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7. Kapitel

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Tausend kleine Teufelchen hämmerten und schlugen in seinem Schädel. Er kniff die Augen ein paarmal zusammen, aber die Teufelchen hörten nicht auf. Ihm war, als flöge ihm der Kopf auseinander. Wahrscheinlich grinsten sie auch noch, diese verdammten Teufelchen.

Brazos McCord trieb im Wasser, seine Hände umklammerten ein Holzbrett, und er fragte sich, weshalb. Langsam kam ihm die Erinnerung. Bis zum Augenblick des schweren Schlages gegen den Kopf. Danach war Leere gefolgt und eine schwarze Finsternis.

Doch wieso trieb er jetzt im Wasser? Und woher kam dieses Brett?

Er wusste es nicht. Aber ihm war klar, dass dieses Stück Holz ihn wahrscheinlich vor dem Ertrinken bewahrt, und ihm somit sein Leben gerettet hatte.

Vielleicht hatte es im Wasser getrieben, und er hatte danach gegriffen. Erinnern daran konnte er sich aber nicht.

Ihm war kalt. Seine Lippen schlugen heftig aufeinander, die Zähne klapperten. Vom Schädeldröhnen ganz zu schweigen.

Vor ihm lag das Ufer. Ein paar Züge, und er hatte es geschafft. Brazos McCord stieß das Brett zur Seite, schwamm auf das Ufer zu und zog sich stöhnend aus dem Wasser. Klatschnass ließ er sich in den weichen Sand fallen. Eine Weile lag er da, er atmete tief ein und aus und kämpfte gegen das Schwindelgefühl an, das ihn zu übermannen drohte. Alles schien sich zu drehen, und er schloss die Augen. Er wusste nicht, wie lange er so dalag. Aber als er die Augen öffnete, zeichnete sich am Himmel die morgendliche Dämmerung ab. Allmählich wurde das Pochen in seinem Kopf erträglicher. Das Schwindelgefühl ließ nach. Langsam richtete er sich auf und spähte über das Wasser.

Nichts.

Dann allerdings erkannte er die Spitze eines Mastes aus dem Wasser ragen. Und diese Spitze sank langsam tiefer hinab. Brazos wusste nur zu gut, was das bedeutete. Der Mast gehörte zur Sweet Travelling, und die versank langsam in den Fluten des mexikanischen Golfs.

Und mit ihr wer weiß wie viele Menschen.

Nicht nur die Menschen.

Er dachte an Pedro, seinen Schecken, mit dem ihm eine tiefe Freundschaft verband. Dieses treue Tier, das ihn so manches Mal vor unzähligen Gefahren bewahrt hatte, lag nun mit auf dem Grund des mexikanischen Golfs.

Brazos McCord spürte, wie ihm ein Kloß im Hals saß, das Schlucken fiel ihm schwer. Er spürte die Feuchtigkeit in den Augen, und die kam nicht vom Wasser, aus dem er sich vorhin gezogen hatte. Man hatte der Sweet Travelling bewusst aufgelauert und sie auch ebenso bewusst mit grausamster Kaltblütigkeit unter Beschuss genommen und in Stücke gehackt.

Warum, das konnte sich Brazos nicht erklären. Was gab es denn schon so Wertvolles zu holen, um derart grausam vorzugehen?

Die Passagiere etwa?

Oder steckte noch ein ganz anderer Grund dahinter?

Zu seiner Trauer gesellte sich noch etwas anderes, nämlich eine hemmungslose Wut. Wer immer es auf das Schiff abgesehen hatte, würde dafür bezahlen.

Zur Hölle dieser Brut!, jagte es voller Zorn durch Brazos‘ Kopf. Wieder dachte er an seinen Schecken.

Ja, dafür würden sie bezahlen und nicht zu knapp. Brazos knirschte mit den Zähnen. Jeden einzelnen würde er sich holen. Etwas anderes gab es für ihn nicht.

Und dann Gnade ihnen Gott!

Cole Ketchums hässliches Gesicht tauchte vor seinem geistigen Auge auf.

Hatte dieser Bandit gar etwas mit dem Überfall zu tun?

Möglich war es schon, denn der Kerl war aus dem Maschinenraum befreit worden.

Brazos erhob sich aus dem Sand, schüttelte sich wie ein nasser Hund und rieb die kalten Hände.

Wie auch immer.

Er würde es schon noch herausfinden.

Er sandte einen weiteren Blick herüber zu der Stelle, wo eben noch die Mastspitze der Sweet Travelling aus dem Wasser ragte, die jetzt nicht mehr zu sehen war. Nur noch glattes Meer. Nichts, aber auch gar nichts erinnerte an das furchtbare Geschehen, das sich dort draußen abgespielt hatte. Denn auch von jenem Boot der Mörderbande gab es nicht den Hauch einer Spur. Es hatte sich in Luft aufgelöst, so, als wäre es niemals dagewesen.

