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Kaiserzeit

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1872 wurde jedem Revier ein Kriminalschutzmann zugeteilt, der dem Reviervorsteher unterstand, aber Aufträge der Kriminalkommissare auszuführen hatte. Um den Bedarf an geeignetem fachlichen Personal zu decken, durften ab 1875 neben den Militärversorgungsempfängern auch andere eingestellt werden. Die Posten der Abteilungsdirigenten der Abteilungen II und IV wurden durch höhere Beamte besetzt. Trotzdem rekrutierten sich die Kriminalwachtmeister und -schutzmänner weiter vorwiegend aus der Schutzmannschaft. Seit 1879 waren sie ausschließlich der Abteilung IV unterstellt, die ihrerseits haushaltsmäßig selbständig wurde. 15

Angepasst an die bestehenden sechs Bezirkshauptmannschaften der Schutzpolizei bildete man 1877 sechs Bezirkskommissariate der Kripo, deren Auftrag Aufklärung von Delikten im jeweiligen Bezirk lautete. Zusätzlich hatten die Bezirkskommissariate aber auch Aufgaben der Sittenpolizei und der politischen Polizei wahrzunehmen. Bezirke mit einer Bevölkerungszahl von 200 000 Personen hatten einen zu großen Zuschnitt. Durch die Vermehrung der Bezirkskommissariate konnte die durchschnittliche Bevölkerungszahl je Kommissariat auf 150 000 gesenkt werden. 16 Die Zahl der Polizeihauptmannschaften stieg mit dem Wachstum der Bevölkerung bis 1908 auf 13. Auf der lokalen Ebene war die Polizei durch 111 Reviere präsent. 17

Mit der Einrichtung von drei Inspektionen (A: zuständig für die Bezirkskommissariate, B: zuständig für gewerbs- und gewohnheitsmäßig verübte Straftaten, C: zuständig für Angelegenheiten, die juristische, kaufmännische oder technische Vorkenntnisse erfordern) unterhalb der Abteilungsdirigenten gelang es 1885, eine effektive Mittelinstanz zu installieren. Den Revieren wurde zur Überwachung der Gaststätten und Gewerbebetriebe ein weiterer Kriminalschutzmann auf Dauer zugewiesen. Die den Kriminalschutzmännern vorgesetzten Kriminalwachtmeister erhielten eine kriminalistische Ausbildung. Seit 1886 stand die Sittenpolizei (unter der Leitung eines vierten Kriminalinspektors) wieder unter der Zuständigkeit der Abteilung IV. 18

In den folgenden Jahren wurden die Geschäfte in der Inspektion A auf die Dezernate I bis III und in der Inspektion B auf die Dezernate I und II aufgefächert und die Personalstärke durch einen zweiten Kriminalinspektor für jede der beiden Inspektionen aufgestockt. Die Zahl der Bezirkskommissariate stieg (parallel zu den Bezirkshauptmannschaften) auf zwölf. Die Bearbeitung einfacher Kriminalfälle wurde einem neu gegründeten Dezernat D übertragen. In der Inspektion B stieg die Zahl der Kommissare von zwölf auf 16.

Die Zuständigkeit des Berliner Polizeipräsidenten für das Berliner Umland, den so genannten weiteren Polizeibezirk, war durch die Kreisordnung von 1872, die die Übertragung der Ortspolizei auf die Amtsvorsteher vorsah, ausgehöhlt und schließlich 1873 durch eine Kabinettsorder aufgehoben worden. Zielgerichtetes polizeiliches Handeln im Berliner Umland wurde dadurch erheblich behindert. Das Gesetz vom 12. Juni 1889 (GS, S. 129) übertrug deshalb dem Berliner Polizeipräsidenten die orts- und landespolizeiliche Zuständigkeit für die Amtsbezirke Rixdorf, Schöneberg und Deutsch-Wilmersdorf im Kreis Teltow, für Lichtenberg, Reinickendorf, Weißensee und Stralau-Rummelsburg im Kreis Nieder-Barnim sowie für den Stadtkreis Charlottenburg. In diesen Verwaltungen wurden mit Berliner Beamten besetzte Kriminalbüros eingerichtet. 1898 kamen die Stadt Schöneberg, 1899 die Amtsbezirke Tempelhof, Treptow und Britz (Kreis Teltow) sowie Tegel und Pankow (Kreis Nieder-Barnim) unter die Zuständigkeit des Berliner Polizeipräsidenten. Die Entwicklung fand ihren vorläufigen Abschluss mit der Schaffung des Landespolizeibezirks Berlin im Jahre 1900, in dem aber weiterhin Vororte mit eigener Polizeiverwaltung (das heißt auch Kriminalpolizei) bestanden, die sich aber durch einen Nachrichtendienst mit der Berliner Kripo verständigten. 19

