Читать книгу Hull Storys - Peter Empt - Страница 14
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Es wurde gemeldet, dass das Dinghy fertig an der Pier liegt. Robert konnte mit dem letzten Tageslicht das Dinghy nach Westchapel steuern. Sie verabschiedeten sich. Robert ließ die Motoren an, steuerte am East Boulevard entlang in den East-Channel und fuhr zum Central Place. Hier bog er ab in den Central-Channel und von dort steuerte er über den St. Andrew Sund Richtung Westchapel. Er spürte ein Glücksgefühl, das dem eines Kindes gleicht, das unverhofft ein wertvolles Geschenk erhält: das Dinghy eines Grandpa Knuth!
Inzwischen hatte die Dunkelheit eingesetzt. Robert machte das Dinghy am Boganson-Liegeplatz fest.
Am folgenden Morgen frühstückte Robert nicht zu Hause, denn er beabsichtigte heute bei Antonio im Amiral vorbeizuschauen, seine ausstehenden Schulden vom Vortag zu begleichen und auch hier wieder das Frühstück einzunehmen. Etwa um 10 Uhr ging er sorgfältig gekleidet zum Dinghy und nahm es bei Tageslicht noch einmal in Augenschein. Es zeigte geringe Gebrauchsspuren, technisch und optisch war es in einem guten Zustand. Die Überdachung des Vorderbootes hatte verhindert, dass der Steuerstand vom Morgentau so nass war wie der offene Teil des hinteren Bootes.
Er stieg ein, drückte den Starter beider Motoren, legte ab und fuhr langsam Richtung Hafenausfahrt. Die Motoren waren kaum zu hören, sodass Robert auf leisen Sohlen den Hafen verließ. Barny O’Brian bemerkte natürlich seine Ausreise, winkte ihm zu, hob anerkennend den Daumen. Barny registrierte, dass Robert das Auslieferungsdinghy seines Grandpa Knuth steuerte.
Im Sund sorgte ein frischer Westwind für eine unruhige Wasseroberfläche. Das flache Dinghy lief ziemlich nass bei höherer Geschwindigkeit. Robert drosselte das Tempo etwas und schon beruhigte sich das Boot. Er steuerte direkt den Central-Channel an. Im Channel deckte die Stadtbebauung den Wind ab und die Fahrt konnte im ruhigen Wasser fortgesetzt werden.
Gegen 11 Uhr erreichte er den Central-Place. Im Circle gab es Bootliegeplätze des Amiral. An einem freien Mooringplatz legte er mit dem Heck an. Robert ging durch die verwaiste Außengastronomie in den Innenraum des Amiral. Der weitläufige Raum war in verschiedene Ebenen aufgeteilt, die vom Eingang (Ebene 0) in den Innenraum in kleinen Stufen anstiegen. Auf den Ebenen gab es Sitznischen mit zwei, vier, sechs oder acht Sitzplätzen. Die raumhohen Fenster zum Central-Place und zum West Channel ermöglichten aus allen Sitzebenen einen Blick nach draußen. Das Interieur bestand aus hellen und dunklen Hölzern, waagerechten Linien aus hellem, senkrechte Linien aus dunklem Holz. Verschiedenfarbige Sitzflächen korrespondierten farblich mit Teppichböden und Lampenschirmmaterialien.
Robert nahm einen Platz auf der unteren Ebene, direkt an einem Fenster, bestellte ein Frühstück mit Tee, das von Antonio höchstpersönlich mit freundlichem Lächeln serviert wurde. Robert erhob sich, sie begrüßten sich mit Händedruck.
Antonio bemerkte: „Sie sehen entspannt aus Robert! Ich nehme an, dass der gestrige Tag für Sie gut verlaufen ist!“
Robert meinte erleichtert: „Alles gut, wirklich zu meiner Zufriedenheit. Und natürlich herzlichen Dank an Sie und Ihren Sohn für die spontane Hilfe. Ihren Sohn wollte ich mit etwas Geld belohnen, er hat es aber nicht angenommen!“
Antonio nickte stolz: „Ja, so haben wir unsere Kinder erzogen!“
„In der gestrigen Aufregung habe ich das Frühstück nicht bezahlt!“
Antonio winkte ab: „Werden Sie uns des Öfteren als Gast besuchen?“
„Ich wohne in Westchapel, aber wenn ich in der Stadt zu tun habe, will ich bei jeder Gelegenheit Ihr freundliches Restaurant aufsuchen!“, erklärte Robert.