Missmutig schlenderte Brazos McCord zu einem Stein, setzte sich darauf nieder und blickte fröstelnd in den Himmel. Keine Wolke war zu sehen. Die Dämmerung lichtete sich. Es wurde allmählich hell. Im Osten zeigten sich die ersten Sonnenstrahlen. Es versprach, ein warmer Tag zu werden. Ein nur schwacher Trost für einen Mann, der um seinen treuen Kameraden trauerte, zudem er nichts zu essen hatte und auch sonst keine großartige Möglichkeit sah, sich auf schnellstem Wege mit Proviant zu versorgen. Die Zündhölzer in seiner Tasche waren nass. Auf ein Feuer musste er verzichten. Auf heißen Kaffee ebenfalls. Den hatte er ja ohnehin nicht dabei. Ebenso dürften die Patronen im Remington und in den Gurtschlaufen nass und somit unbrauchbar geworden sein.

»Blöde Situation«, brummte er vor sich hin und kickte mit der Stiefelspitze einen Kieselstein an, der im sandigen Boden lag. Das Ding wirbelte hoch, drehte sich ein paarmal in der Luft und plumpste ins Wasser.

Eine Weile verharrte er auf seinem Platz, ließ sich von der Sonne wärmen, die bereits zu früher Stunde eine mächtige Kraft besaß und seine nasse Kleidung trocknete.

Er grübelte, doch seine Gedanken führten zu nichts. Jäh riss er den Kopf empor, als ein Wiehern an seine Ohren drang. Eine Einbildung?Mit einem Satz sprang er auf, und lauschte in die Stille.

Nein, es war keine Einbildung, denn wieder hörte er ein Wiehern, jetzt deutlicher und näher. Sein Herz machte einen gewaltigen Sprung, seinen Körper überzog eine Gänsehaut.

Dieses Wiehern erkannte er unter tausenden heraus. Er stürmte los, wäre beinah über eine Pflanzenwurzel gestolpert, die sich im Sand verankert hatte, und hastete weiter, einen seichten Hang hinauf, der links und rechts von dichtbewachsenen Dornengestrüpp flankiert war.

Dann sah er ihn in einer Senke stehen und konnte es kaum glauben.

***

Der Schecke warf den Kopf in die Höhe. Ein trompetenhaftes Wiehern zog zu Brazos McCord herüber. Dann machte Pedro einen Satz und galoppierte auf seinen Herren zu.

Brazos warf sich an dessen breite Brust, umfasste den großen Kopf mit beiden Händen und drückte ihn fest an sich. Der Schecke schnaubte, wieherte und hämmerte seinen Vorderhuf auf den sandigen Boden. So sehr freute sich dieses treue Tier. Ja, es war ein prächtiges Zeremoniell, dass sich diese beiden zwischen jenen Dünen lieferten. Wahrhaftig, Brazos McCord war vor wenigen Augenblicken noch fest davon überzeugt gewesen, seinen Freund nie wieder zu sehen. Glücklich strich er ihm nun immer wieder über Mähne und Rücken. Dabei schämte Brazos sich seiner Tränen nicht, und erstaunlich wie es war, auch in den Augen des Schecken zeigte sich ein feuchter Glanz.

»Wenn Sie mit Ihrem albernen Freudentanz fertig sind, würde ich es doch sehr begrüßen, wenn Sie mir Ihre Aufmerksamkeit widmen könnten, Mister Ranger.«

Als Brazos diese Worte vernahm, wirbelte er herum und hätte dabei fast seinen Remington aus dem Holster gerissen. Das unterließ er jedoch und starrte staunend auf Marylee du Mauret. Die hockte auf einer aus dem Boden ragenden Astwurzel, und äugte missmutig zu ihm auf.

Jetzt hätte Brazos beinahe laut aufgelacht. Denn so, wie die Schöne dort saß, schlotternd in ihrem teuren Abendkleid, das jetzt völlig ruiniert war und wie ein nasser Sack an ihr herunterhing, wirkte sie ganz und gar nicht mehr wie eine adlige Dame von Welt. Ihr Haar hing klatschnass herunter. Das hübsche Gesicht mit den arroganten Zügen wies ein paar Schrammen auf. Aber ihr vorlautes Mundwerk hatte anscheinend keinen Schaden genommen.

Nun, auch sie hatte den Überfall überlebt. Aber bei dieser Nachricht kam nicht die gleiche Freude in Brazos auf wie bei dem Wiedersehen mit seinem Pferd.

Stirnrunzelnd blickte er sie an. »Wie‘s aussieht, haben Sie Glück gehabt, Ma‘am.«

Das war der einzige Kommentar, den er entgegenzubringen wusste. Gesprochen mit einer Stimme, so tonlos und kalt wie ein Stein.

