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3.

Ein Geräusch weckte ihn im Zustand der Orientierungslosigkeit. Als er sich dessen bewusst war, dass er nicht auf einem Schiff schlief, schaute er auf die Uhr. Es war 0.15 Uhr am Morgen des 1. Mai.

Er öffnete einen Fensterladen und hielt Ausschau in die mondhelle Nacht. Aus dem Pub, dem Chapel-Inn, erklang Musik …, ja, es war die Feiernacht zum 1. Mai mit Musik und Tanz in den Pubs.

Robert vernahm moderne Popmusik! Traditionell spielte man in Hull-County zu solchen Festen folkloristische Musik mit Gitarre, Fiddel, Flöten und Bodhrán (Armtrommel). Robert schloss den Fensterladen und setzte seinen Schlaf fort.

Erfrischt erwachte er im frühen Morgen, pflegte sich und schaute in den Kühlschrank. Es gab einen gemischten Calamarisalat, Brot, Oliven, Ziegenkäse, Butter und einige Flaschen Bier, nämlich das „Luna“ aus der City-Brauerei. Der Calamarisalat mochte wohl für den Abend gedacht sein, aber Robert aß ihn genüsslich mit Brot und schwarzem Tee zum Frühstück.

In den frühen Morgenstunden hatte Nieselregen eingesetzt. Der 1. Mai begann trübe, mit Temperaturen um 20 °C. Robert checkte E-Mails, es gab nichts Neues.

Er freute sich auf den Besuch der Familie Hernandez. Sicher gab es aktuelle Informationen zu Westchapel und zum Hull-County. Aus dem Bootsschuppen, in dem er zu seiner Überraschung den alten Citroën HY Lieferwagen (das berühmte Wellblechauto aus den 60er- und 70er-Jahren) seines Grandpa fand, holte er seine von der Beluga mitgebrachte Ausrüstung, brachte sie ins Haus und ordnete alles sorgfältig ein. Als Kleidung für den heutigen Tag wählte er einen dunkelgrauen Leinenanzug, ein hellblaues Hemd und leichte, braune Lederhalbschuhe. Äußerlich wollte Robert nicht weiterhin eine Kapitänsfigur abgeben.

Um die Mittagszeit ging er hinüber zum Cottage der Familie Hernandez. Wahrscheinlich erwarteten sie ihn schon in gespannter Neugier. Kaum hatte Robert den Türklopfer betätigt, öffnete sich spontan die Haustüre. Ein etwa zehn Jahre alter Junge lächelte ihn an und sagte: „Hi, ich bin Jaime! Bist du der Kapitän Finnly?“

Robert nickte und sagte: „Hi Jaime, ja, ich bin Robert Finnly. Du bist wohl ein Sohn von Mercedes?“

„Ja, und von meinem Vater Jorge! Wir heißen „Martinez“!“

Mercedes trat in die Diele, begrüßte Robert und bat ihn in den Wohnraum. Die gesamte Familie war versammelt: Grandma Conchita, Jorge Martinez, Vater von Jaime und Maria, der jüngeren Schwester von Jaime und Mutter Mercedes. Robert setzte sich zu ihnen an den Tisch und nahm den angebotenen Kaffee.

Zu Robert gewandt fragte Jaime: „Hier sagen sie, dass du ein Trampkapitän bist. Was ist ein Trampkapitän?“

„Das will ich dir gerne erklären, Jaime, aber seit heute bin ich nicht mehr Kapitän, und ich bitte euch, mich Robert zu nennen!“

„Also Jaime, es gibt etwas vereinfacht gesagt, zwei Typen von Frachtschiffen, z. B. solche, die immer dieselbe Route fahren, die fast immer spezialisiert sind für den Transport einer Ware, z. B. nur Container oder nur Autos oder nur Erdöl oder nur Getreide … Diese Schiffe haben keine eigenen Ladevorrichtungen. Sie werden von der Pier aus be- und entladen. Diesen Schiffstyp, zu dem auch Fähren gehören, nennt man Linienschiffe.

