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Symbiose zwischen Korallen und Algen

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Die oben beschriebene heterotrophe Ernährung der Steinkorallen über das Fangen von Beuteorganismen ist wahrscheinlich entwicklungsgeschichtlich die ursprünglichste, aber nicht ihre wichtigste Energiequelle. Insbesondere die riffbildenden (hermatypischen) Steinkorallen, d.h. die Arten, die große Kalkmengen abscheiden können, besitzen symbiontische Algen (Zooxanthellen). Hierbei handelt es sich um einzellige Algen aus der Gruppe der Dinoflagellaten (Gymnodinium-Gruppe), die als Endosymbionten im Gewebe des Korallenpolypen leben. Die Endosymbiose zwischen dem Wirt (Koralle) und seinen Untermietern (Algen) ist sehr eng. Der Wirt liefert einen vergleichsweise geschützten Lebensraum, CO2 sowie Pflanzennährstoffe (hier vor allem Stickstoff- und Phosphatverbindungen) und wird dafür im Gegenzug mit organischen Fotosyntheseprodukten (Zucker, Aminosäuren, Fetten) versorgt. Auch wenn angenommen werden kann, dass sich die Symbiose evolutiv aus ursprünglich als Nahrung aufgenommenen Algen entwickelt hat, ist heute klar, dass die Koralle ihre Zooxanthellen nicht verdaut. Sie leben von der Miete, nicht vom Mieter! Die Koralle kontrolliert die Zahl ihrer Endosymbionten. Die Anzahl der Algenzellen kann zwischen einigen Hunderttausend bis hin zu zehn Millionen pro cm2 Korallenoberfläche betragen. Einerseits werden überzählige Algen ausgeschieden, andererseits kann die Koralle die Teilungsrate der endosymbiontischen Algen mit steuern.

Die Zusammensetzung der „Algengemeinschaft“ variiert je nach Standortbedingungen. Lange nahm man an, dass es sich bei den Zooxanthellen ausschließlich um die Art Gymnodinium microadriacticum handele, heute weiß man, dass sich hinter den „Untermietern“ eine Reihe unterschiedlicher Algenarten verbirgt, die sich im Hinblick auf ihre Lichtansprüche unterscheiden. Die Koralle sucht für die jeweils spezifischen Standortbedingungen (Licht) nicht nur die Menge, sondern auch die Art der symbiontischen Alge aus. Der Wirt bestimmt also, welche und wie viele Untermieter aufgenommen werden.

Der Nährstoffkreislauf und Stoffaustausch zwischen heterotrophen Tieren und autotrophen Primärproduzenten (Pflanzen) verläuft gewöhnlich über mehrere Trophiestufen der Nahrungskette mit erheblichen Streuverlusten. Der Kurzschluss der Stoffwechselwege durch die Etablierung einer Endosymbiose, bei der der eine Partner im Gewebe des anderen lebt, ermöglicht ein fast verlustfreies Recycling. Hierdurch haben zooxanthellate Steinkorallen in nährstoffarmen tropischen Meeren deutliche Vorteile bei der Konkurrenz um die limitierten Ressourcen.


Symbiontische Algen. Gelbgrüne Zooxanthellen aus der Gymnodinium microadriaticum – Gruppe.


Junge Korallenkolonie, in der die Zooxanthellen bereits als winzige grüne Punkte sichtbar sind.

Neben dem energetischen Gewinn dieser engen Zusammenarbeit hat der Besitz von Zooxanthellen einen weiteren entscheidenden Vorteil. Die Kalkbildungsrate dieser Korallen ist etwa um den Faktor 10 höher als die der Korallen ohne Zooxanthellen. Der „Verbrauch“ von CO2 durch die Algen führt zu einem lokal leicht erhöhten pH-Wert wodurch es zur erleichterten Ausfällung von CaCO3 aus dem Umgebungswasser kommt. Dieser Kalk ermöglicht ein erheblich schnelleres Skelettwachstum. Daher besitzen riffbildende (hermatypische) Steinkorallen immer Zooxanthellen. In Kapitel 6.1. wird der Prozess der Kalkbildung eingehender beschrieben.

