. Er will dieses Gespräch nicht hören.

Er wäre davongeeilt, wenn das Girl sich nicht plötzlich umgedreht hätte und zu ihm hingelaufen wäre. Ihre Augen blitzen durch die Tränen.

„Ich ... ich glaube, Sie lachen uns auch aus“, sagt sie anklagend. „Weil wir Ihnen nicht glauben wollten, weil wir so dumm waren. Ich glaube, das amüsiert Sie ... Sie ...“

Ihre Stimme scheint zu versagen.

„Natürlich amüsiert mich das keinesfalls, und ich lache Sie auch nicht aus, Mary Winters. Es ist nicht sehr freundlich, dass Sie solche Dinge sagen. Ich habe Ihnen, glaube ich, nie Grund für die Annahme gegeben, dass ich Sie auslachen oder mich über Ihr Unglück freuen könnte.“

Er will sich abwenden, aber sie legt ihm die Hand auf den Arm.

„Warten Sie bitte.“ Sie ringt nach Worten. „Ich habe das nicht so gemeint — wirklich nicht. Es ist nur, weil ... weil alles so schiefgegangen ist und ich nicht weiß, wohin ich mich wenden soll. Dad und ich, wir haben so bestimmt geglaubt, dass das Gesetz uns schützen würde. Wir dachten, in diesem Camp ...“

„Woanders würde es auch so sein“, unterbricht Bill ruhig und ernst. „Aber hier gibt es noch kein Gesetz. Tim Cooley tut manchmal so, als sei er ein Sheriff und als vertrete er das Recht, aber in Wirklichkeit ist er einer von Crockets Männern. So etwas ist in den wilden Goldgräbercamps noch möglich. Aber das wird sich ändern, sehr bald.“

Sie schaut ihm voll in die Augen, und Bill ist davon überzeugt, dass er nie so schöne, tränennasse Augen gesehen hat.

Jetzt klingen ihre Worte schlicht.

„Ich habe kein Recht, etwas von Ihnen zu erbitten, Bill Murphy, aber Sie sind der Einzige, an den ich mich wenden kann. Gibt es nicht irgendeinen Weg, wie Sie uns helfen könnten? Ich bitte nicht für mich, sondern für meinen Vater. Er ist alt und müde, und der Claim, den ihm Crockett gestohlen hat, ist die Chance, nach der er sein Leben lang gesucht hat. Er bedeutet so viel für ihn, und wenn er ihn verliert, dann ... dann fürchte ich, dass er die Missoula-Gulch nicht mehr lebend verlassen wird. Ich hoffe, Sie verstehen ...“

„Yeah“, erwidert Bill zart. „Ich verstehe. Ich werde tun, was ich kann. Führen Sie Ihren Vater in die Hütte zurück und behalten Sie ihn dort. Und trauen Sie keiner Menschenseele im Camp — außer Ihrem Vater. Machen Sie das auch Ihrem Dad begreiflich. Er darf seine zukünftigen Pläne mit keinem außer mit Ihnen oder mit mir besprechen.“

Die Eindringlichkeit seiner Worte überrascht sie. Es ist so, als spüre sie einen verborgenen Hinweis hinter den Worten.

Sie furcht nachdenklich die Stirn.

„Les Jarden kommt häufig zu meinem Vater, und sie sprechen, miteinander von seinen ...“

„Besonders Les Jarden dürfen Sie nicht trauen“, unterbricht Bill das Mädchen. „Sie werden mir das versprechen müssen, wenn ich Ihnen helfen soll. Denken Sie daran: Ich hatte auch mit der Verfügung recht. Und bezüglich diesem ... Jarden ist es ebenso.“

Lange blickt sie ihn an.

Dann nickt sie.

„Gut. Kein Wort zu irgendjemand — außer zu Ihnen, Dad und mir selbst. Und — vielen Dank, Bill Murphy!“

Es scheint die natürlichste Sache der Welt zu sein, dass sie ihre Hand länger als üblich in der seinen liegen lässt.

Bill lächelt auf sie herab.

„Es könnte einige wilde, böse Tage in diesem Camp geben. Warten Sie mit Ihrem Urteil, bis Sie die ganze Wahrheit und alle Tatsachen kennen. Sonst werden Sie mich wahrscheinlich am Ende hassen, Mary Winters. Well, jetzt gehen Sie. Und wenn Sie in den nächsten Stunden ein wildes Grollen hören sollten — etwa so, als ob ein verrücktes, riesiges Untier durch das Camp rast, dann schauen Sie nicht heraus. Versprechen Sie mir das?“

Ihre Augen sind sehr groß und sehr ernst.

„Ich verspreche es. Sie ... Sie wollen damit etwas Schreckliches andeuten, was geschehen könnte?“

Er lächelt hart.

„Yeah, etwas Schreckliches — aber es ist bestimmt gerechtfertigt.“

Sie zögert noch einen Augenblick lang. Ihre Finger krampfen sich um seine Hand.

„Sie werden sehr vorsichtig sein, nicht wahr?“, fleht sie. „Wenn Ihnen etwas zustoßen würde — ich weiß nicht ... ich weiß nicht ...“

„Ich werde vorsichtig sein“, verspricht er. „Das ist eine alte Gewohnheit von mir. Aber jetzt gehen Sie.“

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