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Die drei Säulen der Energieversorgung

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Steinkorallen sind als sessile Tiere darauf angewiesen, von der Strömung mit Nahrung versorgt zu werden. Sie sind ursprünglich in erster Linie Planktonfänger (also heterotroph), die mit ihren Tentakeln Kleinstlebewesen aus der Wassersäule erbeuten. Korallen sind Nachtjäger. Wenn nach Einbruch der Dunkelheit das Zooplankton aus größeren Tiefen an die Oberfläche aufsteigt, um dort Phytoplankton (Algen) zu fressen, sind die Tentakel der Korallen ausgestreckt, und das Korallenriff gleicht einem Teppich aus Abertausenden von winzigen Fangarmen.

Wie alle Nesseltiere (Cnidaria) nutzen Korallen zum Beutefang die Batterien von Nesselkapseln (Nematocysten), die sich in ihren Tentakeln befinden. Die Nesselkapseln werden in speziellen Nesselzellen gebildet. Jede Nesselkapsel besteht aus einer blasenartigen Hülle, in der ein schraubig aufgedrehter Faden steckt, der mit kleinen Dornen besetzt sein kann. Ein kurzer Fortsatz (Flagellum) ragt aus der Nematocyste heraus und funktioniert wie der Auslöser einer Sprengladung. Bei einer Berührung mit einem potenziellen Beuteorganismus explodieren die Kapseln, die Nesselfäden durchschlagen die Haut des Opfers und injizieren ihr Nesselgift. Dies geschieht in Bruchteilen einer tausendstel Sekunde und gehört damit zu den schnellsten Bewegungen, die man im Tierreich beobachten kann. (Beschleunigung von 400.000 m/s2. Zum Vergleich: Die maximale Beschleunigung der bemannten Raumfahrt liegt bei 1000 m/s2) Es gibt etwa 25 unterschiedliche Typen von Nesselkapseln: Manche enthalten einen klebrigen Nesselfaden, der sich eher an die Oberfläche der Beute heftet, andere besitzen harte Strukturen, die auch die Panzer kleiner Krebstiere durchdringen können. Auch die Zusammensetzung der Giftstoffe variiert. Nesseltiere besitzen körpereigenen Schleim, der den Auslöser deaktiviert und so verhindert, dass sich Korallen ständig selbst nesseln.


Explosion einer Nesselzelle (Penetrante). Bei Kontakt mit einem Beuteorganismus stülpen sich zuerst die stilettartigen Fortsätze nach außen und durchschlagen die Haut des Opfers. In diese Wunde wird der Nesselfaden mit dem Nesselgift geschleudert. All dies passiert in Millisekunden.

Die gelähmte Beute wird mit den Tentakeln zur Mundöffnung gereicht und als Ganzes in den Gastralraum befördert. Hier wird die Beute verdaut, die Reste der Mahlzeit werden auf demselben Wege wieder ausgeschieden. Da die einzelnen Korallenpolypen zumeist sehr klein sind, beschränkt ihre Größe natürlich auch die Größe der potenziellen Beuteorganismen. Allerdings können selbst große Arten, etwa aus den Gattungen Lobophyllia oder Blastomussa, mit Kelchdurchmessern von mehreren Zentimetern auch nur Beute von wenigen Millimetern bewältigen, die meisten allerdings beschränken sich auf mikroskopisches Zooplankton.

Die wenigsten Steinkorallenarten sind in der Lage, die menschliche Haut mit ihren Nesselzellen zu durchschlagen, geschweige denn ernsthafte Nesselvergiftungen auszulösen. Im Gegensatz dazu besitzen die zu den Hydroiden gehörenden Feuerkorallen (Milleporidae) leistungsstarke Nesselzellen, und mancher unachtsame Schnorchler oder Taucher hat mit dieser Gattung unliebsame Bekanntschaft gemacht.

Allerdings gibt es unter den nah verwandten Staats- bzw. Würfelquallen einige Vertreter, die extrem starke Toxine besitzen, mit denen sie auch bei Menschen fatale Nesselvergiftungen bis hin zum Tode verursachen können (Chironex fleckeri, Physalia physalis).


Feuerkoralle Millepora dichotoma. Die Feuerkorallen der Gattung Millepora gehören zu den Hydrozoen und sind keine Steinkorallen obwohl sie ein festes Kalkskelett bilden und deutlich zum Riffaufbau beitragen. Ihren Namen verdanken sie ihren zahlreichen und durchschlagskräftigen Nesselzellen, die auch die menschliche Haut durchdringen.


Große Kolonie der Bergkoralle Porites lobata. Detailvergrößerung zeigt den Schleimfilm, den die Koralle produziert um Sediment zu entfernen.

Kleine Beuteorganismen können auch mithilfe einer Schleimschicht, die von mikroskopisch kleinen Zilien angetrieben wird, wie auf einem Förderband zur Mundöffnung befördert werden. Manche Arten ergänzen ihre Nahrung durch organische Partikel, die auf die Oberfläche der Korallen gerieselt sind und an dem Schleim kleben bleiben (Mycedium elephantotus). Dieses Material besteht aus abgestorbenen Planktonorganismen sowie anhaftenden Mikroben. Die Korallenpolypen fressen dann diesen Schleimfilm und verdauen die organischen Bestandteile. Die Transportrichtung des Schleimfilmes ist umkehrbar. Wenn keine Beute transportiert wird, werden Reste von Nahrung bzw. Sand und Sediment von der Mundöffnung weg nach außen transportiert.

Die zweite potenzielle Säule der Energieversorgung sind die im Meerwasser gelösten Stoffe. Hierzu zählen organische Verbindungen, die nur in geringsten Konzentrationen vorkommen, aber dennoch von den Korallen aufgenommen und angereichert werden können. Bestimmte Transportproteine an der Körperoberfläche des Korallenpolypen arbeiten wie Pumpen und schleusen die einzelnen Moleküle dieser Stoffe aktiv und gegen das Konzentrationsgefälle in das Gewebe. Das Grundprinzip entspricht dem der Aufnahme von Nährstoffen aus unserem Darm in unsere Blutbahn. Man konnte nachweisen, dass allein diese Aufnahme gelöster Stoffe in Einzelfällen über 30 % des Energiegrundbedarfs decken kann.

Für riffbildende Steinkorallen stellt die Symbiose zwischen Korallen und Algen mit Abstand die wichtigste Säule der Energieversorgung dar.

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