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Sein und Sollen

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Bei all diesen wissenschaftlichen Zuwendungsweisen spielt die Annahme einer Differenz zwischen Sein und Sollen eine entscheidende Rolle. Im wissenschaftlichen Schrifttum und in der unterrichtlichen Praxis kommt dies in Form von unterschiedlichen Diagnosen hinsichtlich der Differenz zwischen Wirklichkeit und Möglichkeit, Sein und Sollen, hinsichtlich unterschiedlicher Verfahren, diese Diagnose zu stellen, und hinsichtlich unterschiedlicher Vorstellungen darüber, welche Konsequenzen daraus gezogen werden sollen – ob also z.B. musikalisch-ästhetische Erfahrung, kulturelle Bildung oder musikpraktische Fertigkeiten, ob Instruktion oder Selbsttätigkeit für das Lehren und Lernen maßgeblich seien –, zum Tragen.

Allen genannten Fällen, Prozessen, Denkstrategien, Inhalten, Wissenschaftsbereichen usw. liegt eine Frage zugrunde. Sie lautet:

„Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten (auch: Kompetenzen), Einstellungen und Haltungen braucht der Mensch heutzutage und künftig, um mit Musik sein Leben sinnvoll zu gestalten, und was kann und soll man tun, um ihm den Erwerb dieser Fähigkeiten, Fertigkeiten, Einstellungen und Haltungen im Rahmen von Schule und Gesellschaft zu ermöglichen?“

Wir haben gesehen, dass diese Frage im Alltag und in der Forschung gestellt wird. Eine entsprechende Forschung gibt es, weil die Frage im Alltag von verschiedenen Menschen unterschiedlich beantwortet wird: Lehrer werden sie anders beantworten als Diskjockeys, Zahnärztinnen anders als Bardamen, Wissenschaftler anders als Politiker. Deutlich wird die Differenz zwischen Sein und Sollen, deutlich wird auch der Zusammenhang zwischen Empirie und Deutung: Erst wenn ich den konkreten Fall kenne, kann ich Aussagen über notwendige und wünschenswerte Förderung machen. Erst wenn ich weiß, worin musikbezogene Fähigkeiten bestehen, wodurch sie entstehen und wie sie sich zeigen, kann ich die Frage beantworten. Deutlich wird auch die Notwendigkeit historischer Forschung: Was ist im Schrifttum über Handlungsvorschläge nachzulesen? Und letztlich wird bereits hier die Differenz zwischeneiner wissenschaftlichen und einer nichtwissenschaftlichen musikpädagogischen Fragehaltung deutlich – ein*e Musiklehrer*in nämlich würde die Frage ganz anders formulieren:

„Was kann ich in meinem Unterricht tun, damit meine Schüler*innen im Unterricht so handeln, dass sie daraus einen Gewinn ziehen, der ihnen hilft, ihr künftiges Leben sinnvoller: genussreicher, erkenntnisreicher, aufgeschlossener, vielfältiger, den Möglichkeiten der Welt angemessener, menschenwürdiger gestalten zu können?“

Einführung in die Musikpädagogik

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