Читать книгу Gesetz der Banditen: Western Bibliothek 15 Romane - Pete Hackett - Страница 36
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Eine seltsame Stille hängt über dem Goldgräbercamp Missoula-Gulch.
Die Nachricht, dass die empörten Goldgräber zugeschlagen haben, ist schon durch das ganze Lager geeilt. Die Hinrichtung Curly Bolans ist vorüber.
Nur wenige Bewohner sind Zeugen des Vorfalls gewesen, aber als die Neuigkeit zu den Schürfstellen hinunter gelangt, hören die Miner für eine Weile zu arbeiten auf. Sie treten in kleinen Gruppen zusammen und diskutieren.
Eine Anzahl von interessierten Minern kommt zur Poststation und stellt dort Fragen.
Bill weicht diesen Männern aus und überlässt es Ben Cox und Barney Fox, sie aufzuklären.
Er selbst steht etwas abseits und beobachtet die Straße. Er weiß, dass inzwischen die Nachricht auch in den Big Nugget gelangt sein muss, und er fragt sich, wie man wohl dort darauf reagieren wird.
Einer Sache ist Bill völlig sicher. Wenn Crocket und seine Genossen erfahren, dass er Curly Bolan aufgespürt und ihm seine Beute abgenommen hat, wird die Horde nach seinem Skalp heulen ...
Eine weitere Stunde verstreicht.
Noch immer ist keine sichtbare Reaktion von Crockets Anhängern zu erkennen.
Bill schlendert zur Hütte der Winters. Les Jarden kommt gerade heraus. Sein Gesicht ist finster und zornig.
Bill ruft ihn an.
„Moment, Jarden!“
Der Mann dreht sich um.
Seine Haltung drückt Spannung und Abwehr aus. Sein Blick beginnt zu flackern, als ihn Bill fest ansieht.
„Das Miner-Geselz wird wahrscheinlich nach dem Grundsatz handeln, dass ein Mitschuldiger an einem Verbrechen ebenso den Strick verdient wie der Mann oder die Männer, die das Verbrechen tatsächlich begangen haben. Da das möglicherweise für Sie eine Bedeutung hat, Jarden, wäre es sehr weise, wenn Sie entsprechend handeln würden.“
„Ich ... ich weiß nicht, was Sie meinen“, erwidert Jarden verstockt.
Bill macht eine Geste offener Verachtung.
„Sie haben einem guten Mann einen Dienst erwiesen, als er am Boden lag, Jarden — ich meine damit Clem Winters. Sicherlich haben Sie nicht aus Herzensgüte gehandelt, sondern weil Sie dadurch in eine Position gerieten, in der Sie besser spionieren konnten. Aber ich will jetzt nur daran denken, dass Sie Clem Winters einige Tage erleichtert haben. Ich warne Sie also und betrachte damit jede Schuld als bezahlt, die Clem Winters Ihnen gegenüber noch haben könnte. Von jetzt an tragen Sie selbst die Verantwortung für das, was Ihnen geschieht. Noch ist der Weg über den Blizzard-Pass offen. Vielleicht ist er dann später für Sie nicht mehr.“
Jarden versucht sich aufzuplustern.
„Was Sie sagen, ergibt noch immer keinen Sinn für mich.“
Bill lacht hart auf.
„Ihr Typ ist doch überall der gleiche, Jarden. Sie bilden sich ein, so glatt und gewandt zu sein, dass niemand Sie durchschauen könnte. Well, hören Sie sich einmal Folgendes an:
Vier Männer hatten insgeheim beraten und beschlossen, einen Goldkurier auf selten begangenem Weg auszusenden. Und ausgerechnet auf diesem Weg wurde der Kurier aufgehalten und erschossen. Einer dieser Männer muss also den Plan verraten haben: Ben Cox, Barney Fox und Tim McCord kommen nicht in Frage. Wer bleibt da übrig, Jarden?“
Die Maske von Hochmut fällt jetzt. Les Jarden weicht zurück und leckt sich über die trockenen Lippen.
Dann wendet er sich plötzlich ab und rennt davon.
