Читать книгу Tarris - Peter Padberg - Страница 11

Widerstand

Оглавление

Dreitausendeinhundertneunundachtzig! 3189 Jahre waren seit der bitteren Niederlage vergangen, die ihn in die Parallelwelt verbannt hatte. Auch wenn er bereits vor vielen, vielen Jahren den Rückweg nach Tarris gefunden hatte, konnte er erst seit wenigen Jahren wieder ohne Hilfe handeln. Erst vor kurzem war es ihm gelungen, den Körper eines Homuae mit Hilfe von dunkler Magie in grauenhaften Ritualen zu übernehmen. Nun war es an der Zeit, die Macht seines neuen Körpers zu überprüfen. Sein Ziel war es, die Jorka von seinen dunklen Plänen zu überzeugen. Er beabsichtigte, sie für sein Heer zu gewinnen, das bereits einige Teile des Nordostens oberhalb des Nordwaldes für ihn erobert hatte.

Dakaron stand vor dem Eingang einer dunklen Höhle, die wie ein breiter Schacht in die Tiefe führte. Dakaron wusste, dass es der Anfang eines verschlungenen labyrinthartigen Pfades war, der tief ins Innere von Tarris und bis zu den unterirdische Städten der Jorka führte. Er war zuversichtlich, dass er sich nicht verirren würde. Er hatte einen Jorka gefangen genommen und alles Wissen aus ihm herausgesaugt, dessen er habhaft werden konnte. Die Jorka hatten einen untrüglichen Instinkt, der dafür sorgte, dass sie sich in der tiefen Schwärze der unterirdischen Gänge nicht verirren konnten. Dakaron formte mit seinen Händen eine Kugel, die kurz darauf hell zu leuchten begann und sich in vier kleinere Kugeln aufteilte. Sie schwebten vor, hinter und auf beiden Seiten neben ihm und verbreiteten ein sehr helles, kaltes Licht. Ohne zu zögern beschritt er den steilen Pfad in die Tiefe. Vor den Gefahren, die ihm begegnen konnten, fürchtete er sich nicht. Kaum etwas auf Tarris konnte ihm noch wirklich gefährlich werden. Es war ein langer Weg, der ihn drei Tage lang stetig abwärts führte. Nach seiner fünften Rast änderte sich der Weg von einem dunklen Schlund zu einer freundlicheren Umgebung. In den Wänden, die mittlerweile kunstvoll bearbeitet waren, befanden sich in regelmäßigen Abständen Edelsteine, die ein warmes, helles Licht verbreiteten. Dakarons kaltes, magisches Licht wirkte wie ein Affront in diesen warmen und kunstvoll bearbeiteten Gängen. Es gab hunderte von Abzweigungen, aber er wählte stets den richtigen Weg.

Dakaron wanderte durch einen von hohen Säulen gesäumten Gang, der zu einem hellen Licht führte. Das Licht stammte aus einer riesigen Höhle, die eher wie ein Tal in den Bergen wirkte. Ein Ende war nicht erkennbar und in der Breite und Höhe erstreckte sich die Höhle über mehrere Meilen. In der Decke der Höhle befanden sich sehr viele der leuchtenden Steine, die er aus den Gängen kannte, so dass der Eindruck von Tageslicht erweckt wurde. Es war sehr warm in der Höhle, wodurch sich eine dschungelähnliche, dichte Vegetation gebildet hatte. Obwohl Dakaron in jedem Winkel von Tarris gewesen war, hatte er Pflanzen dieser Art noch nicht gesehen. Wasserfälle ergossen sich von den steilen Felswänden am Rand der Höhe in die Tiefe und erzeugten feine feuchte Nebel. Die Luftfeuchtigkeit in der Höhle war hoch. Dakaron stand an der Stelle, in der der Gang in die Höhle mündete und direkt vor ihm befand sich eine senkrechte, weit in die Tiefe abfallende Felswand. Der Gang war in diese Felswand hineingeschlagen, führte steil in die Tiefe und eröffnete an der zur Höhle gewandten Seite einen fantastischen Blick auf die Landschaft. Dakaron folgte diesem Gang in Richtung Dschungel, ohne die zauberhafte Aussicht eines Blickes zu würdigen. Dies änderte sich, als in einiger Entfernung eine riesige Fledermaus an ihm vorbeiflog, die einen ebenfalls großen Vogel verfolgte und offensichtlich auf der Jagd war. Kurz bevor sie den Vogel greifen konnte, ließ sich dieser jedoch wie ein Stein nach unten fallen und verschwand in baumhohen, hellgrünen Farnen. Die Fledermaus flog eine Kurve und erblickte Dakaron. Sie stieß einen hohen Schrei aus und Dakaron konnte auf ihre vielen, dolchgroßen und sehr spitzen Fangzähne blicken. Ein Geschöpf nach seinem Geschmack.

