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A.2.1 Freiburg (Kanton und Stadt) A.2.1.1 Sprachgeschichtlicher Überblick

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Der Kontakt zwischen romanischer und germanischer Sprache findet im Gebiet des heutigen Kantons Freiburg sehr früh statt. Bevor die Gebiete im 1. Jahrhundert v.Chr. Teil des Römischen Reiches werden, sind sie durch die keltischen Helvetier bevölkert. Im 3. Jahrhundert führen die eingewanderten Alemannen die germanischen Sprachen ein, während die zur selben Zeit eingewanderten Burgunder rasch romanisiert werden (vgl. Mariano 2010: 290).

Die Gründung der Stadt Freiburg erfolgt 1157 durch den Herzog Berchtold IV von Zähringen. Die Stadt erobert bald neue, sowohl deutsch- als auch französischsprachige Gebiete.

Für die Entwicklungen der Sprachsituation sind schliesslich insbesondere die Ereignisse im 15. Jahrhundert wichtig. Nach den Burgunderkriegen wird die Stadt Freiburg 1477 unabhängig und erhält den Status einer freien Reichsstadt (vgl. HLSa; HLSb). Dies hat eine bedeutende Vergrösserung ihrer zugehörigen Gebiete zur Folge, die sie in mehreren Fällen (dazu zählt auch das Gebiet um Murten, vgl. A.2.2.1) zusammen mit Bern als ‹Gemeine Herrschaften› (vgl. HLSc; HLSd) verwaltet. Auch der offizielle Sprachgebrauch ändert sich zu dieser Zeit: Latein wird aufgegeben, zu Gunsten vor allem des Französischen, das erste Amtssprache wird, aber auch des Deutschen (vgl. Altermatt 2003: 22).

Einige Jahre später, 1481, wird der Kanton Freiburg – als erster nicht ausschliesslich deutschsprachiger Kanton – in die Eidgenossenschaft aufgenommen, wodurch die Bedeutung des Deutschen im Kanton weiter gestärkt wird. Deutsch wird 1483 Verwaltungssprache. Sein Gebrauch ist allerdings auf die Beziehungen nach aussen, die Kanzlei, die Räte und die Beziehungen zu den Gemeinen Herrschaften beschränkt (vgl. Altermatt 2003: 26), in den französischsprachigen Gebieten des Kantons bleibt Französisch einzige Verwaltungssprache.

Als 1798 in der Folge des Zusammenbruchs des Ancien Régime die Helvetische Republik entsteht (vgl. HLSe), ändert sich die sprachliche Situation des Gebietes erneut. Im Zuge einer territorialen Neuaufteilung während der Helvetischen Republik werden nicht nur die Region um Murten, sondern auch mehrere französischsprachige Gebiete vollständig Teil des Kantons Freiburg. Französisch wird Kommunikationssprache der Kantonsverwaltung mit der kurzzeitigen Landesregierung, dem Helvetischen Direktorium (vgl. HLSe). Deutsch bleibt zunächst noch Sprache der Kommunikation mit den übrigen Gebieten der Eidgenossenschaft und verliert seinen offiziellen Status zu Beginn des 19. Jahrhunderts ganz (vgl. Altermatt 2003: 29).

Auch nach dem Ende der Helvetischen Republik 1803 und der darauf folgenden Mediationszeit (vgl. HLSf) verändert sich diese Sprachsituation kaum (vgl. Altermatt 2003: 30). Als 1830 ein liberales Regime eingerichtet wird, bleibt eine gewisse Zweisprachigkeit erhalten, als Regierungssprache gilt allerdings ausschliesslich Französisch (vgl. Altermatt 2003: 33).

Nach dem Schweizerischen Bürgerkrieg (‹Sonderbundskrieg›, vgl. HLSg) wird eine neue kantonale Verfassung geschaffen, durch welche die Bezirksverteilung innerhalb des Kantons Freiburg entsteht (vgl. A.2.1.2), die weitestgehend bis heute gilt.

