Читать книгу Tarris - Peter Padberg - Страница 13

Sternenstaub

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Zwei Wochen waren bereits vergangen, seit Karameen in Richtung der Täler südlich von Hornstadt aufgebrochen war. Fanir wartete sehnsüchtig auf ihre Rückkehr, da er die magischen Übungen mit ihr fortsetzen wollte.

Seit dem Erntefest, an dem Fanir Gandaros das erste Mal getroffen hatte, war mehr als ein halbes Jahr vergangen. Heute war es bereits am frühen Morgen spürbar, dass der Sommer auch in den Bergen von Tarris nicht mehr lange auf sich warten lassen würde. Fanir saß zusammen mit Maurah auf der Holzbank vor dem Haus von Maurahs Familie. Die Sonne verbreitete bereits eine wohlige Wärme, die in der windgeschützten Ecke, in der die Bank stand, deutlich zu spüren war. Beide hingen ihren Gedanken nach und Fanir dachte an die Monate seit seinem ersten Treffen mit Karameen zurück. Auch wenn noch nicht viel Zeit vergangen war, hatte sie ihm seitdem viel über die magischen Künste beigebracht. Vieles von dem, was er vorher auch nur ahnen konnte, wusste er nun anzuwenden. Eine vollkommen neue Erkenntnis für ihn war der geistige Kontakt zu anderen Lebewesen. Er liebte dies und versuchte so oft wie möglich, die Gedanken anderer Lebewesen zu verstehen oder auch, sich in diese zu vertiefen. Ähnlich wie Maura vermittelte er den Lebewesen, die er beeinflussen wollte, einen Wunsch. Jedoch verband er dies mit einer Art geistigen Befehl, der immer dazu führte, dass das beeinflusste Lebewesen seiner Absicht folgte. Auch wenn diese Art seiner magischen Fähigkeiten nicht so ausgeprägt wie bei Maura war.

Es war eine harte Zeit gewesen, da er auch im Schwertkampf noch vieles lernen musste. Nachdem Gandaros mit Lortir gesprochen hatte, waren die Übungen im Kampf deutlich schwieriger und anspruchsvoller geworden. Fanir hatte in der recht kurzen Zeit alle Tricks von Lortir lernen müssen und konnte nun seinen Lehrmeister – trotz seiner Jugend und ohne Einsatz seiner magischen Kräfte – mit etwas Glück im Zweikampf besiegen. Er war zu einem außergewöhnlichen Schwertkämpfer gereift, aber abgeschlossen war sein Training noch lange nicht. Er verbrachte weiterhin zwei Drittel eines jeden Tages mit Lortir, der viel Wert darauf legte, dass er jeden Schlag und jede Art der Verteidigung instinktiv und ohne nachzudenken anwendete. Auch musste er seine Kraft, seine Ausdauer und seine Reittechnik verbessern und lernen, mit dem Schwert vom Sattel aus zu kämpfen. Dies fiel ihm zu Anfang schwer, da das Reiten bei den Menschen im Gebirge wenig verbreitet war.

Auch Maurah erhielt eine Ausbildung von Lortir. Sie übte weniger mit dem Schwert und konzentrierte sich auf das Bogenschießen. Mit der Zeit war sie zu einer treffsicheren Schützin geworden. Als Karameen merkte, wie gut sie mit dem Bogen umgehen konnte, brachte sie ihr eines Abends einen Bogen als Geschenk mit. Einen solchen Bogen hatte Fanir noch nie gesehen. Er war aus weißen Drachenknochen gefertigt und an den Enden und in der Mitte waren Runen und Verzierungen aus einem schwarzen Metall in den Knochen eingelassen. Am oberen Ende befand sich eine Aussparung, wo Platz für eine weiter Rune war. Obwohl der Bogen deutlich größer war als die Jagdbögen, die in Hornstadt verwendet wurden, war er wesentlich leichter als diese. Es war eine handwerkliche Meisterleistung aus alten Zeiten und Karameen erklärte, dass Maurah magische Energie in ihn fließen lassen können, um Treffsicherheit, Reichweite und Durchschlagskraft zu erhöhen. Seit Maurah den Bogen hatte, verfehlte Sie kein Ziel. Jeder Pfeil traf.

Fanirs Nachdenken wurde unterbrochen, als er bemerkte, dass Lortir mit drei Pferden den Weg zu Maurahs Haus hinaufkam. Zwei der drei Pferde hatte ebenfalls Karameen mitgebracht. Sie waren für Maurah und Fanir bestimmt. Es waren edle Tiere aus den Nerbischen Grasebenen östlich des Gebirges, die zwar nicht die schnellsten, aber dafür sehr ausdauernd und genügsam waren. Maurahs Pferd, das sie Rossa getauft hatte, war eine schwarz-weiß gescheckte Stute, die sehr heißblütig war. Obwohl Maurah sich gut mit ihr verstand, hatte sie schon einige Male ihre magischen Fähigkeiten einsetzten müssen, um Rossa zu beruhigen und um nicht abgeworfen zu werden. Fanir hatte ebenfalls eine Stute bekommen, die schwarz wie die Nacht und sehr umgänglich war. Er hatte sie Ruki getauft und sie bereitete ihm keine Probleme und schien ihn nicht nur zu mögen, sondern zu lieben. Beide Pferde wieherten, als sie Maurah und Fanir erkannten. Sie schienen sich auf den bevorstehenden Ausritt zu freuen.

