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12. Kapitel

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Eric Goodnight hätte sich fast an seinem Bier verschluckt, als er im milchigen Spiegel hinter der Bar sah, wer da eintrat. Er erkannte sie sofort und sah die Not in den betretenen Gesichtern der Männer und Frauen, die von ein paar Männern begleitet wurden, die sie unter Waffengewalt in den Saloon hineintrieben.

Fast hätte Goodnight eine heftige Verwünschung von sich gegeben. Aber die schluckte er mühsam hinunter. Krampfhaft hielt er sein Bierglas fest.

Verdammt, und ich habe keine Waffe bei mir!, schoss es dem Bootsmann durch den Kopf, als er seine Hilflosigkeit in diesem Augenblick erkannte. Was für eine blöde Situation!

Er wagte nicht, sich umzudrehen. Verstohlen warf er wieder einen Blick in den Spiegel. Cole Ketchum und seine Männer trieben die anderen an einen Tisch, zwangen sie, sich dort niederzusetzen.

Das sind doch nicht alle, kam es dem Bootsmann in den Sinn. Wo, zur Hölle, sind die anderen Frauen?

Noch hatte ihn keiner erkannt, niemand sah in seine Richtung. Goodnight hörte Cole Ketchums scharfe Stimme durch den Raum brüllen: »He, Barmann, wo finde ich einen Mann namens Alessandro Ameche?«

Der schrullige Barmann hinterm Tresen öffnete gerade seinen Mund, als sich von einem der hinteren Tische ein hochgewachsener, gutgekleideter Mann erhob, der mit drei weiteren Männer bei einem Pokerspiel saß. Goodnight, der weiterhin alles durch den Spiegel beobachtete, erkannte einen Burschen mexikanischer Abstammung, mit einem sorgfältig gestutzten Vollbart und viel Pomade im schwarzen Haar, das sorgfältig in der Mitte gescheitelt war.

Dieser Bursche wandte sich nun an Ketchum und dessen Truppe und ließ mit nasaler Stimme verlauten: »Ich bin Don Alessandro Ameche de Cordoba. Was wünschen Sie von mir, Señor?«

Wieder war es Ketchums dröhnende Stimme, die an Eric Goodnights Ohren kratzte: »Kommen Sie doch bitte zu uns an den Tisch, Señor Ameche. Ich möchte Ihnen ein mächtig gutes Geschäft vorschlagen.«

Goodnight beobachtete, wie sich der Beau mit einem entschuldigenden Kopfnicken von der Pokerrunde abwandte und zögernd in Cole Ketchums Richtung bewegte. Der Bootsmann beugte sich zum Barmann vor und winkte ihn mit ungeduldiger Geste zu sich heran.

»Was denn, noch ein Bier, Mister?«

»Nein. Komm näher ran! Ich will nicht, dass es alle mitkriegen!«

Der Barmann gehorchte, Goodnight sprach so leise wie möglich in dessen abstehendes Segelohr hinein: »Du hast doch sicher ‘ne Schrotflinte unterm Tresen, oder?«

»Ja, aber wieso wollen …«

»Stell jetzt keine Fragen und hör gut zu. Wenn ich dir ein Zeichen gebe, langst du hinunter und legst die Wumme so auf den Tresen, dass es keiner gleich sehen kann. Verstanden?«

Der Barmann runzelte die Stirn. »Mister, ich verstehe nicht die Bohne.«

»Verdammt noch mal! Tu, was ich dir sage. Ansonsten ist hier gleich mächtig die Hölle los! Auf dich kommt‘s jetzt an, Kumpel. Ich muss mich auf dich verlassen. Das da drüben sind Menschenjäger. Eine ganz üble Brut, sage ich dir. Also, was ist?«

Goodnight sah, wie die Blicke des Barmannes zu Ketchums Truppe herüber wanderten.

»Mister, ja, jetzt erkenne ich den einen Kerl. Das ist … Cole Ketchum, nicht wahr?«

Der Bootsmann erlaubte sich ein zähnefletschendes Grinsen. »Hast du‘s nun also kapiert?«

Der Barmann nickte, wenngleich auch etwas zögerlich.

***

Alessandro Ameche de Cordoba strich über sein dünnes Oberlippenbärtchen, seine Blicke schweiften über die sitzenden Männer, dann zu den vier Frauen. Und als er sich Cole Ketchum zuwandte, lag keineswegs auch nur die Spur von Begeisterung in seinem Gesicht.

