Читать книгу Gesetz der Banditen: Western Bibliothek 15 Romane - Pete Hackett - Страница 26

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15


Mitternacht.

Jack Case und seine Leute verlassen ihre Wachschicht.

„Alles ruhig“, meldet Case.

Dann übernimmt Bill die Wache mit seiner Gruppe: Tappan, Sharpe und Bürge.

Bill kauert sich auf die Hacken nieder und stellt den Rockkragen hoch. Er raucht eine Zigarette nach der anderen und ringt mit seinem Problem.

Ein schwacher, aber beißend kalter Wind weht von dem dunklen Massiv der Shoshone-Mountains herüber. Dann und wann werden einzelne Fetzen des Klavierspiels aus dem Saloon herübergeweht. Endlich verstummen auch diese Laute.

In Big Nugget wird es dunkel, und die Stille der Nacht ist vollkommen — bis auf das Gurgeln und Rauschen des Wassers und den gelegentlichen Schrei eines Waldvogels, der irgendwo in den Bergen sein heiseres Nachtlied singt.

Eine der kalten, leeren Morgenstunden verstreicht.

Plötzlich hört Bill, wie Bürge zu seiner Linken jemand scharf anruft. Er ist sofort hoch und starrt in die Dunkelheit. Dann gleitet er langsam auf Bürge zu. Er ruft den Mann an, und dieser antwortet.

„Was war es?“, fragt Bill, als er herankommt.

„Stiefel, die auf dem Kies knirschten“, erwidert Bürge. „Drüben beim Kopf der Schlemmkästen.“

„Wir wollen nachsehen“, brummt Bill und geht voran.

Sie schleichen beiderseits der Schlemmkästen entlang. Ihre Sinne sind geschärft, und alle paar Schritte halten sie inne und lauschen in die Nacht hinein.

„Alles ruhig“, flüstert Bürge. „Aber ich bin verdammt sicher, dass ich was gehört habe.“

Bill spürt ein seltsames Prickeln — eine instinktive Warnung. Wieder und wieder sucht er die Dunkelheit ab.

Bürge hat recht — etwas ist da draußen in der Nacht im Gange.

„Ich werde hierbleiben“, meint Bill. „Geh zu den anderen und halte sie zu größter Wachsamkeit an. Mach schnell!“

Bürge huscht davon.

Im gleichen Augenblick taucht aus dem Schatten der Schlemmkästen eine Gestalt hervor und wirft sich auf Bill Murphy. Ein wuchtiger Schlag mit einem keulenartigen Gegenstand verfehlt nur um Haaresbreite seinen Kopf, trifft aber dafür seine rechte Schulter und lähmt teilweise seinen Arm.

Ein heiserer, schriller Schrei durchschneidet die Stille, dann kommen von allen Seiten Männer herangestürmt.

Bill kann den Colt nicht ziehen, weil der wuchtige Schlag auf die Schulter seine rechte Hand für den Augenblick gefühllos gemacht hat. So gut es geht, wehrt er sich mit dem linken Arm.

Er fühlt, wie seine Faust trifft, und sieht eine schattenhafte Gestalt zu Boden sinken. Doch im nächsten Augenblick fallen die anderen schlagend und tretend über ihn her. Nur die große Zahl der Angreifer bewahrt ihn davor, zu Tode getrampelt zu werden.

Er liegt da und schleudert sich verzweifelt in das Gewirr von Stiefeln. Auf diese Weise bringt er einen ganzen Haufen zappelnder und fluchender Männer zu Fall. Als sie wieder auf die Beine kommen, steht er ebenfalls.

Kaum haben sie ihn entdeckt, als sie auch schon wieder wie ein Rudel Wölfe über ihn herfallen.

Er steckt einen ganzen Hagel von Faustschlägen ein und kann dann und wann selbst einen guten Treffer landen. Ein Mann flucht erstickt, als ihn Bills Faust ins Gesicht trifft. Er wendet die gleichen Waffen an wie seine Gegner. Einem anderen tritt er mit dem Stiefel wuchtig gegen die Kniescheibe, und der Mann sinkt stöhnend zu Boden.

Dann ruft an einer anderen Stelle bei den Schlemmkästen eine harte, dröhnende Stimme einen Befehl. Gleich darauf hört man krachende Schläge und das Splittern von Holz. Die nächtlichen Angreifer schlagen Crockets Schlemmkästen in Trümmer.

