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Die Mitternachtssterne hängen hell und kalt am Himmel, als Bill die Höhe erreicht.

Der Staub auf dem Blizzard-Pass dämpft den Hufschlag seines Pferdes. Ziemlich langsam reitet er, denn auf dieser gefährlichen Fährte muss er jeden Schritt bedenken.

Von Zeit zu Zeit hält Bill an, steigt ab und zündet ein Streichholz an, um die Spur zu prüfen.

Schließlich stellt er fest, dass die Flüchtigen abgebogen sein müssen. Unruhig blickt er auf die dunkle Bergflanke zurück.

Das Land hat gewaltige Ausmaße. Er erkennt mit aller Deutlichkeit, dass er sich keine leichte Aufgabe gestellt hat. In den Bergen gibt es sicherlich tausend Verstecke.

Bei Tag würde alles einfacher sein. Aber ist es ratsam, bis zum Morgen zu warten?

Crocket und Sanders haben schon jetzt einen ziemlich großen Vorsprung. Jede weitere Stunde, die er zögert, kommt ihnen zugute und steigert seine eigenen Schwierigkeiten. Bei Tag können die Fliehenden den Verfolger sichten und ihm einen Hinterhalt legen.

Es ist wohl besser, sich auf Tim Cooleys Tipp zu verlassen und ohne Rücksicht auf die Fährte zum Weiß-Wasser zu reiten. Cooley wollte sich an Crocket rächen, und darauf konnte er nur hoffen, wenn er die Wahrheit sprach.

Auf der Höhe des Blizzard-Passes verlässt Bill den Weg. Tim McCord hat ihm Anweisungen gegeben, wie er reiten müsse, um den Oberlauf des Weiß-Wassers nicht zu verfehlen.

Stunden verstreichen.

Meile um Meile fällt hinter Bill zurück.

Endlich beginnt die Dämmerung über dem Bergrand aufzuglimmen. Und dann hört er weit vor sich das Dröhnen und Rauschen von Wasser — er ist am Ziel.

Als er vorsichtig an den Rand der Schlucht herangeritten ist, sieht er unter sich nur die schwarze Tiefe, und aus diesem düsteren Schlund tönt das Dröhnen des Wildwassers herauf.

Die Luft, die aus der Tiefe kommt, ist feucht und kalt.

Bill steigt ab und dreht sich eine Zigarette. Jetzt kann er nichts anderes tun, als das volle Tageslicht abwarten.

Bill reckt sich, steht auf und führt sein Pferd in die Deckung des Tamarack-Dickichts. Rehe huschen davon, und ein Falke fliegt von seinem Horst auf einer abgestorbenen Fichte auf.

Doch nirgends entdeckt Bill ein Zeichen von jener Bewegung, die er sucht. Nach all diesen Wahrnehmungen scheint er der einzige Mensch zu sein, der den Morgen in diesem Teil der Shoshone-Mountains erwachen sieht.

Zu seiner Rechten fällt der Canyon steil in die Tiefe ab, und zu seiner Linken dehnt sich eine Wildnis von Tamaracks und Espen, aus der jäh Felsklippen aufragen — wie Ruinenreste von Riesenburgen. Das ist eine wilde Landschaft, in der es gefährlich ist, die Spuren von rücksichtslosen, gejagten Männern zu verfolgen.

Bill geht zu seinem Pferd zurück und reitet nach Norden. Um größere Dickichte macht er einen Bogen, durch kleinere reitet er hindurch.

Er findet Fährten, aber sie stammen nur von Wild. Weiter und weiter reitet er nach Norden.

Zweifel steigen in ihm auf, und sie werden immer stärker.

Es ergibt allerdings keinen Sinn, dass Tim Cooley ihn belogen haben könnte. Sterbende, die ihre Rache erfüllt wissen wollen, lügen nicht. Sie lügen vielleicht, um ihre Rache zu vollstrecken, aber bestimmt nicht, um sie zunichte zu machen.