Antonio strahlte: „Dann schlage ich vor, dass wir ein Kundenkonto für Sie einrichten. Ihre Verzehrkosten fakturieren wir monatlich und per Bankeinzugsverfahren rufen wir die Beträge von Ihrem Konto ab. Per E-Mail erhalten Sie eine detaillierte Auflistung Ihrer Verzehre.“
„Sehr gut, Antonio, damit können wir sofort beginnen!“
„Ich bereite das vor und inzwischen wünsche ich guten Appetit zum Frühstück!“, sagte Antonio und entschwand.
Robert genoss das Frühstück und beobachtete die Bewegungen von Menschen und Booten auf der Pier und auf dem Wasser. Er überlegte, wie er den Tag weiter gestalten wollte.
Als Erstes lag ihm daran, das Finnly-Stadthaus zu sehen und die Finnly-Yachtpier davor in der Westbay. Dann wollte er in der Westbay weiter südlich zum Westcorner fahren und schauen, ob Beccy Balmore im Westcorner-Inn Zeit für einen Plausch hätte.
Antonio steuerte in Begleitung einer vornehm wirkenden Dame in Antonios Alter seinen Tisch an.
„Darf ich vorstellen? Meine Frau Elena!“
Robert erhob sich, lächelte die Dame an und wagte einen Handkuss: „Sehr angenehm, Mrs. Romani!“
Die Romanis strahlten anerkennend. Robert unterzeichnete eine Bankeinzugsermächtigung und ergänzte das Papier mit seinen persönlichen Daten.
Nach einem freundlichen Wortwechsel verabschiedete Robert sich von den Romanis und ging zu seinem Dinghy. In mäßigem Tempo fuhr er unter der Überbrückung des West Channel durch.
Links lag der imposante Rundbau des Story-Ville. Hier hatte er als Jugendlicher einen Schultanzkursus absolviert und seine erste und einzige Freundin, Beccy Balmore, nach Hause begleiten dürfen. Rechts und links des Channel folgten gepflegte Stadthäuser mit Geschäften und Wohnungen. Auf der Nordseite des Kanals hob eine modern gestaltete Pharmazie, die „Westpharmazie“, optisch ab.
Etwa in der Mitte des achthundert Meter langen West Channel befand sich eine Fußgängerbrücke mit der in Hull standardisierten Durchfahrtshöhe von drei Metern bei Tidenhochwasser in allen Nebenchannels.
Robert rechnete: Das Dinghy hatte unbeladen eine Höhe von 2,8 Metern. Beladen würde es tiefer im Wasser liegen. Sein Grandpa Knuth hatte alle Faktoren der Gestaltung eines schnellen, wendigen Auslieferungsbootes berücksichtigt. So z. B. wendete das Dinghy auf dem Punkt, wenn ein Zwillingsmotor im Vorwärtsgang und der andere im Rückwärtsgang gleichzeitig arbeitete.
Robert näherte sich der Mündung des West Channel in die Westbay. Ein Flut- und Sturmtor schützte die Stadt, wenn ein Sturmtief über die Westbay fegte.
An dem Eckpunkt West Channel und Westbay stand das Finnly- Stadthaus. Es war ein historisches Haus im Jugendstil. Grandpa John hatte es in den 70er-Jahren gekauft und aufwendig saniert.
Es hatte zwei Vollgeschoße und ein Dachgeschoß. Soweit Robert wusste, bewohnten seine Eltern das Dachgeschoß, wenn sie in Hull weilten. Die beiden Vollgeschoße beherbergten offensichtlich Geschäftsräume der „Hull-Travel-Shipping“. Robert lenkte das Dinghy in die Westbay und schwenkte nach Süden. In die Bay waren Piers gebaut, an denen einige als DF-Schiffe erkennbare Yachten lagen. Hier also fanden Übergabeeinweisungen der Kunden von DF-Yachten statt. Die Anlage machte einen gepflegten, seriösen Eindruck.
Robert setzte seine Fahrt an den Piers des West Boulevard Richtung Westcorner fort.
Am Boulevard reihte sich Hotel an Hotel. Die Piers vor den Hotels waren belegt mit den edelsten Yachten aller Größen aus den verschiedensten Ländern der Erdteile.
