Читать книгу Hull Storys - Peter Empt - Страница 6

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2.

Um 9.00 Uhr am folgenden Tag, dem 30.04, tätigte Robert mit seinem Smartphone einige Telefonate:

Mit Barnie O’Brian, dem Hafenmeister in Westchapel-Harbour, klärte er seine Abholung per Boot gegen 13.00 Uhr.

Conchita Hernandez erreichte er nach etlichen Versuchen zu Hause bei ihrer Tochter Mercedes in Westchapel. Die alte Dame war lange Jahre Haushälterin im Boganson Cottage und seine Ersatzmutter gewesen und jetzt fragte Robert, ob sie das Haus heute noch provisorisch bewohnbar machen könne? Sie fiel aus allen Wolken angesichts dieser Entwicklung, freute sich gleichzeitig über das Wunder der „Rückkehr eines verlorenen Sohnes“!

Ja, sie werde das gemeinsam mit ihrer Tochter hinbekommen!

Seiner Cousine Susan van Daelen, Geschäftsführerin der „DF Shipyard, Hull“ (van Daelen&Finnly Werft, Hull), verkündete er die Rückkehr und das Ende seiner großen Seefahrt. Susan war so überrascht, dass sie zunächst nichts sagen konnte. Die Stimmung zwischen den beiden Finnlys war nie die beste gewesen.

Schließlich sagte Susan in anklagendem Ton: „Du weißt, dass Grandpa und Grandma nicht mehr da sind!“

Ja, Robert wusste es. An den Beerdigungstagen war er mit der B3 auf hoher See gewesen und hatte nicht anwesend sein können, hatte das seinen Verwandten aber nicht mitgeteilt.

Susan weiter: „Am 10. Mai findet in unserem Kontor die Testamentseröffnung statt. Da du in Hull bist, wirst du eine schriftliche Einladung erhalten. Wo wirst du wohnen?“

„Im Boganson-Cottage!“, erklärte Robert.

Susan merkte an: „es wäre sinnvoll, wenn wir uns vorher sehen und uns abstimmen könnten!“

„Ja, das sollten wir machen. Ich werde mich in den nächsten Tagen melden!“, versprach Robert.

13.20 Uhr erschien Big Boulder, Fischer aus Westchapel mit einem Hafen-Dinghy. Während Big Roberts persönliche Sachen, die schon auf der Pier standen, in das Dinghy lud, verabschiedete Robert sich von jedem Crewmitglied per Handschlag. Er schaute in müde, traurige Augen, es wurde nichts mehr gesprochen. Dann fuhr Big das Dinghy aus dem Hafen hinein in den St. Andrew Golf, bog ab nach Westen, Richtung Westchapel.

Die Fahrt dauerte eine gute Stunde. Big, knapp zwei Meter groß und 110 Kilogramm schwer, war ein Freund aus Roberts Jugendzeit.

Er schaute Robert an, grinste wie ein Honigkuchenpferd, fragte: „Hast du Scheiße gebaut?“

„Nein, ich habe keinen Bock mehr auf dicke Hochseeschiffe und das langweilige Herumfahren zwischen immer denselben Häfen!“, erklärte Robert.

„Aha, und was machst du jetzt?“

„Weiß noch nicht.“

„Bleibst du in Chapel?“

„Vorerst ja.“

Sie bogen nach Süden in die Bucht von Westchapel und passierten die Hafeneinfahrt. Robert genoss das Bild seiner Heimat aus Kindertagen:

Die fast halbrunde Pier, belegt mit Fischerkuttern und einigen Dinghys.

Voraus, die „Chapel“ stand etwas erhöht, mit fünf aufwärts gehenden Treppenstufen.

Rechts davon, das historische Rathaus von Westchapel.

Links davon, das „Chapel-Inn“, der einzige Pub in Westchapel.

Auf der rechten, westlichen Seite der Hafenbucht der Fähranleger, dahinter der Store von Raffaela Conte, weiter rechts die kleine Reparaturwerft, ein Genossenschaftsbetrieb der Fischer, oben auf dem Inselkopf, 185 Meter über dem Meeresspiegel, der Leuchtturm „Hull West Fire“.