Lortir trug dunkle Reitkleidung, hatte aber wie immer auch die Weste aus gehärtetem Leder an, die an einigen Stellen mit Metall verstärkt war und durchaus in einem Schwertkampf etwas Schutz leistete. „Hallo Ihr zwei – seid Ihr bereit für unser Training?“ Er wartete keine Antwort ab. „Wir werden heute einen längeren Ritt unternehmen. Es kann sein, dass wir erst morgen oder noch später zurück sind. Holt Eure gesamte Ausrüstung und packt auch etwas Proviant ein. In einer halben Stunde reiten wir los.“ Während Lortir sich auf die Bank setzte und die Sonne genoss, lief Maurah ins Haus, um zu packen und Reitkleidung und Waffen anzulegen. Fanir schnappte sich Ruki und ritt nach Hause, um sich ebenfalls vorzubereiten.

Wir werden den Kaiserweg in Richtung Süden nehmen. Es ist der Anfang des Weges, der zum Vulkan Tarutos führt. Wir werden ihm folgen, bis wir die Berge verlassen haben. Ein Stück in die Ebene hinaus scheint es ein Feuer auf dem Bauernhof von Meister Brum gegeben zu haben. Unser Statthalter hat mich gebeten, dort einmal nach dem Rechten zu schauen und Meister Brum zu helfen. Deswegen kann es auch sein, dass wir länger als einen oder zwei Tage unterwegs sind. Meister Brum liefert einen großen Teil der Lebensmittel, die Hornstadt benötigt. Wir müssen daher unbedingt nachsehen, was passiert ist.

Sie umrundeten Hornspitze und vor Ihnen begann der Kaiserweg, der sich an den Hängen des Berges ins Tal schlängelte, dann breiter wurde und zwischen einigen Bergen hindurch in die Ebene führte. Es war ein wunderbarer Morgen und Maurah und Fanir freuten sich sehr auf die Reise. Das war doch einmal etwas anderes als das ständige Training Tag aus und Tag ein. Obwohl die Sicht im Nadelwald zu Beginn des Weges durch den Dunst am Morgen noch schlecht war, kamen Sie schnell und ohne Probleme voran. Weiter in Richtung Tal nahm der Morgendunst ab und die Sonne glitzerte in Millionen von feinen Wassertropfen, die sich in der Luft des Waldes befanden. Als sie den Talboden erreicht hatten, folgten Sie dem nun breiteren Königsweg. Lortir ließ Sie mit den Schwertern während des Rittes Übungen gegen eingebildete Feinde durchführen. So verging die Zeit bis zum Mittag, während die Berge kleiner wurden.

Zeit für eine Pause und ein wenig Training mit dem Bogen“, meinte Lortir und führte die beiden zu einem kleinen Teich, der, umgeben von Wald und Wiesen, am Hang eines kleinen Berges lag. Aus ihm sprangen Fische, die die Mücken jagten, die über der Oberfläche flogen. „Da springt unser Mittagessen! Nehmt Eure Bögen und besorgt jedem von uns eine Forelle.“ Maurah und Fanir gingen zum Teich, während Lortir schnell und geschickt ein Feuer entfachte. „Du zuerst“, forderte Maurah Fanir heraus. Fanir nahm seinen Jagdbogen und einen Pfeil, band einen dünnen Faden, den Lortir Ihnen mitgegeben hatte an das Ende des Pfeils, spannte den Bogen und zielte lange. Mit einem Sirren raste der Pfeil auf eine Forelle zu, die gerade aus dem Wasser sprang und – flog unter ihr hindurch. „Verdammt, wie soll ich die denn treffen? Eine Angel wäre mir lieber.“ Maurah schmunzelte und sah ihn herausfordernd an. Fanir zog den Pfeil zurück und schoss erneut. Wieder vorbei. Das Schmunzeln von Maurah wurde breiter. „Ich habe Hunger. Lass es mich einmal versuchen“, sagte sie, nahm den Pfeil, legte ihn auf die Sehne ihres weißen Bogens und beobachtet den Teich. Plötzlich riss sie den Bogen hoch, spannte dabei die Sehne und fast im gleichen Moment raste der Pfeil dem Fisch entgegen. Er flog so schnell, dass er kaum zu sehen war, durchbohrte den Fisch direkt hinter dem Kopf und traf eine zweite Forelle, die ebenfalls gesprungen war. Maurah schenkte Fanir einen triumphierenden Blick. Auch den dritten Fisch erlegte Maurah in Windeseile. Das Mittagessen war gesichert. „Wie machst Du das?“, wollte Fanir wissen. „Der Bogen spricht in Gedanken zu mir. Er scheint vorher zu wissen, wann das Ziel wo ist. Gut schießen muss ich zwar trotzdem, aber es wird einfacher durch die Hilfe von meinem Bogen. Auch fliegen die Pfeile viel schneller, wenn ich es wünsche und ihm dies mitteile. Leider klappt es nicht immer. Es fühlt sich dann immer an, als wenn etwas fehlt. Glücklicher Weise passiert dies nicht oft.“ Obwohl Fanir von der magischen Verbindung wusste, die der zu seinem Schwert ähnlich war, verwunderte es ihn immer wieder von neuem, wie sicher Maurah traf. Sie hatte ihm den Bogen schon gegeben, aber er bekam die Verbindung nicht hin. Bei ihm funktionierte es nicht. Verhungern würde er nicht – er konnte den Fischen schließlich befehlen, zu ihm schwimmen, aber es grämte ihn schon ein wenig, dass Maurah Dinge konnte, die er einfach nicht hinbekam.