Die Fledermaus hatte Dakaron als ihre nächste Beute auserkoren und näherte sich ihm in einem schnellen Gleitflug. Die feinen Bewegungen ihrer großen Flügel, die in scharfen Krallen endeten, waren gut erkennbar. Dakaron dachte erst daran, die Fledermaus zu Asche zu verbrennen, entschloss sich dann aber anders. Mit seinen Gedanken drang er in das Gehirn des Tieres ein und übernahm die Kontrolle über den Körper. Eine einfache Übung bei dem aus seiner Sicht eher primitiven Geschöpf. Er ließ sie einige waghalsige Flugmanöver vollbringen und steuerte sie dann in den Gang. Die Fledermaus landete nur wenig Meter unterhalb des Magae auf dem Weg und blickte ihn an. Dakaron konnte die Furcht, die das Wesen nun vor ihm hatte, deutlich spüren. Er ging auf sie zu und die Fledermaus schnappt nach ihm. Mit einem äußerst kräftigen Schlag wischte er ihren Kopf beiseite. Wuchtig schlug der Kopf gegen die Wand des Ganges und einige der spitzen Zähne brachen mit einem lauten Knacken aus dem Kiefer. Blut quoll aus der Schnauze hervor. Dakaron griff den Kopf des Tieres an einem der beiden spitzen, dreieckigen Ohren. „Du wirst tun, was ich Dir sage!“, vermittelte er dem Tier und machte sich dann daran, den Willen der Fledermaus zu zerstören. Als er keinen Widerstand mehr erkennen konnte, schwang Dakaron sich auf den Rücken der Fledermaus und flog mit ihr in die Höhle. Aus dem Raubtier war ein williges Reittier geworden. Dakaron folgte einem Pfad, der als braunes Band den dichten Urwald durchzog, der bis auf einige Flüsse und Seen den gesamten Höhlenboden bedeckte.

Elegant flog die Fledermaus eine weite Kurve, als die Höhle einen gewaltigen Knick nach rechts machte. Direkt hinter dem Knick befand sich auf einem Plateau in der Mitte der Höhlenwand eine weitläufige Festung. Sie ähnelte von ihrer Bauart her den Burgen, die sich auf der Oberfläche von Tarris befanden. Jedoch waren die Außenseiten der Mauern schneeweiß und absolut eben. Kein Vorsprung oder eine Fuge ließen darauf schließen, dass das Bollwerk aus einzelnen Steinen zusammengesetzt worden war. Ein weiterer Unterschied zu den oberirdischen Festungen waren die Türme, die ausnahmslos über eine spitze Kegelform, dafür jedoch über keine Fenster verfügten. Dakaron überlegte, dass es sich um einen Außenposten der Jorka handeln musste. Er ließ die Fledermaus in weiten Kreisen fliegen und beobachtete die Festung. Sie würde ein guter Ausgangspunkt für seine Eroberungen an der Oberfläche sein. In Gedanken hatte er die Höhle bereits den von ihm beherrschten Ländern zugeordnet.