»Señor Ketchum, glauben Sie allen Ernstes, dass ich diese Gentlemen zur Minenarbeit einsetzen könnte? Und diese Frauen?« Er rümpfte die Nase und winkte sogleich mit arroganter Geste ab. »No, Señor, der Vorschlag ist so unattraktiv wie ein Stück trockenes Brot, wenn Sie mir diese Bemerkung erlauben, Mit denen ist doch wirklich nicht viel los.«

Cole Ketchums Augen verdunkelten sich. Was bildete sich dieser arrogante Fatzke eigentlich ein? Etwa, dass sich ein Mann wie Cole Ketchum umsonst die Mühe gemacht hat, einen Haufen Männer und Frauen durch die Gegend zu fahren, um dann von einem aufgeblasenen Gecken verhöhnt zu werden?

Zur Hölle mit diesem Kerl. Am liebsten hätte er dem Neffen von Don Miguel Ameche tüchtig eins übergebrannt. Nun, er tat es nicht. Es wäre sicherlich schlecht für die weitere geschäftliche Verbindung. Cole zwang sich stattdessen zu einem süffisanten Lächeln, das eher wie ein verzerrtes Grinsen wirkte.

»Ich bitte Sie, Señor Ameche. Ihr Onkel war voller Zuversicht, dass Sie für diese Herrschaften hier eine Verwendung finden würden.«

Alessandro Ameche setzte zu einer Antwort an, die unausgesprochen blieb. In diesem Augenblick flogen die Schwingtüren auf. Eine Frau stürmte herein.

Cole erkannte sie sofort.

Valentine Ferreira!

Sie sah alles andere danach aus, als hätte sie einen gemütlichen Spaziertritt hinter sich. Ihr hübsches Gesicht war bleich, viel bleicher als sonst, nur die Wangen waren vom scharfen Nachtwind gerötet. Das schwarze Haar hing völlig zerzaust an ihr herab. Sie machte einen Schritt auf ihn zu, umfasste mit beiden Händen seinen Hemdkragen und schrie ihn mit überschnappender Stimme an: »Cole! Die Ranger sind gekommen und über uns hergefallen. Wir … wir hatten keine Chance! Brad ist tot! Viele der Mannschaft auch, und Don Ameche ebenfalls! Lass alles stehen und liegen und komm! Die werden jetzt auf dem Weg hierher sein! Wir müssen uns ins Sicherheit bringen. Uns verstecken. Und dann musst du Brad rächen! Hörst du? Deinen Bruder! Meinen Geliebten! Los, komm!« Sie war wie von Sinnen, trommelte mit ihren Fäusten gegen seine Brust.

Mit einer einzigen Handbewegung schleuderte Cole Ketchum sie von sich. Dann stand er da, mitten im Raum und schüttelte den Kopf. So, als könne er ihre Worte nicht begreifen.

Im Saloon war es still.

Mucksmäuschenstill.

Das änderte sich schlagartig, als plötzlich wieder die Schwingtüren nach innen flogen und mit lautem Krachen gegen die Bretterwand schlugen.

Brazos McCord kam herein, in der Rechten den langläufigen Remington haltend. In seinem Gesicht zeigte sich die erbarmungslose Härte eines Mannes, der bereit war, die Hölle loszulassen.

»Lasst schön die Finger von den Krachern! Macht keine Mätzchen! Hände nach oben!«

Valentine stieß einen schrillen, hasserfüllten Aufschrei aus, und Cole Ketchums Augen weiteten sich. Er hatte die erste Überraschung noch nicht verdaut, bekam jetzt die nächste.

»Brazos McCord!«, kam es voller Hass. Es klang wie ein bitterböser Fluch.

»Schön, dich wiederzusehen, Cole. Diesmal passe ich besser auf, dass du mir noch mal durch die Lappen gehst. Kannst dich drauf verlassen. Und jetzt hoch mit den Flossen. Wird‘s bald? Nochmal sage ich‘s dir nicht, Freundchen.«

Cole Ketchum dachte nicht Im Traum daran. Ganz im Gegenteil.

»Fahr zur Hölle, dreckiger Ranger!«, schrie er, und seine Hände fuhren zu den Colts.

Brazos McCord ahnte, dass ein Mann wie Cole Ketchum es versuchen würde, und reagierte pfeilschnell. Mit einem Satz warf er sich zur Seite. Ketchum hatte seine Waffen aus den Holstern gerissen und feuerte mehrere Schüsse gleichzeitig ab. Die Geschosse jaulten haarscharf über Brazos McCord hinweg und schlugen ins berstende Holz der Schwingtüren und fetzten Holzspäne heraus. Noch während seine Schulter den schmutzigen Bretterboden berührte, spürte Brazos den Rückstoß seines Remingtons in der Faust. Er sah Cole Ketchum nach hinten taumeln, dabei immer wieder feuernd. Eine Kugel hämmerte in den Boden, kaum einen Zollbreit von Brazos‘ Gesicht entfernt. Zwei weitere schrammten dicht über seinen Rücken hinweg. Er spürte sie wie zwei aufeinanderfolgende Peitschenhiebe, während die Kugeln ins Fenster schlugen und es auseinandersprengten.