Warum auch nicht?

Schließlich war Marylee du Mauret alles andere als eine gute Freundin von ihm.

»Glück?«, krähte sie ihm entgegen. »Wenn Sie das Glück nennen, hier frierend zu sitzen, nichts zu Essen und Trinken dabei zu haben und nicht einmal trockene Kleider am Leib, dann weiß ich auch nicht weiter. Und überhaupt: Sehen Sie sich mein Kleid an! Es ist völlig ruiniert.«

Brazos rieb sich über die unrasierte Wange. War diese versnobte Schöne wahrhaftig von allen guten Geistern verlassen? Sie hatte ihr Leben behalten und sorgte sich um ihr albernes Kleid?

Nun, möglicherweise stand sie unter Schock. Brazos schüttelte nur den Kopf, nahm die Zügel des Schecken auf und trat näher an sie heran. Der Schecke trottete freudig hinterher.

Als Brazos vor ihr stand, warf sie plötzlich die Hände vors Gesicht und fing an zu schluchzen. Ihr ganzer Körper bebte dabei.

Also doch unter Schock. Wusste ich‘s doch, dachte er und trat noch näher an sie heran.

***

Als Brazos den Grund erfuhr, wie es Marylee du Mauret gelungen war, sich ans Ufer zu retten, konnte er nicht umhin; er musste tüchtig staunen. Denn in seinen Augen war es für ihn schier unvorstellbar, dass ausgerechnet eine Frau wie sie es auf diese Art geschafft hatte.

Sie war während des Tumultes von Bord des Schiffes gefallen, hatte den Schecken Pedro im Wasser gesehen und sich verzweifelt an dessen Schweif gehängt. In der Hoffnung, das Tier wäre des Schwimmens mächtig und würde sie so ans rettende Ufer bringen.

In der Tat, so war es geschehen!

Noch während Marylee du Mauret ihre Geschichte erzählte, blickte Brazos immer wieder zweifelnd zu Pedro herüber. Der hob und senkte seinen Kopf, als würde er ihre Worte bestätigen. Brazos blieb nichts anderes übrig, als schließlich der Sache Glauben zu schenken. Erstaunt nahm er den dankbaren, ja, fast liebevollen Blick zur Kenntnis, den Marylee seinem Pferd zuwarf.

Gab es da wirklich noch eine ganz andere Seite dieser arroganten, verwöhnten Reederstochter?

Nun, Brazos nahm es erst einmal so hin. Dabei fragte er sich, ob es nicht noch weiteren Personen gelungen war, sich gerettet zu haben. Marylee unterbrach seine Gedanken.

»Und wie geht es nun weiter, Mister Ranger?«

Wieder dieser arrogante Tonfall, den er zutiefst verabscheute. Seine Antwort kam klar und unmissverständlich.

»Haben Sie Hunger?«

»Törichte Frage.«

»Dann sollten wir uns verdammt schnell auf den Weg machen und zusehen, dass wir zu einer Farm oder in eine nahegelegene Ortschaft kommen.«

Sie starrte ihn entgeistert an. »So, wie ich aussehe? In diesem zerstörten Kleid? Sie sind wohl nicht ganz bei Trost!«

Er kniff die Augen zusammen und fuhr sie barsch an: »Sie können den verdammten Fummel ja ausziehen und sich nackt auf den Weg machen, Lady. Überlasse ich ganz Ihnen. Und nun hoch mit Ihnen. Wir machen jetzt ‘nen kleinen Spaziergang. Oder wollen Sie hier weiter sitzen bleiben, Trübsal blasen und darauf hoffen, dass ein rettendes Schiff am Ufer entlangschippert und Ihnen einen roten Teppich ausrollt? Glauben Sie mir, darauf können Sie lange warten.« Brazos‘ Tonfall war alles andere als freundlich. Er bemühte sich auch nicht darum.

Sie starrte ihn zornig an. Aber im gleichen Augenblick schien sie zu merken, dass jeglicher Protest völlig sinnlos wäre. Marylee presste ihre Lippen zusammen. Ob sie wollte oder nicht, es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich diesem ungehobelten Ranger anzuvertrauen.

»Nun kommen Sie schon, Miss du Mauret!« Brazos reichte ihr sogar die Hand, half ihr auf die Beine. Und er schaffte es sogar, ihr dabei ein Lächeln zu schenken.

»Sie … Sie kennen sich doch hoffentlich in dieser Gegend aus, oder?«

Er schüttelte grinsend den Kopf. »Nicht einen Meter, Lady.« Sprach‘s, drehte sich um und schritt voran. Der Schecke folgte sogleich, und Marylee du Mauret blieb auch nichts anderes übrig, als sich anzuschließen.

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