Anerkennend stellte Robert fest, dass die DF-Werft hier in der Westbay einen strategisch günstigen Standort mit maritimem Flair zur Präsentation ihrer Schiffe gewählt hatte.
Am Westcorner belegte Robert einen freien Mooringplatz des Westcorner-Inn. Über den weitläufigen Platz mit Platanen und Akazien ging er hinüber zum Pub. An der Kasse fragte er eine Angestellte nach der Chefin. Er nannte seinen Namen. Die Mitarbeiterin telefonierte und bestätigte, dass Beccy Balmore ihn im Obergeschoß empfangen werde. Eine Bedienung führte Robert nach oben.
Beccy empfing ihn mit einem Lächeln, das ihn an ihre Jugendzeit erinnerte: ein selbstbewusstes, etwas überlegenes Lächeln. Sie nahmen Platz an einem Fenster mit weiter Aussicht auf die Westbay und den Sundeingang. Westchapel konnte Robert auf der Sundseite gegenüber im Dunst schemenhaft erkennen.
Beccy ließ durch eine Angestellte Kaffee servieren.
Robert sagte: „Schön Beccy, dass du Zeit hast! Ich bin mit dem Dinghy meines Grandpa in der Westcity unterwegs und schaue mich um! Über fünfzehn Jahre war ich nicht mehr hier!“
Beccy meinte lächelnd: „Fein, dass du vorbeikommst. Du kannst dir denken, dass ich darauf brenne, deine Geschichte zu hören!“
Robert nickte: „Wie sieht es denn bei dir aus? Leben deine Eltern noch und bist du verheiratet und hast Kinder?“
Beccy zog ihre Augenbrauen hoch: „Meine Eltern haben mir vor zehn Jahren die Führung des Pubs übertragen. Sie sind inzwischen verstorben. Ich habe nicht geheiratet und habe keine Kinder. Weißt du, ich habe unter dem ständigen Druck meiner Eltern gelitten und danach wollte ich nicht unter den vielleicht machohaften Einfluss eines Mannes geraten. Ich bin selbstständig und unabhängig, ich fühle mich gut so.
„Und was ist mit der Liebe?“, fragte Robert.
„Ich pflege, so nenne ich das,,ambulante Beziehungen‘ zu Männern, das ist eine Möglichkeit, ab und zu Schmetterlinge im Bauch zu spüren, jedoch ohne Nachwirkungen!“
„Und du?“, fragte sie.
Robert erklärte: „Als Seemann bist du ständig unterwegs und hast keine andere Möglichkeit, als in ambulanten Beziehungen zu leben. Aber eine feste Beziehung zu einer Frau wünsche ich mir schon!“
„Und, hast du?“, fragte Beccy.
„Nein, noch nicht. Ich kann mir allerdings ein häusliches Zusammenleben mit einer Frau nicht vorstellen!“
„Siehst du, Robert, mir geht das so ähnlich!“
Beide lachten.
„Du warst meine erste Freundin, Beccy! Wir waren siebzehn Jahre alt. Ich fühlte mich dir ständig unterlegen!“, erinnerte Robert.
„Ja, Robert, alle Jungs fühlten sich mir unterlegen damals in den Highschool-Oberstufen. Meinen ersten Sex hatte ich nicht mit einem von euch, sondern mit einem verheirateten Mann meiner Wahl!“
„Weißt du“, fuhr Robert fort. „Ich war nie ein dominanter Typ, gegenüber Mädchen eher schüchtern. Wenn ich dir in der Schule begegnete, nahm ich bewusst erst im letzten Augenblick „wie zufällig“ Notiz von dir, weil ich glaubte, das sei cool!“
Beccy lachte amüsiert.
„Nein, mit dir war ich ein paar Monate zusammen, weil du in der Tanzschule ein Toptänzer warst. Ich genoss es, wenn die Mädels und Jungs vor Neid erblassten, während wir beide auf der Tanzfläche glänzten. Du warst anders als die meisten Typen, nicht so ein Angeber. Allerdings bist du nur durch das Tanzen in mein Bewusstsein gekommen. Davor und danach fielst du mit nichts auf. Es war, als wärst du gar nicht anwesend. Woher hast du dieses Talent zum Tanzen?“
„Seit meiner Geburt hatte ich eine Ersatz-Mom, eine in Puerto Rico geborene und aufgewachsene Frau mit indigenen Wurzeln. Sie hieß Conchita. Als Kind konnte ich das nicht aussprechen und nannte sie „Chita“.