Auf der linken, östlichen Seite der Hafenbucht: das erste Haus, direkt am St. Andrew Golf, das „Boganson-Cottage“.

Weiter im Halbrund Richtung Pub, Cottages mit Bootsliegeplätzen vor den Häusern.

Zwischen dem Bogen der Pier und den Häuserlinien ein geräumiger Platz, gepflastert mit Natursteinen, darauf zwei Reihen mit mächtigen Platanen.

Das Dinghy schwenkte nach links zum Anleger vor Boganson-Cottage. Der Bootsschuppen rechts neben dem Haus stand offen. Robert nahm dort den Schiebekarren heraus und darauf luden sie sein Gepäck. Robert verabschiedete Big, bedankte sich und schob den Karren zum Haus.

Conchita kam Robert entgegen, als er zum Hauseingang ging. Sie umarmte, umklammerte ihn unterhalb seiner Arme, legte ihr Gesicht an seine Schulter und weinte. Robert bekam weiche Knie. Seit er sich erinnern konnte war Conchita seine Ersatzmutter gewesen, bis zu seinem zwölften Lebensjahr.

Seine Mutter, Liv Boganson, und sein Vater, Harald Finnly, bereisten mit einer einfachen Segeljacht die Welt, waren selten und dann nur für kurze Zeit zu Hause und als ihr Sohn Robert fünf Jahre alt war, kehrten sie nicht mehr zurück, galten seitdem als vermisst.

Seine Grandma, Hella Boganson, starb früh an Krebs, bevor Robert geboren war.

Sein Grandpa, Knuth Boganson, arbeitete selbstständig als Warentransporteur für Anlieferungen zu den Empfängerdressen in Hull-City und Hull-County mit Boot und auch mit Lieferwagen. Er war wenig zu Hause. Conchita Hernandez, eine Nachbarin mit drei eigenen Kindern, führte als Boganson-Haushälterin und Ersatzmutter für Robert den Haushalt.

Mercedes, Conchitas verheiratete Tochter, trat im Hausflur den beiden entgegen und bedeutete Robert mit Gesten, er möge Nachsicht mit ihrer Mutter haben. Die beiden lächelten, verstanden sich. Robert und Mercedes führten Conchita zurück ins Haus und beruhigten sie.

Mercedes erklärte: „Wir haben in den Räumen die Staubschutztücher entfernt, dein Bett ist frisch bezogen. Die Badezimmer unten und oben sind vorbereitet, Wasser, Strom und Gas sind eingeschaltet. Den Kühlschrank in der Küche haben wir nach deinem Anruf eingeschaltet und bestückt. Jetzt lassen wir dich alleine, damit du in Ruhe ankommen kannst. Wenn du etwas benötigst, gib uns Bescheid!“

„Und noch etwas, morgen, am Feiertag, laden wir dich zu uns zum Mittagessen ein, so gegen 13.00 Uhr. Ist das o. k.?“

Robert bedankte sich herzlich, küsste beide Frauen auf die Wangen: „Ja, ich werde gerne zu euch kommen!“

Inzwischen war es früher Abend. Robert empfand eine schwere Müdigkeit. Er besichtigte alle Räume des Boganson-Hauses. Ein Gefühl tiefer Dankbarkeit empfand er beim Anblick des gepflegten Zustandes. In den langen Jahren seiner Abwesenheit hatte die Familie Hernandez ohne seinen konkreten Auftrag das Anwesen betreut. Es beschlich ihn ein Schamgefühl.

Auf der Beluga 3 hatte Robert morgens im Kreise seiner Offiziere gefrühstückt und seit dem nichts gegessen. Dennoch empfand er keinen Hunger und beschloss zu schlafen.

Durch die Lamellen der geschlossenen Fensterläden im Obergeschoß, in seinem Schlafzimmer, drang diffuses Tageslicht. Auf dem Bett lag ein frischer, gefalteter Schlafanzug. Robert legte seine Kleider sorgfältig ab und betrat das Badezimmer. Er ließ kaltes Wasser aus dem Hahn in das Becken laufen und trank ein paar Schlucke davon aus der Hand. Dann legte er sich in sein Bett und schlief augenblicklich ein.

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