In einige Entfernung vor der Festung befand sich eine Felsnadel, die vom Boden der Höhle bis auf die Höhe der Festung reichte. Um sie zog sich wie eine Spirale ein Weg, der leicht ansteigend bis zur Spitze der Felsnadel führte. Auf diesem Weg mühte sich eine Handelskarawane in Richtung des kleinen Plateaus, das sich auf der Felsnadel befand. Die Karawane wurde von berittenen Kriegern begleitet und das Metall ihrer Waffen glitzerte im Licht der Steine, die die Höhle erleuchteten. Die Jorka saßen fast bewegungslos und aufrecht auf ihren Reittieren, die an Echsen erinnerten und schnell den steilen Weg erklommen. Als die Karawane fast das obere Ende der Felsnadel erreicht hatte, bildeten sich in der ungefähr einhundert Meter entfernten Festung zwei Spalten in der Mauer und nur kurze Zeit später wurde aus den Spalten eine Zugbrücke, die sich langsam auf die Felsnadel zubewegte und sich dabei verlängerte. Dakaron war beeindruckt von dem technischen Geschick, das den Bau einer solchen Brücke ermöglicht hatte. Noch mehr beeindruckte ihn die Uneinnehmbarkeit der Festung, die sich so hoch über dem Boden befand, dass sie nicht über Leitern und Belagerungstürme erreicht werden konnte. Ein Angriff war nur aus der Luft oder über die Felsnadel möglich – und diese war einhundert Meter von der Festung entfernt.

Die Zugbrücke hatte sich weiter gestreckt, die Felsnadel erreicht und war dann mit dem Rand des steinernen Plateaus nahtlos verschmolzen. Die Karawane der Jorka musste noch eine Wegschleife um die Felsnadel hinter sich bringen, um das Plateau ebenfalls zu erreichen. Dakaron lenkte die Fledermaus in schnellem Flug zu der Plattform, landete dort und schickte sein Reittier fort. Es würde auf einen Gedanken von Dakaron reagieren und sofort wieder zu ihm kommen, wenn er es benötigte. Der Schwarzmagae stellte sich in die Mitte der Plattform und wartete auf das Eintreffen der Karawane.