Dagegen kann Bill jetzt nichts tun. Er kämpft stumm und erbittert um sein Leben. Nur seine Zähigkeit und sein Mut halten ihn gegen diese Übermacht aufrecht, doch muss er ständig zurückweichen. Und plötzlich fällt der Boden schräg ab. Das bringt ihn einen Augenblick lang aus dem Gleichgewicht, und in diesem Moment kracht ihm ein schwerer Schwinger ins Gesicht. Er fällt hintenüber — und dann nimmt ihn die eisige Flut des Bergbaches auf und wirbelt ihn fort.

In dem wilden Durcheinander des Überraschungsangriffes hat Bill Murphy kein einziges Mal an die Nähe des Baches gedacht. Bei den Flüchen und dem Keuchen der Angreifer hat er auch das Gurgeln des Wassers überhört. Aber jetzt ist er darin, und der eisige Schock des kalten Wassers lähmt ihn.

Als er dann mit dem Kopf wieder an die Oberfläche kommt und die kostbare Luft in seine Lungen saugt, gewinnt er auch die Fähigkeit zurück, zusammenhängend zu denken.

Das hier ist seine einzige Chance zum Entkommen. Er ist nicht so dumm, sich blindlings wieder in den Kampf zu stürzen.

Das würde gar nichts nützen, denn dieser Kampf ist schon von Anfang an verloren gewesen.

Bill holt also tief Luft und überlässt sich der Kraft des Wassers, die ihn wieder in die Dunkelheit hineinträgt.

Eine Weile laufen die Angreifer am Ufer mit. Einer von ihnen stürzt sich sogar fast bis zur Hüfte in die eisige Flut und greift nach ihm, aber ein plötzlicher Wirbel reißt ihn weg.

Im nächsten Moment geht ein Hagelschauer von Knüppeln und Steinen auf ihn nieder, doch keines der Geschosse trifft ihn wirksam. Mit der Zeit wird Bill immer mehr aus der Reichweite der Männer getragen, und das Geschrei der Verfolger am Ufer wird leiser.

Endlich hört er eine triumphierende Stimme rufen:

„Der ist erledigt! Er war es schon fast, als er hineinfiel. Das Schneewasser wird ihm den Rest geben!“

Das könnte sehr leicht Wahrheit werden, fühlt Bill Murphy. Die eisige Kälte beißt sich tiefer und tiefer in seinen Körper, bis er das Gefühl hat, sein Herz müsse einfrieren.

Er wirft sich herum und beginnt nun mit der Strömung zu schwimmen. Sein linker Arm ist in Ordnung, aber der rechte funktioniert noch immer nicht richtig.

Bill erkämpft sich einen Weg schräg durch die Strömung, bekommt schließlich Boden unter die Füße und taumelt ans Ufer hinab. Keuchend und zitternd bleibt er dort liegen.

So kalt das Wasser auch gewesen ist — draußen scheint es noch kälter zu sein. Der Nachtfrost schneidet erbärmlich durch seine nasse Kleidung. Bills Zähne beginnen zu klappern, Schauer um Schauer rinnt durch seinen Leib.

Er muss aufstehen! Er muss sich bewegen — sonst ist er verloren!

Der kurze, aber wilde Kampf, die Schläge, die er einstecken musste, und die Eiseskälte des Wassers sind für ihn kraftraubender gewesen, als er im ersten Augenblick geglaubt hat. Er muss es zweimal und mit verzweifelter Anstrengung versuchen, ehe er auf die Füße kommt und stehen bleiben kann.

Selbst dann taumelt und schwankt er wie ein Betrunkener. Jeder einzelne Schritt erfordert Willensanstrengung. Er muss die Zähne fest zusammenbeißen, damit sie nicht unbeherrscht gegeneinander klappern. So macht er einen Schritt nach dem anderen, und jeder wird fester als der vorhergehende.

Die ersten hundert Yards fallen ihm am schwersten. Dann hat er so viel Kraft gesammelt, dass er in einen leicht schwankenden Trab fallen kann.

Nach weiteren hundert Yards nimmt die Gefühllosigkeit und Kälte etwas ab.