Als es 1857 erneut zu einem Regierungswechsel und zu einer Änderung der Kantonsverfassung kommt, wird der Versuch unternommen, weder das Französische noch das Deutsche zu bevorzugen: Es wird keine offizielle Sprache mehr festgelegt und Französisch bleibt lediglich Originalsprache der juristischen Dokumente.

Spannungen bleiben dennoch nicht aus. Namentlich während des Ersten Weltkriegs sind die Spannungen zwischen Deutsch- und Französischsprachigen, die in der ganzen Schweiz wahrnehmbar sind und namentlich durch die Propaganda der Kriegsparteien in der Schweiz verstärkt werden (vgl. Elsig 2014), in Kanton und vor allem Stadt Freiburg deutlich zu spüren (vgl. Tétaz 2007: 74-75). In der Zwischenkriegszeit wird die deutschsprachige Gemeinschaft zwar stärker in die Kantonsregierung eingebunden, diese versteht den Kanton jedoch nach wie vor als vornehmlich französischsprachig (vgl. Altermatt 2003: 47). Während dem Zweiten Weltkrieg ist die Situation nicht mehr dieselbe. Kulturelle und sprachliche Vielfalt werden als Teil der Schweizerischen Identität verstanden und auch in Freiburg wird diese Haltung geteilt (vgl. Altermatt 2003: 48).

Von der hier mit Blick auf die Sprachsituation kurz umrissenen Geschichte des Kantons hebt sich diejenige der Stadt Freiburg zuweilen ab, was auch für Murten gilt. Auf die (Sprach)geschichte Murtens werden wir in A.2.2.1 eingehen, auf die aktuelle Sprachsituation in Stadt und Kanton Freiburg in A.2.1.2. Hier beleuchten wir zunächst einige sprachgeschichtlich bedeutende Ereignisse in der Stadt Freiburg. Die Stadt wird 1157 gegründet und ihre Bevölkerung besteht bereits zu diesem Zeitpunkt aus deutschsprachigen und französischsprachigen Einwohnerinnen und Einwohnern (Altermatt 2007: 400). Die schwäbische Herkunft der zähringischen Stadtgründer1 und die Abhängigkeit der damals existierenden zwei Klöster von deutschen Provinzen (Altermatt 2003: 19) tragen zur Bedeutung des Deutschen bei, was sich auch in der Toponymie niederschlägt. Gleichzeitig gewinnt Französisch in der Stadt Freiburg rasch an Bedeutung durch die Einwanderung aus den abhängigen französischsprachigen Gebieten. Der Kontakt der beiden Sprachen ist daher seit der Stadtgründung attestiert (vgl. Guex 2010: 58).

Die Stärkung des Deutschen durch den Eintritt in die Eidgenossenschaft im 15. Jahrhundert hat im Kantonshauptort Freiburg jedoch besonders deutliche Auswirkungen, während sie in den umliegenden Gebieten weniger zu spüren ist. Im 18. Jahrhundert werden namentlich durch die in der Stadt wohnhaften Patrizierfamilien wieder intensivere Beziehungen mit Frankreich gepflegt (vgl. Villiger/Bourceraud 2008: 21). Als die französische Sprache zu dieser Zeit im gesamten Kanton wieder an Bedeutung gewinnt, ist daher auch diese Bewegung in der Stadt stärker zu spüren als in anderen Kantonsgebieten. Die Veränderungen der sprachlichen Situation und die wiederholten Wechsel des Status der beiden Sprachen Französisch und Deutsch sind also in der Stadt Freiburg grundsätzlich stärker als anderswo in den heutigen Kantonsgebieten. Dies gilt ebenso für die erwähnten Spannungen während dem Ersten Weltkrieg und für eine positivere Haltung gegenüber dem Sprachkontakt während des Zweiten Weltkriegs und bis heute (vgl. z.B. Wicht-Pierard 2007: 171).

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