Der erste Reiter der Jorka erschien hinter der Biegung des Weges und zügelte seine Echse, als er Dakaron erblickte. Die Echse war so groß, dass auf ihr ohne Probleme auch mehrere Jorka hintereinander hätten sitzen können. Sie war mit metallisch-blau schimmernden Schuppen bedeckt und aus ihrem Mund schnellte ständig eine gespaltene, rosafarbene Zunge hervor. Die Echse hatte die Witterung des Zauberers aufgenommen. Der Jorka hatte seine vier Beine unter dem Bauch der Echse verklemmt und saß so ohne Sattel oder Zaumzeug fest auf seinem Reittier. Einen Moment später tauchten zwei weitere der Jorka-Krieger auf und gesellten sich zu dem ersten. Dakaron blickte mit ausdruckslosem Gesicht zu den Kriegern und wartete. Die drei unterhielten sich in kehligen Lauten. Dann rief der erste etwas zu Dakaron hinüber, der aber weiterhin auf seinem Platz in der Mitte der Plattform stehen blieb. In dem Moment, wo die ersten Mitglieder der Handelskarawane hinter der Biegung auftauchten, zogen die Krieger ihre Waffen. Diese waren Schwertern nicht unähnlich, hatten aber wie eine Säge viele Zähne auf der Schneide. Dakaron schickte einen Gedanken zu den Kriegern: „Ich möchte mit Euren Anführern sprechen! Bringt mich zu Ihnen!“ Der Gedanke war ein eindeutiger Befehl, der keinen Widerspruch duldete. Die drei sahen sich an und Dakaron konnte erkennen, dass sie keinesfalls gewillt waren, sich seinem Befehl zu fügen. Er fühlte, wie der vorderste der Jorka seine Echse anwies, sich ihm zu nähern und dass dies nicht in guter Absicht geschah. Ohne zu zögern, rief er die Fledermaus, die in großer Höhe über der Felsnadel kreiste. Sie ging in einen steilen Sturzflug über, der als Ziel den vordersten der Jorka hatte. Bevor seine Echse auch nur wenige Schritte gegangen war, stürzte sich die Fledermaus auf ihn und sein Leben endete, als sein Kopf im Maul der Fledermaus verschwand und vom Rumpf getrennt wurde. Die Fledermaus verschwand mit ihrer Beute, während der Rumpf des Jorka blutüberströmt langsam seitlich von dem Reittier rutschte. Im gleichen Moment vermittelte Dakaron Furcht. Er ließ Bilder in den Köpfen der beiden anderen Jorka entstehen, die ihnen sehr plastisch zeigten, wie sie langsam und qualvoll sterben würden, wenn sie sich seinen Befehlen widersetzten. Die Jorka zeigten sich unbeeindruckt, obwohl Dakaron sich sicher war, dass seine Gedanken eine entsprechende Wirkung entwickelt hatten. In großen Sätzen sprangen die Echsen in Richtung des Magae, der mit einer Handbewegung eine flimmernde Barriere vor sich erschuf. Die beiden Jorka trafen mit ihren Reittieren fast gleichzeitig auf die Barriere und wurden abrupt gestoppt. Im Moment der Berührung schossen unzählige, kleine helle Blitze aus der Barriere, die wie Schlangen über die Körper der Echsen und Krieger krochen und tiefe Verbrennungsspuren hinterließen. Der Geruch verbrannten Fleisches füllte die Luft und immer mehr und mehr der kleinen Blitze wandten sich ihren Opfern zu, deren unglaubliche Qual in ihren Gesichtern gelesen werden konnte wie Wörter in einer Schriftrolle. Sie hatte ihre lippenlosen Münder zu einem Schrei geöffnet, aber sie waren nicht in der Lage, auch nur einen Ton von sich zu geben; abgesehen von einem ständigen Zucken verharrten sie regungslos und mussten Dakarons grausamen Angriff ertragen. Die Mitglieder der Karawane starrten entsetzt auf das ekelhafte Schauspiel, das sich nur wenig Meter von ihnen entfernt ereignete. Ein kaltes Grinsen stahl sich auf Dakarons Gesicht. Er wandte sich um und betrat die Brücke, ohne auch nur einmal zu seinen Opfern zurückzublicken.

Hunderte von Jorka blickten durch die versteckten Fenster der Mauern und Türme auf die Plattform von „Nadel aus Fels“. Sie alle hatten verfolgt, was dort geschehen war, seit die Fledermaus und der Homuae gelandet waren. Alle waren entsetzt und konnten kaum glauben, dass das Wesen, das für die Schrecklichkeiten verantwortlich war, nun über „verlängerbare Brücke“ auf ihre Burg zuschritt. Statthalter „Felswandlos“ ging zum Tor, das sich hinter „verlängerbare Brücke“ befand. Seine Leibgarde hatte sich an den Wänden des Durchgangs platziert und war äußerst wachsam. Als der Homuae sich bis auf fünfzig seiner zweibeinigen Schritte genähert hatte, sprach er ihn in seiner Sprache an: „Wagt nicht, ohne unsere Erlaubnis diese Stadt zu betreten. Wir haben gesehen, was Ihr an unseren Brüdern verbrochen habt. Erklärt Euch! Was wollt Ihr?

Von einem Moment auf den anderen entstand in Dakaron eine unvorstellbare Wut. Wann hatte jemals ein Wesen ihn davor gewarnt, eine Stadt zu betreten? Eine solche Anmaßung konnte er nicht tolerieren und er beschloss auf der Stelle, ein Exempel zu statuieren. Während die Jorka in der Stadt den auf der Brücke stehenden Dakaron beobachteten, hatten sie plötzlich den Eindruck, dass er größer und größer und mächtiger wurde. Sein Furcht verbreitendes Wesen wurde stärker und stärker. Er schien in einen schrecklichen, schwarzen Schatten gehüllt zu werden, der ständig wuchs und sich immer mehr der Festung näherte. Die Jorka, die ihn sahen, wurden von einer Mark und Bein erschütternden Furcht erfüllt und flohen von den Mauern und Türmen in ihre Unterkünfte, versteckten sich dort in Schränken und unter Betten. Es war eine grausame Aura, die Dakaron plötzlich umgab.