Er weicht den Zelten der Goldgräber aus, die auf der Uferterrasse verstreut stehen. Manchmal stolpert er über Erdhaufen, und einmal wäre er beinahe in einen offenen Schacht gestürzt.

Von einem Zelteingang her beginnt ein wach gewordener Miner misstrauisch zu fluchen und tritt mit dem Revolver in der Hand ins Freie. Aber da ist Bill schon in der Dunkelheit verschwunden.

Endlich hat er die Terrasse hinter sich und den zur Stadt führenden Hang erreicht. Jetzt rasselt sein Atem vor Anstrengung. Aber er saugt die Luft gierig ein und stapft hartnäckig weiter.

Das Wasser quietscht in seinen nassen Stiefeln, und die Kleider beginnen ihm am Leibe zu erstarren. Doch sein Herz schlägt hart und kräftig.

Die Town ist wie tot, und die Hütte liegt dunkel da, als er sie schließlich erreicht.

Nachdem er mit zitternden Fingern eine Streichholzschachtel auf dem Sims ertastet und die Kersosinlampe angezündet hat, sieht er, dass die Hütte leer ist. Er legt Fichtenholz in den Ofen und bringt ein Feuer in Gang.

Dann beginnen die Flammen zu prasseln. Bill zieht sich aus und reibt sich mit einem rauen Handtuch gründlich ab.

Nach einem Schluck aus der Whiskyflasche Crockets wickelt er sich in die Decken und kauert sich vor dem Ofen zusammen.

Nach einer Viertelstunde, als der Ofen schon eine tüchtige Hitze ausspeit, fühlt er sich so behaglich, wie das einem Mann nach einer solchen Rauferei nur möglich sein kann. Im Lampenlicht betrachtet er die Beulen, die er davongetragen hat. Seine rechte Schulter ist nicht mehr gefühllos, aber sie ist jetzt so steif geworden, dass er kaum den Arm heben kann.

Bill hängt seine Kleider rings um den Ofen. Sie beginnen sofort zu dampfen.

Zu seinem Erstaunen stellt er fest, dass er in dem Kampfgewühl seinen Revolver nicht verloren hat. Er ist im Hosenbund stecken geblieben. Und jetzt entlädt er die Waffe und lässt sie neben dem Ofen trocknen.

Schritte erklingen vor der Tür.

Sharpe und Tappan stolpern herein.

Sie sind beide zerschlagen und blutig und taumeln vor Erschöpfung.

Bill gießt ihnen einen tüchtigen Schluck Whisky in den Kaffee, und die beiden leeren dankbar ihre Tassen.

„Was ist mit Bürge?“, fragt Bill.

„Keine Ahnung. Habe nichts von ihm gesehen und gehört. Hatte auch keine Zeit, mich nach ihm zu erkundigen. Es war so, als hätten sich Hunderte auf Pete und mich geworfen. Hölle und Pest! Wir hatten keine Chance, zu ziehen, und es hätte auch 'nen Dreck genützt. Es waren einfach zu viele, und ich weiß jetzt noch nicht, wie wir mit heiler Haut herausgekommen sind. Was wird Crocket dazu sagen?“

„Wer schert sich darum, was er sagt?“, platzt Tappan heraus. „Wir haben unser Bestes getan, verdammt!“ Er wendet sich an Bill. „Murphy, kann ich noch eine Tasse von dem Zeug bekommen?“

Nachdem sich die beiden etwas erholt haben, meint Bill:

„Am besten legt ihr euch jetzt schlafen. Vor Tagesanbruch können wir ohnehin nichts unternehmen, und der Schaden ist schon passiert. Lasst mich nur mit Tom Crocket reden. Ich übernehme die Verantwortung.“

Als er allein ist, knetet er mit der linken Hand seine Muskeln, bis die schlimmste Steifheit geschwunden ist. Von Zeit zu Zeit dreht er seine Kleidungsstücke um und hält das Feuer im Gang.

Dann reinigt und ölt er seinen Colt und setzt ihn wieder zusammen. Aus einer Schachtel lädt er ihn mit frischen Patronen.

Das Tageslicht sickert schon in grauen Streifen durch das Hüttenfenster, als seine Kleider so trocken sind, dass er sie wieder anziehen kann.

Dann bereitet er sich ein Frühstück.

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