Bereits vor einer halben Stunde hatten Sie ihre Mahlzeit beendet und befanden sich wieder auf dem Kaiserweg, als Lortir plötzlich stoppte und ihnen ein Zeichen gab, ebenfalls anzuhalten. Seine Hand ruhte auf seinem Schwert, als er die Umgebung genau betrachtete. Maurah und Fanir wurden unruhig, da sie nicht wussten, was passiert war. Nach kurzer Zeit entspannte sich Lortir ein wenig und wandte sich den beiden zu. „Seht Ihr dahinten die Lichtung auf der rechten Seite des Weges?“ Sie folgten seinem Blick und sahen nun sofort den Homuae, der am Rande der Lichtung im hohen Gras und im Schatten der hohen Laubbäume lag. „Ihr wartet hier! Haltet Eure Bögen bereit!“, befahl er ihnen und ritt langsam auf die Lichtung zu. Dabei beobachtete er den Waldrand – seine Hand lag noch immer auf dem Heft des Schwertes. Es war ein abgenutztes Bastardschwert, das zwar nicht so lang wie ein Zweihänder, aber doch ein gutes Stück länger als ein normales Einhandschwert war. Obwohl man ihm ansah, dass es häufig gebraucht worden war, war es in einem perfekten, sehr gefährlichen Zustand.

Lortir schaute auf die Leiche, die wohl schon länger dort lag. Fliegen stoben zu Hunderten auf, als er sich näherte. Es war ein junger Mann, der gequält und ermordet worden war. An seiner rechten Hand waren alle Finger abgerissen worden, seine Augen fehlten und sein Körper war von Schnitten übersät. An diesen war er aber nicht gestorben. Der Grund für seinen Tod war ein Schnitt durch seine Kehle, der bis zum Rückgrat reichte. Es stank erbärmlich und die Fliegen, die sich nicht weiter um Lortir kümmerten, hatten sich bereits wieder auf der Leiche niedergelassen. Lortir winkte Fanir und Maurah zu, näher zu kommen, band sich ein Tuch vor Nase und Mund und begann, den Toten zu untersuchen. Ihm viel auf, dass der Geldbeutel noch am Gürtel der Leiche befestigt war. Auch eine Halskette mit einem goldenen Amulett lag auf seiner Brust und die Ringe waren noch an zwei Fingern der linken Hand – es war kein Raubmord. Lortir wollte sich schon wieder abwenden, da fiel sein Blick erneut auf die Ringe. Eine schreckliche Vermutung kam in Lortir hoch und um seine Vermutung zu prüfen, drehte er den Kopf der Leiche, so dass das Gesicht nach oben zeigte. „Es ist Lannar, der Knecht von Brum. Sucht die Lichtung ab, ob Ihr Spuren findet.“

Sie untersuchten zu dritt die Lichtung und fanden einen Jagddolch und einen einfachen Bogen – Lannars Jagdwaffen. Lortir hatte einige tiefe Spuren entdeckt, die auf mehrere große Homuae hindeuteten. Sie waren aber schon zu alt, um selbst einem so erfahrenen Spurenleser wie Lortir genaueres Preis zu geben. Er wandte sich an Maurah und Fanir: „Lasst uns den Jungen begraben und dann eilig weiter gehen. Hier können wie kaum etwas herausfinden. Aber wir sollten schnell auf dem Hof nach dem Rechten sehen. Wir bedecken ihn mit Steinen.“ Als sie das Grab des Jungen bereitet und ein kurzes Gebet gesprochen hatten, wandten sich Fanir und Lortir ab, um zu den Pferden zu gehen. Maurah zögerte.

Wartet! Vielleicht können wir doch noch etwas herausfinden. Fanir und ich können versuchen, Kontakt zu Tieren hier in der Nähe aufzunehmen. Vielleicht können wir etwas in ihrer Erinnerung erkennen!“ In der Erinnerung von Tieren lesen? Ich glaube nicht, dass ich dies kann.“, meinte Fanir. Maurah beachtete ihn nicht, sondern setzte sich mit überkreuzten Beinen in die Mitte der Lichtung und begann, sich zu konzentrieren.

Ihr Gesicht nahm einen abwesenden Ausdruck an und Maurah kam es so vor, als wenn ihr Verstand sich von ihrem Körper löste und sich auf die Suche nach Lebewesen machte. Als sie dies das erste Mal in Begleitung von Karameen versucht hatte, wäre sie beinahe nicht zurück in ihren Körper gekommen, jedoch hatte sie mittlerweile viele Übungsstunden hinter sich und meisterte diese magische Reise ohne Schwierigkeiten. Sie entdeckte einige größere Vögel, eine Schlange und auch einige Feldmäuse auf Anhieb. Jedoch hatten diese Tiere, wie sie wusste, kein gutes Erinnerungsvermögen. So suchte sie weiter und auf einmal entdeckte sie eine Füchsin. Vorsichtig verwob sie ihre Gedanken mit denen des kleinen Raubtieres. Die Füchsin hatte Ihren Bau in der Nähe und würde bald Junge werfen – und sie hatte beobachtet, was geschehen war! Als Maurah sich aus dem Geist des Tieres vorsichtig zurückzog, bemerkte sie im Süden in einiger Entfernung fünf Pferde.