Der ohrenbetäubende Knall einer Schrotflinte dröhnte in seinen Ohren und erfüllte den ganzen Raum. Schreie folgten, Stühle scharrten über dem Boden. Aber das registrierte er nur am Rande, während er mehrmals den Rückschlag seines Remingtons spürte. Flammenblitze schlugen in Cole Ketchums Richtung.

Durch den beißenden Pulverdampf sah Brazos, wie Cole Ketchum in grotesker Verrenkung gegen den Tresen stieß. Der Bandit stierte aus glasigen Augen zu ihm herüber. Seine beiden Colts entglitten den schlaffen Händen und polterten auf den Bretterboden. Langsam sackte Cole Ketchum am Tresen herab. Sein Kopf mit dem weit aufgerissenem Mund fiel zur Seite.

Noch während Ketchum starb, warf sich Brazos McCord herum. Doch dann sah er Eric Goodnight mitten im Raum stehen, in beiden Händen eine Schrotflinte haltend, deren Zwillingsmündung drohend auf die Gruppe der Banditen gerichtet war.

Die erste Ladung hatte Goodnight gegen die Decke gehämmert. Das allein schien ihnen jegliche Kampfeslust genommen zu haben. Sie standen da, stierten ihn mit offenen Mündern an, staunten und wussten sogleich, dass sie verloren hatten. Denn gegen eine Schrotflinte aus dieser Distanz gab es nicht den Hauch einer Chance. Sie waren klug genug, das zu wissen.

Und Alessandro Ameche de Cordoba war schon nach dem ersten Schuss, der gefallen war, Halsüberkopf aus dem Saloon gestürmt.

Brazos hörte den Bootsmann brummen: »So ist‘s brav, Herrschaften. Und nun an die Wand mit euch! Alle zusammen! Sie auch, schöne Lady. Und hören Sie auf, so grimmig zu gucken. Kann nix dafür, dass Sie sich für den falschen Verein entschieden haben.«

Ein richtiger Spaßvogel, dieser Bootsmann Kellog, wie Brazos McCord fand. Valentine Ferreira allerdings schien anderer Meinung zu sein. Hasserfüllt stierte sie in Goodnights Richtung, dann zu Brazos McCord. Sie spie Brazos vor die Füße und schrie: »Dafür werdet ihr in der Hölle braten, Drecksgesindel.«

Brazos McCord machte einen Schritt auf sie zu. Sie wich keinen Zoll zurück, starrte mit flammenden Augen zu ihm auf.

»Lady, schätze, Sie verkennen etwas die Situation. Kann das sein?«

Ihre Hand schnellte hoch, um ihm mit den scharfen Fingernägeln das Gesicht zu zerkratzen. Brazos‘ Linke umfasste blitzschnell ihr Handgelenk und drückte es nach unten. Dabei schüttelte er den Kopf, sah ihr mit harten Blicken direkt ins Gesicht.

»Machen Sie‘s nicht noch schlimmer, als es ist.«

Valentines Lippen zuckten. »Schlimmer? Sie sollten mich besser töten, Texas-Ranger! Denn wenn das nicht geschieht, werde ich Jagd auf euch Ranger machen. Einen nach dem anderen werde ich mir holen und dafür büßen lassen, dass ihr Brad getötet habt. Meinen Brad. In die Hölle sollt ihr fahren, ihr dreckigen Hunde!«

Brazos zeigte sich von ihren Hasstiraden vollkommen unbeeindruckt. »Gehen Sie rüber zu den anderen, Lady, und ich will vergessen, was Sie da gerade von sich gegeben haben.«

Marshal Emmerson Dodd erschien im Saloon. Brazos warf einen Blick in dessen Richtung, und erkannte, dass dieser Mann tüchtig geladen hatte.

»Zur Hölle«, dröhnte der Marshal mit whiskeytriefender Stimme durch den Raum und hatte dabei beachtliche Mühe, sich gerade zu halten. »Was geht in diesem Saloon eigentlich vor?«

Brazos McCord nahm kaum Notiz von ihm. Vielmehr konzentrierte er sich auf den herannahenden Hufschlag zahlreicher Pferde, der von draußen zu vernehmen war. Er sah an der betrunkenen Gestalt des Marshals vorbei durch das zerschossene Fenster und erblickte den ersten Reiter, der mit soldatischer Haltung im Sattel saß.

Es gab keinen Zweifel.