Dakaron spreizte die Beine und faltete die Arme über seinem Kopf und aus den gefalteten Händen ergoss sich ein Feuerstrom, der im Bruchteil einer Sekunde „Felswandlos‘“ Garde in einhundertundzwanzig kleine Aschehäufchen verwandelte. Nun antwortete Dakaron. Wiederum tat er dies, indem er mit Furcht erfüllte Gedanken seiner Antwort hinzufügte. „Bring die Führer Deines Volkes zu mir. Ich werde in dem Turm rechts des Tores auf sie warten. Sag ihnen, dass es eilig ist und ich ungeduldig bin. Berichte ihnen, was hier passiert ist.“ Trotz der Furcht und der unermesslichen Trauer um seine Leibgarde, die ihn erfüllte, wollte „Felswandlos“ nicht aufgeben und entschloss sich zu einer drastischen Maßnahme. Er gab das Zeichen.

Die Brücke unter Dakarons Füßen zerfiel zu Staub. Er stürzte dem weit entfernten Dschungel entgegen. Sein Blitz, den er auf „Felswandlos“ schleuderte, war schlecht gezielt und zerbarst an der glatten Mauer neben dem Tor in tausende kleiner Funken, die mit ihm in die Tiefe segelten. Er rief die Fledermaus, die sofort zu ihm eilte. Er konnte sie sehen, als er, umgeben von einem magischen Schutzfeld, in die Baumwipfel des Dschungels krachte. Er spürte, wie das Schutzfeld seine Konsistenz verlor und sein linker Arm und sein linkes Bein durch die Macht des Aufschlages brachen. Verletzt stürzte er weiter, gebremst durch die Äste der Bäume, bis er den Boden erreichte. Der Aufschlag war wiederum überaus schmerzhaft und benommen blieb er auf dem Boden des Dschungels liegen. Er musste sich heilen, er musste sich schnell heilen, bevor die Fledermaus eintraf. Dakaron sog die Energie alles Lebenden in seiner Umgebung in sich auf. Im Umkreis von vielen Schritten welkten die Pflanzen und starben die Tiere – vom kleinsten Insekt bis zu einigen großen Echsen. Alles Leben in diesem Kreis wanderte in seinen Körper und heilte die Verletzungen. Er stand auf und fühlte sich – bis auf die Erinnerung – genau wie noch vor wenigen Minuten. Seine unendliche Wut steigerte sich weiter. Die Fledermaus landete neben ihm – zu spät aus seiner Sicht der Dinge. Sie würde ihre Strafe erhalten; dies würde er nicht vergessen! Auch die Bewohner der Festung würden ihre Strafe erhalten – alle!

Dakaron saß auf und flog mit der Fledermaus zu dem Turm neben dem Tor. Von den Mauern kamen ihm hunderte von Pfeilen entgegen, die er mit einem Gedanken in der Luft vor sich verglühen ließ, lange bevor sie ihn erreichen konnten. Er lenkte sein Reittier über die Mauer zum Fuße des Turmes, vor dem sich ein größerer Platz befand, der geschmackvoll angelegt und mit vielen Pflanzen begrünt war. In der Mitte des Platzes stand „Felswandlos“ auf seinen vier Beinen; hinter ihm befanden sich einige seiner Untergebenen. Dakaron landete wenige Meter vor „Felswandlos“. Die Jorka-Krieger, die sich hinter „Felswandlos“ befanden, zielten ausnahmslos mit großen, seltsam geformten Bögen auf ihn. Er schenkte den Jorka keine Beachtung und wandte sich seinem Reittier in Gedanken zu: „Du hast mich im Stich gelassen, als ich dringend Deine Hilfe benötigt habe!“ Mit diesem Gedanken, den auch jeder der Jorka auf dem Platz verstehen konnte, rammte er seine Faust durch das Auge der Fledermaus in ihr Gehirn. Während ihr Hirn von seinem Arm auf den Boden tropfte, wandte er sich an „Felswandlos“. „Du weißt was Du zu tun hast. Ich gebe Dir eine Stunde, um meinen Befehl auszuführen. Jede Minute, die du länger benötigst, wird einer der Bewohner dieser Festung sterben.“ „Felswandlos“ erbleichte und seine dunkelblaue Haut wandelte sich in ein helles Himmelblau. Bis Vertreter der Führung die Festung erreichen könnten, würden viele Stunden vergehen. „Es wird einen Tag dauern, bis Kaiser „Spiegelglas“ hier bei uns sein kann. Der Weg ist weit und nicht schneller zu schaffen!“ Dakaron blickte ihm mit eisiger Kälte in die Augen, wandte sich ohne eine weitere Bemerkung um und betrat den Turm.