Sie kam langsam wieder zu Bewusstsein und begann dann sofort zu berichten. „Dies hier ist vor 2 Tagen passiert. Es waren mehrere und sie kamen von Süden auf Pferden. Sie waren sehr, sehr groß – fast um die Hälfte größer als Lannar. Und sie waren keine Homuae! Sie hatten Klauen und eine dunkelgrüne bis schwarze Haut! Sie kamen den Kaiserweg herauf und sind über Lannar hergefallen, als sie ihn entdeckt haben. Die vielen kleinen Wunden, die seinen Körper bedecken, stammen von ihren Klauen!“ Fanir schaute sie zweifelnd an. „Woher weißt Du dies alles?“ „Ich habe eine Füchsin entdeckt. Sie hat Lannar bei der Jagd beobachtet und gehofft, dass etwas von der Jagdbeute für sie übrigbleibt. Sie war dort im Wald - oberhalb der Stelle, wo wir Lannar entdeckt haben - in den Büschen. Sie hat alles genau gesehen! Ich habe die Wesen, die Lannar überfallen und getötet haben, in ihren Gedanken gesehen. Sie sahen schrecklich aus und haben nichts mit einem Homuae zu tun. Ich weiß nicht, was sie sind!“ Lortirs Gesichtsausdruck wurde bei dieser kurzen Schilderung zunehmend sorgenvoller. „Was hat Maurah gesehen?“, wandte sich Fanir an Lortir. „Ich weiß es nicht. Lasst uns schnell beim Hof nach dem Rechten schauen und dann zügig zu Karameen zurückkehren. Sie muss unbedingt erfahren, was Maurah entdeckt hat. Sie weiß bestimmt, was dies zu bedeuten hat.“ Schweigend stiegen sie auf die Pferde und machten sich auf den Weg in Richtung von Brums Hof.

Die Berge waren zu Hügeln geworden, als sie vom Kaiserweg nach links in Richtung Osten in ein weites Tal abbogen. Es gab zunehmend weniger Bäume, dafür aber bestellte Felder. Ein sicheres Zeichen, dass sie sich Brums Hof näherten. Mittlerweile war es später Nachmittag, jedoch war es deutlich wärmer als in den Bergen in Hornstadt. Sie umrundeten einen letzten Hügel, auf dem einige Wisente grasten und sahen den Hof. Er war deutlich größer, als Maurah und Fanir erwartet hatten – er war fast schon ein kleines Dorf. Sie zügelten ihre Pferde und warfen einen Blick auf das flache Tal und den Hof. Ein Bach durchquerte das Anwesen, es gab eine Mühle und ein Gasthaus. Um das größere Haus in der Mitte des Hofes herum befanden sich fünf kleinere – eines von ihnen rauchte und war stark beschädigt. Der Hof war von einer Mauer umgeben, in der sich vier Tore befanden. Die Mauer schützte mit Sicherheit vor der einen oder anderen Räuberbande, war jedoch keine ernst zu nehmende Verteidigungsanlage, die vor einem militärischen Angriff Sicherheit bot. Von ihrem etwas erhöhten Punkt konnten sie gut über die niedrige Mauer schauen und sahen, dass viele Homuae geschäftig unterwegs waren. Alles sah friedlich und freundlich aus. Während sie noch den Hof betrachteten, kam ein in typischer, braun-grüner Bauernkleidung gewandeter Homuae aus dem Westtor und blickt zu ihnen hinüber. Auf Lortirs Gesicht zeigte sich ein seltenes Lächeln, dann hob er den Arm, winkte dem Homuae und galoppierte auf ihn zu. Maurah und Fanir folgten langsamer.

Als sie das Westtor erreicht hatten, lagen sich der Homuae und Lortir in den Armen und begrüßten sich. Lortir wandte sich ihnen zu. „Darf ich Euch meinen alten Freund Brum vorstellen?“ fragte er mit einem Lächeln. „Brum, dies sind Maurah und Fanir, zwei vielversprechende Schüler von mir.“ Maurah und Fanir stiegen von den Pferden und begrüßten den Bauern freundlich mit einem Händeschütteln. Beiden fielen die rauen Hände von Brum auf, die auf jahrelange harte Arbeit hinwiesen. „Lasst uns in mein Haus gehen. Ihr seid bestimmt hungrig und durstig und ich denke, ich kann noch eine Kleinigkeit vor dem Abendessen für Euch auftreiben. Ihr bleibt doch über Nacht? Ich werde Zimmer im Gästehaus für Euch einrichten lassen. ……“ Brum sprach ohne Pause weiter, bis sie im Inneren seines Hauses angekommen waren. Mittlerweile wussten sie, dass auf dem Anwesen fast 30 Homuae arbeiten, dass ein Haus abgebrannt war, dass in letzter Zeit viele Schafe gerissen worden waren und dass es allen gut ging. Bei diesem letzten Satz runzelten die drei Ankömmlinge leicht die Stirn.