Bill geht zur Hütte und klopft an.
Mary Winters öffnet. Sie ist sehr bleich. Ihre Augen sind von innerer Spannung groß und dunkel.
„Ich habe Sie kommen sehen und auch gehört, was Sie zu Les Jarden gesagt haben“, gesteht sie. „Ist ... ist das wahr?“
Bill blickt sie an.
„Ich fürchte, ja. Es tut mir leid, dass Sie es hören mussten.“
Sie schweigt einen Moment, doch dann kommen ihre Worte stoßweise:
„Sie haben eben — einen Mann aufgehängt: Curly Bolan.“
Bill kann nicht sagen, ob der Ausdruck ihrer Augen Anklage, Abscheu oder nur Schreck bedeutet.
„Richtig“, murmelt er. „Und es werden vielleicht noch andere an die Reihe kommen. Es musste so kommen — schon seit Tagen lag das in der Luft. Es ist das Einzige, was die Miner tun können, um sich vor Mord und Raub zu schützen.“
„Ich ... ich bin an solche Dinge nicht gewöhnt“, sagt sie. „Aber ich werde versuchen, sie zu begreifen. Wollten Sie mit meinem Vater sprechen?“
„Wenn es möglich ist. Ich möchte ihn einiges fragen.“
Clem Winters sitzt auf seinem Stuhl in der Ecke. Niedergeschlagen lässt er den Kopf hängen.
Bill tritt neben ihn.
„Mister Winters, wenn ich Sie recht verstehe, waren Sie der erste Mann, der nach Andy Carrs Goldfund in das Camp gekommen ist. Das stimmt doch, oder?“
Clem Winters nickt schwer.
„Sie müssen ihn doch gut gekannt haben. Hatten Sie eine Ahnung davon, dass er den Entdeckungsclaim an Tom Crocket verkaufen wollte?“
Clem Winters Kopf fährt hoch.
„Das hat er niemals getan, zur Hölle, und ich hab's auch immer offen gesagt. Das war auch der Grund, weshalb man mir eines Nachts ein Messer in den Leib gejagt hat, als ich heimging. Deshalb und weil mir der erste Claim unterhalb der Entdeckermine gehört.“
Bill dreht sich eine Zigarette.
„Andy Carr ist ganz einfach zwischen Nacht und Morgengrauen verschwunden, wie?“
Winters ruckt ungeduldig in seinem Stuhl.
„Verdammt richtig!“, brummt er. „Mit Esel und Ausrüstung spurlos verschwunden. Aber das passt nicht zu allem anderen. Andy hatte eine Menge Freunde im Camp. Wenn er gegangen wäre, hätte er sich von seinen Freunden wenigstens verabschiedet. Aber nein: Er war plötzlich fort — wie weggeblasen! Hören Sie zu, Bill Murphy: Ich behaupte, Andy Carrs Knochen bleichen irgendwo in den Bergen — wie die von manchem anderen armen Teufel, der Crockets Habgier in den Weg geraten ist.“
Bill leckt sich bedächtig über die Oberlippe.
„Wieso haben Dorgan und Sie Fehler bei den Abmessungen Ihrer Claims gemacht? Das stimmt doch, oder?“
Clem Winters betrachtet Bill unter zottigen Brauen hervor.
„Wir haben keinen Fehler gemacht, zum Geier!“, stößt er heraus. „Jack Dorgan und ich, wir verstehen uns auf dieses Spiel so gut wie jeder andere. Wir wussten, dass wir etwas Gutes gefunden hatten, und waren daher doppelt vorsichtig. Aber was hat Crocket, dieser glatte Schakal, gemacht? Er hat Andys ursprüngliche Claimpfähle versetzt, und das hat natürlich den Eindruck erweckt, als ob Dorgans und meine Abmessungen falsch waren.“
„Ah, so einfach war das also?“
Clem Winters nickt grimmig.
„Yeah, so einfach. Und auf dieser betrügerischen Grundlage ist er über unsere Claims hergefallen. Jack Dorgan ist tot, und ich war nahe daran. Crocket konnte in aller Ruhe auch meinen Claim ausbeuten. Das konnten Sie ja sehen, wie?“
Bill nickt ernst.
