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Die Entführung von Peter Lorenz

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Am 27. Februar 1975 wurde der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses morgens kurz nach halb neun wie üblich von seinem Kraftfahrer an seiner Wohnung in Berlin-Zehlendorf abgeholt. Die Fahrt im Dienstwagen ging durch den Villenvorort in Richtung Stadtautobahn.

Gegen 8:50 Uhr wurde sein Wagen auf dem nur wenig befahrenen Quermatenweg durch einen einbiegenden Kleinlastwagen blockiert, und als sein Fahrer scharf bremste, fuhr von hinten ein roter Fiat auf, dessen Fahrerin, offensichtlich schockiert, im Wagen sitzen blieb.

Der Fahrer von Peter Lorenz aber stieg aus, um sich den Schaden anzusehen und wurde in diesem Moment durch ein mittels Isolierband umwickeltes Eisenrohr von hinten niedergeschlagen.

Im gleichen Moment fielen mehrere Männer über Peter Lorenz her und zerrten den sich heftig wehrenden Mann aus dem Wagen, legten ihm Handschellen an und trugen ihn in das Entführungsfahrzeug.

Während der Wagen zur Autobahn fuhr, gelang es Peter Lorenz, die Windschutzscheibe mit den Füßen zu zertreten. Danach jedoch erhielt er eine Beruhigungsspritze, so dass er für kurze Zeit „außer Gefecht“ gesetzt war.

In einer Tiefgarage in Berlin-Charlottenburg wurde Peter Lorenz in den Kofferraum eines Pkw Golf gezwängt, anschließend bei einem erneuten Fahrzeugwechsel an einem Friedhof in Kreuzberg in eine große Kiste gesteckt und mit einem Ford Transit zur nahe gelegenen Schenkendorfstraße 7, ebenfalls in Kreuzberg, gebracht.

Beim Tragen öffnete sich die Kiste ein wenig, so dass er einen Blick auf die Häuserfront werfen konnte. Diese Kriterien waren später wichtig bei der Suche nach dem „Lorenz-Versteck“ und führten letztendlich auch zur Auffindung dieses, wie die Terroristen es nannten, „Volksgefängnisses“.

Die dann anlaufenden Fahndungsmaßnahmen sind als einmalig zu bezeichnen. Eine Sonderkommission, bestehend aus 133 Kriminalbeamten, übernahm diesen Part der Ermittlungen, während Hunderte von Schutzpolizisten im Stadtgebiet unterwegs waren, um das Versteck des Parlamentspräsidenten ausfindig zu machen.

In diese Ermitt-lungstätigkeit hinein kam die erpresserische Forderung der Terroristen, „Peter Lorenz – Gefangener der Bewegung 2. Juni“ werde nur wieder freigelassen, wenn, wie bereits erwähnt, die Inhaftierten Verena Becker und andere in ein noch zu benennendes Land ausgeflogen werden würden.

Nachdem überzeugende Beweise übermittelt worden waren, dass Peter Lorenz noch lebte, gab die politische Führung der Stadt nach. Die Terroristen wurden am 3. März 1975 ausgeflogen.

Am Dienstag, dem 4. März, war Pfarrer Albertz, der die Terroristen begleitet hatte, wieder in Frank furt am Main, wo er eine Erklärung der „Befreiten“ in der ARD-Tagesschau verlas.

Am 4. März 1975 meldete sich Peter Lorenz nachts aus einer Telefonzelle bei der Polizei und am 5. März 1975 um 00:03 Uhr war er im Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke.

Nachdem der Generalbundesanwalt wegen „Nötigung von Verfassungsorganen“ das Verfahren an sich gezogen hatte, durften nach dem 6. März 1975 aus Berlin keine Erklärungen mehr an die Presse abgegeben werden, was dazu führte, dass nichts mehr über Sinn und Zweck bestimmter Maßnahmen gesagt werden durfte und recht bald der Unmut der Medien und der Öffentlichkeit über die Polizei hereinbrach. „Aktion Wasserschlag“ bezeichneten die Medien die nicht zu übersehenden Durchsuchungswellen mit über 4000 Beamten aus Berlin und anderen Bundesländern, und die linke Szene jubelte laut und voller Häme.

Diese aber ließ schnell nach, als in den weiteren Monaten die Terroristen Klöpper, Fritzsch, Reinders, Meier, Viett, Plambeck, Teufel, Rollnick, Siepert und Dömeland der Polizei ins Netz gingen.

Am 14. November 1975 entdeckte der Staatsschutz den Keller, in dem die Verbrecher das „Volksgefängnis“ für Lorenz eingerichtet hatten. Bis zum Ende des Jahres 1975 waren in diesem Verfahren insgesamt 23 Haftbefehle vollstreckt.

Berliner Kriminalpolizei von 1945 bis zur Gegenwart

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