Der Wohnraum im Haupthaus war einfach, aber sehr geschmackvoll eingerichtet. In der Mitte befand sich ein großer Tisch aus dickem, hartem Holz und in die Wand gegenüber dem Eingang war ein Kamin eingelassen, in dem fröhlich ein Feuer flackerte. Die Geweihe vieler Gamsis waren an den Wänden angebracht und auch zwei überaus seltene und kostbare Bilder aus der alten Zeit waren aufgehängt und strahlten in ihren alten Farben. Nachdem Brum sie gebeten hatte, sich zu setzen, brachte er Wein, kristallklares, eiskaltes Wasser und Brot und Käse. Sie merkten, wie hungrig und durstig sie waren und griffen dankbar zu. „Wir wurden vom Statthalter geschickt, um zu schauen, ob wir Dir helfen können. Wie geht es Dir?“ eröffnete Lortir das Gespräch – wohlwissend, dass auf diese Frage eine längere Rede als Antwort folgen würde. „Uns geht es gut! Es war ein milder Winter und wir konnten schon die Saat ausbringen. Das Wintergetreide beginnt bereits zu keimen und dies ist so früh, wie seit vielen Jahren nicht mehr.“ Brum berichtet noch einige Zeit über die Aussaat und dann auch über die erfolgreiche Ernte des letzten Jahres. Er hatte neue Knechte aufgenommen, die ihm bei der Bestellung der Felder und dem Hüten der Tiere halfen und sein Hof wuchs stetig.

Allerdings hatten wir vor drei Tagen auch etwas Ärger“, fuhr er fort. „Es war der erste warme Abend und wir saßen alle zusammen gemeinsam beim Abendessen im Hof, als am Westtor einige Leute laut Einlass begehrten. Es war nicht nur laut, es war ein richtiges Gebrüll. Ich ging mit zwei Knechten auf die Mauer, um nachzusehen, wer uns da besuchen kam. Als wir auf der Mauer waren, wurden wir ohne irgendeine Begrüßung in einem merkwürdigen Akzent – ich hatte den Eindruck, sie beherrschten unsere Sprache nicht richtig – beschimpft, wie wir es wagen könnten, vor Gesandten von Dakaron unsere Tore geschlossen zu halten. Wir sollten Sie sofort öffnen und wenn wir dies nicht tun würden, hätten wir ernste Konsequenzen zu erwarten. Ich hatte weder von Dakaron noch von Gesandten Dakarons je zuvor gehört und war über die unhöfliche Art auch recht verärgert. Ich fragte sie, ob sie nicht ein wenig höflicher um Gastfreundschaft bitte können und ob sie mir nicht ihre Namen nennen wollten. Falls sie dies nicht beherzigen und tun würden, könne ich auch die Tore nicht für sie öffnen. Sie antworteten nicht, sondern warfen einen Speer auf einen der beiden Knechte – glücklicher Weise verfehlten sie ihn. Ich rief meine Leute zu den Waffen, um nötigenfalls verteidigungsbereit zu sein. Sie waren zwar nur zu fünft, aber sie waren alle sehr groß und gefährlich und wirkten – ich konnte sie in der Dämmerung nicht richtig erkennen – fremdländisch; sie sahen vollkommen anders aus als Homuae. Als sie sahen, wie viele wir sind, verzogen sie sich wieder. Allerdings flog kurz darauf ein brennender Pfeil über die Mauer und steckte ein Haus in Brand – das Ergebnis habt ihr gesehen. Auch wurden einige Schafe gerissen und nicht gefressen. Sie waren von mächtigen Krallen zerfetzt worden und lagen tot herum. Das Fleisch war glückliche Weise noch nicht verdorben, so dass wir es noch verwenden konnten und sich der Schaden in Grenzen hielt.“ Brum erklärte noch, wie sie das Fleisch sauer eingelegt hatten und dass sie es beim Fest zum Ende der Saatperiode eigentlich gut gebrauchen konnten, bevor er Lortir fragte, wie es denn ihm ergangen wäre.

Maurah und Fanir waren bei der langen Rede immer müder und müder geworden, warteten nun aber aufmerksam auf Lortirs Antwort. „Aus Hornstadt gibt es wenig zu berichten. Alles geht seinen gewohnten Gang. Das Außergewöhnlichste, was ich erzählen kann, ist, dass Karameen seit einiger Zeit häufig in Hornstadt ist und mir bei der Ausbildung der beiden hier hilft. Du kannst Dir vorstellen, wie nervös die Männer in Hornstadt – und natürlich daher auch die Frauen – sind.“ Lortir konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen und Brum lachte laut. „Karameen – ich habe sie lange nicht gesehen. Sieht sie immer noch so gut aus wie früher? Aber ja, ich kann mir vorstellen, wie sie die Gemüter in Hornstadt durcheinander bringt. Und Karameen hilft Dir bei der Ausbildung der beiden hier? Wie kommt denn dies?“ „Gandaros hat nach dem letzten Turnier darum gebeten. Er verspricht sich viel von den beiden und möchte sie wohl für seinen Orden gewinnen. Genaueres weiß ich aber auch nicht.“ antwortete Lortir mit einem kurzen Seitenblick auf Maurah und Fanir, der die beiden dazu aufforderte, bloß nichts zu erzählen. „Gandaros. Nun ja, Magae wissen meistens, was sie tun –und Gandaros insbesondere. Er wird einen bestimmten Zweck verfolgen und für die beiden ist es mit Sicherheit eine aufregende und spannende Zeit.