Wieder durchforscht Bill den Wald zu seinen Füßen, und dabei kommt ihm plötzlich ein neuer Einfall. Vielleicht sind Tom Crocket und Kit Sanders auf einem leichteren Weg zu ihrem Ziel geritten?

Er reitet also durch den Wald hinunter, und schon nach zweihundert Yards trifft er auf die frischen Spuren zweier Pferde, die schräg aufwärts durch den Wald nach Osten führen.

Bill zieht sein Gewehr aus dem Sattelschuh und legt es griffbereit über die Oberschenkel. Dann folgt er der Fährte. Tim Cooley hat ihn nicht belogen!

Als er sich dem Kamm von Neuem nähert, wird der Wald wieder lichter. Die Sonne ist jetzt aufgegangen und wirft goldene Lichtlanzen durch das Waldesinnere.

Bill zieht den Hut tiefer in die Stirn und späht gegen den heller werdenden Schein. Die Fährte führt weiter aufwärts zu einem schlammigen Espensumpf, aus dem Wasser in kleinen Rinnsalen abwärts läuft. So hat ihm McCord den Oberlauf des Weiß-Wassers beschrieben.

Die Fährte überquert den Sumpf und verschwindet jenseits davon zwischen zwei steilen Felswänden.

Bill verhält sein Pferd. Er kann nur erraten, was ihn dort drinnen erwartet. Er richtet sich ein wenig aus dem Sattel auf und gibt seinem Pferd die Sporen.

Der Canyon wird noch enger, und der Pfad, dem Bill folgt, düsterer.

Es ist eine wilde, einsame Landschaft. Hier, wo das Tosen des Baches alle anderen Geräusche übertönt, wird ein Gewehrschuss nur ein unbedeutender Laut sein. Hier kann ein Mann einen plötzlichen Tod sterben, und seine Gebeine können vermodern, ohne dass jemals ein Mensch etwas davon erblickt.

Der eisige Hauch höchster Gefahr streicht über Bill Murphy.

An einer Stelle drängt sich die Canyonwand so weit vor, dass der Weg direkt über dem schäumenden Wasser hängt. Dahinter beginnt sofort eine tiefe, enge Schlucht, die vom Hauptcanyon abbiegt. In diese Schlucht führt die Fährte.

Bill steigt ab, lässt sein Tier zurück und geht zu Fuß in die halbdunkle Kluft hinein. Das Dröhnen des Wassers ist jetzt eine Hilfe für ihn, denn seine Schritte müssen ungehört in diesem Lärm untergehen.

Er folgt dem gewundenen Lauf der Felsspalte, in deren Tiefe die Sonne nie hinunterreicht. An einer Stelle ist der Weg kaum zwei Yards breit.

Dann aber erweitert sich die Kluft zu einem Felsenbecken von etwa fünfzig Yards Durchmesser.

Bill stockt mitten in der Bewegung.

Im Becken stehen zwei Pferde. Eines, dem der Futterbeutel über der Nase hängt, kaut hungrig, während ein schlanker, immer noch tadellos gekleideter Mann dem anderen Tier eben den Futterbeutel umhängt.

Kit Sanders!

Es wäre für Bill leicht, Sanders auf der Stelle niederzuschießen. Bill weiß auch, dass Sanders in der umgekehrten Lage nicht eine Sekunde zögern würde.

Aber so verderbt Sanders auch ist, er hat nach Bills Ansicht ein Recht auf eine faire Chance. Deshalb tritt Bill zwei Schritte vor und aus der Deckung heraus.

Dann hallt seine Stimme über das Tosen des Wassers:

„Sie können aufgeben, Sanders — oder Sie könnten es versuchen! Die Wahl liegt bei Ihnen!“

Sanders fährt mit der Schnelligkeit einer überraschten Wildkatze herum, während seine Hand zum Colt zuckt.

Er hat den Lauf der Waffe schon hochgerissen, als Bill sein Gewehr abfeuert. Das Krachen seines Schusses ertönt nur um eine Winzigkeit vor dem kürzeren und trockenen Knall des Colts.