„Als ich halbtot auf dem Rücken lag“, fährt Winters fort, „hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. Ich habe erkannt, dass ich anders vorgehen musste, wenn ich meinen Claim retten wollte, und beschaffte mir die gerichtliche Verfügung. Ich Narr musste sie aber gegen Ihren Rat diesem Schurken Tim Cooley ausliefern.“
Wieder lässt der alte Goldgräber hoffnungslos den Kopf sinken.
Mary geht zu ihm und legt ihm den Arm um die Schulter.
„Lass nur, Dad“, tröstet sie ihn. „Wir werden schon zurechtkommen.“
Bill tritt zur Tür.
Das Mädchen schaut ihm ins Gesicht, und sie scheint dort etwas zu sehen, was sie erschreckt.
„Wo gehen Sie hin?“, ruft sie aus.
„Ich will die Verfügung holen, wenn sie noch nicht vernichtet ist. Und wenn ich sie finde, wird eine Abordnung der Goldgräber die Verfügung zustellen.“
Es hat keinen Sinn, von der tödlichen Gefahr zu sprechen, die dieser Vorsatz für ihn bedeutet. Aber sie verlässt ihren Vater und läuft zu ihm hin.
„Nein!“, ruft sie. „Das dürfen Sie nicht! Sie ... Sie schulden uns nichts! Ich dulde nicht, dass Sie das für uns tun!“
Bill schaut auf sie hinab, und was er in ihrem Blick sieht, macht die harten Linien um seine Augen sanfter.
„Vielleicht schulde ich Ihnen mehr, als Sie glauben“, sagt er leise. „Es hat eine Zeit gegeben, in der mein Gefühl für die richtigen Werte ziemlich in Unordnung geraten war. Wenn ich Sie nicht kennengelernt hätte, wäre ich heute vielleicht nicht besser als Tom Crocket. Deshalb schulde ich Ihnen viel — und nicht umgekehrt.“
Dann tritt er ins Freie und zieht die Tür hinter sich zu.
Auf dem Weg zur Town kommt ihm Jack Case entgegen.
„Mann, du hast wirklich ein Feuer angezündet, als du Curly Bolan an den Strick brachtest!“, rief Case. „Crocket verliert in jeder Minute Anhänger. Tappan und Sharpe rücken ab. Sie wollen, dass ich mitkomme. Vielleicht haben sie recht. Was meinst du?“
Bill schüttelt den Kopf.
„Es ist nicht nötig, Jack. Ihr habt keine Verbrechen begangen.“
„Nein. Aber versuch doch, das den wild gewordenen Minern hier zu erklären! Wir haben für Tom Crocket gearbeitet, und das genügt. Bolans Lynchparty hat sie verrückt gemacht.“
„Es wird keine unüberlegten Handlungen geben“, erklärt Bill. „Vielleicht wäre es so gekommen, wenn das Miner-Komitee nicht gegen Bolan vorgegangen wäre. Aber wenn die Goldgräber sehen, dass ihr Komitee handelt, werden sie sich zurückhalten. Dank dem Komitee wird niemand gehängt werden, der es nicht wirklich verdient.“
„Du siehst so merkwürdig aus. Wo gehst du hin?“
Bill berichtet, und Case pfeift leise.
„Mitten ins Schlangennest. Ich komme mit. Du brauchst einen, der dir den Rücken deckt.“
„Das ist nicht deine Sache, Jack. Du schuldest mir nichts.“
„Falsch! Ich schulde dir eine Haut, die noch wasserdicht ist. Wenn du mich nicht mit dem Stuhl umgestoßen hättest, würde ich einen anständigen Teil der Schrotladung aufgefangen haben. Aber das ist jetzt nur die eine Seite der Sache. Ein- oder zweimal im Leben bin ich Männern begegnet, die ich leiden konnte — also, gehen wir.“
Bill zögert noch.
„Hast du einen Revolver?“
Case nickt.
„Klar, Partner, und auf meine Art bin ich damit gar nicht so schlecht.“