Brum überlegte kurz. „Wenn Ihr direkt aus Hornstadt gekommen seid: Habt Ihr zufällig meinen Knecht Lannar getroffen? Er ist vor einigen Tagen nach Norden aufgebrochen, um Gamsis zu jagen und ist nun schon so lange fort, dass ich beginne, mir Sorgen zu machen.“ Fanir wollte schon antworten, bevor ihn ein erneuter Blick von Lortir zum Schweigen brachte. „Wir haben ihn getroffen. Aber leider nicht so, wie Du und ich es uns wünschen würden, Brum. Ich habe eine schlechte Nachricht für Dich: Lannar ist gestorben. Wir fanden ihn auf einer Lichtung einige Stunden nördlich von hier. Er war schon einen Weile tot und es sah so aus, als wenn er von einem wilden Tier gerissen worden wäre. Wir haben ihn beerdigt und die Gebete für ihn gesprochen. Leider konnten wir nicht mehr für ihn tun.“ Brum brach in Tränen aus. Es war seinem Gesicht deutlich abzulesen, dass ihm der Knecht etwas bedeutet hatte. Es trat eine länger andauernde Stille in dem Raum ein, bevor die Gespräche wieder in Gang kamen. Nichts desto trotz blieben Sie noch länger bei Brum, obwohl Maurah und Fanir nach kurzer Zeit schliefen. Irgendwann wurden sie von Lortir geweckt und von Brum zu ihren Zimmern im Gästehaus geführt. Fanir teilte sich ein Zimmer mit Lortir und Maurah bekam ein eigenes Zimmer.

Fanir träumte von seinem Schwert Sternenstaub. Im Traum sprach er mit dem Schwert und das Schwert antwortete, als wenn es ein Lebewesen wäre. Allerdings kam es Fanir im Traum eher wie ein Austausch von Gefühlen und Gedanken vor und nicht wie ein Gespräch. Der Austausch geschah mit Hilfe von Magie und der Traum war so real, als wenn er das Schwert in seiner rechten Hand halten würde. Es war ein angenehmer Traum und er fühlte die Wärme in seinem Rücken, die er immer dann spürte, wenn er seine magischen Fähigkeiten einsetzte. Der Traum änderte sich und Fanir kämpfte nun zusammen mit Sternenstaub gegen einen großen, dunklen Krieger. Sternenstaub zeigte ihm ungewohnte und neue Kombinationen von Schlägen und Abwehrtechniken, die er sich in seinen kühnsten Träumen bisher nicht hatte vorstellen können. Sie ergänzten sich, als wenn sie ein Wesen wären und schaukelten ihre Kraft und Energie mit Hilfe der gegenseitigen magischen Beeinflussung in immer größere und ungeahnte Höhen. Sternenstaub fuhr mit der Geschwindigkeit eines Blitzes durch die Luft und der schwarze Krieger hatte nicht der Hauch einer Chance, den Kampf zu gewinnen. Fanir hätte ewig in dieser Art und Weise und in diesem Traum weiterkämpfen können. Doch plötzlich vibrierte das Schwert in seiner Hand und begann zu leuchten, als wenn es ihm etwas mitteilen wolle. Fanir erschreckte sich so stark, dass er augenblicklich erwachte und sich im Bett aufsetze.

Etwas stimmte nicht. Alles war still, viel zu still. Obwohl das erste Morgengrauen erahnbar war, hörte er keine Vögel. Er stand auf und schaute aus dem Fenster, wo alles friedlich und wie immer aussah. Und doch hatte er ein merkwürdiges Gefühl. Er wollte Lortir nicht im Schlaf stören, zog sich daher an und machte sich auf den Weg zu Maurahs Zimmer, um sie zu wecken. Er öffnete vorsichtig die Tür und wollte gerade das Zimmer betreten, als ein Messer dicht neben ihm surrend in der Wand stecken blieb. „Ich bin es Maurah! Kein Grund, mit Messern zu werfen!“. Er öffnete vorsichtig die Tür. Maurah war ebenfalls bereits angezogen und stand am Fenster. „Du spürst es auch.“ sagte Maurah nur. Sie verstanden sich ohne Worte. „Ich wollte gerade einen Vogel in Gedanken suchen, um nachzuschauen was los ist. Passt Du auf, solange ich in Trance bin?“ „Natürlich – fang an!“. Wie üblich setzte Maurah sich im Schneidersitz auf den Boden und bekam einen abwesenden Gesichtsausdruck. Fanir ging zum Fenster und schaute hinaus. Die Fenster waren aus dem klaren und harten Glas, das es vor langen Zeiten gab und heute nicht mehr hergestellt werden konnte. Er fragte sich, wo Brun dieses Glas wohl her hatte, noch dazu im Gästehaus – was für eine Verschwendung.

Der Gedanke über das Glas brach abrupt ab. Auf der Mauer bewegte sich ein schwarzer, großer Schatten, der einen Bogen in der Hand und ein langes Schwert, einen Zweihänder, über den Rücken geschnallt hatte. Er konnte den Schatten deutlich gegen den rot-blau schimmernden Himmel sehen, wo Sol bald aufgehen würde. Es war kein Homuae. Das Wesen war mindesten drei Köpfe größer als Lortir und hatte sehr breite Schultern. Seine Oberschenkel waren fast genauso breit wie die Schultern, wodurch es unförmig aussah; und auch der Kopf war deutlich größer als der eines Homuae. Fanir wollte sich gerade abwenden, um Maurah aus ihrer Trance zurückzuholen, da bemerkte er vier weitere dieser Schatten, die in zwei Zweiergruppen ebenso wie das erste Wesen geräuschlos und langsam in Richtung Haupthaus schlichen. Fanir ging zu Maurah und rüttelte sie vorsichtig aus der Trance. Er wusste, dass er dies eigentlich nicht tun sollte, nichtsdestotrotz hielt er es für mehr als erforderlich. Ihr Blick wurde klar und sofort zog sich ihre Stirn wütend in Falten. „Sag nichts! Ich weiß, dass ich Dich eigentlich nicht wecken soll, aber schau aus dem Fenster, bevor Du Dich aufregst! Und nimm Deinen Bogen und Dein Schwert!“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen, ging Fanir eilig in sein eigenes Zimmer, weckte Lortir und erklärte ihm in kurzen Worten die Lage, während er Schwert, Dolch und sein altes, schwarzes Kettenhemd anlegte. Auch Lortir war bereits angezogen und gerüstet, als Maurah ins Zimmer kam. „Ihr folgt mir, haltet Euch aber im Hintergrund und aus Kämpfen heraus, falls es wirklich dazu kommen sollte! Das ist ein …“ Befehl, wollte Lortir sagen, als der grauenhafte Schrei sich in ihre Ohren bohrte. Der Schrei hatte nichts an sich, was an einen Homuae erinnerte. Kurz darauf ertönten nicht weniger grausame Schmerzensschreie. Sie rannten aus dem Zimmer, eilten die Treppe hinunter und standen nur Sekunden später auf dem Hof, auf dessen anderer Seite das Haupthaus stand.