Der jeweilige Anteil der einzelnen Energiequellen an der Gesamtversorgung schwankt je nach Art. Nach einer groben Schätzung decken Korallen etwa 20 % ihres Energiebedarfs über die Aufnahme partikularer Substanzen (Beutefang, Schleimfänge), 10 % über die Aufnahme gelöster Stoffe und 70 % durch die Assimilate ihrer Zooxanthellen. Damit wird klar, wie wichtig die Algenpartner für die Korallen sind. Zooxanthellen, die aus Korallen isoliert wurden, lassen sich weitgehend problemlos kultivieren. Korallen aber, die ihre Algen verloren haben, sind bleich und kümmern vor sich hin. Gelingt es ihnen nicht, in kurzer Zeit wieder neue Symbionten aufzunehmen, haben sie keine Aussicht auf ein langfristiges Überleben, was wiederum zeigt, wie eng diese Symbiose angelegt ist und dass die eigentliche Abhängigkeit auf der Seite der Koralle liegt. Im Kapitel Bedrohungen wird diese Abhängigkeit im Zusammenhang mit dem Bleaching-Phänomen eingehender behandelt.

EXTREMSTANDORTE, NUR ETWAS FÜR SPEZIALISTEN

Die Lichtabhängigkeit riffbildender Korallen beschränkt ihre Verbreitung auf die oberen Wasserschichten. Mit der Tiefe nimmt sowohl die Zahl der Korallenkolonien (Individuen) als auch die der Arten hermatypischer Korallen drastisch ab. Während im nördlichen Roten Meer bis in 30 m Tiefe etwa 150 Arten zu finden sind, dringen nur noch etwa 40 Arten bis in 60 m vor. In 100 m Tiefe leben noch 8 Arten und ab 110 m existiert nur noch die Art Leptoseris fragilis, die mithilfe eines Tauchbootes bis in 140 m nachgewiesen werden konnte. Das ist Weltrekord und kann nur in sehr klaren Gewässern erreicht werden. Steinkorallen ohne symbiontische Algen sind vollkommen lichtunabhängig und finden sich bis in über 6000 m Tiefe, diese Arten sind jedoch ausnahmslos nicht riffbildend (ahermatypisch).

Wie kann also eine zooxanthellate Koralle in einem Lebensraum überleben, der selbst im Sommer beim Sonnenhöchststand gegen Mittag nur etwa 0,5 % der Oberflächenstrahlung für die Fotosynthese der symbiontischen Algen bereithält? Zudem sei erwähnt, dass die für die Fotosynthese verwertbaren Wellenlängen mit der Wassertiefe dramatisch abnehmen. Kurze Wellenlängen, blaue und violette Strahlung dringen auch in größere Wassertiefen vor, langwellige, rote Spektralanteile fehlen, weshalb tiefes, klares Wasser blau erscheint. Es gibt also erstens sehr wenig Licht in der Tiefe und zudem in einer Wellenlänge, die kaum zur Fotosynthese geeignet ist. Dieses Dilemma haben Leptoseris und ihre symbiontischen Algenpartner durch erstaunliche Anpassungen gelöst. Die Zooxanthellen, die aus Leptoseris isoliert wurden, besitzen etwa sechsmal so viel Chlorophyll (grünen Blattfarbstoff) wie ihre Verwandten aus Flachwassergebieten und können damit erheblich effizienter Licht absorbieren.


Fluoreszenz bei Steinkorallen. Einige zooxanthellatae Arten reflektieren sichtbares Licht, wenn man sie mit unsichtbaren Wellenlängen (z.B. UV-Licht) bestrahlt. Es entsteht eine neonartige Fluoreszenz. Dieses sichtbare Licht kann von den symbiontischen Algen zur Fotosynthese genutzt werden.

Zudem produzieren die Korallen in ihrem Gewebe Pigmentkörnchen, die von dem blauen Licht angeregt werden und dieses Licht in einer längeren Wellenlänge wieder abstrahlen. Sie beleuchten quasi mit diesem Fluoreszenzlicht selbst ihre Algen und fördern so, nicht ganz uneigennützig, deren Fotosyntheserate.

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