Der Schwarzmagae blickte aus dem obersten Zimmer durch ein größeres Fenster auf die Festung. Das Plateau, auf dem sich die Festung befand, war größer als erwartet. Direkt hinter den Mauern befanden sich die Lager der Krieger. Es waren viele Häuser, die unverkennbar diesem Zweck dienten und rund fünfhundert Soldaten beherbergten. An die Kasernen schlossen sich die Häuser der Kaufleute und Handwerker an. Viele Straßen liefen sternförmig von einem Platz vor den Felswänden in Richtung Mauer. Es lebten weit mehr Jorka in der Stadt als er vermutet hatte. Trotz seines Angriffes herrschte ein buntes Treiben in den Straßen. Dies würde sich bald ändern. Dakaron blickte zu den leuchtenden Steinen der Höhlendecke, die dort den Lauf der Sonne nachahmten. Die Zeit war abgelaufen. Er machte sich auf den Weg, um sein grausames Werk zu beginnen.

Als er auf den Platz trat, war der Turm von Kriegern umringt. Sie standen in Gruppen um seltsam gekleidete Jorka herum, deren magische Begabung Dakaron spüren konnte. Vor den Kriegern standen Felswandlos und ein weiterer, sehr alt aussehender Jorka. Dakaron wandte sich an Felswandlos: „Die Stunde, die Du hattest, ist verflossen. Wie ich sehe, hast Du jemanden mitgebracht. Ist er befugt, für Dein Volk zu sprechen?“ Felswandlos blickte Dakaron abschätzend an. „Steinbieger gehört dem unteren Rat an. Er kann erste Verhandlungen mit Dir führen, bis Kaiser Spiegelglas uns erreicht hat. Er selbst hat sich auf den Weg gemacht und wird bald eintreffen. Er befand sich in der Nähe.“ Erneut spürte Dakaron, wie diese grenzenlose Wut in ihm aufstieg. Sein Befehl war nicht wortgetreu ausgeführt worden und so fixierte er Steinbieger mit rot schimmernden Augen und versuchte, in dessen Geist einzubrechen. Es gelang ihm nicht. Der alte Jorka war geübt darin, seinen Geist zu schützen und Dakaron spürte eine mächtige Magie in ihm, konnte diese Magie aber nicht richtig verstehen. Sie war anders als seine dunklen Kräfte, entsprach aber auch nicht der Art, die diejenigen verwendeten, die die Macht der Magie bereits im ersten Kampf besiegt hatten.

