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4. Der Betrachter beeinflusst sein Studienobjekt.

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Subjektivität archäologischer Forschung

Erläuterung: Der Landschaftsarchäologe ist selbst Teil des Systems, welches er zu seinem Untersuchungsobjekt auswählt. Er muss dabei noch nicht einmal bemerkenswerte Eingriffe persönlich vornehmen. Zum Beispiel bei Begehungen – er ist bereits in der Phase der Fragestellung schlicht vorbelastet und nicht objektiv – seine Fragen werden daher immer auf seinen eigenen Kenntnissen, seiner Sozialisierung etc. beruhen. Ebenso beeinflusst auch der Zeitgeist (Moden in der Wissenschaft, gesellschaftlicher Konsens und Ähnliches) seine Arbeiten. Fragen zum Klima sind seit bald 20 Jahren en vogue, davor waren es zum Beispiel Fragen zur Umweltverschmutzung. Die zwingend nötige Festlegung auf eine begrenzte Anzahl von Fragestellungen schließt allerdings andere aus – nicht selten gerade die, für die nach persönlicher Meinung oder auch tatsächlicher Erfahrung die nötigen Finanzmittel weniger leicht zu bekommen sind.

Fragestellungen entstehen auf Basis eines größeren Konsens unter Wissenschaftlern, der von gesamtgesellschaftlichen Strömungen geprägt wird: Viele Menschen sorgen sich aktuell um die Entwicklung des Klimas, haben deswegen begründete und unbegründete Ängste. Dieses Thema ist mittlerweile so stark emotional aufgeladen, dass Gegenmeinungen auch in Wissenschaftskreisen als Leugnen einer Wahrheit aufgefasst werden. Solche Dogmen sind hilfreich, um Gesellschaften oder Gruppen auf ein Handlungsziel einzuschwören. In der Wissenschaft sind sie dagegen oft ein Hindernis oder sogar eine Sackgasse. Dennoch werden aus der Politik leicht Steuergelder bereitgestellt, um Fragestellungen nachzugehen, die mit einem konkreten öffentlichen Interesse zu verbinden sind: Forschungsthemen wie „Einflüsse der Klimaentwicklung auf die eisenzeitliche Besiedlung in XY“ sind deshalb eher vor den kritischen Blicken der Allgemeinheit zu rechtfertigen, als „Einflüsse der technologischen Entwicklung auf die eisenzeitliche Besiedlung in XY“. Wenn aber die Mehrheit zu begrenzten Konsensthemen forscht, bleiben nur wenige Ressourcen für die vielen anderen Themen übrig. So sind letztlich alle Erkenntnisse aller Wissenschaften qualitativ heterogen.

Hiervon sind Forschungen zur Kulturlandschaftsgenese nicht ausgenommen, im Gegenteil befinden sie sich sogar in einem Spannungsfeld öffentlicher und wissenschaftlicher Interessen: Der Umwelt- und Naturschutz als erklärtes öffentliches und politisches Ziel trifft auf wissenschaftliche, kulturlandschaftsgenetische Fragestellungen und beeinflusst diese. Archäologen arbeiten bevorzugt zu Fragen der Interaktion von Mensch und Umwelt; sie gehen dabei aber auch das Risiko ein, Wertungen und Ideen ihrer eigenen Lebenswelt auf die der Vergangenheit zu übertragen. Man kann dies vor dem Hintergrund einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung auch des wissenschaftlichen Handelns begrüßen, man kann diese Verantwortung aber ebenso in möglichst neutraler und objektiver Forschung sehen.

Im Bereich archäologischer Forschung kommt hinzu, dass die Forschungsgegenstände häufig tatsächlich zerstört werden (bei Ausgrabungen); auch sind einmal erforschte Befunde für spätere Wissenschaftlergenerationen oft uninteressant, weil sie als „fertig-erforscht“, „zerstört“ oder „altbekannt“ erscheinen. Der Landschaftsarchäologe, der sich einer konkreten Fragestellung widmet, darf davon ausgehen, dass in Zukunft kaum jemand dasselbe Objekt mehr anrühren möchte. Hieraus resultiert eine gewisse Verantwortung bei der Auswahl von Untersuchungsobjekt und Fragestellung.

Landschaftsarchäologie

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