Auf dem Hof herrschte Chaos. Einer der schwarzen Schatten befand sich nur fünfzehn Schritte von den Dreien entfernt in der Mitte des Hofes und drang ohne Waffe auf einen Knecht ein, der sich mit einem einfachen Schwert verteidigte. Das Wesen hatte dolchlange Krallen zwischen den Fingern, mit denen es wie mit echten Dolchen kämpfte. Aber auch andere Bewohner des Hofes kämpften bereits gegen die fünf Eindringlinge. Weiter rechts, wo die Straße zur Mühle mündete, kämpften drei Knechte gegen eines der Wesen, das seinen Zweihänder gezogen hatte. Fanir konnte genau sehen, wie es den Zweihänder in einem kraftvollen, horizontalen Schlag gegen den rechten der Verteidiger führte. Der Knecht hatte keine Chance. Der Zweihänder schnitt durch den Homuae wie ein Messer durch weiche Butter; der obere Teil des Körpers kippte zur Seite und das Blut spritzte über den Hof. Der Schlag war gewaltig und Fanir verspürte ein überaus ungutes Gefühl.

Das Wesen wandte sich dem zweiten der Verteidiger zu und drehte sich dabei in ihre Richtung. Sein Gesicht, das eine dunkelgrüne schlammige Farbe hatte, war erschreckend. Gelbe Augen leuchteten über breiten flachen Nüstern, unter denen ein noch breiterer Kiefer lag, aus dem Zähne wie bei einem Raubtier ragten. Das Wesen führte den nächsten Schlag von oben nach unten genau gegen den Kopf des zweiten Verteidigers. Der Knecht riss einen Fangdolch in die Höhe und rettet so sein Leben, konnte aber nicht verhindern, dass ihn der Schlag noch an der Schulter traf und schwer, aber nicht tödlich verletzte.

Genau in diesem Moment hörte Fanir ein Surren neben sich. Plötzlich war das linke Auge des Ungeheuers verschwunden. An seiner Stelle befand sich ein weiß gefiederter Pfeil von Maurah. Das Wesen ging noch einige Schritte in Richtung des dritten Verteidigers und brach dann mit einem grauenhaften Schrei zusammen.

Auch Lortir hatte sein Schwert gezogen und stürmte auf den Klauenkämpfer zu, der vor ihnen den Knecht zerfetzte. Lortirs Bastardschwert zog eine tiefe Wunde in den Rücken des grünen Wesens, grünschwarzes Blut floss aus der schweren Wunde und tropfte auf den hellen Sand des Hofes. Das Wesen zeigte keine Regung, zog sein Schwert und drehte sich zu Lortir um. Es öffnete den Mund und zeigte seine Fangzähne. Nur einen Sekundenbruchteil später ragte ein weiß gefiedert Pfeil aus seinem Mund. Aber die Kreatur zeigte keine Regung, sondern führte einen mächtigen Schlag gegen Lortir, dem dieser nur durch ein schnelles Abrollen zur Seite entgehen konnte. Im Aufstehen traf Lortir das Bein des Wesens aus der Drehung. Wieder spritzte Blut, aber wieder zeigte das Wesen keine Reaktion, sondern zog den Pfeil aus dem Rachen und brachte sein Schwert erneut in Kampfhaltung. Fanir sah, dass sich die übrigen drei der Kreaturen in Richtung Hof bewegten und zog die Kopie von Sternenstaub. Er rannte auf das Wesen zu, das mit Lortir kämpfte und ihm den Rücken zukehrte. Er wollte diesem den Rest geben und Lortir helfen, der trotz der Verletzungen des Ungeheuers immer mehr in die Verteidigung gedrängt wurde. Die Schläge des Monsters prasselten in schneller Folge auf Lortir ein. Fanir weckte die Magie in sich und zum ersten Mal in seiner Leben wurde sein Rücken nicht nur warm, sondern heiß – als wenn die Magie die große Gefahr spüren konnte. Sie strömte durch seinen Körper, als wenn eine zweite Person von ihm Besitz ergreifen würde. Seine Bewegungen wurden schneller, seine Kraft nahm zu und sein Schlag erfolgte mit großer Wucht gegen den ungedeckten Rücken des Wesens. Fanir tat die Aufgabe in Gedanken schon als erledigt ab, als das Wesen sich mit einer nicht zu seinem Körper passender Flinkheit drehte und seinen Zweihänder aus der kreiselnden Bewegung heraus kraftvoll gegen Fanirs Schwert schlug. Fanirs Schwert zersplitterte in hunderte Einzelteile! Sofort schloss das Wesen aus der Abwehr einen horizontalen Schlag an, der gegen Fanirs ungedeckte Brust zielte. Fanir sprang zurück, wurde aber leicht getroffen und spürte sofort den Schmerz in seiner Brust. Seine Magie wirkte heilend in seiner Brust und der Schmerz ließ schnell nach, aber auf einmal hatte er Angst, wie er sie in seinem Leben bisher nicht kennengelernt hatte. Das Wesen, das trotz der eingesetzten Magie genauso schnell und stark wie er war, grinste ihn höhnisch an und wandte sich wieder Lortir zu, der ihm gerade in den Rücken fallen wollte.