Den ganzen Tag, wenn sie unseren Haushalt machte, lief im Radio Latinomusik, Rumba, Tango, Lambada, Reggea usw. Ständig bewegte Chita ihren Körper zur Musik. Ich bewunderte sie, wenn sie, wie es schien, zwanzigmal in einer Sekunde mit ihrem Po wackelte. Das wollte ich, etwa vier Jahre alt, auch können. Sie nahm mich an meinen Händen und brachte mir das absolut lockere Körperschütteln bei. Dabei hatten wir beide einen Riesenspaß. Als ich älter wurde, haben wir immer weitergemacht und es kultiviert bis zum richtigen Tanzen!“
„Das finde ich einfach super, du Glücklicher!“, rief Beccy.
Robert erinnerte sich weiter: „Mein schönster Moment mit dir war, als ich dich nach der Tanzstunde zum ersten Mal vom Story-Ville nach Hause begleitete. Bevor du in euer Haus gingst, drückten wir uns in eine Haustürnische und umarmten uns. Ich habe den Duft von deinem Haar aufgenommen, deinen Körper an mir gespürt und wir haben uns geküsst. Nie mehr habe ich ein solches Glücksgefühl mit einer Frau gehabt. Das hatte in dem Augenblick nichts mit Sex zu tun!“
Beccy schaute ihn gerührt an: „Ich kann mich ehrlich gesagt daran nicht erinnern, Robert. Aber ich kann dein Gefühl von damals nachvollziehen. Aber bitte, erzähle etwas von deinem Leben als Erwachsener!“
Robert berichtete von seiner Mitarbeit in der Finnly-Werft während der Highschool Zeit, von seinen Studienabschlüssen und seiner Zeit als Kapitän.
„Und wie kommst du zur Musik?“, fragte Beccy.
„Ich habe mich immer für Musik interessiert, aber erst als Kapitän bekam ich in den vielen Freiwachen Gelegenheit, Musik zu studieren. Der Bass-Part ist meine Leidenschaft. Gemeinsam mit den Drums ist er die Soundmaschine jeder Art von Popmusik und Jazz. Immer, wenn ich mich mit Musik beschäftige, verliere ich jedes Zeitgefühl, nehme um mich herum nichts wahr, bin ich ganz bei mir!“
„Ja, als ich dich in der Nacht von Samstag auf Sonntag am Bass sah, dachte ich, jetzt schau dir diesen damals doch so unscheinbaren Finnly an! Wer weiß, für welche Überraschungen der noch gut ist? Was hast du vor in Zukunft, Robert?“
„Ich habe noch keinen festen Plan, mal schauen, was in nächster Zeit auf mich zukommt. Aber ich werde wahrscheinlich schon morgen ganz konkret damit anfangen, meinen Zukunftsplan zu gestalten!“, erwiderte Robert.
„Du bist wirklich ein verrückter, aber sympathischer Typ, Robert!“ Ich würde mich freuen, wenn du mich ein wenig auf dem Laufenden hältst!“
„Ja, ja, das mache ich!“
Sie lachten beide.
Robert verabschiedete sich.
„Sehen wir dich ab und zu im Pub, Robert?“
„Ja gerne, immer wenn ich Gelegenheit habe, schaue ich bei euch rein!“
Sie umarmten sich und Beccy drückte Robert einen schnellen Kuss auf den Mund.
Robert machte das Dinghy los und fuhr über den Sund Richtung Westchapel. Er dachte über Beccy nach. Sie ist eine attraktive Frau, ziemlich kurvig an den Hüften und am Busen, aber vor allem ist es die sie umgebende Aura von Lässigkeit und Genussfähigkeit, die anziehend auf Männer wirkt. Dazu ist sie erfolgreiche Besitzerin eines angesagten Pubs und finanziell unabhängig. Sollte er, Robert, sich in die Reihe der um Beccy buhlenden Männer stellen?
Nein, dachte er. Die Affären um Beccy gehen wahrscheinlich einher mit Missgunst und Eifersucht! Allerdings musste er sich eingestehen, dass er wünschte, Sex mit ihr zu haben. Welche Signale hatte sie ihm gegeben? Er beschloss, Kontakt mit ihr zu halten und dabei ihr Umfeld zu beobachten.