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1. Zu den Waffen!

Der Bescheid war formlos, ohne übertriebene Höflichkeit und ließ nicht viel Spielraum für Interpretationen. Es war eine schmucklose Postkarte vom Kreiswehrersatzamt.

„Zur Musterung am 24. Juni 1983 um 07: 30 sind Personalausweis oder Reisepass mitzubringen“, stand darauf.

Ferner sollten noch -falls vorhanden -der Führerschein, sportliche Bescheinigungen wie der Freischwimmer und der Nachweis über eine abgeschlossene Ausbildung mitgebracht werden. Außerdem eine Sport- oder Badehose.

Er las den Musterungsbescheid noch einmal in Ruhe und grübelte. Der 24. Juni war ein Freitag. Der Termin um 07: 30 morgens schlichtweg eine Frechheit. Denn an diesem Freitag wollte er sich eigentlich wie jeden Freitag (und Samstag) in der Disko wichtigmachen. Eine Musterung zu dieser Unzeit, die vielleicht noch mit einer Blutabnahme und anderen Überraschungen verbunden war, kam deshalb äußerst ungelegen.

Aber die Schlingel vom Kreiswehrersatzamt waren nicht doof. Der Russe nervte und die Armee suchte händeringend nach Kämpfern für das Vaterland. Den Musterungstermin am Freitagmorgen anzusetzen, machte durchaus Sinn. Konnte man so doch wesentlich mehr junge Männer für den Kriegsdienst tauglich schreiben, als wenn die Musterung an einem Montagmorgen stattfinden würde. Wenn alle erschöpft und verkatert waren, nachdem sie das ganze Wochenende durchgezappelt und sich weggesoffen hatten.

Es war die gute alte Zeit. Deutschland ging es blendend. So gut, dass es sich zwei Hauptstädte leisten konnte. Eine mit Schokolade überzogene Süßigkeit wurde liebevoll „Mohrenkopf“ oder „Negerkuss“ genannt und unverheiratete Frauen wurden mit „Fräulein“ angeredet. Tätowierungen waren noch richtige Tätowierungen und kein Körperschmuck für Beamte, Studenten oder Zahnarzthelferinnen. Heterosexualität wurde als ganz normal angesehen und bezahlt wurde mit Mark und Pfennig. Zuhälter hießen Wolfgang, Helmut oder Sven und junge, gesunde Männer mussten noch irgendeinen Dienst für das Vaterland ableisten.

Oder sich in einem heruntergekommenen Teil von Berlin niederlassen, welcher dermaßen verdreckt war, dass man ihn aus hygienischen Gründen mit einer Mauer umgeben hatte.

Er ging nachdenklich in die Küche und half seiner Mutter beim Abtrocknen.

„Ja, jetzt beginnt der Ernst des Lebens“, sagte sie und lächelte sanft dabei.

„Hm. Ich könnte auch Zivildienst machen oder…“

„Du bist mein Sohn und du gehst zur Armee“, unterbrach sie ihn. Sie hörte mit dem Spülen auf und sah ihm ernst in die Augen. Es war ein sorgender Blick voller Liebe. Aber mit einer bittenden Härte, die er von ihr nicht kannte und der er nichts entgegensetzen konnte.

Das Gespräch war hiermit beendet. Das Abtrocknen auch. Fast. Nur noch zwei Teller. Jetzt hieß es Heer, Luftwaffe oder Marine …

Als Jakob vom Himmel fiel

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