Captain Leander McNelly ritt soeben mit einer Truppe Texas-Ranger in Stowell ein.

Und als Brazos McCord den Mann erkannte, der neben dem Captain im Sattel saß, machte sein Herz einen gewaltigen Sprung. Es war Owen Carrick. Der war zwar noch etwas blass um die Nase. Aber er saß genauso aufrecht im Sattel, wie Captain Leander McNelly.

Als Brazos McCord später dann hörte, weshalb der Captain mit einer beachtlichen Anzahl seiner Männer losgezogen war, staunte er nicht schlecht.

Ja, ausgerechnet der dürre Deputy Tate Meeker aus Brashear City war es gewesen, der sich an die Ranger gewandt hatte, um von dem Verrat des Marshals zu berichten. Meeker, der ja die ganze Zeit tüchtig im Schatten des dicken Hardesty gestanden und zudem unter ihm zu leiden gehabt hatte, konnte sich somit seinem Frust Luft verschaffen.

Nun, alles weitere erledigte Leander McNelly mit gewohnter, akribischer Schnelligkeit. Hardesty wurde aus dem Verkehr gezogen, Brad Ketchum und seine Mannschaft in einem schnellen Übergriff der plötzlich auftauchenden Ranger gestellt und bis auf wenige Männer dezimiert. Die entführten Passagiere waren gerettet, was dazu führte, dass zwei Tage später ein tüchtiges Fest in der kleinen Hafenstadt Wallisville gefeiert wurde.

Was der Captain bis dato allerdings nicht gewusst hatte, war, dass Brad Ketchum, unter anderem Namen bekannt, ausgerechnet Coles Bruder gewesen war.

Diese Tatsache brachte selbst einen so souveränen, mit allen gewaschenen Mann wie ihn dazu, mächtig zu staunen.

***

Die Sweet Arabelle ließ die Sirene dröhnen.

Zeit zur Abfahrt. Zeit, sich Lebewohl zu sagen.

»Du wirst mich doch wirklich besuchen, nicht wahr, Brazos McCord? Nicht wahr? Du wirst doch nach New Bedford kommen?«

Sie sah ihm fast flehend dabei in die Augen. Teufel, ein bisschen mulmig war ihm schon, sie jetzt so an der Landebrücke der Sweet Arabelle zu sehen, die in wenigen Minuten ablegen würde, um sie und ihre Freundinnen und Freunde zurück nach New Bedford zu bringen. Aber er schaffte es, ein zuversichtliches Lächeln in sein Gesicht zu zaubern.

»Darauf kannst du wetten, Lady.«

Sie lächelte tapfer zurück. »Oh, Brazos, wir hatten noch ein paar wunderschöne Tage zusammen, nicht wahr?«

Er nickte. Ja, das hatten sie. Und wie.

Die Sweet Arabelle ließ wieder die Sirene dröhnen. Diesmal etwas länger und drängender. Marylee warf sich in seine Arme. Sie gab ihm einen Kuss. Der sollte zunächst nur flüchtig kommen. Es wurde ein leidenschaftlicher daraus. So, wie in den vergangenen Tagen auch, als sie sehr viel Zeit miteinander verbracht hatten.

Brazos McCord hatte Mühe, sich von ihr zu lösen. »Komm schon, Lady. Gib dir ‘nen Ruck. Sonst fährt Käpt‘n Forsythe ohne dich zurück.«

Der stand bereits an der Reling, blickte auf seine Taschenuhr und trommelte nervös mit den Fingern. Und als sie dann an Bord gegangen war, und die Sweet Arabelle sich langsam entfernte, stand er immer noch am Kai und winkte ihr zu. Erst, als der Dampfer um die Biegung des Flusses verschwand, wandte er sich ab, und das mit einem tiefen Seufzer des Bedauerns. Er hätte es nie für möglich gehalten, dass er diese Frau, anfänglich unsympathisch wie die Hölle, doch noch liebgewinnen würde.

Nun, so nahm er sich vor, tatsächlich einmal nach New Bedford zu reisen, um Marylee einen Besuch abzustatten. Aber vorerst wollte er in Captain Leander McNellys Diensten bleiben, um als Texas-Ranger gemeinsam mit Owen Carrick und Eric Goodnight auf Banditenjagd zu gehen.

Ja, Goodnight!

Denn dieser raubeinige Bootsmann ließ sich doch tatsächlich von Captain Leander McNelly überreden, eine für Recht und Ordnung reitende Landratte zu werden.

Brazos McCord freute sich darüber, denn ihm war klar, dass er mit den beiden Männern an seiner Seite noch einige Abenteuer erleben würde.

ENDE

Wichita Western Sammelband 4016 - 5 Romane um Colts, Cowboys und Banditen

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