Ohne weiter darüber nachzudenken und im Vertrauen auf seine Kräfte beschwor er einen starken Blitz und schleuderte ihn gegen Steinbieger. Kurz bevor der Blitz Steinbieger erreichte, zerbarst er in tausende von rot und gelb glühenden Funken, die wie von Zauberhand über die Hülle einer großen Halbkugel zuckten. Während die Funken noch verblassten, griffen die seltsam gekleideten Jorka an. Dreizehn grüne Kugeln schwebten auf Dakaron zu. Der gesamte Platz und die den Platz umgebenden Mauern wurden in einem hellen Grünton von den Kugeln beleuchtet. Es sah gespenstig aus. Dakaron webte einen Schutzzauber, aber bevor dieser abgeschlossen war, versuchte nun Steinbieger, in den Geist des Schwarzmagae einzudringen. Dies störte Dakaron bei der Errichtung seines Schutzes. Sein Zauber war schwächer als gewünscht, aber stark genug um die erste eintreffende grüne Kugel abzulenken. Die Flugbahn änderte sich und die Kugel wurde zur Seite geschleudert. Sie traf ein nahe stehendes Haus, das augenblicklich in einer gewaltigen Explosion aus grünem Licht verging. Dakarons Geist schüttelte die Gedanken von Steinbieger ab wie ein nasser Hund Wasser aus seinem Fell entfernte. Gleichzeitig verstärkte er den Schutzzauber. Zu spät. Mehrere Kugeln gleichzeitig trafen Dakarons Schutzwall. Einige wurden abgelenkt wie die erste Kugel, aber zwei explodierten kurz vor Dakaron. Auch wenn die zerstörerische Energie nicht durch den Wall drang, so entwickelte sich doch eine starke Hitze. Auf Dakarons rechter Gesichtshälfte bildeten sich in kurzer Zeit große Brandblasen und verursachten starke Schmerzen. Wiederum wurde sein Schutzwall durch die Ablenkung schwächer. In diesem Moment schossen die Krieger ihre Pfeile ab. Einer durchbrach den Schutz und drang schmerzhaft in Dakarons Oberschenkel ein. Er hatte nicht mit solcher Gegenwehr gerechnet. Beflügelt durch seine Wut schlug Dakaron zurück. Chaos brach aus. Blitze zuckten ohne Unterbrechung aus seinen Händen und zerbarsten auf der dem Schutzwall der Jorka. Die ersten zerstoben wieder in Funken, aber die Kraft der Jorka ließ nach. Ein erster Blitz drang durch den Schutzschild und erreichte eine der Jorka-Gruppen. Ekelhafter Geruch verbrannten Fleisches breitete sich auf dem Platz aus und die Schmerzensschreie der Verletzten hallten von den Wänden der umgebenden Gebäude wieder. Dakaron war durch die Verbrennungen und die tiefen Pfeilwunden in seinen Oberschenkeln geschwächt. Ihm wurde bewusst, dass er am heutigen Tag keinen Erfolg haben würde, dass die Unterwerfung der Jorka zudem deutlich schwieriger sein würde als er vermutet hatte.

ES REICHT“. Die Botschaft riss ihn wegen der großen Lautstärke und der Klarheit der Worte aus der Vorbereitung eines Heilungszaubers. Auf dem Platz war ein weiterer, beeindruckender Jorka aufgetaucht. Er war in rosarote, metallisch glitzernde Metallgewänder gekleidet, die an ein Kettenhemd erinnerten. „WER BIST DU?“. Ohne auf eine Antwort von Dakaron zu warten, zog der Jorka ein mächtiges, ebenfalls rosarot glitzerndes Schwert und ging mit schnellen, vierbeinigen Schritten auf ihn zu. Als das Schwert Dakarons magischen Schutzwall berührte, brach dieser funken- und blitzesprühend in sich zusammen. „Ich bin Spiegelglas und ich dulde nicht, dass Zauberer von Tarris in unser Reich eindringen.“ Mit diesen Worten führte er einen mächtigen, senkrechten Schlag mit seinem Schwert gegen Dakaron, der ihn links von seinem Hals traf und seinen Körper bis auf Hüfthöhe spaltete. „Ich will dieses Schwert“, dachte Dakaron. Dann wurde er grau, verblasste und löste sich in Staub auf. Kein Tropfen Blut blieb zurück, als der Staub erst Dakarons ursprüngliche Gestalt annahm und dann in einem sich immer schneller drehenden Wirbel verblasste.

Tarris

Подняться наверх