Die anderen drei Wesen waren nur noch fünfzig Schritte entfernt und kamen schnell näher – die Knechte waren für sie keine ernsthaften Gegner. Fanir überlegte noch, was er ohne Schwert tun solle, da brach eines der drei sich nähernden Wesen zusammen. In seinem Auge steckte ein weiß gefiederter Pfeil. Die beiden anderen erkannten die Bedrohung und bewegten sich nun schnell auf Maurah zu. Maurah würde sich gegen die zwei nicht verteidigen können und war in großer Gefahr. Fanir überlegt panisch, wie er Maurah helfen könne.

Die Verbindung kam von alleine Zustande. Er spürte Sternenstaub kommen, bevor es in seiner Hand materialisierte. Sobald er es fest gepackt hatte, fühlte er die Magie zwischen sich selbst und dem Schwert fließen und sich gegenseitig verstärken. Sternenstaub begann rot zu pulsieren. Von dem Kristall aus liefen die rot leuchtenden Stränge durch das ganze Schwert wie Venen und Arterien in einem Körper. Sternenstaub vermittelte ihm Mut und Freude über den bevorstehenden Kampf und Fanir rannte furchtlos und zuversichtlich zwischen Maurah und die zwei Ungeheuer und versperrte diesen den Weg. Der linke der beiden zögerte mit einem Blick auf Sternenstaub, der rechte griff mit einem mächtigen von über dem Kopf geführten Schlag an, der Fanir sauber in zwei Hälften spalten würde. Fanir drehten sich in einer Kreisbewegung nach rechts und beschleunigte gleichzeitig seinen Schlag aus der Drehung heraus gegen die Arme des Ungeheuers, das den nach unten geführten Schlag gerade erst beendet hatte. Die Bewegung des Wesens erschien Fanir plötzlich äußerst langsam. Sternenstaub trennte beide Arme des Ungeheuers unter dem Ellenbogen ab. Die roten Adern auf dem Schwert leuchteten durch das grün-schwarze Blut hindurch, das die Klinge bedeckte.

Im gleichen Moment hörte er einen unterdrückten Schmerzensschrei hinter sich. Er wirbelt herum und konnte sehen, wie das Ungeheuer, mit dem Lortir kämpfte, seinen Zweihänder aus dem Bein seines Lehrers zog. Lortir taumelte zurück und blutete stark aus der Wunde am Oberschenkel. Sofort folgte ein weiterer heftiger Schlag, den Lortir mit seinem Bastardschwert zur Seite ablenken konnte. Jedoch zwang ihn der heftige Schlag nun in die Knie. Sein Ende war gekommen.

Brum sah, wie Lortir in die Knie ging. Er nahm seine alte Streitaxt fest in beide Hände, öffnete die Tür und rannte laut schreiend auf das Monster zu. Das Wesen drehte sich zu Brum und Lortir war vorerst gerettet. Fanir verlor keine Zeit und rannte ebenfalls los. Brums Axtschlag zielt auf den Kopf des Wesen, das seinen Zweihänder in Abwehrhaltung brachte. Die Axt krachte auf das Schwert, konnte das Wesen aber nicht verletzen. Mit einem Stoß gegen die Axt schleuderte das Ungeheuer Brum zurück und bereitete den nächsten Schlag vor. Nun war Fanir bei ihm. Sternenstaub traf mit aller Kraft, die Fanir aufbringen konnte, auf den Zweihänder, der gegen Brums Kopf geführt war. Der Zweihänder zerbrach in zwei Teile. Fanir drehte sich um die eigene Achse und führte Sternenstaub gegen den Hals des Wesens. Der Schlag traf und der Kopf flog in den Sand des Hofes. Wieder spritze das schwarz-grüne Blut in den Sand. Die Wundränder, wo Sternenstaub getroffen hatte, leuchteten in einem dunklen Rot.

Das letzte der Ungeheuer floh. „Maurah, Du musst es erwischen!“ schrie Lortir. Das Wesen hatte bereits fast das Nordtor erreicht. Maurah und Fanir nahmen die Verfolgung auf und rannten hinter ihm her. Während Fanir ihm weiter folgte, sprintete Maurah die Mauer hinauf. Oben angekommen, nahm sie ihren Bogen und zielte länger als gewöhnlich. Das Wesen war bereits ein gutes Stück von dem Bauernhof entfernt, Fanir war fünfzig Schritt hinter ihm. Der Pfeil traf das Ungeheuer von hinten in den Kopf und die Spitze des Pfeils trat genau aus dem linken Auge wieder aus. Das Wesen brach zusammen, bevor Fanir es erreicht hatte.


Tarris

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