Nach 1890 führte die Kripo so genannte fliegende Patrouillen zur Beobachtung der Kriminellen ein. Jede der aus zwölf Schutzmännern und einem Kriminalwachtmeister bestehenden Gruppen war auf besondere Verbrechensarten spezialisiert und handelte über die Grenzen der Reviere und Bezirke hinweg. 20 Seit 1903 war der Abteilung IV die Zentralpolizeistelle zur Bekämpfung des internationalen Mädchenhandels angegliedert. Als weitere übergreifende Zuständigkeiten kamen hinzu: 1920 die Zentralstelle zur Bekämpfung unzüchtiger Bilder, Schriften und Inserate und vermutlich 1929 die Zentralstelle für Falschgeldwesen (Inspektion D angegliedert).

Im Erkennungsdienst (ED) fasste man alle damals zur Verfügung stehenden kriminalpolizeilichen Ermittlungen zusammen. Dazu zählten das vom Inspektor Meerscheidt-Hüllesen seit 1876 geführte Verbrecher-Album, das die Verbrechen in 29 verschiedene Gattungen aufschlüsselte, 21 das aus Frankreich übernommene Körpermessungssystem nach Bertillon (1909 mit 90 000 Messkarten), die nach Wiener Vorbild eingeführte Sammlung von Fingerabdrücken (Daktyloskopie, 1909 mit 68 000 Karteikarten), 22 das fotografische Atelier, das Merkmalsverzeichnis, das Spitznamenverzeichnis sowie eine Handschriftensammlung. 23

Ständig gesammelt wurden die Polizeiberichte, die Tagesverzeichnisse und die Fahndungsblätter. In der Abteilung IV saß auch die Redaktion des Zentral-Polizeiblatts und des Deutschen Fahndungsblatts. Aus dem Strafregister erhielt die Kripo auf dem Wege der Amtshilfe Auskunft. Für Ausbildungszwecke entstanden seit 1890 die Sammlungen des Kriminalmuseums, in denen in drei Abteilungen Werkzeuge, die bei Verbrechen an Leib und Leben, zweitens Geräte, die bei Diebstählen, und drittens Ausrüstungen, die bei Betrügereien und Falschgeldherstellung zum Einsatz kamen, zur Veranschaulichung mit nachgestellten Szenarien in den Räumen des neuen Polizeipräsidiums am Alexanderplatz ausgestellt wurden. 24

1889/90 bezog die Behörde nach nur dreijähriger Bauzeit das vom Baustadtrat Blankenstein am Alexanderplatz errichtete neue Polizeipräsidium. Die Kriminalpolizei war über Eingang V zu erreichen.

In der gedruckten Geschäfts- und Reviereinteilung der königlichen Polizeiverwaltung im Landespolizeibezirk Berlin für das Jahr 1910 gehörten zur Exekutive sieben Kriminalinspektoren, 51 Kriminalkommissare, 143 Wachtmeister und 406 Schutzmänner, davon je 115 Wachtmeister und Schutzmänner in den 115 Polizeirevieren sowie vier Wachtmeister und 27 Schutzmänner in den Vororten. 25

Während des Ersten Weltkrieges verschob sich der Tätigkeitsbereich der Kripo durch die Zunahme der Prostitution stark in Richtung auf sittenpolizeiliche und fürsorgepolizeiliche Aufgaben. Unter der Zielsetzung, die Übertragung von Geschlechtskrankheiten auf Militärpersonen zu verhindern, wurde das Kontrollwesen durch den Straßenaufsichtsdienst, ärztliche Untersuchungen, Lokalbesuchs-Verbote, sittenpolizeiliche Aufsicht und schließlich auch Schutzhaft erheblich ausgebaut. 26

Berliner Kriminalpolizei von 1945 bis zur Gegenwart

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