Bill fühlt den Hauch von Sanders' Kugel an seiner Wange vorbeifegen und hört das Blei gegen den Felsen klatschen. Dann sinkt Sanders zu Boden und bleibt zusammengekrümmt liegen.

Während das Echo immer von neuem durch das Becken hallt, läuft Bill schon vorwärts. Im Laufen stößt er eine neue Patrone in den Gewehrlauf. Er rennt an der liegenden Gestalt und den erschreckten Pferden vorbei.

Auf der anderen Seite des Beckens erhebt sich über zwei flachen, stufenartigen Felsleisten ein riesiger Felsblock, der in uralten Zeiten von der Höhe herabgestürzt ist. Jenseits dieses Felsens entdeckt Bill eine dunkle Öffnung in der Klippenwand.

Als er die Basis des Felsens erreicht hat, duckt er sich in die Deckung nieder und wartet.

Er hört Geräusche aus dem Höhleninneren über sich und riecht den Rauch von Holz und den Duft von bratendem Speck.

Eine Pfanne klirrt, und dann schreit Tom Crocket:

„Kit! Kit!“

„Tom, du wirst ohne Sanders auskommen müssen“, antwortet Bill mit schneidender Stimme. Wir beide sind allein. Nun rate einmal, wer hier spricht!“

„Murphy!“

Der Name kommt wie ein erstickter Fluch über Crockets Lippen. Dann folgt eine Kette von Verwünschungen, und schließlich ruft er:

„Du wirst kommen und mich holen müssen, Murphy!“

„Alles zu seiner Zeit, Tom — alles zu seiner Zeit“, spottet Bill. „Es gibt hier nur einen Ausgang, und du musst an mir vorbei. Ich habe viel Geduld, Tom, und viel Zeit. Der Tag ist noch jung, aber die Zeit wird vergehen, und wenn es dunkel ist, dann hole ich dich!“

Bill nickt leise vor sich hin, als er den schrillen Klang in Crockets Flüchen hört. Er hat diesen Ton schon bei vielen verzweifelten Männern gehört — bei Männern, deren Nerven am Zerreißen waren.

Bill höhnt weiter:

„Einmal war ein Mann so groß, dass er dachte, er könnte tun, was ihm beliebte, und keiner dürfte ihm etwas anhaben. Und trotzdem hatte er die ganze Zeit ein Versteck vorbereitet, falls er plötzlich fliehen müsse. Und bei seinem letzten Verrat glaubte er einen Komplizen tot zurückgelassen zu haben. Aber Cooley hat noch so lange gelebt, um mir von diesem Versteck zu erzählen. Und nun bin ich hier, Tom, und warte auf dich.“

Crocket antwortet nicht, und Bill spricht weiter:

„Ich bin nicht allein, Tom. Andy Carr ist bei mir, Jack Dorgan, Klaus Lehrmann und Bob Porter. Du hast doch nicht gemeint, du könntest ihnen allen entgehen, Tom?“

Der festgefügte Fels leitet jedes Geräusch weiter; Bill hört das leise Schnarren und begreift.

Er weicht ganz langsam von der Wand zurück, bis er gut zwei Yards von der Stelle entfernt ist, wo er zuerst gestanden hat. Dann wartet er.

Zuerst sieht er den Lauf des Colts, der zollweise über den Rand der Felsleiste gleitet — dann kommt der Hahn der Waffe in Sicht und die Hand, die den Kolben umspannt.

Unvermittelt tauchen dann Kopf und Schultern von Tom Crocket auf. Sein Arm schnellt über den Felsrand herab, während er Schuss auf Schuss dorthin jagt, wo Bill eben noch gekauert hat.

„Die falsche Stelle, Tom!“, ruft Bill als er den Abzugshahn seines Gewehres durchzieht ...

Gesetz der Banditen: Western Bibliothek 15 Romane

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