Dann gibt es Schiffe, die von Hafen zu Hafen fahren und dort Ladung verschiedenster Art aufnehmen und auch abladen. Sie haben eigene Ladevorrichtungen an Bord, meist Turmdrehkräne auf der Backbordseite. Die Schiffe werden als Trampschiffe bezeichnet. Eine Besonderheit ist es, wenn der Kapitän gemeinsam mit seinem Lademeister von See aus klärt, wo welche Ladung für welchen Hafen aufgenommen werden soll oder kann. Der Kapitän klärt das direkt mit den Hafenspeditionen. Durch diese Methode kann eine bestmögliche Laderaumauslastung erreicht werden. Auch gibt es bessere Preise für das Transportieren kleiner Frachtgutmengen. Solche Kapitäne sind richtige Trampkapitäne. Sie heißen offiziell nicht so, aber die Bezeichnung Trampkapitän hat sich eingebürgert!“

Jaime rief: „Oh Dad, so ein Kapitän möchte ich auch werden!“

Jorge erwiderte grinsend: „Mein lieber Sohn, dann musst du in der Schule mehr Gas geben!“

In der Zwischenzeit wurde das Essen aufgetragen. Es gab gedünstetes Lammfleisch in einer Knoblauchsauce, grüne Bohnen und Süßkartoffeln, ein Festessen, das anlässlich des Feiertages mittags eingenommen wurde. Als Dessert gab es hauchdünne Tortillas, darin eingewickelt selbst gemachtes Vanilleeis, mit einem Klecks süßer Schlagsahne. Jaime berichtete stolz, dass seine Grandma diese Süßspeise mache.

Draußen nieselte es aus dichtem Nebel, drinnen bei Martinez war es richtig gemütlich. Der Kaminofen, mit Holz befeuert, gab eine wohlige Strahlungswärme ab. Zum Abschluss gab es Espresso und für die Erwachsenen dazu einen Tequila.

Robert erkundigte sich nach den beruflichen Tätigkeiten der Martinez-Eltern.

Jorge arbeitete im Hafen von Hull-City auf einem Portalkran. Um dort hinzugelangen, fuhr er täglich mit der Fähre „Hull-West“ von Westchapel nach Westcorner und von dort mit einem Wasserbus in den Hafen zu seinem Arbeitsplatz. So machten es einige Frauen und Männer aus Westchapel.

Mercedes arbeitete als Verkaufsleiterin im Store als rechte Hand der Eigentümerin Raffaela Conte.

In Westchapel gab es zwar eine Kindertagesstätte, aber keine Schule. Die Kinder benutzten deshalb, wie früher auch Robert, die Fähre auf dem Weg zu den Schulen in Hull-City.

Robert berichtete von seinem Leben als Schiffskonstrukteur in der „van Daelen & Finnly Schiffswerft“ und als Kapitän. Dabei vermied er es, die Umstände dieser Entwicklungen zu berichten. Die Frage nach seinen Zukunftsplänen konnte er nicht schlüssig beantworten und darüber wunderte sich die Hernandez/Martinez-Familie. Er versprach, die Familie über seinen weiteren Werdegang zu informieren.

Conchita fragte er: „Bist du bereit, und auch in der körperlichen Verfassung, mir den Haushalt zu führen? Das betrifft die Reinigung der von mir benutzten Räume und meine Wäsche, jedoch keinen Einkauf und keine Zubereitung von Essen.“

Conchita blitzte ihn erfreut an: „Ja, Robert, das mache ich gerne. Ich freue mich!“

Zu Jorge gewandt sagte Robert: „Ich will eurer Mutter 400 Dollar im Monat zahlen. Ist das o. k.?“

Jorge wusste, dass seine Schwiegermutter dies ablehnen würde. Er war aber der Meinung, dass Roberts Vorschlag richtig war.

Ohne Zögern sagte er: „Ja, Robert, das ist o. k.!“

Robert bedankte sich für den schönen Tag bei der Familie und verabschiedete sich.

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